Lacroix und die Toten vom Pont Neuf, Alex Lépic, gelesen von Felix
von Manteuffel, DAV, 5 CDs 6 h 18 min. ungekürzt
Commissaire Lacroix ist der wohl bekannteste Ermittler von Paris
und seine Schrullen sind legendär, ebenso wie sein Spitzname Maigret. Ja, er
liebt seinen Mantel, seinen Hut und seine Pfeife, gutes Essen und seine Frau,
die Bürgermeisterin des 7. Arrondissement. Vor allem liebt er es sich in die
Fälle hineinzuspüren und sie mit Köpfchen, statt mit Technik zu lösen. Von Technik
hält er wenig, allen voran von Handys, sie nehmen einem die Ruhe zum
Nachdenken, wenn man immer und überall erreichbar ist, handelt oder redet man
auch bisweilen ein wenig vorschnell. So sind seine Eigenheiten und Routinen
bekannt und wer ihm etwas mitteilen möchte hinterlässt eine Nachricht in den
Bistros und Bars in denen er regelmäßig verkehrt. Dabei kann er Informanten
auch gleich mit einem guten Essen auf Kosten der Préfecture bezahlen. In diesem
Fall gibt es eine Menge von ihnen, die schon lange nichts Gutes mehr auf einen
Teller bekommen haben. Denn ein Clochard Mörder scheint unter Pont Neuf
umzugehen, so wie damals vor 30 Jahren. Doch Lacroix hat auch dann noch Zweifel
an der These, als ein weiterer Clochard und ein versoffener Handwerker am Ufer
der Seine ermordet werden.
Lacroix vertraut auf sein Bauchgefühl und damit dieses ihn nicht
trügt, muss er es regelmäßig füttern, meistens in stilvollen oder urigen
Pariser Lokalen, denn seine Frau kann bei weitem nicht so gut Kochen, wie die
von Maigret, aber selbst Dominique ist nicht perfekt. Während ganz Paris in
Hysterie verfällt, behält Lacroix einen kühlen Kopf. Er wägt die
Gemeinsamkeiten der Toten und die Unterschiede ab, die der Presse zu entgehen
scheinen. Bis zur Lösung des Falles, will er sich nicht festlegen, sondern
bleibt für alle Möglichkeiten offen, insbesondere, da sich so kleine Ideen in
seinem Gehirn verbeißen, sich aber für lange Zeit nicht so recht zeigen
möchten. Mit Entschleunigung lassen sich solche Gedankenblitze besser packen,
daher ist er ein leidenschaftlicher Fußgänger, der beim Fahrstil seiner
Mitarbeiter regelmäßig zu beten beginnt, auch wenn das eigentlich der Job
seines Zwillingsbruder Pierre Richard, einem Priester ist. Da Lacroix die Métro
meidet und meist zu Fuß oder mit dem Bus unterwegs ist, bekommt man eine Menge
des Pariser Flairs und seiner schönsten Ecken mit. Man taucht mit ihm mitten
ins Pariser Leben ab, nicht nur Bistros und Restaurants, auch die Kirche, die
Pont Neuf, unter der sich nachts die von der Gesellschaft verstoßenen
versammeln, das noch immer nach einem Brand geschlossene Nobelkaufhaus
Samaritaine, die Seine... es vermittelt einem das Gefühl von Urlaub für die
Ohren. Auch wenn Lacroix mit moderner Technik nichts anfangen kann und er nicht
gerne Auto fährt, ist dies kein Cosy Crime und auch nicht altmodisch. Es ist
ein Krimi im klassischen Stil, aber mit modernen Problemen und Verbrechen,
tradiert und doch auch zeitgemäß. So wird immer wieder auf Aufnahmen von
Überwachungskameras zurückgegriffen, die allerdings nachts in dunklen Ecken die
fehlenden Augenzeugen nicht ersetzen können. Da passt Sprecher Felix von
Manteuffel prima als Sprecher. Wie Lacroix ist er nicht mehr ganz jung, aber
alles andere als tatterig, flexibel und immer für eine Überraschung gut. So
klingt der erfahrene Schauspieler ganz nach einem französischen Bon Vivant mit
Esprit, oder eben nach einem kasachischen Ganoven, einem eingewanderten
Mechaniker, einem Priester.... Er ist ausgesprochen vielseitig, ohne zu
übertreiben, sondern trifft genau den Ton. Dabei klingt er lebendig und vermag
die Stimmung einzufangen und das Kniffelige und kaum Lösbare hörbar zu machen.
Ein richtig interessanter Fall mit mindestens ebenso interessanten Charakteren
und jeder Menge Pariser Flair. Es hilft sicherlich, wenn man wenigstens ein
bißchen Französische spricht, um sich die Namen und Orte besser merken zu
können.
Autor Alex Lépic wurde 1980 in Paris geboren, wuchs in Deutschland
auf und fährt so oft wie möglich nach Paris, wo stets ein Zimmerchen auf ihn
wartet. An seinen neuen Fällen arbeitet er dann aber doch lieber in den
dortigen Cafés.
Ein kniffliger Krimi mit viel französischem Flair, hervorragend
gelesen, den ich sehr gerne weiterempfehle.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Der Audio Verlag für mein
Rezensionsexemplar.
Hier findet Ihr eine Hörprobe:
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