Sonntag, 14. Januar 2018

Die Prophezeiung der Hawkweed, Irena Brignull, gesprochen von Jana Schulz, Goya libre



Die Prophezeiung der Hawkweed, Irena Brignull, gesprochen von Jana Schulz, Goya libre
Die jahrhundertealte Prophezeiung besagt, daß eine der Hawkweed Töchter Raven oder Charlock die künftige Königin der Hexen gebären wird. Raven ist ehrgeizig und bereitet sich auf die Aufgabe die Mutter der künftigen Königin zu werden vor, sie lernt eifriger als alle anderen und beherrscht schon bald die mächtigsten Zauber, was sie nicht unbedingt beliebt macht. Ihre jüngere Schwester Charlock scheint viel zu sanft, weich und unwissend für diese Aufgabe. Auch ist sie stets mit Söhnen schwanger, die meist noch im Mutterleib getötet werden, oder kurz nach der Geburt, denn Söhne und Männer sind unerwünscht. Ravens Tochter Sorrel scheint daher die designierte Königin zu sein. Als Charlock wider Erwarten nun doch mit einem Mädchen froher Hoffnung ist, verflucht Raven das Mädchen, das daher direkt nach der Geburt mit einem normalen Menschenmädchen vertauscht wird. Amber wächst so bei den Hexen auf, ohne jede magische Begabung, eine totale Außenseiterin ohne Freunde und Hexenkind Poppy bei John und Melanie. Poppy trifft es damit noch schlimmer, sie fliegt von jeder Schule, ihre Mutter wird wahnsinnig, ihr Vater kann sie kaum ertragen und alle meiden diesen merkwürdigen Misfit. Poppy ist zu tiefst unglücklich, bis sie eines Tages nach einem erneuten Umzug Amber kennenlernt. Ihre Einsamkeit verbindet sie und sie führen einander in andere Welten ein. Alles scheint gut, bis Poppy Leo, einen Straßenjungen trifft, der nicht nur sie „verzaubert“.
Das klang für mich gut, die Kritiken die ich las, waren aber durchwachsen. Als ich das Hörbuch einschaltete und die Stimme von Jana Schulz hörte, dachte ich: oh je! Nicht angenehm weich, schmeichlerisch im Ohr, sondern irgendwie eckig, kantig, rau. Kratzig irgendwie, mehr so die Stimme einer Rockröhre, wirklich nicht was ich erwartet habe. Doch die Stimme ist nicht hart, sondern mehr zerbrechlich, das sie bisweilen etwas klingt als würde sie brechen. Sie spiegelt wunderbar die zerrissenen Seelen der Charaktere, allen voran Poppys wieder. Ihre Stimme, die mich anfangs mindestens irritierte, ist für mich ein Grund, die Geschichte zu hören und nicht zu lesen, denn sie ist einfach perfekt und mit ihr fing ich auch an, Poppy zu lieben. Dabei ist Poppy ganz schön sperrig und nicht so auf Anhieb liebenswert. Würde man sie als leicht schräg bezeichnen, wäre das noch ein Kompliment, sie ist einfach der totale Misfit – sie passt einfach nicht in diese Welt! Poppy, Ember und Leo haben wirklich ein hartes Los und ihren Eltern geht es nicht besser. Aber irgendwie fand ich es nicht deprimierend, wie bei manch anderen Geschichten , sondern fesselnd, düster, aber dabei magisch.
Ein anderer Kritikpunkt den ich las, war, daß alles zu einseitig sei, es gäbe nur gut oder böse. Das kann ich nun wirklich nicht nachvollziehen. Die Charaktere finde ich ziemlich zerrissen, zwischen ihren eigenen Wünschen, Hoffnungen, der Prophezeiung und ihrer Bestimmung und der Liebe. Einige die zuerst unsympathisch erscheinen, haben sich im Laufe der Entwicklung zu Sympathieträgern entwickelt, während eine scheinbar sanftmütige und einfältige Person sich als sehr viel berechnender und durchtriebener erweist.
Hörtechnisch bin ich durch dieses Hörbuch geradezu gedüst, weil es mich so gepackt hat und ich war mir ziemlich sicher, hiermit mein persönliches Jugendhörbuchhighlight schon im Januar entdeckt zu haben. Doch das Ende hat es in sich. Es läßt mich nicht strahlend zurück und ist ziemlich offen. Doch würde ein klassisches Happy-End zu so einem unglücklichen und zerrissenen Charakter wie Poppy überhaupt passen? Ich hätte es ihr wirklich gewünscht, sie hätte es verdient, aber wahrscheinlich hätte ich die Geschichte dann platt gefunden. Poppy ist am Ende irgendwie glücklicher als zu Beginn und irgendwie auch unglücklicher, zumindest hat sie nun die Chance mit sich ins Reine zu kommen, sich selbst zu finden und auch zu sein, statt nur einer  wandelnden Katastrophe. Zum Schluß wird sogar noch auf Dornröschen zurückgegriffen und ich dachte schon, ich höre nicht richtig, aber auch hier zieht die Autorin Irena Brignull gekonnt den Bogen. Sie gleitet nicht in den Kitsch ab, spielt aber mit irregeleiteten Erwartungen der Hörer. Irena Brignull hat in Oxford englische Literatur studiert und hat bislang als Drehbuchautorin u.a. für die Zeichentrickserie „Der kleine Prinz“ gearbeitet. Dies ist ihr erster Roman.
Anfangs dachte ich noch, ich könnte das Hörbuch doch auch gut mit meiner 10 Jährigen Tochter hören, kam dann aber doch recht schnell auf den Trichter, daß wir da dann doch besser noch 2 Jahre warten sollten. Es ist wirklich ein Jugendhörbuch, daß aber hoffentlich den Hörerinnen auch das Herz für merkwürdige Gestalten öffnet. Quält Eure Mitschüler nicht, die irgendwie anders sind, wer weiß was in ihnen steckt. Wohl keine Hawkweed, aber verborgene Talente gibt es eine Menge.
Optisch hat es mir auch sehr gut gefallen, denn die Tonträger sind optisch an das Cover angeglichen und dennoch ist jeder anders gestaltet. Das Booklet greift die Ranken der geheimen Treffpunkte auf und mit ihren Spinnen, wird auf eine von Poppys Besonderheiten angespielt.
Ein Hörbuch, daß mich über weite Strecken richtig begeistert hat, weil die Heldin nicht so glatt und weichgespült ist und Jana Schulz Stimme dies super wiedergibt, das Ende hat mich zum Nachdenken gebracht und nachgewirkt, auch wenn es kein glücksseeliges Grinsen auf mein Gesicht zauberte. Es wird auf jeden Fall eines meiner Lieblingshörbücher des Jahres bleiben.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Verlag für dieses wirklich ungewöhnliche Hörbuch, das mich begeistert hat.

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