Die Prophezeiung der Hawkweed, Irena Brignull, gesprochen
von Jana Schulz, Goya libre
Die jahrhundertealte Prophezeiung besagt, daß eine der
Hawkweed Töchter Raven oder Charlock die künftige Königin der Hexen gebären
wird. Raven ist ehrgeizig und bereitet sich auf die Aufgabe die Mutter der
künftigen Königin zu werden vor, sie lernt eifriger als alle anderen und
beherrscht schon bald die mächtigsten Zauber, was sie nicht unbedingt beliebt
macht. Ihre jüngere Schwester Charlock scheint viel zu sanft, weich und
unwissend für diese Aufgabe. Auch ist sie stets mit Söhnen schwanger, die meist
noch im Mutterleib getötet werden, oder kurz nach der Geburt, denn Söhne und
Männer sind unerwünscht. Ravens Tochter Sorrel scheint daher die designierte
Königin zu sein. Als Charlock wider Erwarten nun doch mit einem Mädchen froher
Hoffnung ist, verflucht Raven das Mädchen, das daher direkt nach der Geburt mit
einem normalen Menschenmädchen vertauscht wird. Amber wächst so bei den Hexen
auf, ohne jede magische Begabung, eine totale Außenseiterin ohne Freunde und
Hexenkind Poppy bei John und Melanie. Poppy trifft es damit noch schlimmer, sie
fliegt von jeder Schule, ihre Mutter wird wahnsinnig, ihr Vater kann sie kaum
ertragen und alle meiden diesen merkwürdigen Misfit. Poppy ist zu tiefst
unglücklich, bis sie eines Tages nach einem erneuten Umzug Amber kennenlernt.
Ihre Einsamkeit verbindet sie und sie führen einander in andere Welten ein.
Alles scheint gut, bis Poppy Leo, einen Straßenjungen trifft, der nicht nur sie
„verzaubert“.
Das klang für mich gut, die Kritiken die ich las, waren aber
durchwachsen. Als ich das Hörbuch einschaltete und die Stimme von Jana Schulz
hörte, dachte ich: oh je! Nicht angenehm weich, schmeichlerisch im Ohr, sondern
irgendwie eckig, kantig, rau. Kratzig irgendwie, mehr so die Stimme einer
Rockröhre, wirklich nicht was ich erwartet habe. Doch die Stimme ist nicht
hart, sondern mehr zerbrechlich, das sie bisweilen etwas klingt als würde sie
brechen. Sie spiegelt wunderbar die zerrissenen Seelen der Charaktere, allen
voran Poppys wieder. Ihre Stimme, die mich anfangs mindestens irritierte, ist
für mich ein Grund, die Geschichte zu hören und nicht zu lesen, denn sie ist
einfach perfekt und mit ihr fing ich auch an, Poppy zu lieben. Dabei ist Poppy
ganz schön sperrig und nicht so auf Anhieb liebenswert. Würde man sie als
leicht schräg bezeichnen, wäre das noch ein Kompliment, sie ist einfach der
totale Misfit – sie passt einfach nicht in diese Welt! Poppy, Ember und Leo
haben wirklich ein hartes Los und ihren Eltern geht es nicht besser. Aber
irgendwie fand ich es nicht deprimierend, wie bei manch anderen Geschichten ,
sondern fesselnd, düster, aber dabei magisch.
Ein anderer Kritikpunkt den ich las, war, daß alles zu
einseitig sei, es gäbe nur gut oder böse. Das kann ich nun wirklich nicht
nachvollziehen. Die Charaktere finde ich ziemlich zerrissen, zwischen ihren
eigenen Wünschen, Hoffnungen, der Prophezeiung und ihrer Bestimmung und der
Liebe. Einige die zuerst unsympathisch erscheinen, haben sich im Laufe der
Entwicklung zu Sympathieträgern entwickelt, während eine scheinbar sanftmütige
und einfältige Person sich als sehr viel berechnender und durchtriebener
erweist.
Hörtechnisch bin ich durch dieses Hörbuch geradezu gedüst,
weil es mich so gepackt hat und ich war mir ziemlich sicher, hiermit mein
persönliches Jugendhörbuchhighlight schon im Januar entdeckt zu haben. Doch das
Ende hat es in sich. Es läßt mich nicht strahlend zurück und ist ziemlich
offen. Doch würde ein klassisches Happy-End zu so einem unglücklichen und
zerrissenen Charakter wie Poppy überhaupt passen? Ich hätte es ihr wirklich
gewünscht, sie hätte es verdient, aber wahrscheinlich hätte ich die Geschichte
dann platt gefunden. Poppy ist am Ende irgendwie glücklicher als zu Beginn und
irgendwie auch unglücklicher, zumindest hat sie nun die Chance mit sich ins
Reine zu kommen, sich selbst zu finden und auch zu sein, statt nur einer wandelnden Katastrophe. Zum Schluß wird sogar
noch auf Dornröschen zurückgegriffen und ich dachte schon, ich höre nicht
richtig, aber auch hier zieht die Autorin Irena Brignull gekonnt den Bogen. Sie
gleitet nicht in den Kitsch ab, spielt aber mit irregeleiteten Erwartungen der
Hörer. Irena Brignull hat in Oxford englische Literatur studiert und hat
bislang als Drehbuchautorin u.a. für die Zeichentrickserie „Der kleine Prinz“
gearbeitet. Dies ist ihr erster Roman.
Anfangs dachte ich noch, ich könnte das Hörbuch doch auch
gut mit meiner 10 Jährigen Tochter hören, kam dann aber doch recht schnell auf
den Trichter, daß wir da dann doch besser noch 2 Jahre warten sollten. Es ist
wirklich ein Jugendhörbuch, daß aber hoffentlich den Hörerinnen auch das Herz
für merkwürdige Gestalten öffnet. Quält Eure Mitschüler nicht, die irgendwie
anders sind, wer weiß was in ihnen steckt. Wohl keine Hawkweed, aber verborgene
Talente gibt es eine Menge.
Optisch hat es mir auch sehr gut gefallen, denn die
Tonträger sind optisch an das Cover angeglichen und dennoch ist jeder anders
gestaltet. Das Booklet greift die Ranken der geheimen Treffpunkte auf und mit
ihren Spinnen, wird auf eine von Poppys Besonderheiten angespielt.
Ein Hörbuch, daß mich über weite Strecken richtig begeistert
hat, weil die Heldin nicht so glatt und weichgespült ist und Jana Schulz Stimme
dies super wiedergibt, das Ende hat mich zum Nachdenken gebracht und
nachgewirkt, auch wenn es kein glücksseeliges Grinsen auf mein Gesicht
zauberte. Es wird auf jeden Fall eines meiner Lieblingshörbücher des Jahres
bleiben.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Verlag für dieses
wirklich ungewöhnliche Hörbuch, das mich begeistert hat.
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