Mittwoch, 18. Oktober 2017

Familientag auf der Frankfurter Buchmesse am 14.10.17




Familientag auf der Frankfurter Buchmesse am 14.10.17
Meine Familie hat beschlossen, daß sie auch auf die Buchmesse wollen, Leipzig sei doch schön gewesen. Oh je, den Samstag mit Kindern auf der Buchmesse, war das ihr Ernst?
War es!
Also sind wir ganz früh los, um zur Eröffnung, wenn es noch nicht so voll ist, schon mal ruhig zu schauen. Na ja, ich war wohl ziemlich hektisch, weil ich den Kindern einen guten Überblick über Halle 3.0 vermitteln wollte ehe es losgeht und jeder von uns vieren hatte seine eigenen Vorstellungen und Erwartungen. Sie sahen cbj und cbj audio und da mussten wir hin! Tatsächlich, sie erkannten einiges aus unseren Regalen wieder und das mußte mit einem Foto gefeiert werden. Man konnte sich mit kleinen Gimmicks wie Bart, Hut, Brille und diversen Filtern fotografieren, ausdrucken und sogar auf sozialen Netzwerken teilen lassen. Unser Familienbild ist sehr schön geworden, doch als ich ein einzelnes Foto machen wollte, weil ich eh eins brauche und ich ja sonst immer hinter der Kamera bin, schlichen sich heimlich so zwei kleine Lümmels ins Bild.
Kaum hatten wir den Stand verlassen, sprach uns ein Messemitarbeiter an, daß ein Berliner Fotokünstler für eine Fotoinstallation Kinder mit Büchern fotografieren würde und man ein Poster erhielte. Da wir gerade in Fotolaune waren, machten wir auch das mit ;)
Wir staunten, was es samstags alles Tolles für Kinder gibt, und als wir bei Arena gerade unsere Zungentatoos fertigten, traf ich wieder Leseratte Anni. Es ist doch schön, wie klein die Lesewelt sein kann. Und schon zogen wir weiter und um Flora Flitzebesenhüte und wunderschöne Lollis bereichert verließen wir auch noch den Coppenrath/die Spiegelburg Stand, um bei Oetinger einen lebenden Baum zu bewundern. Endlich lernten wir dann den hinreißenden Zombert von Kai Pannen bei Tulipan kennen, ehe ich zu einem Meet & Greet mit
Emily Bold von Vorablesen ging. Sie stellte sich kurz vor, erzählte von ihren Ängsten unter anderem vorm Reisen und ihrer Geheimwaffe „Google Street View“, um den Weg vorab zu planen. Sie ist sehr sympathisch und plauderte von der Panik, wenn die eigenen Bücher plötzlich bekannt werden und die Leser einen durch die Bücher kennen, die Autoren jedoch keinen Einblick in die Seele ihrer Leser haben. Schon vor ihrer Lesung aus ihrem neuen Buch „Der Duft von Pinienkernen“ stand für mich fest, von dieser Autorin möchte ich mal ein Buch lesen. Nach der Lesung aus dem Roman über die Halbitalienerin Greta, die mit ihrer besten Freundin Katrin stets unzertrennlich war, bis Katrin ihr nach einem Faux-pas von Greta die Freundschaft beendet und eine kulinarische Reise durch Italien mit dem stoffeligen Fotografen Stefan, um ein Kochbuch nach den Familienrezepten ihrer Oma zu schreiben, wollte ich dies immer noch. Zum Glück befand sich Emily Bolds „Lichtblaue Sommernächte“ in meiner Vorablesen-Goodie-Bag.
Als wir uns dann wieder in die Halle zurück gekämpft hatten, war es so voll, daß mein Mann wieder fahren wollten. Da flüchteten wir schnell ins „Schwedenhäuschen“ des Oetinger Verlages, einem kleinen abgetrennten Leseräumchen mit den aktuellen Oetinger Titeln und Sitzwürfeln. Ehe die Lesung aus „Henry Smart“ von Frauke Scheunemann losging, lasen wir also einfach „Pandora und der phänomenale Mr. Philby“ weiter, da die Lesung mit Sabine Ludwig krankheitsbedingt gestrichen war. Sehr angenehm, um ein wenig Ruhe zu finden, in all dem Trubel. Auf die promovierte Juristin mit vier Kindern, die dann doch lieber Romane als juristische Texte schreibt, war ich dann gespannt und Johanna liebt Henry Smart ja ohnehin. Sie erzählte von ihrem Sohn Henri, der auch unbedingt mal in einem von Mamas Büchern vorkommen wollte, nicht immer nur seine Schwestern und somit Pate für Henry Smart stand. Als gebürtige Rheinländerin konnte sie sich so den Wunsch, die Niebelungensage in einem Roman zu verarbeiten erfüllen. Natürlich stand sie auch für Fragen zur Verfügung, aber später hatten wir noch die Gelegenheit sie noch viel mehr zu löchern.
Entspannt machten wir uns auf, zu unserem Termin mit dem Jumbo Verlag. Die Entspannung ließ aber schnell nach, angesichts der Menschenmassen. Überall waren wohl gerade die Tageshighlights im Gange und siehe da, um den Jumbostand herum war es nicht anders! Während wir mit der Bloggerbetreuerin vom Verlag sprachen, saß nur durch eine dünne Wand von uns getrennt Marcus Pfister, der Autor des Regenbogenfisches, dessen Hörbücher Jumbo verlegt und signierte. Wenn wir dachten, es wäre gewagt, mit 10 und 8 jährigen Kindern auf die Buchmesse zu gehen, staunten wir erst recht über die Kleinkinder in den Schlagen die geduldig auf den Vater des Regenbogenfisches warteten. Doch uns interessierte nur die Verlagsvorschau auf das kommenden Frühjahrsprogramm, wo schon zu Jahresbeginn das neue „Lotterleben“ von Alice Pantermüller und Daniela Kohl erscheint (die zwei haben wir dann hinwegs auch noch getroffen, aber ohne Foto, dafür war keine Hand mehr frei, ich wollte doch gerne meine Kinder nicht verlieren). Es stehen wieder tolle noch Kinder- Jugend- und Erwachsenenhörbücher auf dem Plan und zu den Top-Titeln sind auch Blogtouren geplant.
Uff, wie sollten wir von dort aus denn nun wieder zu Coppenrath kommen, wo wir noch Antje Szillat treffen wollten? Der Klang des Leonie Looping Liedes zog die Kinder magisch zum Ravensburger Verlag, von Constanze von Kitzing, die Illustratorin sich viel Zeit für ihre kleinen Feenfreundinnen nahm.

Der Frauenchor von Chilbury – Jennifer Ryan, gelesen von Jasna Fritzi Bauer, Andrea Sawatzki, Elena Wilms, Monika Oschek und der Frauenchor Encantada, Argon Verlag



Der Frauenchor von Chilbury – Jennifer Ryan,  gelesen von Jasna Fritzi Bauer, Andrea Sawatzki, Elena Wilms, Monika Oschek und der Frauenchor Encantada, Argon Verlag
England, Grafschaft Kent im Frühjahr 1940: Die meisten Männer des Dorfes Chilbury sind im Krieg, nur die alten Kranken oder kleine Jungs sind noch dort. Da beschließt der Pastor, daß der Chor aufgelöst wird, da ein Chor ohne Männerstimmen nicht funktioniere. Einige Frauen sind empört, hat ihnen das Singen in der Gemeinschaft das Leben in der schwierigen Zeit erleichtert. Doch kaum zieht die leicht exzentrische, lebenslustige Musikprofessorin Primrose Trent ins Dorf und hört  von der Chorschließung, lässt sie ihn als Frauenchor von Chilbury unter ihrer Leitung wieder auferstehen. Sie fördert Talente, spricht Mut zu und versprüht Lebensfreude. Nur weil die Männer im Krieg sind, ist das kein Grund sich unterkriegen zu lassen! So erzählen vier Chormitglieder ihr Schicksal im Sommer 1940 aus ihrer Sicht: die verwitwete Krankenschwester Mrs. Tilling, die ermuntert und trostspendet, die raffgierige, skrupelose Hebamme Edwina, die nur mitsingt, um über den Chor an Informationen zu gelangen und die zwei unterschiedlichen Schwestern Kitty (13) und Venetia (18). Die schöne Venetia verdreht allen Männern die Köpfe, einfach nur, weil sie es kann, doch der gutaussehende Neuzugang Alastair Slaytor, scheint immun gegenüber ihren Reizen. Kitty träumt davon eines Tages eine berühmte Sängerin und mit Henry Brompton dem Sohn der reichsten Familie des Ortes verheiratet zu sein. Doch der Krieg ändert vieles, einige wachsen an den Herausforderungen, andere zerbrechen an dem Erlebten und Frauen werden sich ihrer Stärken und ihres Wertes bewußt.
Wer eine Geschichte vor allem eines Chores erwartet, der sollte vielleicht eher zu einem anderen Hörbuch greifen. Ja, es werden Passagen von Chorstücken angespielt und der Chor und seine Leiterin spielen auch eine Rolle, aber eben nicht die Hauptrolle. Anders als Geschichten wie „Die Kinder des M. Mathieu“ oder „Wie im Himmel“ ist dies vor allem ein Frauenroman, über vier sehr verschiedene Frauenschicksale im Kriegsjahr 1940, als das Leben nicht einfach war, aber das Schlimmste noch vor ihnen liegt. Wie und ob die 4 den Krieg überleben, bleibt der Fantasie der Zuhörerin überlassen, denn es werden nur die zentralen Schicksalserlebnisse dieses Sommers erzählt. Wer bereit ist sich darauf einzulassen und seine Erwartungen nicht zu sehr auf den Chor fixiert, darf sich auf emotionale und bewegende Frauenschicksale und teilweise empörende Intrigen freuen. Ob der Chor in der Romanvorlage für diese gekürzte Hörfassung eine größere Rolle spielt, vermag ich nicht zu beurteilen.
Ich fand den Aspekt der fast-männerlosen-Gesellschaft sehr interessant und wie der Krieg dadurch die Emanzipation wahrscheinlich viel stärker voran brachte, als vielen bewußt ist. Interessant fand ich auch daß es sich hier lediglich um die Kriegsbeginn handelt, die wirklich schlimmen Zeiten stehen noch bevor, aber es ist eben weniger eine Erzählung über das Kriegsleid oder den Wiederaufbau, sondern eben um diese Frauenschicksale, deren Wege sich in diesen Monaten besonders kreuzen, ehe sie auseinander gehen.
Mir haben die Dorfbewohnerinnen und ihr Leben wirklich sehr viel Freude bereitet und auch viele der Nebenrollen sind mir wirklich ans Herz gewachsen. Jasna Fritzi Bauer spricht die junge Kitty wunderbar natürlich und lebenshungrig. Ihre Schwester Venetia wird wirklich hervorragend von der mir bis dato unbekannten Monika Oschek verkörpert, der auch ganz toll den Wandel in Venetias Persönlichkeit gelingt. Elena Wilms als warmherzige Mrs. Tillings ist die ideale Besetzung, schon ihre warme Stimme lässt sie einen ins Herz schließen. Andrea Sawatzki hatte hörbar ihre Freude an der Rolle der intriganten, egomanischen Hebamme Edwina, deren vermeintliche Cleverness immer schiefgeht. Ich finde die Stimmen ganz ausgezeichnet gewählt, aber, und das empfinde ich als den einzigen Makel der Hörbuches: Nicht alle Stimmen sind gleich laut! Gerade auf CD 5, als Venetia ihre schlimmste Zeit mitmacht, ist ihre Tonspur deutlich leiser, als Andrea Sawatzki. Das fällt nicht sonderlich auf, wenn man in Zimmerlautstärke hört, hört man die CD jedoch leise, im Auto oder zum Einschlafen, kann man Monika Oschek nicht verstehen, obwohl ihr Part ganz entscheidend ist. Stellt man den Ton lauter, wird insbesondere die Stimme von Edwina so laut, dass man die ganze Nacht wach bleibt, um der Geschichte zu folgen. Meine Augenringe sprechen da eine deutliche Sprache.
Als großer Fan von CD’s als Tonträgern statt MP3, mochte ich die kurzen Tracks und die autofreundliche Taschenhörbuchverpackung. Diese Variante nimmt weniger Raum ein und der schnelle CD-Wechsel während der Fahrt ohne anzuhalten ist deutlich einfacher. Dabei lässt sich der Pappeinband durchaus ausdrucksstark bedrucken. Für die Kritiker, die sich über die geringe Chorpräsenz beschweren: schon das Cover zeigt ein ziemlich menschenleeres Dorf zu Kriegsbeginn und kein Chorgestühl.
Mir hat es ausgezeichnet gefallen, bis auf die Lautstärkedifferenzen in der Aufnahme der zwei besagten Sprecherinnen, die jedoch nur bei niedrigen Hörstärken ins Gewicht fallen. An der Qualität der Sprecherinnen als solche ändert dies nichts. Wer ohnehin in Zimmerlautstärke hört, dem wird dies nicht weiterauffallen, es ist nur ein Punkt, der mir bei Hörbüchern am Herzen liegt.
Ein wirklich tolles Frauenhörbuch mit starken Charakteren, ausdrucksstarken Stimmen und wunderschönen, wenn auch kurzen Choreinlagen.
Gerne vergebe ich 4,5 Sterne.