Dienstag, 8. Februar 2022

Heul doch nicht, Du lebst ja noch, Kirsten Boie, Oetinger Verlag


Heul doch nicht, Du lebst ja noch, Kirsten Boie, Oetinger Verlag

Hamburg 22.6.-29.6.1945: Die Krieg ist aus, die Stadt liegt in Trümmern, die Menschen müssen in den wenigen verbleibenden Wohnräumen enger zusammenrücken und fremde Menschen ohne Dach über dem Kopf aufnehmen. Lebensmittel sind rationiert und reichen dennoch nicht aus, um den Hunger zu stillen, der Schwarzmarkt blüht. In einer namenlosen Straße leben drei 14-jährige: Jakob, Sohn eines deutsch-blütigen Vaters und einer jüdischen Mutter, lebt heimlich in den Trümmern, nachdem seine Mutter noch im Februar nach Theresienstadt deportiert wurde. Dass der Krieg vorbei ist, hat er noch nicht mitbekommen. Angst und Hunger treiben ihn um. Trautes Eltern leben, betreiben weiter ihre Bäckerei, aber selbst für sie ist nicht genug Brot zum satt werden da. Doch sie treibt die innere Leere um: seit Ewigkeiten gibt es kein Mädchen ihres Alters mehr in der Gegend und die Schule macht schon ewig Ferien. Hermann war HJ-Führer aber zu jung für den Dienst an der Waffe, anders als sein Vater, der Kfz-Meister, dem beide Beine im Feldlazarett amputiert wurden. Nun ist auch der Sohn ans Haus gefesselt, als Träger seines Vaters, der alleine nicht auf die Toilette eine halbe Etage tiefer kommt.

Drei Schicksale aus Sicht der Jugendlichen, unmittelbare Gedanken, wie frisch aus ihren Köpfen. Unmittelbar, ehrlich, verzweifelt und mit ungebrochenen Hunger nach Leben.

Jetzt da die Zeitzeugen immer weniger werden und einige wild entschlossen scheinen dieses unsägliche Leid und diese Ungerechtigkeit zu vergessen, die Krieg und besonders totalitäre, nationalistische Staaten mit sich bringen, ist es umso wichtiger von denen zu hören und zu lesen, die mit den Erzählungen der Zeitzeugen aufwuchsen.

Der Stil ist einfach, knapp und direkt, weshalb man das Gefühl hat unmittelbar in die Köpfe der Jugendlichen zu dringen. Ganz ohne literarische Schnörkel ist man sofort mittendrin. Die ersten paar Sätze benötigt man noch zur Orientierung, aber dann... Es sind keine Jugendlichen, die man sofort in sein Herz schließt. Hermann als ehemaliger HJ-Führer, mit seiner herrischen, herablassenden Art, der Traute als Weib nicht mit Fußball spielen lässt, ist sogar richtig abstoßend. Aber nach und nach dringt man mehr in ihn ein und stellt fest, dass es auch der verzweifelte Versuch ist, an besseren Zeiten für ihn festzuhalten. Der Krieg und die Nazis sind weg und ihm bleibt nur sein Leben, aber was für eins? Hat er denn überhaupt eine Perspektive? Die verkrusteten Denkstrukturen sind noch fest in seinem Hirn verwurzelt, hängen fest. Doch als Traute einen Laib Brot in Aussicht stellt, siegt der Überlebensinstinkt über seine Machoeinstellung und nach und nach offenbart sich seine menschliche Seite. Traute ist gefangen in ihrer Trauer über die Veränderungen. Über den Verlust der Schule und ihrer Freundinnen, die auswanderten, oder einfach verschwanden. Nie hat sie wirklich hinterfragt, wohin sie denn verschwunden sind. Dafür ärgert sie sich lieber über die Einquartierung der Flüchtlinge aus Ostpreußen, die ihr jetzt den Platz wegnehmen und deren kleine Kinder sie immer nerven. Nach und nach lernt sie, sich in ihre Lage zu versetzen und durch sie und den kleinen Max, der auf der Straße den Fußball seines gefallenen Bruders zum Kicken mitbringt, kommt sie zum Nachdenken. Was er erzählt geht ihr ans Herz. Als dann plötzlich noch „Friedrich“ wie aus dem Nichts auftaucht, ist sie bereit, alles was für sie bis dahin selbstverständlich war zu überdenken. „Friedrich“ ist es inzwischen so gewöhnt sich und seine Identität zu verstecken, dass es ihn absolut umhaut, als er begreift, dass er frei ist und überlebt hat.

Eine Woche im Leben dieser Jugendlichen, die alles verändert, die ebenso abrupt beginnt, wie sie endet. Das Leben ändert sich radikal für die zwei Jungs und zu gerne möchte man wissen, ob es ihnen anschließend gut geht, aber diese Entscheidung bleibt einem selbst überlassen. Ungewiss ist es, ob sie mit diesem Umbruch klar kommen. Es hilft ja alles nichts! Sie haben gelernt zu überleben, daher habe ich für mich entschieden, dass sie es weiterhin tun werden und klar kommen werden, auch wenn Narben zurückbleiben. Manchen mag dies unbefriedigend vorkommen, aber es ist ein hervorragender Einstieg in ein Gespräch, über das wieso, weshalb, warum? Was weißt Du von Deinen Großeltern? Haben Sie Dir was darüber erzählt? Was haben sie damals im Krieg gemacht?

Da die Jugendlichen, Kinder und Erwachsenen selbstverständlich Begriffe dieser Zeit verwenden und über Organisationen reden, die es heute Gott sei Dank nicht mehr gibt, befindet sich im hinteren Teil ein Glossar mit Erklärungen. Auch wenn ich mit den Erzählungen über den Krieg und die Nachkriegszeit aufgewachsen bin, war mir nicht alles bekannt. Mein einer Opa erzählte immer, er habe den Westwall gebaut, weil er wegen seines Herzens wehruntauglich war. Nun weiß ich, er war im Baubatallion. Er hat Menschen gerettet, in dem er sie zu einer kurzen Haftstrafe verurteilte (er war Richter). Ich hatte so meine Zweifel, dass sich die Verurteilten darüber freuten, aber nun weiß ich, dass der Vater von acht Kindern somit wehrunwürdig wurde und nicht in den Krieg eingezogen werden konnte. Auch wenn ich noch mit den Zeitzeugen aufgewachsen bin, wird mir nun einiges verständlicher. Ein kurzes Buch, welches begreifen lässt, welch Gräueltaten damals geschahen, welche menschenverachtenden Taten für einige nicht nur selbstverständlich waren, sondern auch alltäglich. Obwohl hierzu kein Blick in ein KZ geworfen wird, sondern es „nur“ indirekt offenbar wird ist die Altersempfehlung ab 14. Dieses Grauen wird deutlich, es bleibt hängen, es hinterlässt Spuren. Ein Buch dass man nicht so schnell vergisst.

Die Autorin selbst ist übrigens 5 Jahre nach Kriegsende geboren und hat einige der Folgen des Krieges wohl noch selbst als kleines Kind mitbekommen, denn so schnell ist Hamburg nicht aus Schutt und Asche wieder auferstanden und alle hatten wieder genug zu essen. Sie hat 1945 zwar nicht selbst miterlebt, aber die Erzählungen der Zeitzeugen haben ihre Kindheit und Jugend geprägt.

Wenn man sich die Fahnen und Zeichen auf Anti-Corona-Demos sieht, weiß man, wie wichtig es ist, dass allen klar ist, was diese bedeuten und das diese Grenzen auf keinen Fall überschritten werden dürfen. Ein Mahnmal, das nicht nur Jugendliche ab 14 Jahren gelesen haben sollten.

Vielen lieben Dank an Lovelybooks und den Oetinger Verlag für mein Rezensionsexemplar!

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Sonntag, 6. Februar 2022

Einfach genial gesund, Dr. Matthias Manke und Tarik Rose, ZS Verlag


Einfach genial gesund, Dr. Matthias Manke und Tarik Rose, ZS Verlag

Einfach mit einer Umstellung der alltäglichen Lebensgewohnheiten abnehmen, Stress abbauen und Fit werden! Der Orthopäde Dr. Matthias Manke und Gastronom Tarik Rose haben es selbst probiert und praktizieren es täglich immer wieder neu. Man wird ja nicht jünger, möchte aber weder völlig aus dem Leim gehen, noch behäbig werden und nicht vor Stress einen Infarkt erleiden.... Entspannt hat man einfach mehr vom Leben. Hier präsentieren sie ihre bestens Tipps, worauf man achten sollte und was man unbedingt vermeiden sollte und die besten Rezepte.

Dieses Buch richtet sich meines Erachtens vor allem an Yuppies, da die meisten Rezepte einfach nicht familientauglich sind und vieles sich einfach nur schwierig in den Alltag mit Familie integrieren lässt, vor allem bei jüngeren Kindern. Aber hinter denen sollte man auch noch oft genug hinterher laufen und spazieren gehen, das sollte einen schon fit halten. Einige Tipps zum Stressabbau oder besserer Erholung im Schlaf ist aber für jeden hilfreich und möglich, wie z.B. das optimale Kopfkissen für die eigene Schlafposition, die optimale Schlaftemperatur oder -umgebung. Nicht alles, was uns zur Stressreduzierung praktisch erscheint, ist auch sinnvoll und hilfreich, so ist der Kurztrip zum Schnellimbiss alles andere als gesund und mangels wertvoller Nährstoffe auch nicht wirklich nahrhaft. Da man also bald danach wieder Hunger hat somit auch weder schnell noch entspannend. Lieber bei nur wenig Zeit für eine Mittagspause vorbereitete Mahlzeiten mitbringen (z.B. Salat, Obst, Vollwertgebäck...). Natürlich reicht Bewegung und gesunde Ernährung und Erholung nicht aus, bei seiner Umstellung der allgemeinen Gewohnheiten gehört auch der Verzicht auf Alkohol und Zigaretten dazu. Kaffee darf man aber glücklicherweise weiterhin trinken, aber vielleicht nicht mit ganz so viel Milch wie ich ;) Das ist für mich tatsächlich eine alltägliche Challenge!

Sehr gut herausgearbeitet wird hier, dass es verschiedene Fitnesstypen gibt. Ich bin einfach nicht der Fitnessstudiotyp, no way! Aber auch wem diese Übungen hier nicht so zusagen und liegen, auch für den gibt es Ratschläge, wer nicht joggen mag (hier der Motivationstipp für jeden Sport, gemeinsam lässt sich der innere Schweinehund besser überwinden und es fällt schwerer sich mit Ausreden aufs Sofa zurückzuziehen), kann einfach spazieren gehen! Das kann ich bestätigen. Mein Opa war herzkrank und daher nicht im Krieg, ging aber jeden Tag eine Stunde spazieren und wurde fast 91 Jahre alt. Man kann auch öfter am Stück gehen und insbesondere öfter mal das Auto stehen lassen und zu Fuß gehen oder Fahrrad fahren.

Gut, ich sehe ja ein, wir sollen alle mehr Gemüse und weniger Fleisch essen, aber muss es dann gleich so viel fischiges sein? Es gibt auch Gemüsesorten die gesund sind und auch Kinder essen, also bitte her mit den Möhren, Erbsen und Brokkoli-Rezepten! Interessant finde ich ja, dass dunkelrote Lebensmittel besonders gesund sind (sind Möhren nicht auch tiefrot?), aber Brokkoli ist z.B. gesund, kindertauglich, aber deutlich günstiger als Blumenkohl. Insbesondere wenn dann noch die Lebensmittel frisch, bio, saisonal und regional sein sollen, dann gewinnen Möhren und Brokkoli einen ganz besonderen Charme. Sehr gutes Öl ist richtig teuer, daher finde ich auch nicht, dass man so viele verschiedene Sorten vorrätig haben sollte, wie ein Gastronom. Ein gutes Basisöl kann man mit Kräutern prima aufpeppen, allerdings würde ich kein kaltgepresstes Öl hierzu erhitzen, wie dies hier vorgeschlagen wird für ein Basilikumöl, sondern in einem klaren Gefäß für 1-2 Wochen an einen hellen sonnigen Platz stellen, damit die Nährstoffe sich lösen, filtern und ab in eine dunkle Flasche füllen. Für Salat sehr zu empfehlen, meinem Mann hat das Basilikum-Knoblauchöl fürs Salatdressing sehr gut geschmeckt (wir anderen essen unseren Salat mit Joghurt und das ist für uns auch nicht verhandelbar...). Die eiweißreichen Körner-Quarkbrötchen gingen schnell, waren von den Zutaten absolut vertretbar, allerdings der Quark nicht in einer handelsüblichen Menge. Man muss dann also überlegen, was man mit dem restlichen Quark anstellt. Dafür gibt es aber auch interessante Ideen, wie mit Blaubeeren, mit und ohne Bananennussbrot ;) Das ist schnell und einfach, aber ich bevorzuge hier mein bewährtes eigenes Rezept. Man sollte seinen Gaumen an weniger Süße gewöhnen und einige Rezepte geben hier schon ein gewisse Idee. Aber Rotkohl-Ingwer-Salat mit Ofenbirnen klingt wirklich nach Yuppierezept und nicht nach Familienabendessen.

Die Schoko-Nuss-Riegel mit Amaranth waren allerdings sofort der Wunschkandidat aller Familienmitglieder. Hier wird auch die Verwendung von Quinoapops vorgeschlagen als Alternative, die ich eh für ein glutenfreies Müsli auf Vorrat habe, ebenso wie die industriezuckerfreie, vegane Zartbitterschokolade. Alles bio, alles nicht ganz billig und dann schickte ich meinen Mann los Kakaobutter zu kaufen. Er kam fluchend wieder, so teuer ist diese. Die Menge reicht für 5 Rezepte, die ich nun auch wohl werde machen müssen, obwohl bei der Verarbeitung die Kakaobutter mich zum Fluchen brachte. Das Zeug ist steinhart! Darauf war ich nicht vorbereitet und meine Feinwaage auch nicht. Nachdem die Waage beim Zuwiegen immer wieder ausging habe ich sie dann gehobelt und bis geschätzt 1/5 des Blocks im Topf waren. Wenn man diese sperrige Zutat mal in den Griff bekommen hat, geht der Rest aber wirklich schnell und einfach. Nach dem Kakaobutter-Trauma und dem Hinweis, dass man zum Schneiden der erkalteten Masse ein Sägemesser benötigt, habe ich die Masse vor dem Aushärten geschnitten. Optisch vielleicht nicht optimal, vom Komfort her unbedingt zu empfehlen. Das Resultat wurde hier aber begeistert gefuttert, ich soll es unbedingt noch mal machen... Klar, jetzt wo ich den Trick raus habe und noch so viel Kakaobutter übrig!

Ich werde wohl einiges an Infos und Tipps mit in den Alltag übernehmen. Die Workouttipps fürs Büro scheitern allerdings an der passenden Kleidung und ich ziehe mich doch im Büro nicht um. Da gehe ich lieber in der Bürokleidung spazieren.

Die Ratschläge und Rezepte sind sicherlich alle vernünftig und gesund, aber einfach und günstig geht für mich anders. Wer selbst Herr über seine Zeit ist und finanziell aus dem Vollen schöpfen kann und will, der findet hier reichlich Anregung auch abseits des Mainstreams. Die raffinierten Rezepte sind garantiert nicht langweilig und kitzeln noch so manchen Gaumen, der auch schon einiges ausprobiert hat. Zur Verwendung in den Familienalltag ist es jedoch nur bedingt zu empfehlen, da Kinder oft nicht so experimentierfreudig sind. Für mich aber dennoch ein willkommener Anstoß einige Gewohnheiten noch mal neu zu überdenken und zu ändern.

Bewusste Ernährung, mehr Bewegung und Achtsamkeit bei Ernährung, Bewegung und Stress als Schlüssel zum gesunden, schlanken Leben, klingt doch ganz machbar!

Ganz herzlichen Dank für mein Rezensionsexemplar an Lovelybooks und den ZS Verlag.

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