Freitag, 11. Mai 2018

Mia (11) und der Jette Jammer, Susanne Fülscher, Carlsen Verlag



Mia (11) und der Jette Jammer, Susanne Fülscher, Carlsen Verlag

Dies ist nun schon der 11. Band der beliebten Mia-Reihe, die man chronologisch lesen sollte, aber nicht muß (ich bin bei Band 9 eingestiegen).
Mia (13) lebt mit ihren Eltern und 3 Geschwistern mitten in Hamburg, genau wie ihre geliebte Omi und ihre weltallerbesten Freundinnen: Jette, Alina und Leonie. Auch wenn Jette seufzt, daß ihr aktueller Schwarm Leo sie trotz des Tanzes auf Omi Olgas Feier nun nicht mehr wirklich beachtet, ist das Leben eigentlich super, denn die Sommerferien kommen unaufhaltsam näher. 4 Wochen gemeinsame Zeit mit ihren Freundinnen, was kann es Schöneres geben? Doch dann verkündet Jettes Mutter, daß sie nun auch endlich neu durchstarten will und die Gelegenheit gefunden hat. Sie kann in der Apotheke ihrer besten Freundin in Westerland (Sylt) mit einsteigen. Eine herrliche Insel und gemeinsam mit ihrer besten Freundin zu arbeiten, davon hat sie schon immer geträumt. Natürlich haben Mia, Jette, Alina und Leonie wenig Verständnis dafür, denn was wird aus ihrer Freundschaft? Schon beim Gedanken an die bevorstehende Trennung werden die Mädels ganz trübsinnig. Das Schlimmste ist, daß sie Jette in den Ferien noch nicht einmal besuchen dürfen, damit sie sich besser eingewöhnen kann. Doch da beißt Frau Joost bei den Mädels auf Granit!
Meine Tochter (10) fand das Buch supertruper und hat sich während des Lesens nicht nur sprachlich an Mia und ihre Freundinnen angepasst, sondern auch einige von Jettes Eigenheiten abgeschaut (mehr verrate ich aber nicht).
Der eigenmächtige Beschluß von Frau Joost nach Sylt zu gehen, um sich ihren persönlichen Lebenstraum zu verwirklichen, stieß bei uns beiden auf große Empörung. Immerhin hat Frau Joost eine Stelle in Hamburg, in der sie gut verdient, eine schöne Wohnung und ihr Ex-Mann, Jettes Vater lebt in unmittelbarer Nähe. Nicht die Not treibt sie aus Hamburg fort, sondern der Wunsch nach Selbstverwirklichung. Für uns ein ganz wichtiger Aspekt für der Entscheidungsfindung. Die Mädels haben auch gerade damit ein Problem, auch damit, daß Jette, die ja immerhin schon 13 Jahre alt ist, vor vollendete Tatsachen gestellt wird.
Auch wenn die bevorstehende Trennung von Jette das beherrschende Thema dieses Bandes ist, gibt es auch noch ein paar abwechslungsreiche Nebenschauplätze, wie die gesteigerte Kontaktaufnahme von „Streber-“Christie, Mias Banknachbarin und Freundin von Mias Bruder Lukas, die Mobbing-Probleme von Jettes älterer Halbschwester Toni und eine unerwartete Erbschaft von Omi Olga. Natürlich ist in Mias großer Familie immer etwas los, immerhin hat ja auch ihr Lehrervater gerade Ferien.
Das gefällt mir sehr gut an den Mia-Bänden, das Mia und ihre Freundinnen aus sehr verschiedenen Elternhäusern kommen. Mia lebt in einer intakten großen Familie, mit Lehrervater. Jettes Eltern verdienen sehr gut, sind aber getrennt. Leonie wächst mit vielen Hunden auf und Alina und Christie leben sehr bescheiden. Christie darf nun erstmals richtig verreisen. Denn Hamburg ist immerhin ein teures Pflaster. Kinder die vom Leben in den aufregenden Großstädten träumen, sollten dies nie vergessen.
So ist es auch mit anderen Träumen. Während Sylt ein Traum für Nordsee-Urlauber ist, ist es das auch, um dort immer zu leben? Meine Tochter und ich haben wirklich viel während des Lesens diskutiert. Auch wenn wir in diesem Band nicht so viel zu kichern hatten, wie in den Vorgängerbänden (gekichert wurde trotzdem, dafür garantieren schon Jettes Schwärmereien und ihr Glanzhaargeschmeiße), so hat er uns dennoch emotional wirklich beschäftigt. Interessant fand ich, daß ich mich sonst in Kinderbüchern bisweilen über die Kinder aufrege, diesmal hatte ich totales Verständnis für die Kinder und wenig für deren Erziehungsberechtigten. Ich wurde zur pädagogischen Rebellin, mal ein ganz neues Gefühl!
Es müssen nicht immer Einhörner, Magie oder wilde Abenteuer sein, die Kinder begeistern! Wir freuen uns jetzt schon auf den noch namenlosen 12. Band im Herbst, von dem wir nur wissen, das es schneien wird!

Wieder ein wirklich sehr empfehlenswerter Band einer tollen Reihe! 5 von 5 Sternen

Donnerstag, 10. Mai 2018

Zu nah, Olivia Kiernan, gelesen von Sabina Godec



Zu nah, Olivia Kiernan, gelesen von Sabina Godec
Chief Detective Frankie Sheehan ist bei ihren letzten Fall schwer verletzt worden. Seelisch und körperlich machen ihr die Verletzungen noch schwer zu schaffen. Sie ist gerade wieder im Dienst des Dubliner Police Department, als ein neuer Fall herein kommt. Die angesehene Wissenschaftlerin Eleanor Costello wurde erhängt in ihrem Schlafzimmer aufgefunden. Auf den ersten Blick eindeutig Selbstmord, doch die Pathologie findet Hinweise auf Fremdverschulden. Während Frankie und ihr Kollege Baz noch Eleanors Umfeld erkunden, um heraus zu finden, wer sadistische Lust an brutalen Praktiken empfindet, rückt der verschwundene Ehemann in den Focus. Doch der Fund einer zweiten Leiche, macht das Rätsel noch verwirrender. Die junge Amy, die Frankie noch persönlich aus ihrer Jugend kennt, wurde gefoltert und auf den Halloween Scheiterhaufen geworfen. An ihrem Leichnam finden sich die gleichen Auffälligkeiten wie bei Eleanor und das ist nicht ihre einzige Gemeinsamkeit, denn Amy war Eleanors Studentin. Während Frankie und Baz versuchen Licht in das Dunkel zu bringen, ehe weitere Leichen gefunden werden, steht auch noch Frankies Aussage vor Gericht in dem Mordfall an, in welchem sie so schwer verletzt wurde.
Die Stimme von Sabina Godec ist so wunderbar wandelbar, daß ich richtig froh bin, mich für das Hörbuch entschieden zu haben. Mal rau und unnahbar, mal brüchig, dann wieder warm oder verzagt. Das ganze Gefühlspektrum liegt in ihrer Stimme, je nach Handlungsverlauf und handelnder Person und von denen gibt es viele. Das ist gut, denn so tappt man als Hörer im Dunkeln, da es so die Möglichkeit für eine Vielzahl von Verdächtigen gibt und Ermittlerteams sind ja auch heute auf Forensik und Pathologie angewiesen. Ein Personenverzeichnis hätte ich aber gerade wegen der Personenzahl und der irischen Namen empfehlenswert gefunden. So habe ich ständig beim Hören über den eigenartigen Namen des Kollegen gegrübelt, weil ich auf Baz, wie Baz Luhman beim besten Willen nicht gekommen bin und mich diese Namensgrübelei unnötig ablenkte. Die irische Atmosphäre hat mir hingegen gut gefallen und ist für mich auch nicht alltäglich.
Während mich Frankies ständiges Qualmen und der Griff zur Flasche bisweilen beim Hören den Zeigefinger heben ließen, mochte ich aber ihren Versuch zur Wiederfindung ihres Seelenfriedens eine Bonsai zu pflegen und überhaupt durchzubringen. Das fand ich ein wirklich schönes persönliches Gimmick, das auch Frankies menschliche Seite durchschimmern ließ. Sprachlich entspricht der Stil Frankies Charakter: klar und schnörkelos. Dieser Verzicht auf romantische Nebenschauplätze lässt den Hörer sich ganz auf den Fall konzentrieren, es ist auf den Punkt genau.
Interessant fand ich an dem Fall nicht so sehr die Täter und Opfer die aus dem Milieu „alternativer Sexualpraktiken“ (welch Verharmlosung!) entstammen, sondern die Verknüpfung von Giften, Gegengiften und Kunst. Ich werde wohl künftig im Malkasten kein Preussischblau mehr anrühren können, oder Werke von Chagall betrachten können, ohne an Frankie Sheehan zu denken. Auch wenn Frankie mir persönlich mäßig sympathisch ist, ist es dennoch ein wirklich interessanter Fall, den ich wirklich schnell hintereinander gehört habe, um zu wissen, wie es weitergeht. Auf ein Hören der CD Nr. 6 bei Nacht habe ich dann aber doch verzichtet, da ich ahnte, daß es nicht ganz unblutig enden würde. Toll fand ich, daß der Täter mir erst ganz zu Schluss dämmerte, als es für Frankie schon richtig  brenzlig wurde. Wirklich ein spannendes Finale, mit einem kniffeligen Fall, der etwas Konzentration bedarf. Sollte die Reihe fortgesetzt werden, würde ich gerne weiter folgen und hoffen, daß ich mich an einige der Namen erinnern kann. Aufgrund der Komplexität der Personalstruktur, Tatverdächtigen, Opfer und Angehörigen, wäre der Hörgenuss noch besser, wenn das mehrteilige Klappcover ein Personenverzeichnis aufgeführt hätte, neben den Informationen zu der großartigen Sprecherin und der vielversprechenden Autorin.
Ein herausragend gelesener, guter Thriller, dem ich daher 4,5 Sterne gebe und ihn gerne weiterempfehle.