Sonntag, 7. August 2022

Die Mördermitzi und der Sensenmann, Isabella Archan, Alpenkrimi, Emons Verlag

 

Die Mördermitzi und der Sensenmann, Isabella Archan, Alpenkrimi, Emons Verlag

 

Konstanze Maria Schlager, kurz Mitzi hat sich nach dem letzten Mordsdrama von ihrem Freund Freddy getrennt und ist nun auf Wohnungssuche. Nicht leicht bei ihren bescheidenen Mitteln, aber ihre Oma hat ihr überraschender Weise ein Grundstück in Lilienfeld vererbt. Für das interessiert sich der alte Bauer Radl, der frühere Nachbar ihrer bei einem Unglück verbrannten Eltern. Er will Land und Hof verkaufen und sich in Lilienfeld vom Bauunternehmer der sein Land kauft, auf dieses  ein Fertighaus erbauen lassen. Ein Angebot zu dem Mitzi eigentlich nicht nein sagen kann. Bei Inspektorin Agner Kirschnagel wächst der Babybauch und sie ist zu Schreibtischarbeiten verdammt. Doch als die mumifizierte Leiche einer 16 jährigen Unbekannten bei Abrissarbeiten entdeckt wird, fängt es in Agnes Bauch an zu kribbeln. Mitzis beste Freundin ist wild entschlossen die Leitung dieses 12 Jahre alten Falles zu übernehmen und die Recherchen zu überwachen. Doch die Identität der Toten bleibt weiter ein Geheimnis. Hauptmann Petra Hammerl aus Krems meldet sich bei ihr, wegen eines 6 Jahre alten Falls mit verblüffenden Parallelen. Um endlich neue Spuren zu erhalten, entscheiden sich die Ermittler mit Aktenzeichen XY an die Öffentlichkeit zu gehen.

 

Eine seit 12 Jahren Vermisste, die niemand vermisst gemeldet hat. Mitzi blutet das Herz, es lässt sie nicht mehr los. Sie muss der Toten einen Namen geben und fortan wird sie unter „Nelly“ bekannt. Die erwachenden Muttergefühle überkommen Agnes, die sich nicht vorstellen kann, wie jemand sein Kind nicht vermissen kann, in all den Jahren? Mitzi mit ihren bisweilen recht kruden Ideen spürt eine Verbindung zu dem Fall und ist überzeugt, den Täter zu kennen, aber niemand nimmt sie ernst, so wie auch zuerst nicht, als die Dinge nach der TV-Übertragung völlig aus dem Ruder laufen.

 

Mitzi ist ein skuriler Charakter, sehr naiv, sehr loyal und neigt zu überstürzten Handlungen. Sie hört ständig auf ihre innere Stimme, die aber nicht immer recht hat. Sie ist ein ganz besonderer Mensch, kein Wunder, dass Inspektorin Agnes Kirschnagel sie inzwischen fest in ihr Herz geschlossen hat. Während Mitzi durch ihre tragische Familiengeschichte eine Einzelgängerin ist, ist Agnes unbändig unabhängig. Demnächst für ein Kind veranrwortlich zu sein, dessen Vater in Köln lebt, wird sie in ihrer Freiheit deutlich einschränken.

 

Während sich Mitzi unglaublich freut, Bauern Radl, den ehemaligen Nachbarn ihrer Eltern wiederzusehen, stößt es ihr übel auf, dass dieser immer wieder den Bauunternehmer Konrad Eichwaller erwähnt, der angeblich am Unglückstag ebenfalls an der Unglücksstelle war. Ihr Misstrauen gegen ihn wird immer größer, insbesondere als dessen Kompagnon durchblicken lässt, dass Eichwaller gegenüber Frauen gerne zudringlich wird.

 

Hier wird das Trauma des Flammentods von Mitzis Familie mit Agnes aktuellem Fall, der getöteten und verschwundenen Mädchen verknüpft, auch wenn die Inspektorin keinerlei Zusammenhang sieht. Doch Mitzi fühlt sich diesen einsamen Seelen so nah. Als es eine weitere Vermisste gibt, zieht das Tempo merklich an. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren, doch niemand mag Mitzi zuhören, so dass sie wieder einen ihrer waghalsigen Alleingänge startet. Eine Erinnerung blitzt in Mitzis Unterbewusstsein auf, die sich nicht fassen lassen will. Sie spürt, dass sie die Antwort kennt, doch wie lautet sie?

 

Es kommen wieder die vertrauten Figuren aus den bisherigen Fällen vor und Mitzi reist wieder mit der Bahn kreuz und quer durch Österreich, so dass die Leser an wunderschöne Orte mitgenommen werden, die zu Schauplätzen entsetzlicher Tragödien wurden. Genau wie jetzt ist es August und die Sonne brennt gnadenlos. Agnes Kampf mit der segenden Hitze und dem Durst konnte ich gut nachvollziehen. Die Aufklärung hat mich überrascht. Nach dieser gibt es zur Befriedigung der Leserneugier auch noch zwei Epiloge, in welchen man die Mutter von „Nelly“ trifft, sowie Mitzis Patenkind endlich auf der Welt ist! Die nächsten Fälle von Mitzi und Agnes werden wohl durch die Babysitterorganisation verkompliziert werden. Ich finde es interessant, dass es mal eine Ermittlerin mit Baby geben wird. Sonst wirkt es immer so, als ob mit der Schwangerschaft das Ermittlerleben vorbei wäre....

 

Wie bisher auch, verwenden die Personen so einige urige östereichische Begriffe und noch immer ist mir so manches kein Begriff und ich muss es im Glossar nachschlagen. Wie gut dass es ihn gibt... Dieses Mal gibt es übrigens ein Guglhupf-Rezept zum Nachbacken, denn Mitzi liebt Kaffeehäuser und Gebäck.

 

Ich persönlich fand leider die Schriftgröße zu klein und anstrengend zu lesen, da empfehle ich das Ebook.

 

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Isabella Archan und dem Emons Verlag für mein Rezensionsexemplar!

 

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1979 – Jägerin und Gejagte, Val McDermid, gelesen von Alexandra Sagurna, Steinbach Sprechende Bücher, 2 MP3 771 Min. ungekürzt

 

1979 – Jägerin und Gejagte, Val McDermid, gelesen von Alexandra Sagurna, Steinbach Sprechende Bücher, 2 MP3 771 Min. ungekürzt

 

Der erste Fall für Allie Burns: Neujahr 1979 die Journalistin Allie Burns kehrt von den Feiertagen mit ihrer Familie mitten im Schneechaos mit dem Zug zurück nach Glasgow. Im Zug trifft sie ihren Kollegen Danny Sullivan, den nettesten ihrer Kollegen, der der sie nicht herablassend behandelt, weil sie jung und weiblich ist. Gemeinsam erleben sie eine Geburt im Zug und Allie soll die Story schreiben, auch wenn Danny der Held ist. Solche Storys sind Frauen vorbehalten! Fortan vertrauen sie einander. Auf Anraten der Redakteurin der Frauenthemen, beschäftigt sich Allie nun mit anderen Themen und versucht eigene Kontakte zu knüpfen. So belauscht sie bei einem Parteitreffen drei junge Männer, die ein Bombenattentat zu planen scheinen, um die Unabhängigkeit von Schottland zu erreichen. Ihr Vorbild ist die IRA und Allie ahnt die Sensationsstory. Als Frau steht ihr diese Welt aber selbst undercover nicht offen. Nachdem Danny sie an seiner eigenen Sensationsstory beteiligt hat, nimmt sie nun ihn ins Boot. Beide wissen, dass diese Story sie entweder zu Stars machen wird, oder sie ihr Leben kosten wird....

 

Allie und Danny sind ein ungewöhnliches Team. Allie ist die Meisterin der Worte, doch trotz Cambridge-Abschluss bleiben ihr die großen Storys verwehrt, weil sie eine Frau ist und die Platzhirsche ihr Revier verteidigen. Danny beeindruckt sie durch seine Menschlichkeit und Kollegialität. Er kann zwar nicht so virtuos mit Worten um gehen wie Allie, hat aber ein untrügliches Gespürt für wirklich brisante Storys. Als junger Mann kann er Zugang zu den jungen Verschwörern finden, der Allie versagt bleibt. Ihre Zusammenarbeit erweist sich als ausgesprochen fruchtbar, sie ergänzen sich perfekt und Allie ist froh in ihm endlich einen Freund, oder vielleicht mehr gefunden zu haben. Auch die glamouröse Rhona, Leiterin des Frauenressorts ist nicht nur eine wertvolle Ratschlaggeberin für sie als Frau in einer Männerdomäne, sondern auch menschlich ist ihre Beziehung mehr als vielversprechend. Sehr sympathische Helden, in einer Welt voller Mistkerle und verkrusteter gesellschaftlicher Strukturen.

 

Sprecherin Alexandra Sagurna war mir bisher gänzlich unbekannt. Mir gefiel ihre Stimme und ihre lebendige und einfühlsame Interpretation dieser Pionierin in einer Männerdomäne auf Anhieb. Sehr respektvoll übernimmt sie sämtliche Charaktere, selbst diejenigen, die meinen Rollenbilder erfüllen zu müssen.

 

Sehr gut gefallen mir die Themen der Recherche dieses Teams: Geldwäsche und Steuerhinter-ziehung und Terrorismus zur Erreichung der Unabhängigkeit. Mit dem Brexit, gegen den die schottische Bevölkerung mehrheitlich gestimmt hat, ist das Thema in Schottland wieder viel akuter. Ebenso nehmen die Akte der Gewalt an der inneririschen Grenze wieder zu, nachdem Boris Johnsons letzter Gesetzesentwurf, das Karfreitagsabkommen, das Frieden in Irland gewährleisten soll, untergräbt. Es hat mich absolut fasziniert, mit welchen Tricks es Westminster unmöglich machte, dass im Referendum 1979 die schottische Bevölkerung mit einem Streben nach mehr regionaler Unabhängigkeit Erfolg haben konnte. All diese aktuellen Themen haben ihre Wurzeln in der Vergangenheit, in 1979.

 

1979 war Homosexualität verboten und Sex zwischen Männern wurde hart gestraft und gesellschaftlich geächtet. Autorin Val McDermid (67) ist selbst homosexuell und war damals 24 Jahre alt. Das Thema der Homosexualität kommt in ihren letzten Büchern immer wieder vor und so war ich erstaunt, als es hier lange Zeit nicht in Erscheinung trat, dann aber mit voller Wucht. Dabei ist es aber ein tragender Teil der Geschichte und wirkt nie aufgesetzt oder bemüht. Die erzwungene Heimlichtuerei, die Angst vor Verstoßung aus der eigenen Familie, die geht einem auch beim Hören unter die Haut. Die Betroffenen wurden in ein Doppelleben gezwungen, aus Angst vor Ausgrenzung und das obwohl es in allen Gesellschaftsschichten und Berufsgruppen vorkommt.

 

Der Krimi beginnt als interessante Investigativstory mit intensivem Blick hinter die Zeitungskulissen. Es wird ein Baby geboren, auf der Suche nach Quote nackte Models am Strand fotografiert für den ersten Nudistenstrand Schottlands. Journalisten können die Welt erschüttern, oder mit Belanglosigkeiten unterhalten. Für Danny und Allie ist die Sehnsucht die Banalität zu verlassen unermesslich. Danny hat ein heißes Eisen, aber keine Ahnung wie er es anpacken, an mehr Infos kommen und es in Worte fassen soll. Während der Kollege aus der Wirtschaftsredaktion ihm zwar hilft, zu erkennen, dass die Story tatsächlich so brisant ist, wie er ahnt, ist es Allie, die die Recherche voran bringt. Allerdings stellt sie auch unliebsame Fragen und bringt Danny ins Grübeln. Denn die Aufdeckung des Skandals hätte für ihn auch ganz persönliche, unmittelbare Folgen. Ist er bereit dies zu riskieren, um der Wahrheit ans Licht zu verhelfen?

 

Investigativjournalisten sind der Wahrheit verpflichtet und riskieren für eine Story Leben, Ansehen und Familie. Wie weitreichend das ist, merkt man hier allzu deutlich, wenn die Geschichte an Fahrt aufnimmt und nach der Aufdeckung eines ersten Skandals eigentlich keine Zeit zum Feiern des Erfolgs bleibt, weil ein neuer Knaller aufgedeckt werden muss, um sich in der Redaktion zu behaupten. Schonungslos ehrlich Abrechnung mit dem Zeitungsgewerbe, der Versicherungsbranche, der Verlogenheit der Gesellschaft und der englischen Dominanz und Trickserei um die Vorherrschaft im Vereinigten Königreich.

 

Wieder ein sehr intelligenter Krimi von Val McDermid!

 

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Steinbach Sprechende Bücher für mein Hörexemplar!

 

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