Sonntag, 13. Mai 2018

Haremsblut, Kristina Herzog, Piper



Haremsblut, Kristina Herzog, Piper

Die blonde, sehr attraktive Malerin Vera ist mit ihrem erfolgreichen Freund Martin und einem befreundeten Paar im alljährlichen Marokko-Urlaub. Bei einem gemeinsamen Mädelsabend mit Freundin Doris, ist sie völlig hingerissen von dem charismatischen einheimischen Geschäftsmann mit den strahlend blauen Augen. Sie wechseln kein Wort, aber sie gibt ihm ihre Visitenkarte. Kurze Zeit später, zurück in Deutschland, erwischt sie Martin beim Seitensprung mit seiner Sekretärin. In der Post findet sie ein One-Way-Ticket nach Fés Marokko, ohne Absender. Völlig überstürzt, packt sie ihre Tasche und reist in den Orient, ohne jemanden zu verständigen.
Kurz vor seinem Versöhnungsurlaub an der Nordsee, mit Langzeitfreundin Susa, bearbeitet der abgebrochene Jurastudent Alexander Rosenbauer, nun bei der Berliner Kripo Vermisstenfälle. Dabei stößt er auf die Akte Vera Schwarze und beißt sich an dieser fest, er wird völlig fixiert auf diesen Fall und bucht sogar eigenmächtig, den Nordsee-Urlaub in einen zweiwöchigen Marokko-Trip um.
Kathleen Neubauer, seine alleinerziehende Kollegin, kämpft mit ihren eigenen Dämonen. Während sie gegen einen marokkanischen Familienclan ermittelt, der scheinbar unangreifbar ist, aber in jeder erdenklichen Art der organisierten Kriminalität mit drin zustecken scheint, erlebt sie einen persönlichen Schock: Nur zwei Monate nach der Scheidung verschickt ihr Ex Hochzeitseinladungen. Seine neue Geliebte ist schwanger und er springt.

Wie im ersten Band der zwei Ermittler „Abschiedskonzert“ fand ich Alex eigensinnige alte Nachbarin, die Hobbykirmiautorin Frau Wolf mein persönliches Highlight. Auch wenn sie nicht mit auf den Versöhnungsurlaub nach Marokko kommt, ist sie via Smartphone vor allem in den ungelegensten Momenten immer wieder mit dabei.
Auch Kathleen mit ihren privaten Sorgen, die manchmal unüberwindbar erscheinen, mag ich, diese Blondine hat Herz und ist beherzt. Anders als Vera Schwarze, deren Naivität gerade bei einer Leistungs- und Kampfsportlerin mich wirklich fassungslos machte. Na gut, als Malerin hat sie nicht wie ich jeden Tag mit dem Bösen auf der Welt zu tun, aber wer Kampfsport macht, wird schon von den Trainern vor bösen Buben gewarnt. Würde mir ein fremder Mann ein One-Way-Ticket schenken, ich würde es in die Mülltonne werfen oder umbuchen, aber sicher nicht in den Flieger steigen, ohne jemanden zu informieren. Ich würde auch die betreffende Person googlen, obwohl ich anders als Vera kein Smartphone besitzt und keinen Vblog betreibe.
Die dritte Blondine im Bund ist mir ebenfalls nicht ans Herz gewachsen. Alex Freundin Susa, die ihre Beziehung in arge Schieflage brachte, als sie das Bett mit dem gemeinsamen Freund Marco teilte, aber jeder macht ja ihrer Meinung nach mal einen kleinen Fehler. Sorry, aber diese Einstellung teile ich nicht und ihren Hang zur Verharmlosung der eigenen Fehler und Dramatisierung der Fehler des Partners, mag ich auch nicht. Dabei halte ich ihr zu Gute, daß sie bisweilen in einigen Situationen relativ gelassen reagiert, in denen ich echt sauer wäre, dafür bei Kleinigkeiten aber echt rumzickt.
Leider empfinde ich auch Alex in diesem Band als sehr übereifrig und naiv. Ohne groß nachzudenken, schenkt er Unbekannten sein Vertrauen, obwohl sämtliche Alarmglocken in seinem Kopf angehen sollten. Er bricht oft zu schlecht vorbereiteten Alleingängen auf und ist kurz davor eine diplomatische Krise herauf zubeschwören. Dennoch bleibt für ihn noch eine Restsympathie, auch wenn ich ihn nicht mehr ganz ernst nehmen kann.
Das orientalische Setting, der Überfluss des goldenen Käfigs, in welchem Vera sich wiederfindet, ohne den Ernst der Lage auf Anhieb zu begreifen (Hallo! Man nimmt ihr ihr Gepäck, ihr Handy, ihre Papiere und ihren PC weg und sie genießt die Pracht ihrer Umgebung, welche sie nicht verlassen kann?!), ist allerdings reizvoll. Auch der Einblick in das Leben eines Oberhauptes eines Clans der organisierten Kriminalität ist interessant. Hatte man es in Band 1 noch mit der Mafia zu tun, sind es nun international renommierte Waffenhändler und heimliche Menschenhändler, die im Focus stehen. Oft geht beides einher, vielleicht dreht es sich dann in Band 3 um kriminelle Rockerbanden. Der Schreibstil gefällt mir nach wie vor. Er ist klar und gut lesbar. Ich muß normalerweise Protagonisten nicht lieben, abstoßende Charaktere finde ich bisweilen durchaus reizvoll, aber vorliegend hat die Naivität der Hauptpersonen meine persönliche Schmerzgrenze überschritten. Es ist nicht, mein Unglaube an dem Setting, der verschleppten blonden Deutschen, das mich nicht in dieses Buch eintauchen lässt, aber ich denke, daß die Opfer durchaus subtiler in ihren goldenen Käfig hineinrutschen. Es geht unauffälliger, nach und nach. Die Autorin berichtet, durch die traumatisierenden Erlebnisse einer blonden Freundin zu diesem Krimi inspiriert worden zu sein, was die plastischen Schilderungen des Lebens im Harem verdeutlichen. Bisweilen kam auch durchaus Spannung auf. Allerdings nie ohne Kopfschütteln meinerseits, denn immerhin gehen die 3 Deutschen gegen einen Waffenhändler vor, der von Berufswegen bis an die Zähne bewaffnet ist und über ein Heer von Sicherheitskräften verfügt. Sie riskieren ihr Leben, für eine Frau, die sie nicht kennen und die sich selbst in ihre lebensgefährliche Lage gebracht hat. Soviel Heldenmut würde ich in meinem Urlaub nicht aufbringen.
Aufgrund der zeitweisen Spannung, dem orientalischen Setting und der unverwüstlichen Frau Wolf vergebe ich 3 von 5 Sternen.

Da ich Band 1 aber toll fand, würde ich einem dritten Band durchaus noch eine Chance geben.

Freitag, 11. Mai 2018

Mia (11) und der Jette Jammer, Susanne Fülscher, Carlsen Verlag



Mia (11) und der Jette Jammer, Susanne Fülscher, Carlsen Verlag

Dies ist nun schon der 11. Band der beliebten Mia-Reihe, die man chronologisch lesen sollte, aber nicht muß (ich bin bei Band 9 eingestiegen).
Mia (13) lebt mit ihren Eltern und 3 Geschwistern mitten in Hamburg, genau wie ihre geliebte Omi und ihre weltallerbesten Freundinnen: Jette, Alina und Leonie. Auch wenn Jette seufzt, daß ihr aktueller Schwarm Leo sie trotz des Tanzes auf Omi Olgas Feier nun nicht mehr wirklich beachtet, ist das Leben eigentlich super, denn die Sommerferien kommen unaufhaltsam näher. 4 Wochen gemeinsame Zeit mit ihren Freundinnen, was kann es Schöneres geben? Doch dann verkündet Jettes Mutter, daß sie nun auch endlich neu durchstarten will und die Gelegenheit gefunden hat. Sie kann in der Apotheke ihrer besten Freundin in Westerland (Sylt) mit einsteigen. Eine herrliche Insel und gemeinsam mit ihrer besten Freundin zu arbeiten, davon hat sie schon immer geträumt. Natürlich haben Mia, Jette, Alina und Leonie wenig Verständnis dafür, denn was wird aus ihrer Freundschaft? Schon beim Gedanken an die bevorstehende Trennung werden die Mädels ganz trübsinnig. Das Schlimmste ist, daß sie Jette in den Ferien noch nicht einmal besuchen dürfen, damit sie sich besser eingewöhnen kann. Doch da beißt Frau Joost bei den Mädels auf Granit!
Meine Tochter (10) fand das Buch supertruper und hat sich während des Lesens nicht nur sprachlich an Mia und ihre Freundinnen angepasst, sondern auch einige von Jettes Eigenheiten abgeschaut (mehr verrate ich aber nicht).
Der eigenmächtige Beschluß von Frau Joost nach Sylt zu gehen, um sich ihren persönlichen Lebenstraum zu verwirklichen, stieß bei uns beiden auf große Empörung. Immerhin hat Frau Joost eine Stelle in Hamburg, in der sie gut verdient, eine schöne Wohnung und ihr Ex-Mann, Jettes Vater lebt in unmittelbarer Nähe. Nicht die Not treibt sie aus Hamburg fort, sondern der Wunsch nach Selbstverwirklichung. Für uns ein ganz wichtiger Aspekt für der Entscheidungsfindung. Die Mädels haben auch gerade damit ein Problem, auch damit, daß Jette, die ja immerhin schon 13 Jahre alt ist, vor vollendete Tatsachen gestellt wird.
Auch wenn die bevorstehende Trennung von Jette das beherrschende Thema dieses Bandes ist, gibt es auch noch ein paar abwechslungsreiche Nebenschauplätze, wie die gesteigerte Kontaktaufnahme von „Streber-“Christie, Mias Banknachbarin und Freundin von Mias Bruder Lukas, die Mobbing-Probleme von Jettes älterer Halbschwester Toni und eine unerwartete Erbschaft von Omi Olga. Natürlich ist in Mias großer Familie immer etwas los, immerhin hat ja auch ihr Lehrervater gerade Ferien.
Das gefällt mir sehr gut an den Mia-Bänden, das Mia und ihre Freundinnen aus sehr verschiedenen Elternhäusern kommen. Mia lebt in einer intakten großen Familie, mit Lehrervater. Jettes Eltern verdienen sehr gut, sind aber getrennt. Leonie wächst mit vielen Hunden auf und Alina und Christie leben sehr bescheiden. Christie darf nun erstmals richtig verreisen. Denn Hamburg ist immerhin ein teures Pflaster. Kinder die vom Leben in den aufregenden Großstädten träumen, sollten dies nie vergessen.
So ist es auch mit anderen Träumen. Während Sylt ein Traum für Nordsee-Urlauber ist, ist es das auch, um dort immer zu leben? Meine Tochter und ich haben wirklich viel während des Lesens diskutiert. Auch wenn wir in diesem Band nicht so viel zu kichern hatten, wie in den Vorgängerbänden (gekichert wurde trotzdem, dafür garantieren schon Jettes Schwärmereien und ihr Glanzhaargeschmeiße), so hat er uns dennoch emotional wirklich beschäftigt. Interessant fand ich, daß ich mich sonst in Kinderbüchern bisweilen über die Kinder aufrege, diesmal hatte ich totales Verständnis für die Kinder und wenig für deren Erziehungsberechtigten. Ich wurde zur pädagogischen Rebellin, mal ein ganz neues Gefühl!
Es müssen nicht immer Einhörner, Magie oder wilde Abenteuer sein, die Kinder begeistern! Wir freuen uns jetzt schon auf den noch namenlosen 12. Band im Herbst, von dem wir nur wissen, das es schneien wird!

Wieder ein wirklich sehr empfehlenswerter Band einer tollen Reihe! 5 von 5 Sternen