Donnerstag, 11. Oktober 2018

Die geheime Drachenschule, Emily Skye, Baumhaus Verlag



Die geheime Drachenschule, Emily Skye, Baumhaus Verlag

Der 11 jährige Henry ist ein begabter Fußballer. Dennoch staunt er nicht schlecht, als er nach einem gewonnen Spiel nicht von einem Talentscout, sondern einem unbekannten Cousin abgeholt wird. Er wurde auserwählt seinen Clan auf dem geheimnisumwitterten Internat „Sieben Feuer“ zu vertreten. Um diesen Ort ranken sich zahlreiche Mythen und Legenden, es ist alles streng geheim und nur eines ist gewiss, diese Schule ist absolut exklusiv und bringt erstaunliche Talente hervor. Zunächst ist er völlig begeistert. Doch schon am Treffpunkt, als er auf die anderen Schulneulinge trifft, sinkt seine Begeisterung. Während er sich mit dem oberschlauen Arthur und der etwas exzentrischen Lucy auf Anhieb versteht, tritt ihm Timothy sofort in offener Feindschaft gegenüber. Auf der versteckten Insel Sieben Feuer angekommen geht es ihm nicht besser. Auf dieser Insel leben die letzten Drachen und sie sollen zu Drachenreitern ausgebildet werden. Dafür müssen Sie ein tiefes Band zu ihrem Drachen knüpfen. Doch Henrys Drache ist feindselig und verweigert sich. Er hütet ein Geheimnis und hat eine dringende Aufgabe zu erledigen, ihm dabei zu helfen, traut er Henry jedoch nicht zu. Schafft Henry es dennoch, die Verbindung zu ihm zu knüpfen und auf Sieben Feuer zu bleiben?

Dieses neue Fantasy-Abenteuer besticht bereits auf den ersten Blick. Das Cover ist bildgewaltig und wild, dennoch strahlt es Freundlichkeit aus. In der Mitte des Buches befindet sich auf farbigen Hochglanzseiten „Die kleine Drachenkunde“. Auf Pergamentähnlichen Seiten sind die wichtigsten Infos über Drachen zusammengefasst, mit Illustrationen. Die übrigen Illustrationen des Buches sind im Stile des Buchcovers und ebenso ausdrucksstark. Jedes Kapitel beginnt mit einem anderen Wappen unter der Kapitelnummer, das lässt einen direkt in die entsprechende Wolkenburgstimmung kommen.

Die Geschichte startet direkt durch. Keine lange Einführung, das geschieht nebenbei. Man lernt Henry direkt einmal als Torschützenkönig kennen. Kühn, flink, unerschrocken, als Teamplayer ein echter Gewinnertyp und dennoch stößt Henry schon bald an seine Grenzen auf Sieben Feuer. Trotz des ungewohnten Misserfolges, weil sein störrischer Drache sich weigert, mit ihm zu kooperieren, gibt er nicht auf, vor allem aber vor allem Dank seiner Freunde, die es einfach nicht zulassen. Jeder neuer Anwärter auf Sieben Feuer hat eine besondere Begabung, diese Begabungen ergänzen sich und so hilft es, wenn man sich gegenseitig hilft. Doch nicht alle sind seine Freunde, Timothy hat Henry von Anfang an nicht leiden können. Daraus entstehen aufreibende Situationen, die Henry an seine Grenzen bringen. Sehr spannend und wirklich faszinierend, da man stets rätselt, warum der Drache Henry so ablehnt und welche Aufgabe er unbedingt erfüllen muß. Denn auch der Drache hat ein Geheimnis. Viele raue und herzliche Originale lernt man auf der geheimnisumwitterten Insel kennen. Diesmal gibt es nur sechs neue Schüler im ersten Jahr, die siebte Clan tritt nicht an. Die neuen Schüler sind ganz unterschiedlich. Wir mochten natürlich die leicht exzentrische Lucy besonders. Auch wenn Henry die Hauptperson ist, sind seine Freunde doch sehr präsent und daher auch für Jungen und Mädchen mit Identifikationspotenzial. Auf sieben Feuer gehen die Schüler 7 Jahre lang zur Schule, so daß wir noch 6 weitere spannende Abenteuer erwarten. Die Länge des Buches finden wir für die Zielgruppe 9 – 11 Jahre wirklich passend, wir hoffen, daß es bei diesem Umfang bleibt.

Sprachlich ist die Geschichte wirklich flüssig und packend geschrieben, gerade wenn man ein Buch vorliest, man sich das bemerkbar. Die Übersetzung aus dem Englischen ist wirklich geglückt.

Eine wirklich vielversprechende Fantasy-Serie für Kinder, magisch, spannend, mit Freundschaft und Feindschaft. Da wollen wir unbedingt dran bleiben.

Mittwoch, 10. Oktober 2018

Belgravia, Julian Fellowes, gelesen von Beate Himmelstoß, 2 MP3, der Hörverlag



Belgravia, Julian Fellowes, gelesen von Beate Himmelstoß, 2 MP3, der Hörverlag

London 1841 James Trenchard ist ein ehrgeiziger, fleißiger Mann, der sich aus einfachen Verhältnisses, als Proviantmeister der englischen Armee zur Zeit der letzten napoleonischen Schlachten, in Belgien, hochgearbeitet hat. Damals in Belgien lebte er mit seiner intelligenten, weitsichtigen Frau Anne, seiner schönen, aber dickköpfigen Tochter Sophia und seinem zu weichen Sohn Oliver. Sophia hatte es durch Hartnäckigkeit geschafft, der Familie Eintrittskarten für einen privaten Ball in höchsten aristokratischen Kreisen zu besorgen, da sie und der Neffe der Gastgeberin Edward Brockenhurst, eine heimliche Liaison hatten. Während Edward kurz darauf auf dem Schlachtfeld fiel, starb Sophia im Kindbett. Ihr Sohn wurde heimlich einem kinderlosen Landpfarrer in Obhut gegeben. Nun 25 Jahre später ist James Trenchard ein reicher Bauunternehmer und nimmt den nichtsahnenden Enkelsohn Charles Probe unter seine Fittiche. Dieser hat nach einem Studium und einer erfolgreichen Zeit in einer Bank nun eine Baumwollspinnerei erworben und ist in seinen Anfängen sehr froh über seinen Mentor und Mäzen, sehr zur Missbilligung von Sohn Oliver. Als die hochwohlgeborene Lady Brockenhurst erfährt, daß der Sohn ihres einzigen Kindes lebt, nimmt sie so regen Anteil an seinem Werdegang, daß die feine Gesellschaft sich zu wundern beginnt. Das nimmt sie hin, da ein illegitimes Kind eines Sohnes, nicht die gesellschaftliche Ächtung bedeutet, wie dies für die Familie der Mutter sein könnte. Doch ist dies nicht die einzige Gefahr, auch der designierte Brockenhursterbe und die Dienstboten schmieden ihre eigenen Pläne für ihr vermeintliches Glück.

Dieses Hörbuch stammt aus der Feder des Autors der erfolgreichen BBC-Serie „Downton Abbey“ und das macht sich sofort bemerkbar, auch wenn diese Geschichte in einer anderen Zeit spielt.
Geschildert wird diese Familiengeschichte, in der die Schicksale eines alteingesessenen Adelsgeschlechts mit der einer neureichen Kaufmannsfamilie unwiderruflich miteinander verwoben sind, aus verschiedenen Perspektiven. Es gibt keine Hauptfiguren, denen Blickrichtung man annimmt, doch gleich mehrere intelligente und starke Frauen, mit denen man sympathisieren kann, bzw. deren Kunst zur Intrige man in anderen Fällen nur bestaunen kann. Die Damen dieses Gesellschaftsromans, sind deutlich gerissener, als die Männer, deren gesellschaftliche Stellung zu Beginn der viktorianischen Regentschaft deutlich gefestigter ist. Die Industrialisierung kommt in Schwung, der Bau der großen Eisenbahnstrecken lässt Entfernungen schwinden und die Städte scheinen näher aneinander zu rücken. Landgüter werden nach Fertigstellung der Bahnlinien deutlich schneller erreichbar sein. Es wird der Fokus jedoch weniger, auf die Entwicklung und die Folgen des Fortschritts wie der Verelendung der Arbeiterklasse, wie bei Dickens gelegt, als viel mehr auf die gesellschaftliche Stellung, der aufsteigenden, reichen Kaufmannsklasse. Diese haben oft ein vielfaches an Vermögen gegenüber dem bisweilen stark verarmten Adel, der alles tut, um den Untergang ihrer Häuser durch geschickte Heiraten zu verhindern und die Fassade aufrecht zu erhalten. Besonders deutlich wird dies an Lady Maria, auf deren Schönheit die Hoffnung ihrer verarmten Mutter liegt, die aber deren Intellekt und Menschenkenntnis. nicht im geringsten zu schätzen weiß. Doch gerade diese Eigenschaften verhindern ihren gesellschaftlichen Untergang und behüten sie vor den um sie herumtobenden Intrigen.

Es gefällt mir gut, daß sowohl Anne und James Trenchard als auch Lady und Lord Brockenhurst vielschichtige Charaktere sind. Gerade Anne und Lady Brockenhurst taktieren, aber planen nicht gezielt jemandes gesellschaftlichen Untergang, wobei Lady Brockenhurst dies jedoch durchaus billigend in Kauf nimmt. James Trenchard ist jedoch vor allem ein ehrenwerter Kaufmann, der es durch Fleiß und Kaufmannsgeist es sehr weit gebracht hat, wenn auch noch nicht zu der gesellschaftlichen Position, die seinem Vermögen entspricht. Richtig hinterhältig und durchtrieben sind vor allem die Nebenrollen, deren soziale Absicherung so mies ist, daß sie natürlich auch nicht mit der Selbstverständlichkeit und Zuversicht in die Zukunft schauen können, wie eine hochwohlgeborene Lady Brockenhurst.

Beate Himmelstoß hat mich sehr positiv überrascht bei diesem Hörbuch. Bislang kannte ich sie vor allem aus Agatha Christie Vertonungen, in denen sie deutlich älter klang (gut Miss Marple ist auch nicht mehr die Jüngste). Gerade bei Susan Trenchard der Schwiegertochter finde ich ihre Interpretation sehr überzeugend. Jung, schön und taktierend. Lady Maria klingt vor allen Dinge jung und überschwänglich, jedoch nicht ganz so intelligent und gebildet, wie ihr Verlobter, der designierte Erbe der Brockenhursts beklagt. Bei Anne Trenchard und Lady Brockenhurst liefert sie sich selbst ein Duell der Geister, dem Lady Templehurst, die Mutter von Lady Maria, einfach nicht gewachsen ist. Doch auch die Herrenrollen bewältigt sie mit Bravour, ebenso wie die Dienstboten. Interessant fand ich auch, daß ein männlicher Autor, den weiblichen Protagonisten mehr Raum und Esprit gibt, die eigentlichen Stars der Geschichte, sind hier eindeutig die Frauen.

Julian Fellowes wurde 1949 in Ägypten geboren, wuchs in England auf und studierte in Cambridge. Er ist Schauspieler und Drehbuchautor. Für Gosford Park erhielt er den Oscar und Downton Abbey machte ihn berühmt. 2009 wurde er von Queen Elisabeth II in den Adelsstand erhoben. Wie bereits bei Gosford Park und Downton Abbey gibt es zahlreiche Protagonisten und Handlungsstränge mit Intrigen. Anders als in den klassischen Romanen von Jane Austen, den Brontes oder Charles Dickens, gibt es nicht eine erklärte Hauptperson, aus deren Sicht man die Welt sieht und mit der man mitleidet. Man nimmt mehr Anteil am Familienschicksal, als an Freud und Leid eines einzelnen. Hierdurch wird diese Geschichte, die durchaus ihre emotionalen Höhen und Tiefen hat, jedoch weniger emotional berührend, was ich etwas schade finde. Nichtsdestotrotz ist es dramatisch und spannend und ich wollte unbedingt beide MP3 zu Ende hören, obwohl mir das Medium eigentlich nicht sonderlich liegt.

Die Pappklappbox ist sehr edel und dem Sujet entsprechend gestaltet, der Anblick eines großen Herrenhauses umrahmt von einem Goldrahmen. Schade nur, daß auf ein Personenverzeichnis im Inneren verzichtet wurde, genügend Platz hätte sich auf den Pappflügeln befunden, denn gerade mit den Dienstboten, allen voran der Zuordnung der Zofen, habe ich mir etwas schwer getan.

Ein wirklich packendes und gut interpretiertes Hörbuch über die gesellschaftlichen Verquickungen zweier sehr unterschiedlicher Familien.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Lovelybooks und der Hörverlag für diesen Gewinn aus der „Der Sound der Bücher“-Aktion.