Die besten Tantenretter der Welt, Andrea Schomburg, Vignetten von Sabine
Wilharm, Hummelburg
Dies ist die Geschichte von Jonas (11) und seinem kleinen Bruder Fabi (8).
Beide sind nach einem tödlichen Unfall ihrer Eltern Vollwaisen und leben
seither bei ihrer ebenso schönen, wie lustigen und exzentrischen Tante Erdmute,
der Schwester ihrer Mutter. Diese macht ihrem Namen alle Ehre und ist stets
frohgemut, nimmt das Leben wie es kommt, auch wenn sie damit keine Reichtümer
anhäuft. Sie betreibt einen Laden mit von ihr selbstgenähter Secondhand-Mode.
Da sie aber auf den Etiketten vermerkt, wie viele bewunderde Blicke sie mit
jedem einzelnen Kleid auf sich zog, sind ihre wunderschönen Modelle jedoch sehr
hochpreisig und erlangen daher nicht den wohlverdienten reißenden Absatz.
Dennoch sind sie glücklich, bis das Haus in dem sie leben und in welchem sich
auch der Laden befindet, luxussaniert wird. Es ist klar, daß sie sich die
Mieten anschließend nicht mehr werden leisten können. Geld muss her, denkt sich
Tante Erdmute und überfällt spontan in ihrem abenteuerlichsten roten Kleid, nur
mit Sonnenbrille und Hut maskiert eine Bank. Nun müssen sie fliehen, in ein
sehr merkwürdiges Waldhotel, in welchem gleich ein weiterer Überfall geschieht!
Oh nein, nun wird es eine polizeiliche Ermittlung geben!
Nein, ich billige Banküberfälle nicht, aber Jonas und Fabi auch nicht. Sie
sind total verzweifelt und überlegen angestrengt, wie sie den Überfall
ungeschehen machen können und dennoch in ihrer geliebten Berliner Umgebung
bleiben können. Zum Glück finden sie Unterstützung in der 10 jährigen Johanna,
die ähnliche Probleme und eine Menge Talente und Ideen hat. Gemeinsam gründen
sie die Bande der „Tantenretter“! Durch Johanna und ihre Einfälle wird das Buch
nicht nur witziger, sondern auch viel interessanter für Mädchen, wobei sie
durch ihre Fußballkenntnisse besonders bei Jungs punktet und durch ihr zahmes
Reh bei Mädels...
Die Kinder werden sehr liebevoll beschrieben, sie denken nicht nur an sich,
sondern sorgen sich ernsthaft um Tante Erdmute und Johannas Vater den
überforderten Hotelbesitzer. Dabei sind sie aber auch sehr clever und
rechtschaffen. Sie finden es nicht in Ordnung, was um sie herum passiert und
suchen einen legalen Weg aus dem Dilemma. Das hat uns richtig gut gefallen,
dass egal, wie schwierig die Lage wurde, die Kinder stets versucht haben, das
Richtige zu tun. Dabei müssen sie auch noch einen ganz schön kniffeligen
Kriminalfall aufklären. Nicht den Banküberfall natürlich, da ist ihnen die
Täterin ja bekannt, aber dass ist ja nicht ihre einzige Begegnung mit dem
Verbrechen. Dabei wollen sie natürlich unbedingt schneller sein, als die
Polizei, nicht nur, weil diese ihnen nur bedingt kompetent erscheint. Damit
wird es neben dem großen Spaß, auch noch richtig spannend! Einige Charaktere
sind ganz schön überspitzt gezeichnet, aber das vermittelt so ein herrliches
Slapstickgefühl und erhöht nur den Spaß. Irgendwie hat man dennoch das Gefühl
einigen der Personen aus dem Buch schon mal im wahren Leben begegnet zu sein,
so rein zufällig!
Ach ja, obwohl die Ausgangssituation so verzwickt ist und ich von
Banküberfällen ebenso wenig halte, wie Jonas, Fabi und Johanna, endet alles
gut. Das hat uns sehr beruhigt. Ich habe lange gerätselt, wie man diese
Geschichte zu einem guten Ende bringen kann, ohne dass ich als Juristin so
meine Probleme damit habe, denn Selbstjustiz ist nicht meins. Die Lösung ist
brilliant und juristisch korrekt! Der, der bestraft wird, hat es sich selbst
ausgesucht und der mogelt auch ein wenig, aber so geschickt, dass es nicht
auffällt und ich es ihm nicht verübeln kann. Das finde ich insofern
erwähnenswert, weil dieser Straftatbestand, auf den am Ende alles hinausläuft,
gerne mal übersehen wird. Ja, es gibt auch „Späße“ die zu recht strafbar sind!
Autorin Andrea Schomburg hat lange Zeit als Lehrerin gearbeitet, da kann
man sicher sein, daß sie den Wortschatz der Altersgruppe einschätzen kann.
Wörter, die nicht so geläufig sind, werden daher stets im Anschluss erklärt. Da
sie auch seit einigen Jahren dichtet und als Kabarettistin auftritt, kommt
weder die Situationskomik, noch die Reimerei zu kurz. Tante Erdmute ist da
nämlich ausgesprochen kreativ und singt sich ihre Gefühle von der Seele. Worüber
man singen kann, davor braucht man sich doch nicht zu fürchten! Dies ist
übrigens ein Buch für Leser. Die Illustrationen sind in schwarz-weiß und nur
als große Vignetten jedem neuen Kapitel vorangestellt, greifen sie den Kern des
Kommenden auf, ohne zu viel zu verraten. Die Schriftgröße ist angenehm, aber
nicht riesig und auch schon mit Serifen.
Ein sehr originelles, ungewöhnliches und spannendes Buch!
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Andrea Schomburg für unser persönliches
Leseexemplar!