Wenn die Blätter sich rot färben, der fünfte Fall für Gamache, Louise Penny, gelesen von Hans-Werner Meyer, Der Audio Verlag, 8 CDs 11 Std. 12 min. gekürzt
Armand Gamache ist Chiefinspector der sécurité in Montréal und ein kultivierter Schöngeist, dessen einzige Laster seine Aufrichtigkeit und penible Wahrheitssuche sind. Das wissen auch die Einwohner des kleinen, idyllischen Örtchens Three Pines, in den tiefen Wäldern des Québec zu schätzen. Als Myrna, die schrullige Buchhändlerin morgens eine Leiche im Bistro von Gabri und Olivier entdeckt, fordert sie gleich beim Absetzen des Notrufs Inspecteur Gamache an, denn vor Ort gibt es ja keine Kripo. Gamache und sein Team machen sich gleich auf den Weg und treffen auf alte Bekannte, die nun mal wieder Verdächtige für den Mord an dem Namenlosen sind. Der Tote hat keine Papiere bei sich, niemand gibt an, ihn zu erkennen und seine Kleidung scheint ihn als Obdachlosen auszuweisen. Alle Indizien scheinen auf den liebenswürdigen Olivier zu deuten, doch warum sollte er einen Mann umbringen, den er nicht kennt und warum sollte er ihn in seinem eigenen Bistro liegen lassen? Um diese Fragen zu klären, müssen die Kriminalisten tief graben, tief in die Vergangenheit Kanadas und hinter den eisernen Vorhang... denn der Tote hütete zu Lebzeiten nicht nur einen Schatz, sondern auch ein Geheimnis.
Der letzte Band endete mit der spektakulären Aufdeckung der Intrigen gegen Gamache von oberster Stelle, aus den eigenen Reihen. Sein Team hat sich seither gelichtet, doch auch wenn es nun kleiner ist, kann er nun allen trauen und er muss keinen Dolchstoß in den Rücken mehr befürchten. Das erleichtert seine Arbeit enorm, nimmt für mich aber tatsächlich auch einen Teil der Spannung, denn es gibt nur einen Fall auf den es sich zu konzentrieren gilt. Ja, auch wenn diese Reihe eher beschaulich ist, bedarf es der Konzentration, da die Autorin immer wieder kleine Hinweise, die am Ende wie Puzzleteile zusammen gesetzt werden, über die gesamte Geschichte verstreut. Da ist stete Wachsamkeit gefragt, weshalb es sich gerade bei dem Hörbuch lohnt, die ersten 7 CDs vielleicht mehr als einmal zu hören, ehe man sich an die Auflösung auf dem letzten Tonträger begibt. Das ist mit ein Grund, weshalb ich es liebe, dass diese Reihe nicht auf MP3 erscheint. So kann man es gezielt vermeiden, zu früh aus Versehen das Ende zu hören, ehe man bereits alle Hinweise für sich gesammelt hat.
Dieses Mal kommen Clara und Peter Morrow nur am Rande vor, während dem vermaledeiten Hedley Anwesen mal wieder eine größere Rolle zukommt. Die Geister der Vergangenheit lassen weder Gamache, noch das Haus los. Doch wird es in diesem Band mit neuem Leben angefüllt. Neuankömmlinge aus der City haben es gekauft, um es in ein Wellnesshotel zu verwandeln. Gamache kann sich nicht vorstellen, dass ein bisschen neue Farbe den boshaften Geist des Hauses zu vertreiben vermag und ist somit gleichermaßen fasziniert, wie abgestoßen. Neben diesem Paar, lernt er noch weitere Bewohner kennen, die ihm aufgrund ihres selbstgenügsamen und ruhigen Lebenswandels bislang noch nicht begegnet waren. So erweitert sich der Kreis der Verdächtigen, doch was fehlt ist nach wie vor ein Motiv und die Identität des Toten. Warum sollte ein Mann, den niemand kennt und gegen den daher auch niemand einen Groll hegen kann, ausgerechnet im ruhigen Three Pines ermordet werden? Auf der Suche nach der Identität, von der er sich Klarheit erhofft, zieht es Gamache weit in die Vergangenheit, auch der Geschichte seines eigenen Landes. Um diese zu verstehen, reist er ans andere Ende des Landes, was für den Hörer in vielerlei Hinsicht interessant ist und tatsächlich dem Verständnis der vorliegenden Rätsels dient.
Der Einstieg in diesen Krimi ist ungewöhnlich. Die Autorin wählt eine beobachtende Perspektive, mit einem Unbekannten. Man erlebt einige seiner letzten Momente mit, doch nicht den finalen. Das ist unheimlich und weckt die Neugierde. Auch dieses Mal schreibt sie unaufgeregt, aber durchdacht, reif und mit viel liebe für stimmige Details. Die Personen sind in sich schlüssig, ebenso wie ihre Entwicklung. Es geht eine düstere Faszination von diesem Dorf aus, in dem nie etwas Böses passiert, außer den gelegentlichen Morden. Es ist ein Krimi für all jene, die die leisen Töne, normale, bisweilen aber auch schrullige Charaktere mögen (die Dorfbewohner) und die sich daran erfreuen können, innerhalb einer Reihe immer wieder auf vertraute Personen zu treffen; kultivierte Unterhaltung mit Niveau, Action geladener Spannung vorziehen. Hier liegt die Spannung im Ungewissen und einem leisen Schauer durch die jeweils eingenommene Perspektive, so wie der Schatten der Vergangenheit. Dennoch ist dies nicht mein Lieblingsband der Reihe, ich finde ihn etwas schwächer, wobei es sich lediglich um ein Bauchgefühl handelt, das ich nicht zu begründen vermag.
Hans-Werner Mayer leiht dem unaufgeregten, besonnen Gamache wieder seine Stimme und ebenso den übrigen Figuren. Da es immer wieder eine Vielzahl unterschiedlicher Persönlichkeiten sind, die er intoniert, gelingen ihm für meinen Geschmack einige besser als andere. Insgesamt mag ich aber nicht nur seine angenehme Stimme und seine ruhige und gleichzeitig modulierte Art, sondern auch seine Interpretation der Beteiligten. Dieses Mal scheint aber die Lautstärkebalance nicht ganz so ausgewogen zu sein, da ich nicht alles gleich gut verstanden habe, weil es manchmal, wenn es geheim werden soll, zu leise wurde. Der Ausdruck ist jedoch glasklar.
Eine Reihe, die es immer wieder ein Genuss ist zu hören und der ich hoffe, noch lange folgen zu können!
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Der Audio Verlag für diese Hörexemplar.
Hier findet Ihr eine Hörprobe:
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