Dienstag, 16. Januar 2018

Mit dem Orient-Express nach Paris, Die Geschichte von Sinan und Pierre, Stephan Martin Meyer, Thorwald Spangenberg, Gerstenberg Verlag



Mit dem Orient-Express nach Paris, Die Geschichte von Sinan und Pierre, Stephan Martin Meyer, Thorwald Spangenberg, Gerstenberg Verlag
Der Orient-Express, ein Zug, der schon eine Legende ist. Da mußte ich gleich genauer hinschauen (ich bin ja bekennender Agatha Christie Fan).
Dies ist offiziell ein Kindersachbuch,  dabei erzählt es eine wirklich spannende Geschichte:
Zur Weltausstellung 1889 fährt der türkische Kaufmannssohn Sinan, mit seinem Vater zur Weltausstellung nach Paris! Er soll diese Reise nutzen, um sein Französisch zu verbessern, einen Eindruck von all den Ländern zu erhalten, mit denen sie Handel treiben und den Horizont erweitern. Daher reisen sie gleich mit dem Orient-Express, dem Zug der Könige von ihrer Heimatstadt Konstantinopel (heute Istanbul) nach Paris. Dieser Zug ist eigentlich den oberen Gesellschaftsschichten vorbehalten, aber natürlich gibt es an Bord des Zuges Personal, sonst würde er ja nicht fahren. Dieses Personal gehört natürlich keiner gehobenen Schicht an und sollte sich daher möglichst von den Passagieren fernhalten. Dennoch lernt Sinan schon gleich zu Beginn der Reise den französischen Küchenjungen Pierre kennen, als dieser in letzter Minute auf den Zug aufspringt. Als dieser dann kurz danach des Taschenuhr-Diebstahls von einer englischen Baronin bezichtigt wird, verbünden sich die zwei ungleichen Jungen und wollen den Verbleib der Uhr klären, damit Pierre seine Anstellung nicht verliert!
Dieses Buch behandelt gleich mehrere Themen, die mich schon lange fasziniert haben und die ich daher auch gerne meinen Töchtern 8 und 10 Jahre alt, vermitteln wollte: der Orient-Express und seine Klassentrennung, die Weltausstellung als Zeichen der Öffnung der Welt durch die Industrialisierung, die Bedeutung von Sprache und das gegenseitige Kennenlernen zum Abbau von Vorurteilen.  Anfangs schauten meine Kinder etwas kritisch, sie wollten lieber eine Geistergeschichte hören (naja, eigentlich nur eine). Aber dann begann die Geschichte mit so vielen interessanten Informationen, wie z.B. daß Istanbul früher Konstantinopel hieß, wie groß das Osmanische Reich war, wie Atatürk die Türkei reformierte, warum einige Länder sich untereinander nicht leiden können, daß Französisch die Reisesprache war, daß der Eiffelturm eigentlich wieder abgebaut werden sollte. Sie kamen eigentlich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Dazu betrachteten wir die großen politischen Karten, die die damaligen Machtverhältnisse und Grenzverläufe widerspiegelten, die Darstellung des Zugpersonals. Es gibt wirklich eine Menge zu entdecken. Als  dann noch erzählt wurde, daß ihre Uroma mit diesem Zug gefahren ist und auf mehreren Weltausstellungen war (wenn auch nicht auf der von 1889), wurden Geschichte, Politik und Technik richtig lebendig für sie. Denn dieses Sachbilderbuch legt den Informationsschwerpunkt auf diese 3 Bereiche. Dabei wird den Kindern mancherlei lustige Information vermittelt, z.B. daß der bulgarische König Ferdinand I gerne Züge anhielt und diese dann selbst steuerte. Selbst Kaisierin Sissi mit ihrem Salonreisewaggon kommt in der Geschichte vor, deren Waggon an den Zug angekoppelt wurde. Durch solche Informationen wird Geschichte nicht nur lebendig, sie wird auch für Jungen und Mädchen gleichermaßen interessant. Zahlreiche Informationskästchen dienen der Wissensvermittlung sei es über die Schlafwagengesellschaft oder die K.u.K. Monarchie. Diese Kästchentexte sind sehr verständlich und dennoch selbst für Erwachsene wirklich interessant verfasst. Gerade die Zusammenhänge die mit dieser europäischen Reise hergestellt werden, fand ich wirklich herausragend. Durch die sehr vielen großformatigen Illustrationen gibt es ständig was zu entdecken und es wird wirklich alles erklärt, es bleiben eigentlich keine Fragen offen. Sogar wie die Dampflok funktioniert oder die Waggons aufgebaut sind, wird abgebildet.
Dabei wird der eigentliche Fall der zwei Jungen, die von Abenteuern und Spionage träumen, nicht aus den Augen verloren und am Ende überraschend aufgelöst.
Damit aber noch nicht genug, weitere Infos zu Weltausstellungen, dem Orient-Express und Europa gibt es dann noch nach dem abschließenden Feuerwerk zu Ehren des 100. Jahrestages der französischen Revolution, zur Abrundung. Insgesamt ist dieses großformatige Sachbilderbuch ausgesprochen hochwertig.
Sehr gelungen, sehr kurzweilig und super informativ, wobei ich besonders begeistert über die Verknüpfung der Fakten zu Zusammenhängen begeistert war.
Als ich den Kindern verriet, daß der Gerstenberg Verlag 3 Jahr nach der Französischen Revolution gegründet wurde, wurden sie ganz ehrfürchtig. Diese Info passte einfach zu gut zu diesem Buch, das konnte ich mir dann nicht verkneifen.

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