Das Fräulein vom Amt (2) – Der Tote im Kurshaus, Charlotte Blum,
gelesen von Dagmar Bittner, Argon Verlag, 10 Std. 57 min ungekürzt
Ganz Baden-Baden ist 1924 im Ägypten-Fieber nach der Aufführung
von Verdis Aida! Natürlich geht auch das Fräulein vom Amt, die junge Alma
Täuber mit ihrer Familie dorthin und auch ihre Mitbewohnerin Emmi lässt sich
das Spektakel nicht entgehen. Immerhin stammt von Ihr die Blumendekoration für
die anschließende Premierenfeier unter dem Motto: Legenden vom Nil. Aus diesem
Rausch der Sinne gibt es ein jähes Erwachen, als Emmis neuester Verehrter der
schnieke Tenor Josef Wittich ermordet auf den Stufen des Palais Hamilton
aufgefunden wird. Ausgerechnet ein anderer Verehrer Emmis, der schlaksige
Filmvorführer wird der Tat verdächtigt. Emmi und Alma trauen ihm dies trotz
seiner Eifersucht nicht zu und so fängt Alma wieder an zu ermitteln. Anfangs
eher widerstrebend, aus Angst ausgerechnet Kriminalkommissar Ludwig Schiller
wieder zu begegnen, dann aber mit wachsendem Eifer. Ihre Nachforschungen
bringen sie nicht nur dem glamourösen Opernensemble näher, sondern auch der
Welt der altägyptischen Artefakte, der Dramen und Geheimnisse. Während die
farbige Sopranistin in der Kurstadt gefeiert wird, nimmt das völkische Gedankengut
immer mehr Raum in viel zu vielen Köpfen ein...
Zwei Jahre sind vergangen, seit Alma Täubner einen Mord unter den
Baden-Badener Arkaden aufdeckte. In dieser Zeit ist sie Kriminalkommissar
Ludwig Schiller so nahe gekommen, dass er ihr einen Heiratsantrag machte. Aber
das hätte für Alma bedeutet, dass sie ihre geliebte Arbeit als Fräulein vom Amt
und somit ihre Unabhängigkeit aufgeben müsste. Nur unverheiratete Frauen
durften damals in vielen Berufen arbeiten, in anderen benötigten sie die Erlaubnis
ihres Mannes. Eine solche Abhängigkeit kommt für Alma bei aller Liebe nicht in
Frage. Zu dumm nur, dass ihr Herz noch immer schmerzt, wenn sie an ihn denkt.
Aber nicht nur in der Hinsicht wird nicht nur die Arbeit auf der Schaltstelle
der Telefonvermittlung und die Vorschrift, dass dort nur unverheiratete Frauen
arbeiten dürfen (warum eigentlich nur Frauen und keine Männer? War der Lohn für
sie zu niedrig, um eine Familie zu ernähren?) sondern auch andere fragwürdige
gesellschaftliche Ansichten und scheinbare Gesetze. Wie leicht konnte eine
junge Frau damals ihre Arbeit, ihren Ruf und ihre Existenz verlieren! Durch die
Währungsreform ist das große Elend endlich vorbei, aber die Erinnerungen sind
geblieben. Hitler ist inhaftiert, aber seine Idee hat sich leider in allzu
vielen Köpfen festgesetzt. Statt die Rechte der Frauen zu stärken, wollen viele
lieber wieder Rückschritte. Nicht so Alma und ihre Freundin Emmi, die wie so
viele von Almas Kolleginnen, ihre Freiheit lieben. Mir gefällt, dass diese
sozialkritischen Gedanken zur Zeit, mit einem kniffeligen Krimi vor
exotisch-beschaulicher Kulisse kombiniert wird. Beschaulich, weil Baden-Baden
als Kurstadt mit reicher aber eher alter Klientel nicht unbedingt der Ort
pulsierenden Fortschritts sondern eher von Traditionen ist. Exotisch, weil
Verdis Oper in seiner aktuellen Inszenierung den Ort in seinen Bann geschlagen
hat und die Begeisterung für die unglaublichen Ausgrabungen im Tal der Könige
keine Grenzen kennt. So kommt es, dass eine illustre und ungewöhnliche
Gesellschaft auf dem Ball zusammen kam, in dessen Umfeld sich der Mord
ereignete. Interessante Persönlichkeiten lässt uns das Autorenduo Charlotte
Blum so durch Almas Augen und Ohren kennen lernen und in ein undurchsichtiges
Beziehungsgeflecht eintauche, während wir liebgewonnene Personen aus Band 1
wieder treffen.
Dagmar Bittner verkörpert wieder Alma Täuber wie sie leibt und
lebt: jung, dynamisch, neugierig und selbstständig! Ihre warme Stimme sprüht
vor Tatendrang und Neugierde, aber auch vor Mitgefühl angesichts des Unrechts
und der Vorurteile, die sie leider miterleben muss. Besonders amüsant finde ich
immer ihre Interpretation ihres angestaubten, etwas herrischen und auf die
guten Sitten bedachten Hausdrachens. Dass sie Vermieterin allerdings auch ganz
anders kann, beweist Dagmar Bittner mit zuckersüßem Ton, als sie Alams
illustren Besuch kurzerhand in ihrer eigenen guten Stube bewirtet. Herrlich,
wie vielfältig sie in die einzelnen Rollen schlüpft.
Glamourös und cosy zugleich, ein gelungener historischer Krimi
rund um zwei sehr fortschrittliche junge Frauen vor 100 Jahren. Mir hat es
wieder sehr gut gefallen!
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Argon Verlag für mein
Download-Rezensionsexemplar!
Hier findet Ihr eine Hörprobe:
https://www.argon-verlag.de/hoerbuch/blum-fraeulein-vom-amt-der-tote-im-kurhaus-2008665/
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