Montag, 10. Juli 2017

Verliebt in Serie (1) – Rosen und Seifenblasen, Sonja Kaiblinger, gelesen von Marie-Luise Schramm, Silberfisch Produktion


Verliebt in Serie (1) – Rosen und Seifenblasen, Sonja Kaiblinger, gelesen von Marie-Luise Schramm, Silberfisch Produktion

Abby ist 14 Jahre alt, die Kummerkastentante ihre New Yorker Schülerzeitung und lebt mit ihrer Mutter einer Künstlerin und ihrer älteren Schwester Debbie in einem Loft. Debbie ist eine Intellektuelle und hat den Debattierpreis gewonnen, forscht und nimmt das Leben ziemlich ernst. Ihre Schwäche: Die britische Adelsoap Ashworth Park. Jeden Abend schaltet sie den Fernseher ein, um den schönen Julian, den künftigen Erben des Titels an zu schmachten. Dafür schwänzt sie sogar den Debattierclub. Abby ist von diesem künstlichen Schmalz und der mangelnden Tiefe der Personen total genervt. Hatte sie sich doch auf ein wenig entspanntes Couch-zapping gefreut, während Debbie in der Schule ist. Während sie also stinkig neben Debbie auf dem Sofa sitzt und über die lausig Story lästert, fangen ihre Gliedmaßen an zu kribbeln und sie wird mitten in Serie transportiert. Weit weg von ihrer besten Freundin Megan und ihrem großen Schwarm.

Natürlich fällt Abby in Ashworth Park sofort auf und wird für das neue Dienstmädchen gehalten. Schnell gibt sie sich als New Yorker Nichte der exzentrischen Tante Mabel aus, um nicht gleich für das ganze Anwesen kochen zu müssen. Doch wie kommt sie wieder in ihr altes Leben zurück? Jeden Abend verschwindet sie nun für 1 Stunde-Echtzeit in der Serie und dort spitzt sich die Lage ganz schön zu.

Marie-Luise Schramm war für mich eine echte Entdeckung, auch wenn sie kein Neuling als Sprecherin ist. Ihre Stimme ist jung, sensibel, mal frech und mal richtig rau. Das bringt richtig Kontur in die Lesung, die wirklich durch ihre Stimme zu etwas besonderem wird. Sofort wurde ich in dieses verrückte Soapuniversum hereingezogen und verfolgte gebannt Abby Abenteuer auf dieser erleuchteten Adelsinsel, auf der es nie richtig dunkel wir und auf der natürlich weder der typische Schurke, noch die Intrigantin oder der für die Heldin passende Herzbube fehlen darf.

Da Abby allabendlich zur gleichen Zeit für eine Stunde plötzlich verschwindet, wird natürlich ihr Leben im Hier und Jetzt auch kompliziert. Wie geht man auf ein Date, oder die angesagteste Party der Schule, wenn man sich zwischendurch mal für ein Stündchen auflöst? Wie kommt sie nun noch zum Schlafen? Wirklich witzig skurrile Konstellationen entstehen und ausnahmsweise halten die Schwestern beim Versuch die Vorfälle zu vertuschen zusammen.

Besonders gut gefällt mir, daß gerade die Schwester in der Serie landet, die sie grottenschlecht findet. Während Debbie dort vielleicht erst einmal glücklich wäre, denkt Abby nur an Flucht und die gestaltet sich nicht einfach.

Die Serie beginnt mit einer kurzen Einführung in die Geschichte der Soap, was ich wirklich originell finde und für einen Großteil der Zielgruppe der Mädchen von 11- 14 Jahren wohl noch einiges Neues bringt. Das Medium der Soapopera wird immer wieder toll persifliert und auf den Arm genommen was sehr amüsant ist. Es wird kein Cliché ausgelassen und doch ist es auch eine Liebeserklärung an diese Erzählform. Daher endet Band 1 auch ganz klassisch wie jede gute Daily Soap mit einem Cliffhanger! Dieser hat mich wirklich überrascht und daher kann ich nur sagen: ran an Band 2! Ach so, anders als Daily Soaps endet diese Jugendserie nach 3 Teilen und ich bin schon gespannt zu erfahren wie.

Ich lauschte gebannt dem CD-Spieler und freute mich jeden Morgen beim Aufstehen auf eine Runde „Verliebt in Serie“ bei der Hausarbeit – na wenn das mal keine 5 von 5 Sterne sind.

Sonntag, 9. Juli 2017

Tofu der Superhund, Judith Allert, Nina Dullek, Ravensburger Verlag



Tofu der Superhund, Judith Allert, Nina Dullek, Ravensburger Verlag
Lea ist das unkomplizierte wenig beachtete Sandwichkind von Familie Grabowski. Mutter Grabowski träumt während des Spülens von den warmen Wellen der Südsee, Vater Grabowski steckt mit der Nase in der Zeitung und sucht nach Rabattmarken und Autoangeboten, Sarah fixiert ihr Handy in der Hoffnung auf eine Nachricht vom süßen Simon und der kleine 4 jährige Fupp, der Angst vor sämtlichen Tieren hat, trägt um den Hals ein Handtuch und wäre soooo gerne ein Superheld. Kein Wunder, daß nur Lea den Brief bemerkt, der morgens auf dem Tisch landet. Sie haben eine Erbschaft von Onkel Reginald bekommen! Allein das Wort Erbschaft lässt die Träume der Grabowskis zu Hochform auflaufen! Endlich ein Heim ohne den fiesen Vermieter Mecker-Meier! Ein neues Auto, Strände, Superheldenkostüme….
Stattdessen gibt es nur eine eigenwillige Promenadenmischung, während ein Wächter auf das Haus aufpassen soll! Was hat sich Reginald dabei nur gedacht? Aber ein Hund im Haus, das würde Mecker-Meier nicht dulden, er muß ins Tierheim! Lea, die immer bescheiden war, erkennt jedoch das Potenzial, daß in diesem Hund steckt und findet als einzige heraus, was dieser Hundefutterverächter denn überhaupt mag. Heimlich schmuggelt sie den Hund aus dem Tierheim in ihre Wohnung. Ob das wohl gut geht?
Der Schreibstil ist sehr ironisch, reflektiert. Auf Meta-Ebene macht sich die Autorin Judith Allert über die Macken der Menschheit, Familien im Speziellen, spießigen Nachbarn oder seelenlosen Fernsehshows lustig. Das Lesealter 8-10 Jahre sollte man daher also wirklich ernst nehmen, weil jüngere Kinder die Ironie nicht verstehen werden und ihnen daher auch der Spaß an der Geschichte abhandenkommen wird. Dafür ist dieser Stil für mich als Vorlesende aber ein echtes Schmankerl gewesen. Meine Kinder merken ja schon, ob mir ein Buch beim Vorlesen Spaß macht, oder ich mehr rumleiere, so wie der Notar, der den Grabowskis das Testament bei der Eröffnung vorleiert und daher passender Weise Herr Leier heißt. Es sind einfach diese sprachlichen Feinheiten, die jüngeren Kindern bei aller Tierliebe entgehen würden.
Die Illustrationen von Nina Dullek die so farbenfroh das Cover ziert, kommt innerhalb des Buches als größere schwarz-weiß Vignette zu Kapitelbeginn zum Vorschein. Diese sind gewohnt witzig und ergänzen wundervoll die angefressene Radieschen-Vignette um die Seitenzahlen, aber für ein Vorlesebuch ist es wirklich nicht genug bebildert. Dieses Buch ist nicht als Vorlesebuch gedacht, sondern wirklich für die Altersgruppe 8 – 10 Jahre, dann hat man auch richtig Freude am Buch und wird nicht enttäuscht.
Sehr gut gefallen hat uns Lea, die sich als vernachlässigtes unproblematisches Mittelkind die Treue und Liebe des Hundes besonders zu schätzen weiß. Allerdings sieht sie in ihm mehr als nur einen Hund, er ist für sie ein vollwertiges Familienmitglied, daß es zu schützen gilt, insbesondere vor ihren Eltern, die keine Haustiere wollen und insbesondere dem bösen Mecker-Meier!
Der vegetarische Hund Tofu schafft es, die Familie aus ihren Träumen zu reißen und ins (Familien-)Leben zurück zu bringen. Zuvor waren alle irgendwie unglücklich und verpaßten die Schönheit und die Glück, die das Leben bietet, während Tofu ihnen beibringt, daß man auch an Kleinigkeiten großen Spaß haben kann und Liebesbriefe viel romantischer als Textnachrichten sind ;)
Etwas schade fand ich jedoch, wie jeder seine Hoffnungen auf den kleinen Hund projetzierte und der arme Hund sehr viele Kunststücke lernen sollte, ohne daß seine Bedürfnisse berücksichtigt wurden. Der arme Tofu war irgendwann einfach nur platt und erschöpft. Das Trainingsprogramm für Tofu könnte auch bei der Zielgruppe der 8 bis 10 Jährigen falsche Hoffnungen wecken. Zum Glück war meinen Kindern klar, daß wir unsere recht eigenwillige Katze nicht trainieren, sondern sie einfach sein lassen, was sie ist, eine Katze.
Zum Glück sind die Grabowskis aber lernfähig und finden so dann noch ihr Glück. Ich hoffe die anderen jungen Leser lernen auch daraus, daß Tiere einfach Tiere bleiben sollen und genießen dieses Buch ebenso wie wir. Es hat uns wirklich gut gefallen, auch wenn wir anfangs großes Mitleid mit der vernachlässigten Lea hatten, bei der selbst das Schulschwänzen nicht sofort auffiel. Für diese pädagogischen Skrupel wegen des Schuleschwänzens und Tierüberforderns, gibt es einen Stern Abzug, es ist dennoch ein gutes Buch, das wir gerne mit 4 von 5 Sternen weiterempfehlen.