Sonntag, 10. März 2019

Der magische 8. Tag – Dunkles Geheimnis, Marliese Arold, Edel Kids Books



Der magische 8. Tag – Dunkles Geheimnis, Marliese Arold, Edel Kids Books

Laura (13), Shirin und Anouk leisten gemeinsam Lauras Strafdienst in der Feenküche in der Welt des achten Tages ab, während Merle ihre Strafe einfach ignoriert. Doch als Anouks Äffchen tot aufgefunden wird, vermag sie es nicht deren Kummer ebenso zu ignorieren und sie wendet ihre geheimen Kräfte an. Doch auch sonst scheint die wunderbare Welt des Achttags zu bröckeln und in ernsthafter Gefahr zu sein. In der „normalen“ Welt geht es Laura nicht besser. Ihre einzige Freundin Olivia ist eifersüchtig, weil ihr Schwarm Severin (15) und Laura offensichtlich ein Geheimnis teilen. Auch die bevorstehenden Ferien verheißen nichts Gutes, da ihre Mutter Laura zu einem Praktikum bei ihrem Chef und neuem Freund in der Firma TEMP angemeldet hat. Natürlich ganz ohne Laura vorher zu fragen. Immerhin findet Laura so heraus, daß jemand ihre Familie ausspioniert. Doch warum? Als Laura und Severin an einem normalen Wochentag einen Mann beobachten, der ihrem Lehrer Darius ähnlich sieht, werden sie neugierig und spionieren nun ihrerseits. Die zwei Welten scheint mehr zu verbinden, als sie bisher geahnt haben.

Während Band 1 vorwiegend in der magischen Welt spielte, ist es in diesem Band umgekehrt. Auch an den normalen Wochentagen gehen merkwürdige Dinge vor sich, in denen Laura und Severin eine Bedrohung für die magische Welt sehen. Dieses Ineinandergreifen der zwei Welten gefällt mir ausgesprochen gut. Man lernt die Charaktere immer besser kennen und sie zeigen Seiten, die man nicht an ihnen vermutet hätte. In diesem Band rücken Severin, Dr. Bernd Asshoff, Geschäftsführer von TEMP und neuer Freund von Lauras Mutter und auch deren jüngerer Bruder Elias mehr in den Vordergrund, so daß die Geschichte auch für Jungen immer interessanter wird. Dabei zieht ganz eindeutig das Tempo an und die Spannung steigt. Laura nutzt die Abwesenheit von Dr. A. um in dessen Büro ein wenig zu schnüffeln, wichtige Personen verschwinden, geheimnisvolle Übergaben finden statt und auch Lauras kleiner Bruder scheint eine besondere Begabung zu haben und ihre Mutter geheime Verstecke, während Haushaltsroboter Amy... ja, es passiert eine Menge. Es baut aber logisch aufeinander auf und greift in einander. Die Idee der Zeit als unbegreifliches und doch magisches Element gefällt mir ebenso gut, wie zwei Welten, in denen Laura als Trennungskind schon in der „normalen“ Welt lebt. Sie ist daher aber auch bereits gut darauf vorbereitet sich an verschiedene Realitäten anzupassen.
Auch wenn es ein Fantasyroman ist, spielt es noch zusätzlich ein wenig in der Zukunft. Es ist einfach alles ein bißchen futuristischer und technischer als bei uns, sofern man nicht mit Laura ihren Vater besucht, bei dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint, oder vielmehr, dessen Leben unserer eigenen Realität am ähnlichsten ist. Die futuristischen Elemente lassen einen jedoch grübeln, ob man wirklich jeden Fortschritt braucht, oder ob es nicht bisher auch ganz charmant ist. Ein schönes Gedankenspiel für die Leser. Und doch sind alle Realitäten bedroht, es wird immer ernster und es wird deutlich, dass sie nur gemeinsam, wenn überhaupt, aufhalten können, was da auf sie zukommt. Daher endet auch der zweite Band total spannend und ich fiebere Band 3 Anfang Mai 2019 entgegen.

Auch Band 2 hat wieder ein wunderschönes Cover, das diesmal jedoch dunkler ist, als bei Band 1. Die Blumenranken sind nun schwarzglänzend statt silbrig schimmernd. Ein echter Hingucker für weibliche Leser, den männlichen ist es allerdings peinlich. Denn auch dieser Band kam bei den jungen männlichen Mitlesern der Leserunde sehr gut an. Mit dem angenehmen Zeilenabstand und der relativ großen Schrift ist das Lesen sehr entspannt und man fliegt nur so durch die Zeilen. Ab 10 Jahren.

Ich kann diese neue Reihe von Marliese Arold, die bereits mit den „Magic Girls“ große Erfolge feierte, absolut empfehlen!

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Edel Books für diese Leserunde.

Samstag, 9. März 2019

Das Dorf in den roten Wäldern, der erste Fall für Gamache, Louise Penny, gelesen von Hans-Werner Meyer, Der Audio Verlag



Das Dorf in den roten Wäldern, der erste Fall für Gamache, Louise Penny, gelesen von Hans-Werner Meyer, Der Audio Verlag

Three Pines ist ein kleines Dorf in Québec, Kanada, tief versteckt in den Wäldern und so unbedeutend, daß es nicht in den Landkarten verzeichnet ist. Wer dort lebt genießt den Indian Summer, die Ruhe und die kleine verschworene Dorfgemeinschaft, in der jeder jeden kennt und das quasi schon seit immer. Man kennt sich, man schätzt sich und ist eigentlich auch tolerant, egal welche Muttersprache man eigentlich hat. Unvorstellbar, daß dort die 76 jährige pensionierte Dorfschullehrerin Jane Neal unter ungeklärten Umständen tot aufgefunden wurde. Kommissar Armand Gamache, Leiter der Mordkommission der Sûreté du Québec, der gerade auf dem Weg zur Thanksgiving Feier mit seiner Frau ist, geht daher erst einmal von einem Jagdunfall aus. Doch vor Ort stellt er fest, daß es auch in solch engen Gemeinschaften eine Menge Geheimnisse und Animositäten und mindestens ebenso viele Künstler und Bogenschützen gibt. Doch wenn es ein Jagdunfall war, wo ist dann der Pfeil, der Jane versehentlich traf und warum wurde der Unfall nicht gemeldet? Während er die Familienfeier absagen muss, nimmt die Dorfgemeinschaft ihn und sein Team erstaunlich selbstverständlich auf.

Armand Gamache ist 55, er ruht in sich selbst, ist seit 35 Jahren glücklich verheiratet, erzählt seiner Frau alles und hat kein Alkoholproblem und keine Profilneurose. Über jeden Toten staunt er noch immer, wie am ersten Tag, was wohl der Grund dafür sein dürfte, daß seine Karriere derzeit stagniert. Dennoch ist seine Aufklärungsquote unschlagbar, dank seines feinen Spürsinns und seiner Menschlichkeit. Diese lernen die Bewohner von Three Pines auch bald kennen. Die Dorfgemeinschaft ist ein bunt gewürfelter Haufen von echten Originalen, denen Hans-Werner Meyer jedem seine eigene Stimme leiht, egal ob dem tuntig-exaltierten Bistrobesitzern, der rauchig-whiskeygewohnten Dichterin Ruth oder dem verträumt-antriebslosen Erben Ben, als stimmlich auffälligste Beispiele. Wäre jeder Charakter so stimmlich ausgeprägt, wäre es wohl eher anstrengend, als ausdrucksstark, so bewundere ich ihn dafür, daß er bei den rauchigen Passagen von Dichterin Ruth nicht husten muss. Aber Hans-Werner Meyer, Jahrgang 1964 ist ein echter Profi. Wem der Name dieses bekannten Film- und Theaterschauspielers nichts sagt, kann ihn aktuell in der neuen Staffel von „Letzte Spur Berlin“ als besonnen Leiter der Vermisstenstelle freitags abends um 21.15h im ZDF bewundern. Während Gamache sehr bodenständig ist, sind es die meisten Dorfbewohner eher nicht, aber dennoch ebenfalls sympathisch, was einen interessanten Kontrast bildet. Nicht zuletzt ist dies wohl auch der Grund für den Erfolg dieser kanadischen Krimreihe in seiner Heimat, denn dieser Reihenauftakt hat schon einige Jahre auf dem Buckel, weshalb hier mit Herz und Köpfchen statt mit Technik und Handy ermittelt wird. Zum idyllischen Indian Summer in den kanadischen Wäldern inmitten von Künstlern und Bogenschützen passt es auch viel besser. Da dies die zweite kanadische Krimireihe ist, die ich lese (mehr kenne ich auch gar nicht), in der man im Québec Bogen schießt, drängt sich mir der Verdacht auf, daß auch dies typisch kanadisch ist, oder Autorin Louise Penny ist wie ich, ein großer Fan der kanadischen Altmeisterin Charlotte Macleod/Alissa Craig. Louise Penny wurde 1958 in Toronto geboren, arbeitete als Rundfunkjournalistin und Moderatorin. Ihr erster Gamache-Krimi wurde weltweit als Entdeckung gefeiert und seither erobern die Folgebände die Bestsellerlisten.

Louise Penny gibt ihren Charakteren viel Raum sich zu entwickeln, so daß man wirklich die Qual der Wahl hinsichtlich Motiv und Gelegenheit hat. Wie der Kommissar und die beste Freundin der Verstorbenen kommt man bei der großen Auswahl an möglichen Tätern ganz schön ins Grübeln. Ich habe das Original mal vor vielen Jahren mit Begeisterung gelesen, dennoch kam ich erst ganz am Ende wieder auf den Täter. Die Atmosphäre und die Sympathie für die bisweilen sehr exzentrischen Protagonisten, lenken beim Hören herrlich ab und führen auf die falsche Fährte. Die Kürzungen sind mir beim Hören gar nicht aufgefallen, so sensibel wurden sie vorgenommen. Neben der Eigenheiten der Dörfler, für deren Exzentrik Louise Penny viel Respekt zeigt, nimmt sie auch immer wieder kanadische Eigenheiten liebevoll aufs Korn. So leben in Three Pines durchaus kanadische Stars der Kunst- und Lyrikszene, doch ist diese weltmarkttechnisch relativ unbedeutend, so daß sie sich ein Leben in der Großstadt nicht leisten könnten.

Das Klappcover wird von wunderbaren kanadischen Herbstlandschaften geziert, die bestens die Stimmung des Krimis zu vermitteln vermögen. Trotz aller Idylle gelingt es der Autorin die Fantasie des Zuhörers beim Showdown zu überlisten und ihn das Gruseln zu lehren. Denn es ist gerade die Vorstellungskraft des Hörers, angeleitet von der Autorin, die mit den Möglichkeiten des Grauens im Dunkeln spielt, daß die Spannung ins kaum Erträgliche steigert. Beim Lesen würde man durch die Seiten flitzen, aber Hans-Werner Meyer lässt sich nicht hetzen, er kostet die Spannung voll aus. So entgeht einem Nichts, auch wenn zum Schluss alles genau aufgeklärt und keine Frage offen gelassen wird. Eine wirklich runde Sache! Ich hoffe sehr, daß die Reihe nun auch in Deutschland fortgesetzt wird. Für Freunde gepflegter Krimiunterhaltung, mit echten Originalen.

Ich bedanke mich sehr bei Der Audio Verlag, für diese wunderbare Wiederentdeckung.