Sonntag, 13. Oktober 2019

Darf's ein bisschen Mord sein? Lotte Minck, Droste Verlag



Darf's ein bisschen Mord sein? Lotte Minck, Droste Verlag

Dies ist Lorettas 11. Fall: Loretta Luchs arbeitet in einem Callcenter für erotische Dienstleistungen als Telefonistin, aber das muss ja nicht jeder gleich wissen. Seit sie ihrem exzentrischen Chef Dennis aber mal mit ihrem detektivischen Gespür den Allerwertesten gerettet hat, genießt sie beruflich so allerlei Freiheiten, die sehr hilfreich sind, wenn sie mal wieder über eine Leiche stolpert. Aber in ihrer neuen Wohung und in ihrem neuen Viertel sieht alles ganz friedlich aus. Selbst als Gitti, die Inhaberin des Tante-Emma-Ladens um die Ecke, nach einem Sturz einen Schlüsselbeinbruch hat, denkt sie sich nichts dabei. Spontan bietet sie ihr an, im Laden einzuspringen und nimmt sich hierzu frei. Schon als Kind hat sie es geliebt Einkaufsladen zu spielen und so hat sie tatsächlich großen Spaß an ihrer neuen Tätigkeit. Doch dann tauchen seltsame Gestalten im Laden auf und wollen Gitti zum Verkauf überreden. Das kommt Loretta ziemlich merkwürdig vor, aber als sie dann doch noch eine Leiche findet und sie für den tödlichen Sturz verantwortlich sein soll, muss sie natürlich wieder ermitteln. Die Polizei will ihre Version ja einfach nicht glauben. Natürlich wird sie in ihren Nachforschungen von ihren Freunden unterstützt.

Loretta Luchs, die Sexhotlinetelefonistin ermittelt wieder. Wer Loretta kennt weiß, daß hier das Vergnügen durch Ruhrpottoriginale und skurile Situationen im Vordergrund steht und weniger kniffelige Knobeleien oder nervenzerreißende Verfolgungsjagden. Wer aufmerksam mitliest kann die Fälle stets lösen, weil sich abzeichnet, wer hinter den Taten steckt. Der Spaß steckt auch immer in den Frotzeleien untereinander, den schillernden Persönlichkeiten und Lorettas verzweifelten Versuchen die Kommissarin zu Ermittlungen zu überreden. Doch Theorien interessieren Kommissarin Küpper nicht, sie braucht Fakten! Nun ist es aber so, daß Täter normalerweise nicht ihre Visitenkarte am Tatort zurücklassen. So reicht es nicht zu wissen, wer der Täter ist, man muss es auch beweisen! Hierfür ist Loretta fast jedes Mittel recht, solange ihren Freunden nichts geschieht und sie ist sich auch für nichts zu schade. Immerhin lernt sie ja auch bei ihren „undercover“-Einsätzen eine Menge dazu und bisweilen die Leser auch, z.B. warum man Fenster nie bei Sonnenschein putzen sollte.

Wie immer spielt Kommissar-Zufall Loretta in die Hände, aber wer als Leser schon etwas älter ist, der weiß ganz genau: im Leben gibt es bisweilen die merkwürdigsten Zufälle, unser Leben ist voll davon! Zum Glück für Loretta aber auch voll mit guten Freunden, die ihr gerne helfen, da sie nie zum Eigennutz oder zu ihrer eigenen Bereicherung handelt, sondern um ihren Spürsinn zu befriedigen. Humorig und mit leichter Feder schildert Lotte Minck diesen neuesten Fall von Hornbrillen-Girl und Minipli-Man, sowie Kater Baghira. Auch wenn die Charaktere doch sehr speziell sind, erkennt man immer wieder bekannte Charakterzüge und kann selbstironisch mit Loretta schmunzeln. Die kleinen feinen Beobachtungen von Lotte Minck, geäußert durch Loretta bleiben einfach haften, zu sehr treffen sie ins Schwarze - sei es die bisweilen exzentrisch-fragwürdige Schoßhundmode oder die Beobachtungsfähigkeit nicht voll ausgelasteter Nachbarn. Hinzu kommt eine Prise Arbeitersiedlung und die Versuchung durch menschliche Schwächen wie Gier, Lust und Neugierde. Jeder erkennt was wieder, ohne sich aber selbst angesprochen zu fühlen. So lässt es sich herzhaft lachen! Wer alle Bände der Reihe nach liest, genießt auch noch das Extravergnügen den stets wachsenden und sich verändernden Freundeskreis von Loretta mitzuverfolgen. Dennoch ist auch ein Einstieg im 11. Band noch möglich. Dieser macht auf die Vorgänger neugierig, ohne zu viel zu verraten.

Vergnügliche Krimiunterhaltung zum Miträtseln, hier steht der Spaß vor der Spannung. Das Leben ist zu kurz, um nicht darüber zu lachen.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Lotte Minck und dem Droste Verlag für die vergnügliche Leserunde.

Samstag, 12. Oktober 2019

Die Schwestern von Mitford Manor (2) – Gefährliches Spiel, Jessica Fellowes , gelesen von Juliane Köhler, gekürzte Lesung 2 MP3, 10 h 17 min, Random House Audio



Die Schwestern von Mitford Manor (2) – Gefährliches Spiel, Jessica Fellowes , gelesen von Juliane Köhler, gekürzte Lesung 2 MP3, 10 h 17 min, Random House Audio

Dies ist der zweite Band der society-crime-Reihe um die sechs glamourösen Mitford Schwestern (einen Bruder gab es allerdings auch). Die adeligen Mitfords lebten in Asthall Manor, das allerdings landläufig nur als Mitford Manor bekannt war. Dieser zweite Band widmet sich der zweiten Tochter Pamela, die deutlich bodenständiger als ihre 3 Jahre ältere Schwester Nancy mit ihrer scharfen Zunge und ihrer exaltierten Art war. Obwohl Nancy im Jahre 1925 noch immer nicht verheiratet ist und Pamela nicht offiziell in die Gesellschaft eingeführt (sie wurde noch nicht bei Hof vorgestellt), soll ihr 18. Geburtstag gebührend gefeiert werden. Auch wenn es Pamelas Party ist, mischt Nancy kräftig mit und so werden vor allem ihre Freunde, die sogenannten Bright Young Things eingeladen, was Kindermädchen und Anstandsdame Louisa mit Unbehagen beobachtet. Als Nancy voller Begeisterung eine nächtliche Schnitzeljagd vorschlägt, gefällt Louisa dies gar nicht. Es kommt, wie es kommen muss. Einer der Gäste wird ermordet und Dulcie das Dienstmädchen der Familie des Ermordeten wird beschuldigt. Das kann Louisa so nicht hinnehmen und sie beschließt auf eigene Faust zu ermitteln, obwohl sie weiß, daß Dulcie Verbindungen zu Alice Diamond und ihren 40 Thieves, einer berüchtigten Juwelendiebes-Bande unterhielt. Ihr Freund Sergeant Guy steht ihr vorerst nicht bei, da er in London als Zivilermittler gegen eben jene Alice Diamond, die Königin der Unterwelt eingesetzt ist.

Auch wenn ich Nancy als Person deutlich spannender (wenn auch nicht unbedingt sympathischer) als Pamela finde, gefällt mir in der Fortsetzung das Krimielement besser. Es ist für mich naheliegender und näher an der Familie Mitford dran. Pamela ist bodenständiger, ist ein Genussmensch und liebt gutes Essen, aber ebenso die gepflegte Atmosphäre drum herum. Sie in das Zentrum einer glamourösen Geschichte zu stellen, ist deutlich schwieriger, als bei ihrer exzentrischeren Schwestern. Dass die Story dennoch nicht dröge wird, ist daher dem Geschick der Autorin zu verdanken, die immer wieder das Augenmerk auf aufregendere Personen lenkt, sowohl aus der Adelsschicht, als auch den Dienstboten, der Polizei und der Theaterwelt, ohne den roten Faden aus dem Blick zu verlieren. Allerdings ist es auch Pamela, die sich im Laufe dieser Geschichte am meisten entwickelt und durch die Ermittlungen, von denen sie anfangs nichts hält, erwachsen wird. Als Not am Mann ist, wächst sie über sich hinaus, schafft es Initiative zu zeigen und den richtigen Ton zu treffen.


Sehr gut gefällt mir, daß man die wichtigsten Personen des ersten Bandes wiedertrifft, auch wenn sich deren Entwicklung nicht unbedingt so gestaltet hat, wie man es gehofft hat. Louisa, die einst Nancys Vertraute war, wird für die Schwestern immer mehr zur Angestellten, was sie verletzt und den Schwestern noch nicht einmal auffällt. Für damalige Verhältnisse aber selbstverständlich.
Die Klassenunterschiede waren klar und deutlich und eigentlich war das System nicht durchlässig. Vom Tellerwäscher zum Millionär war in England eigentlich unmöglich, es sei denn mit kriminellen Mitteln, doch führte dies in der Regel nicht zu der angestrebten gesellschaftlichen Anerkennung.  Ganz klar werden hier die Grenzen zwischen Adel und Dienstboten aufgezeigt, sowie die Verhältnisse der Polizisten und der Arbeiterschicht im East End und überall in den Elendsvierteln in London. Dazwischen blitzt der verruchte Glanz der Nacht- und Halbwelt der golden Twenties und ihrer Bright Young Things auf. Eine interessante Mischung, finde ich.

Jessica Fellowes ist Journalistin und die Nichte von Julian Fellowes, dem Autor der legendären BBC-Serie Downton Abbey. Sie ist die Autorin der Begleitbücher zur Serie. Dies ist ihre eigene Romanreihe. Wobei ich ihren weiblicheren Erzählstil dem maskulineren ihres Onkels vorziehe. Das ist allerdings lediglich ein subjektiver Eindruck, den an bestimmten Details festzumachen, mir schwerfällt.

Juliane Köhler hat ihre Schauspielausbildung in New York absolviert und spricht alle englischen Begriffe wunderbar authentisch aus. Sie ist viel beschäftigte Theaterschauspielerin und war Ende der 90er/Anfang des Jahrtausends auch in zahlreichen preisgekrönten Kinoproduktionen und hatte die Hauptrolle in dem mit dem Auslandsoscar prämierten Werk von Caroline Link „Nirgendwo in Afrika“. Ihre warme Stimme ist ausdrucksstark, ohne sich aufzudrängen oder zu übertreiben. Sie findet genau den richtigen Ton, sowohl für den leicht blasierten Adel, als auch die eifrigen Dienstboten und Ermittler sowie die desillusionierten Bewohner der Armutsviertel. Ihre dezente Zurückhaltung liess mich ihr mit Freude zuhören, immer und immer länger.

Auch wenn mir der Auftaktband gefallen hat, gefällt mir dieser besser. Ich empfinde ihn mehr als aus einem Guss und auch der Fall ist deutlich kniffeliger. Diesmal war mir die Lösung nicht selbst klar, sondern ich bekam sie von Louisa, Guy und Pamela präsentiert, wobei sie durchaus logisch und schlüssig war. Nein, es war nicht der Gärtner, der plötzlich und unerwartet der Übeltäter war. Ich bin gespannt, in welche Fälle die übrigen Mitfordschwestern noch so verwickelt werden.

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Bloggerportal und Random House audio für dieses wunderbare Hörerlebnis.