Sonntag, 21. August 2022

Die Wunderfrauen (2) – von allem nur das Beste, Stephanie Schuster, gelesen von Elisabeth Günther, Argon Verlag, 2 MP3, ca 11 h

 

Die Wunderfrauen (2) – von allem nur das Beste, Stephanie Schuster, gelesen von Elisabeth Günther, Argon Verlag, 2 MP3, ca 11 h

 

Starnberg 1962: Helga ist überraschend nach Starnberg in die Seeklinik zurück gekommen, nachdem sie Jahre zuvor dort als Schwesternschülerin wegen ihrer Schwangerschaft als ledige Mutter fristlos gekündigt wurde. Sie ist immer noch ledig und Sohn David ihr ganzer Stolz und ihre Motivation. Für ihn hat sie es geschafft ihr Abitur nachzuholen und Medizin zu studieren. Die Patientinnen sind begeistert von der jungen, frischen und einfühlsamen Ärztin. Ihre erste Patientin ist die völlig verunsicherte Annabel, die nach der Entbindung ihres zweiten Kindes verzweifelt und irritiert ist, dass ihr niemand ihr Baby in den Arm legt. Sie ist fest davon überzeugt, dass hier etwas nicht stimmt und ahnt noch nicht, wie recht sie hat. Louises Laden hat sich in Starnberg etabliert, auch als gesellschaftlicher Mittelpunkt, da es bei ihr nicht nur alles für den täglichen Bedarf, sondern auch die besten Rezepte und Tipps für jeden Anlass gibt. Aus der Ehe mit Hans ist die Luft raus, doch ihrer Tochter Josie zuliebe bleibt sie bei ihm und wegen ihres Ladens. Doch in der Umgebung eröffnen immer mehr große Supermärkte und sie überlegt, wie sie ihr Konzept den neuen Zeiten anpassen kann. Ihre Schwägerin Marie hat mittlerweile vier Kinder und die alte Tante Polly auf dem Hof. Martin arbeitet inzwischen im Forst und der Hof und der Haushalt zehren an ihren Kräften.

Band 1 endete mit einem Paukenschlag, der mich diesem Band entgegenfiebern ließ und ich wurde nicht enttäuscht. In diesen Zeiten, in denen Frauen ohne männliche Zustimmung oft nicht über ihr eigenes Leben entscheiden können, nehmen diese vier ihr Schicksal selbst in die Hand. Die früher oft flatterhafte und flippige Helga hat durch ihre Mutterrolle Bodenhaftung gewonnen, ist aber noch so sinnlich und lebensbejahend wie eh und je. Das bringt sie allerdings auch in ganz schöne Schwierigkeiten, aus denen sie fürchtet nicht mehr herauszukommen. Doch dank ihrer drei Freundinnen, findet sich auch hier eine Lösung. Während im ersten Band vor allem Marie und Louise im Vordergrund stehen, treten nun Helga und Annabel ins Licht und beweisen eine wunderbare Wandlung. Während sich bei Helga schon zuvor andeutete was in ihr steckt, wächst die Krimiliebhaberin Annabel, die Tochter des westfälischen Hilfspfarrers, über sich hinaus. Sie wächst an ihrer Aufgabe. Zur Überraschung ihrer Umgebung, nimmt sie ihre Tochter nicht nur so an wie sie ist, sie liebt und fördert sie und entschließt sich, der Ursache auf den Grund zu gehen. War sie bei der Geburt wirklich schon zu alt? Lag es an ihr? Als Tochter einer Buchhändlerin liest sie sich so einiges an, klopft an fremde Türen und kombiniert die Gemeinsamkeiten zwischen ihrem Schicksal und dem anderer Betroffener. Während Annabel immer stärker und selbstbewusster wird, droht ihr Mann zu zerbrechen. Marie scheint bisweilen unter der Last der Arbeit und der Verantwortung zusammen zu brechen und es ist Helga, die ihr zu einer Atempause verhilft. Durch die Kinder nähern sich auch Helga und Luise wieder an, denn der neue in der Klasse, David wird Josies bester Freund und die beiden unzertrennlich. Da können sich die Mütter nicht aus dem Weg gehen – zum Glück!

 

Stephanie Schuster gelingt es gekonnt zentrale Frauenthemen der 60er Jahre mit einer starken Freundschafts- und Starnbergsaga zu verbinden. Immer wieder haben mich die vier Freundinnen verblüfft, wobei ich in diesem Band besonders Annabel hervorheben möchte, Zu Beginn der Reihe habe ich sie als furchtbare Schreckschraube empfunden, die zutiefst unglücklich und verunsichert ist. Nunmehr blüht sie geradezu auf, aller Schicksalsschläge zum Trotz, dank ihrer Freundinnen.

Es geht um damals zentrale Themen wie Selbstbestimmung, Verhütung, die Schuldgefühle, wenn mit einem Kind etwas nicht stimmt, Alleinerziehende, ledige Mütter, berufstätige Frauen, Grabscher.... Dabei schildert die Autorin diese sehr einfühlsam und authentisch. Für mein Empfinden hat sie auch sehr sorgfältig recherchiert. Natürlich geht es nicht nur um Frauenthemen, sondern auch um andere Themen der Zeit, die Deutschland damals beschäftigt hat, gerade im Hinblick auf den Krieg und das Naziregime und den Verlust jüdischer Freunde, der oft auch mit Verrat einher ging.

 

Elisabeth Günther spricht auch die Fortsetzung sehr einfühlsam und den Situationen angepasst mit ihrer warmen, ausdrucksvollen Stimme, die sie nicht nur den Stimmungen, sondern auch den jeweiligen Protagonistinnen anpasst. Das ist echt eine reife Leistung, da über die Jahre die Freundinnen das komplette Gefühlsspektrum überkommt, von Himmel hoch jauchzend, erleichtert, überglücklich, verzweifelt, total erschöpft, ratlos über kämpferisch und sinnlich. Mit ihrer Stimme nimmt sie die Hörerinnen gefangen und erreicht nicht nur ihr Hirn, sondern auch ihr Herz.

 

Ich habe auch Band 2 richtig genossen und dank des dramatischen Endes muss ich nun natürlich unbedingt mit Band 3 weitermmachen, der jetzt demnächst erscheint!

 

Ganz herzlichen Dank an den Argon Verlag für mein Hörexemplar!

 

Hier findet Ihre eine Hörprobe:

https://www.argon-verlag.de/hoerbuch/schuster-die-wunderfrauen-2005664/

 

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