Fräulein Liebe (2) und der Traum vom Leben, Susanne Esser, Knaur
Juni 1955 Andernach am Rhein, das Kriegsende liegt nun schon 10 Jahre zurück und unter den Frauen der Rheinbuchhandlung auf der Hochstraße in Andernach, ist so etwas wie Normalität eingekehrt. Eva ist glücklich als Buchhändlerin und noch glücklicher, dass ihre Tante Maria sie als Nachfolgerin ansieht, da ihre Tochter Ilse (18), als hervorragende Schülerin studieren gehen soll. Was sie nicht ahnt: Ilse hasst die Schule und ein Studium ist für sie eher abschreckend, Buchhändlerin will sie auch nicht werden, aber eine Bestimmung hat sie noch nicht gefunden. Als Georg Eva einen Antrag macht, wirft sie ihre Bedenken gegenüber Versprechen über Bord und nimmt ihn strahlend an. Bei der Bestellung des Aufgebots bricht ihre Welt jedoch zusammen! Sie stürzt sich in die Arbeit und plant eine Lesung mit ihrer Lieblingsautorin, während Tante Maria sich gemeinsam mit dem treuen Hans ihren Traum vom Urlaub am Wörthersee erfüllen soll. Dich an Evas großem Tag kommt alles ganz anders und obwohl sie dachte, dass es nicht schlimmer kommen könnte, wird es das doch. Eva ist am Boden zerstört und ihre Tante in der Ferne, während ausgerechnet Ilse ihr beisteht. Ilse deren Vertrauen so schwer zu erlangen war!
10 friedliche Jahre sind ins Land gegangen und immer noch nicht sind Georg und Eva verheiratet. Für damalige Zeiten ein Grund zu tuscheln. Aber immer noch nicht haben sie sich ihr jeweils best gehütetes Geheimnis offenbart. Darf man in der Liebe eigentlich Geheimnisse voreinander haben? Einige bergen enormen Sprengstoff, von einer solchen Wucht, dass Georg es glatt unterschätzt hat und er nun vor den Scherben seines neuen, glücklichen Lebens steht. Doch wie kommt er wieder aus dem Schlamassel heraus, den er sich eingebrockt hat? Wie soll Eva nun weiterleben? Doch nicht nur für sie steht plötzlich die Welt Kopf, auch Tante Marias beschauliches Glück und Ilses neue Hoffnungen werden bedroht.
Mit viel Gefühl und noch mehr Dramatik schlittert Fräulein Eva Liebe nun ins „wahre Leben“. Ihre Freundinnen Margot und Käthe sind bereits verheiratet. Margot hat zwei Kinder, dennoch hat Eva nicht das Gefühl, ihre biologische Uhr ticken zu hören, obwohl sie mit 28 ja eigentlich schon spät dran wäre... Käthe und Irmgard arbeiten aber noch immer in der Gemischtwarenhandlung am Markt. Für damalige Zeiten Eigentlich verbringen die Freundinnen nicht mehr so viel Zeit miteinander wie früher. Die Kinder und diewar das nicht selbstverständlich, Käthes Mann, musste ihrer Arbeit zustimmen. Der Haushalt war noch nicht so automatisiert wie heute und bei aller Liebe zu Petticoats und Pferdeschwänzen, bin ich froh, nicht in dieser Zeit aufgewachsen zu sein. An Ilse wird deutlich, wie wenig man als junge Frau doch selbst zu bestimmen hatte. Der Spruch „solange Du Deine Füße, unter meinen Tisch setzt...“ wurde damals nicht im Spaß benutzt. Neben dem Einblick in die prunkvolle Hochzeit der Hohenzollern auf Burg Namedy, sehen wir aber auch das Leid der Kriegsversehrten und Spätheimkehrer, deren Freilassung Bundeskanzler Konrad Adenauer auf seiner Russland Reise erwirkte. Männer denen mehr als ein Jahrzehnt ihres Lebens durch den Krieg gestohlen wurde.
Trotz der zahlreichen ernsten Themen und der Dramatik durch die Geheimnisse, die ans Licht kommen, spürt man zwischen den Zeilen stets die großen Gefühle, die die Autorin geschickt mit dem Zeitgeschehen und der Liebe zu Büchern und Literatur verbindet. Man darf also gespannt sein, ob Eva und Georg wieder zueinander finden und was Ilse mit ihrem Leben eigentlich anstellen will.
Ich hoffe, ich darf Eva und Georg auch noch in die 60er Jahre, dann mit Beat statt Catharina Valente an den Rhein begleiten.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei der Autorin, für mein Leseexemplar zu meiner Heimatstadt!
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