Dienstag, 28. Februar 2017

Leonie Looping – Das Geheimnis auf dem Balkon, Cally Stronk, Constanze von Kitzing, Ravensburger


Leonie Looping – Das Geheimnis auf dem Balkon, Cally Stronk, Constanze von Kitzing, Ravensburger
Die 7 jährige Leonie hatte sich so auf den Strandurlaub mit ihren Eltern gefreut, aber nun müssen die zu einem wichtigen Auftrag nach Stockholm. Sie muß alleine mit der Bahn zu ihrer Oma fahren und den Sommer  in der Stadt verbringen. Das wird sicher öde denkt sie. Besonders als Oma am nächsten Morgen die Wohnung schon verlassen hat, als sie aufwacht und sie nur einen Zettel auf dem Küchentisch vorfindet auf welchem steht: muß was besorgen, bin nachmittags zurück, geh bitte nicht auf den Balkon!“ scheinen sich ihre schlimmsten Befürchtungen zu bewahrheiten. Doch der Balkon entpuppt sich als der zauberhafte Wohnort der zwei Schmetterlingselfen Mücke und Luna. Mit Hilfe einer Schrumpferbse wird Leonie 3,5 cm klein und besitzt nun ebenfalls schillernde Flügel. Wenn sie kräftig mit den Ohren wackelt, kann sie die Flügel auch bewegen und ein Sommer voller Abenteuer beginnt!
Als Leonie so enttäuscht wurde, daß ihr Sommerurlaub gestrichen wurde, hatte meine 7 jährige Tochter wirklich Mitleid mit ihr. Und dann mußte sie auch noch alleine Zugfahren und den halben Tag alleine bleiben! Nein, so mutig wie Leonie wäre meine Tochter nicht! Die Elfenhäuser auf dem Balkon fand sie allerdings sehr schön. Auch gefiel ihr gut, daß sich witzige Elemente wie das Ohrenwackeln zum Bewegen der Flügel und das Treffen mit der hungrigen Katze sich abwechselten. Für junge Leser ist die Geschichte bisweilen richtig spannend!
Auch kamen einige überraschende Begegnungen vor (damit meine ich jetzt nicht das Treffen der Elfen auf dem Balkon), die es vermögen die Spannungsbogen zu halten. Kindern wird zudem vermittelt, daß man seine vorgefaßte Meinung hinterfragen sollte, denn anfangs ist Leonie überzeugt, daß der Nachbarsjungen Florian, den ihre Oma so begeistert erwähnt, sicher doof ist. Zum Glück ist sie aber bereit ihre Meinung zu ändern, als sie ihn kennen lernt.
Zu Beginn haben wir über den seltsamen Namen gerätselt, aber gegen Ende des Buches wird auch das erklärt: Leonie schafft als Menschenkind etwas, was die Elfen für unmöglich hielt: Sie kann Loopings fliegen! Zwar versuchen wir gerne, es zu vermeiden zu viel zu verraten, aber wenn Buchtitel nur wegen des Wohlklangs gewählt werden, ohne wirklichen Bezug zum Buch, stört uns das. Dies ist hier anders. Der Name wird erklärt, aber es bleiben noch genügend Fragen offen, daß man gerne direkt mit Band zwei: Leonie Looping, das Abenteuer am Waldsee weiterlesen möchte. Band 1 und 2 sind auf dem Hörbuch das im Jumbo Verlag erschienen ist, gemeinsam aufgenommen.
Konstanze von Kitzing sind zauberhafte farbige Illustrationen gelungen, die Mädchenherzchen ebenso höherschlagen lassen, wie der dezente Glitter auf dem Buchcover.
Cally Stronk ist uns als Autorin der Mafflies Reihe bekannt, in der es um kleine Wesen geht, die heimlich unter der Treppen wohnen, die großen Hunger haben und von denen es nur eines pro Haus geben darf! Daher wollten wir als große Mafflies Fans (die sind wirklich sehr witzig und einfallsreich) natürlich auch unbedingt dieses Buch für Leseanfänger kennenlernen. Wir wurden nicht enttäuscht, allerdings fand meine Tochter bisweilen den Text pro Seite zu umfangreich.
Diese neue Reihe von Ravensburger richtet sich an sehr lesebegeisterte Erstleser. Die Schriftgröße entspricht der der Reihe Der Leserabe, aber der Textumfang ist erheblich mehr, es sind wenig Abschnitte und weniger Bilder als bei der Leserabenreihe für das 2. Schuljahr. Lesetechnisch ist es daher deutlich anspruchsvoller, als die Erstlesebücher des Ravensburger Leseraben. Mit 95 Seiten bietet das Buch dafür mehr Raum für Handlung und Entwicklung. Aus diesem Grund eignet es sich auch sehr gut für Kinder ab dem Vorschulalter zum Vorlesen. Gerade die farbigen Illustrationen gefallen jungen Zuhörerinnen sicherlich gut. Sie sollten aber geübte Zuhörerinnen sein, daß Textverhältnis ist schon anspruchsvoller als in Bilderbüchern. Es ist daher ein schönes Übergangsbuch, zwischen den klassischen Erstlesebüchern und normalen Kinderbüchern, die nicht mehr in Fibelschrift abgedruckt werden. Abgerundet wird das Konzept durch die Aufnahme in das Antolinsystem.
Ein wirklich schönes Buch aus einer neuen Reihe, die wir weiterhin verfolgen werden. Allerdings hätten uns ein paar Absätze mehr und vielleicht noch etwas mehr Bilder für diese Altersgruppe (offiziell ab 6 Jahren) noch besser gefallen. Gerne empfehlen wir es mit guten 4 von 5 Sternen weiter.

Montag, 27. Februar 2017

Tod in den Karawanken, Andrea Nagele


Tod in den Karawanken, Andrea Nagele, emons,
Kommissar Simon Rosner ist bei der Polizei Klagenfurt eigentlich krankheitsbedingt außer Dienst. Er hat endlich eine Entzugstherapie gegen seinen langjährigen Alkoholismus begonnen. Da ruft ihn sein Schulfreund Hanno, ein inzwischen erfolgreicher Bauunternehmer, an. Seine 13 jährige Tochter Lena, sollte mit dem Bus zu seiner getrennt lebenden Ehefrau Lilo nach Grado fahren und kam dort nie an. Lilo scheint erstaunlich sorglos und hält Lenas Verschwinden für einen Akt pubertätsbedingter Rebellion. Schon zu Schulzeiten konnten Lilo und Rosner sich nicht leiden. Lilo hält Rosner für einen Versager, er sie für ein manipulatives Miststück. Ziemlich unwillig beginnt er nachzuforschen und stößt auf Ungereimtheiten, als Lena dank Handyortung wieder gefunden werden kann. Dennoch kann Rosner das Geschehene nicht abhaken, obwohl er mit dem plötzlichen Auftauchen seiner Ex-Frau, seiner Therapie und der Sehnsucht nach seiner geliebten Alice, die auf Weltreise ist, eigentlich beschäftigt genug sein sollte.
Sehr interessant ist an diesem Krimi, die Erzählperspektive. Stets wird ein wenig distanziert, in der dritten Person geschrieben, aus verschiedenen Blickwinkeln, auch von Randfiguren, über deren Bedeutung man bis relativ vor Schluß man rätselt. Doch ausgerechnet Lilo, die mit ihrem unbeteiligten Verhalten Rosners Aufmerksamkeit erregt, erzählt ihren Part in der ich-Form. Eigentlich könnte man meinen, daß dadurch Nähe entstünde, der Leser sich mit Lilo identifiziere. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Lilos Gedanken sind egozentrisch, nicht nachvollziehbar und abstoßend.
Zudem wird in diesem Buch sehr viel getrunken. Aber es wird nicht verniedlicht, sondern die Alltäglichkeit von Alkoholismus in seinen verschiedenen Vorkommensformen vor Augen geführt. Nein, es sind nicht alles Alkoholiker, aber mir ist bislang nie bewußt gewesen, daß körperliche Alkoholentzugssymptome so lange anhalten können. Auch wenn ich schon x Arztberichte über Entgiftungen gelesen haben, in denen immer wieder beschrieben wird, daß Medikamente (und zwar nicht zu knapp und nicht unbedingt harmlose) gegeben werden, um die Entzugserscheinungen zu dämpfen, war es mir nie bewußt, daß es doch zum Teil ähnlich sein muß, wie beim Entzug von Betäubungsmitteln. Auch die psychischen Tücken mit denen der abstinente Alkoholiker zu kämpfen hat werden eindrucksvoll beschrieben, ohne in diesem recht kurzen Krimi zu viel Raum einzunehmen. Die Autorin schafft es einfach die Dinge auf den Punkt zu bringen, ohne sich in Ausführungen und Beschreibungen zu verheddern. Sie doziert nicht, der Leser muß einfach seine eigenen Schlüsse ziehen. Ich hatte weder das Gefühl, mir würde etwas fehlen, noch das Bedürfnis ausschweifige Ausführungen gerne zu kürzen – einfach schön knackig.
Bis ganz zum Ende bleibt der Leser im Unklaren, was denn nun eigentlich mit Lilo los ist. Man erfährt sehr viel aus ihrer Schulzeit und ihrer recht ungesunden Beziehung zu ihrer „besten“ Freundin und dennoch geht es dem Leser wie Rosner, man kann sich nicht wirklich überwinden sie zu mögen.
Gerade das Ende gefällt mir sehr gut, auch wenn es nicht das klassische Krimiende ist. Es hat für mich eher den Lösungscharakter von Sartre, jeder ist seine und des anderen Hölle, ohne dabei jedoch zu deprimieren. Denn es gibt bei diesem facettenreichen Ende auch sympathische Gewinner.
Da kann ich nur sagen: Viel Spaß beim Lesen! 5 von 5 Sternen.