Die Spur der Vertrauten, Christelle Dabos, Rotfuchs Verlag
Claire und Goliath leben in einer Welt, in der das „Wir“ über allem steht und ein „Ich“ nichts wert ist. Jeder Mensch besitzt einen besonderen Instinkt, der dem Gemeinwohl auf die eine oder andere Weise nützt. Goliath ist ein Schützender, dessen Instinkt ihn dazu zwingt andere Menschen zu retten und sein eigenes dabei riskiert. Durch seinen Wagemut hat er schon 10 Menschen gerettet und nur noch eines fehlt noch, um ihn in den Stand eines „Heiligen“ zu erheben. Da der 2,40 m große Kerl allerdings zuletzt seine Arme einbüßte und nun stattdessen Prothesen nutzt, wurde er von der Feuerwehr zur Verkehrsüberwachung versetzt, was seine Chance, das fehlende 11. Leben vor seinem 18. Geburtstag zu retten, gegen Null sinken lässt. Doch da fällt ihm auf, dass einer seiner Mitschüler verschwunden ist und er forscht nach und er findet noch mehr spurlos Verschwundene. Er sieht seine Chance doch noch jemanden zu retten und trifft bei seinen Nachforschenden auf Claire, eine Vertraute. Diese hat in ihrer „Schule der Vertrauten“ sogar schon 8 derartige Fälle entdeckt. Eigentlich darf sie nicht auffallen, da sie ein Geheimnis hütet: sie hat keinen Instinkt, der sie zu guten Taten für das „Wir“ treibt, sie ist ein „Ich“, was keiner wissen darf. Trotzdem ist sie wild entschlossen gemeinsam mit Goliath diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen, auch wenn die Risiken unermesslich sind, denn Claire ist ein Killer auf den Fersen....
Was für eine abschreckende Gesellschaft und eine seltsame Religion. Goliath ist fast schon besessen von der fixen Idee noch ein Menschenleben zu retten, ehe seine Nachfrist abgelaufen ist. Absolut ehrgeizig und voller Konkurrenzdenken, hat er innerhalb seiner Schule keine Freunde. Ganz anders Claire, die aus echter Sorge um die Verschwundenen handelt und nicht aus Zwang. Sie hat eine recht eigenwillige Art die Welt um sich herum wahrzunehmen, was sie sehr sympathisch für mich macht, allerdings entstamme ich ja auch nicht ihrem Sektor.
Man spürt, dass diese Dystopie der Autorin der Erfolgsreihe „Die Spiegelreisende“ von einer Französin geschrieben wurde. Dieses Buch wird ab 14 empfohlen. Doch niemand in dem Alter in Deutschland weiß was ein Minitel ist, womit die Menschen im Südsektor Informationen sammeln und Nachrichten verschicken. Das hat sich in Deutschland überhaupt nicht durchgesetzt, war vor 30-40 Jahren in Frankreich aber sehr verbreitet (es ist so eine Mischung aus Videotext und Internet, für das man spezielle, mit der Telefonleitung verbundene Geräte benötigte).
Der Einband unter dem Schutzumschlag, gefällt mir sehr gut. In silbernen Lettern stehen auf der Vorderseite Claires Gedanken über Goliath, und auf der Rückseite seine Überlegungen über sie. Die ebenso schlichten, wie glänzenden Lettern haben ihren ganz eigenen Reiz.
Die Geschichte wird aus wechselnden Perspektiven erzählt. Überwiegend aus der von Claire und Goliath, aber nicht nur. Dies wird jeweils zum Beginn eines neuen Kapitels/Abschnitts deutlich mit fettgedruckter Anzeige der Perspektive und quasi einer Losung des Kapitels kenntlich gemacht. Ohne diese Anzeige, wären diese recht sprunghaften und anfangs völlig unangekündigten Wechsel nur verwirrend. Man sollte sie daher stets im Blick behalten.
Durch die Perspektivwechsel erhält man ganz unterschiedlich Einblicke, doch es wird dadurch nicht unbedingt klarer, sondern fast noch geheimnisvoller und bedrohlicher, denn man spürt, dass das „Wir“ vielleicht doch nicht immer nur gut ist. Langsam und mit finsterer Vorahnung wird man in den Bann der Nachforschungen des Schützenden und der Vertrauten gezogen...
Am Ende kommt alles ganz anders... und wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende ;) Denn es geht um Identität, Gemeinwohl, Freundschaft, Bestimmung, darum aus der Art geschlagen zu sein und mögliche künftige Staatsformen. Wirklich interessante Themen die hier, aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet und hinterfragt werden... das ist bisweilen etwas unheimlich, aber nicht nur. Bisweilen ist es auch ganz schön spannend.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei der Agentur Buchcontact und dem Rotfuchs Verlag für mein Rezensionsexemplar.
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