Isola Mortale – Ein Piemont-Krimi, Giulia Conti, gelesen von Tetje Mierendorf, Steinbach Sprechende Bücher, 1 MP3 447 Minuten ungekürzt
Dezember im Piemont am Lago d'Orta, es ist draußen ungemütlich, drinnen im Haus am See von Ex-Kriminalreporter Simon Strasser prasselt ein wärmendes Feuer, während er auf die Ankunft seiner Freundin Louisa aus Frankfurt wartet. Doch kaum ist diese da, ruft morgens Commissaria Carla Moretti an. Aus dem See wurde die Leiche einer jungen, schönen, deutschen Novizin geborgen, die anscheinend mit einem Ruderboot gekentert ist. Was zog die deutsche Novizin in ein Schweigekloster auf der Isola San Giulio? War es wirklich ein Unfall, oder haben ihre Nachforschungen zum Verbleib ihrer vor 8 Jahren verschwunden Mutter jemanden missfallen? Haben etwa die Ordensschwestern etwas damit zu tun, oder doch eher der ehemalige Arbeitgeber der Mutter, der mittlerweile auch ein Feriendomizil am See hat? Die Commissaria scheint sich schnell auf ihn festlegen zu wollen, doch eine mächtige Familie am See, kreuzt immer wieder Simons Weg.
Simon Strasser ist nicht einfach ein gewöhnlicher deutscher Journalist, den la Dolce Vita reizt. Tatsächlich ist er Halbitaliener, dank seiner Mutter. Allerdings hat er keinen wirklichen Kontakt zu seiner italienischen Verwandtschaft, die sein Vater wohl immer ablehnte. Seinen deutschen Akzent wird er daher wohl nicht mehr los, aber dafür ist er inzwischen als Dolmetscher zugelassen. Aus diesem mehr oder weniger sinnigen Grund, wird er von der leitenden Ermittlerin nun auch zum Tatort gerufen, obwohl ihr seine ermittlerischen Alleingänge in der Vergangenheit extrem missfallen haben. Diese halten sich aber wohltuend in Grenzen, so achtet er meistens das Gesetz, trägt nicht stets einen Bund Dietriche mit sich herum und ist schon gar nicht bewaffnet. Eigentlich ein ganz ruhiger Zeitgenosse, den aber so einiges ins Grübeln bringt und den die Neugier antreibt, aber nicht ohne nebenbei das Leben zu genießen.
Sehr gut hat mir das Lokalkolorit des Lago d'Orto gefallen, der touristisch noch nicht so überlaufen ist, aber an dem dennoch viele der Häuser am See im Winter leer stehen, da es sich um Sommerresidenzen handelt. Im Winter kommt die Schönheit der Gegend vielleicht nicht zur optimalen Entfaltung, aber ich finde es besonders reizvoll, mal darüber nachzudenken, wie es in den liebsten Urlaubsorten jenseits der Saison wohl aussieht und was vom Tourismus übrig bleibt.
Tetje Mierendorf kannte ich bislang nur als Sprecher einer Kinderhörbuchreihe und so war ich auf ihn als Krimierzähler gespannt. Er hat eine sehr angenehme Stimme und eine ruhige Erzählweise gewählt, die sehr gut zu diesem atmosphärischen Krimi passt, in dem auch immer die Gegend, das Essen und die Getränke thematisiert werden. Teilweise kritisch, weil Stieftochter Nicola inzwischen Vegetarierin ist, und teilweise ökologisch in Form sich übermäßig ausbreitender Krebseindringlinge im See, teilweise in Verbindung mit lokalen Feiertagstraditionen. Da passt die nachdenklich, zurückgenommene Art des Sprechers sehr gut. Dieser Krimi kommt ohne Spurensuchen-High-Tech aus und konzentriert sich auf Gedanken, Überlegungen und Beobachtungen. Ein Fall, der sich in Ruhe entwickeln kann mit Persönlichkeiten, deren Nuancen durchblitzen, sich aber nicht plump offenbaren und ohne Hektik. Zwischenzeitlich kommt zwar eine Person in Gefahr und das Tempo wird deutlich gesteigert, aber nach der Auflösung fällt das Tempo wieder ab, da die Lösung nicht zum Greifen nahe ist. Anders zum Finale hin, in dem Tetje Mierendorf deutlich drängender wird, bis der Journalist sich ins Gedächtnis ruft, das seine Stärke in der Ruhe liegt. Diese Ruhe strahlt der ganze Fall aus und vermittelt dem Zuhörer stets, dass alles gut werden wird und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es nicht das Ende. Tatsächlich wird zum Schluss auch alles aufgelöst, ohne Hektik und mit dem Ausblick auf bevorstehende kommende gute Tage. Anders als Donna Leon prangert Giulia Conti nicht ein korruptes System in Italien per se an, in der Gewissheit, dass auch wenn ein Schlangennest ausgehoben wurde, die nächsten nur auf ihren Aufstieg warten. Es ist ein persönliches Einzelschicksal und so endet der Fall tatsächlich ohne düstere Vorahnung. Das finde ich für einen Feiertagskrimi, der auch Silvester einschließt, gerade aktuell sehr beruhigend.
Eine unterhaltsame und streckenweise sehr spannende Reise in das von Corona besonders erschütterte Piemont, insgesamt aber eher ein Cosy Crime Krimi, die ich durchaus sehr schätze.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Steinbach Sprechende Bücher für mein Hörexemplar!
Hier findet Ihr eine Hörprobe:
https://www.sprechendebuecher.de/ssb_audio/1305.mp3
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