Sonntag, 6. März 2022

Tod auf dem Nil, Agatha Christie, gelesen von Gerd Anthoff, der Hörverlag, 2 MP3 10 h 35 min ungekürzt

Tod auf dem Nil, Agatha Christie, gelesen von Gerd Anthoff, der Hörverlag, 2 MP3 10 h 35 min ungekürzt

 

Ein echter Evergreen: Auch ein Privatdetektiv braucht mal Urlaub! Wenn er denn so erfolgreich ist, wie der legendäre Hercule Poirot, kann man sich auch einen exklusiven Ägyptentrip mit Nilkreuzfahrt leisten. Mit ihm an Bord gehen vor allem Passagiere der besseren Gesellschaft, die meisten von ihnen waren zuvor schon im gleichen Hotel wie er. So z.B. die frisch verheiratete Millionenerbin Linnet Doyle (20) mit ihrem Mann Simon. Die junge Frau scheint alles zu haben, was man sich nur wünschen kann: sie ist bildschön, hat einen guten Geschmack, traumhafte Perlen, ein immenses Vermögen, Charme und einen Mann der sie anbetet. Dennoch versucht sie seine Dienste in Anspruch zu nehmen, da ihre bislang beste und älteste Freundin Jacqueline de Bellefort, die ehemalige Verlobte von Simon Doyle, ihnen nach Ägypten gefolgt ist. Dass Jackie überall auftaucht, wo das junge Paar ist, belastet Linnet, die bisher immer bekam was sie wollte, sehr. Doch Poirot lehnt ab, redet allerdings mit beiden jungen Frauen. Als Linnet dann eines nachts an Bord ermordet wird, kann Poirot sich nicht mehr heraus halten und nimmt mit dem anwesenden Colonel Race, einem alten Bekannten, die Ermittlungen auf. Fast alle an Bord haben ein Motiv und die Angst vor Enttarnung zieht weitere Morde nach sich.

Dies ist eine Sonderneuauflage anlässlich der Kinoneuverfilmung des Krimiklassikers. Dabei ist nicht nur viel Liebe und Mühe in die Gestaltung des Pappcovers geflossen, der Text ist auch ungekürzt. So kann man wirklich jeden Gedankengang Hercule Poirots und der verstreuten Hinweise mitverfolgen. Abgesehen davon, dass dies einer meiner Lieblingsfälle von Hercule Poirot ist, wusste ich sofort „den Sprecher kenne ich! Doch woher?“ Gerd Anthoff ist der korrupte, arrogante, stiefelleckende Dr. Reuter, Chef von Frau Dr. Prohazeck in der inzwischen leider abgeschlossenen TV-Serie „Unter Verdacht“. Von daher trifft er den Ton des stets höflichen, aber doch auch von sich sehr eingenommenen Hercule Poirot sehr gut und lässt es auch am Akzent des Belgiers nicht fehlen. Doch auch viele der anderen Passagiere der besseren Gesellschaft sind nicht minder von sich überzeugt, doch nicht immer so höflich. Hier ist Gerd Antloff eindeutig in seinem Element, ebenso wie bei den mürrischen, explosiven oder fanatischen Anwesenden auf dem Schiff. Selbst die weiblichen Verdächtigen, bzw. Opfer erhalten von ihm ihre eigene Stimme, mit eigenem Ausdruck, was bei der Vielzahl der Charaktere, wirklich beachtlich ist. Dadurch kann man die Personen stets gut auseinander halten, auch wenn die weiblichen Figuren nicht ganz so gut glücken wie die männlichen. Um sicher zu stellen, dass niemand den Überblick verliert hat Agatha Christie stets ein Personenverzeichnis aufgenommen, das hier erfreulicherweise auch im Cover abgedruckt ist.

 

Die Vielzahl der Passagiere plus Personal macht Poirot seine Aufgabe nicht leicht! Während Linnet zu Beginn ihrer Freundin überzeugt verkündet, dass alle Welt sie lieben würde, beweist der Mord an ihr das Gegenteil. Poirot stellt schnell fest, dass es mehr als nur einen Menschen auf der Welt mit einem Motiv gibt. Ein klassisches Who-dunnit vor traumhafter Kulisse und teilweise vielschichtigen Charakteren. Wer ist wie er scheint und beim wem trügt der Schein? Poirot ist entsetzt, dass sein Hirn anscheinend im Urlaubsmodus arbeitet, denn lange Zeit lässt er sich täuschen. Das spricht für einen besonders raffinierten Täter, wodurch sich der Meisterdetektiv nur noch mehr herausgefordert fühlt. Aber natürlich ist es unmöglich, dass Verbrechen direkt vor Poirots Nase geschehen und er sie nicht aufklärt! Ja, nicht nur Morde ereignen sich in dieser erlesenen Gesellschaft und das bringt ihn ganz schön ins Grübeln.... Die Queen of Crime hat nicht nur geschickt geplottet, sie denkt auch ans Herz. Wie beim Traumschiff läuten auch hier die Hochzeitsglocken zum Schluss, nur ohne den Kitsch. Ein wohlwollendes Lächeln kann sich der kleine Belgier dennoch nicht verkneifen. Das liebe ich so an ihren Geschichten, dass es stets auch um die menschliche Seite geht und vor allem um menschliche Beziehungsgeflechte und psychologische Verwicklungen. Statt seines alten Freundes Hastings steht dieses Mal Colonel Race dem legendären Ermittler zur Seite und auch wenn er sich ärgert, dass er nicht stets an Poirots Gedankengängen teilhaben kann, so ermöglicht dieser es ihm jedoch, seinen Auftrag zu erfüllen.

Zu recht ein Klassiker mit einer gekonnten Mischung aus Wohlfühlelementen, Kultur, Psychologie und menschlichen Schwächen. Durch die angenehme und wandelbare Stimme von Gerd Anthoff ein Hörgenuss.

 

Vielen lieben Dank an das Bloggerportal und der Hörverlag für mein geliebtes Hörexemplar!

 

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