Samstag, 9. September 2017

Der Heiratsplan (Lancroft Abby 1) Sophia Farago, gelesen von Nora Jokhosha



Der Heiratsplan  (Lancroft Abby 1) Sophia Farago, gelesen von Nora Jokhosha
England 1811. Der Viscount of Panswick und seine Frau hatten wenig übrig für das gesellschaftliche Leben in London. Daher hat der Viscount die Einführung in die Gesellschaft seiner zwei ältesten Töchter Frederica und Penelope immer wieder verschoben und sich stattdessen den Expeditionen seines Neffen Edward gewidmet, bis beide an einem von Edward von einer seiner Reisen mitgebrachten Fieber starben. Nach seinem Tod ist der jüngere Halbbruder von Lady Panswick der Vormund seiner Kinder. Da dieser keine Lust hat, sich mit dem Schicksal seiner Mündel zu befassen, schickt er seinen Verwalter um seiner Schwester zu offenbaren, daß sie nichts als Schulden geerbt haben und der Besitz und weitere Erbschaften bis zum 21. Geburtstag des nun 17 jährigen Stammhalters Nicolas unantastbar sind. Lady Panswick sieht nur einen Ausweg: eine schnelle Heirat mit einem reichen Erben, der vor Verliebtheit ihre Schulden bezahlt. Sie hält nur ihre jüngere Tochter Penelope, eine Tierfreundin, die nichts in die  Stadt zieht, um einen Mann so schnell dem Kopf zu verdrehen, daß er sämtliche Schulen übernimmt. Für die Einführung beider Töchter in die Gesellschaft reicht das Vermögen nicht mehr. Bis sich die designierte Anstandsdame, Cousine Agatha das Bein bricht und nun doch die hübsche und kluge Frederica als Agathas Schwester verkleidet als Chaperone Penelope in die Hauptstadt zur Season begleitet. Dort stellt sich heraus, daß die Versprechungen des Vermögensverwalters nicht zutreffen und ihre dortige Gastgeberin ihnen nicht die begehrten reichen Edelmänner vorstellen kann.
Anfangs dachte ich beim Hören immer unwillkürlich an Jane Austen. Gerade Frederica genannt Freddy erinnert ein wenig an Elisabeth Bennett und ihre Schwester Penelope an die herzensgute Jane. In London mischte sich dann auch noch vehement Oscar Wilde’s guter Freund Bunbury mit ins Geschehen ein (bildlich gesprochen). So wurde es für mich zwar anfangs etwas vorhersehbar, aber nicht langweilig. Die Geschichte ist kurzweilig und Nora Jokhosha liest wirklich mit angenehmer und ausdrucksvoller Stimme, keinesfalls monoton. Leider gab es bisweilen starke Lautstärkeschwankungen, bei denen ich nicht weiß, ob dies an audible oder an meinem Kindle Fire lag. Nicht sehr oft, aber solche Aussetzer sollte gar nicht vorkommen.
Anders als bei Jane Austen oder Oscar Wilde gibt es zwar ein Happy End, aber nicht alle Familienmitglieder sind zum Ende hin verheiratet. Nein, die Lancroft-Abby Reihe besteht aus 5 Bänden und jeder von ihnen widmet sich dem Glück eines anderen Familienmitgliedes. Fredericas Mr. Darcy der hier der wunderbare Earl of Derryhill  und hat den Schalk im Nacken. Seine Mutter ist eine schöne Witwe, der nach dem Tod ihres Gatten jedoch ein wenig langweilig ist und daher hocherfreut, als ihr Sohn sie bittet die Schwestern Barnett in die Gesellschaft einzuführen, nachdem die Versuche der Schwester des Verwalters des Vormundes ein Desaster waren. Gerade Lady Cassandra mit ihrem Weitblick und ihrem wachen Verstand ist eine wirkliche Bereicherung für die Geschichte. Auch wenn der glückliche Ausgang des Heiratsplans mich nicht wirklich verblüfft hat, kann man hier durchaus sagen: Der Weg ist das Ziel! Es hat einfach Spaß gemacht zuzuhören, auch ohne die legendären Bonmots eines Oscar Wilde.
Schade, daß es vorbei ist, aber es gibt ja noch 4 weitere Folgen. Auf Penelopes Glück bin ich natürlich besonders gespannt.
Gutgelaunte 4 von 5 Sternen für vergnügliche Hörstunden!

Donnerstag, 7. September 2017

Thabo – Detektiv & Gentleman – Der Rinder-Dieb, Kirsten Boie, Oetinger Verlag



Thabo – Detektiv & Gentleman – Der Rinder-Dieb, Kirsten Boie, Oetinger Verlag
Thabo und seine Freunde Emma Chapman, die Tochter der Eigentümerin von Lion’s Lodge und Sifiso ein Waisenjunge, der mit seiner Schwester Delighty auf seine jüngeren Geschwister aufpasst, haben inzwischen erfolgreich ihren zweiten Fall gelöst. Naja, Emma’s Großtante Agatha hat auch immer ihren Beitrag dazu geleistet. Agatha, die Thabo sein Handy finanziert, damit er ihr bei technischen Problemen helfen kann und mit der er alte Miss Marple Filme schaut, um sich als Ermittler zu schulen. Während Thabo auf einer 2 Stunden Safari mit seinem Onkel Vusi ist, ruft ihn Emma zurück zur Lodge. Dort sitzen auch schon Inspector Quinton Gwebu, Reverend Hlophe und Miss Agathas alter Freund Buyisiwe Fairplay Dlamini, ein reicher Transportunternehmer und ehemaliger Verehrer. Sie erfahren von einer Brandstiftung in den abgelegenen Bergen. Emma und Thabo sind sofort im Ermittlermodus, doch schon bald gibt es ein neues Rätsel zu lösen. PC Sipho Godbless wird vor ihren Augen als Rinderdieb verhaftet. Dabei mag PC Sipho Godbless nicht schlau sein, aber ein Rinderdieb? Auch diesen Fall müssen sie klären, bei ihrer Ermittlerehre, doch plötzlich verschwindet auch noch Tante Agatha und die Ereignisse überstürzen sich.
Dies ist ganz klar, Thabos spannendster und kniffeligster Fall! Thabo und seine Freunde sind einem in diesem Band schon richtig vertraut. Wer sich auf Lion’s Lodge und dem Königreich nicht auskennt, für den gibt es eine praktische Übersichtskarte im hinteren Einband, sowie ein Personenverzeichnis und ein Glossar der wichtigsten afrikanischen Wörter. Da ich bereits die zwei ersten Bände kenne, habe ich einiges schon wieder erkannt und meine Tochter, die die Hörbücher dazu kennt, hat dann meine Aussprache kritisiert. Zum laut Vorlesen sind die Thabo-Bände aufgrund der vielen afrikanischen Begriffe eher weniger geeignet, aber dafür gibt es ja die Hörbücher. Beim Lesen prägt man sich die Begriffe vor und ist erleichtert, daß man diese nicht Vorlesen muß oder auch noch lernen muß.
Thabos Sprache ist noch immer etwas antiquiert, was für einen afrikanischen Jungen, der ein Gentleman werden möchte sehr passend ist, aber einige sprachliche Eigenheiten, die ich beim ersten Band noch sehr sperrig fand und die mich immer wieder etwas aus der Geschichte rissen, sind nun deutlich reduziert und nur noch an sehr passenden Stellen eingesetzt. So spricht Thabo den Leser nicht mehr ständig mit „meine Damen und Herren“ an, geblieben sind aber seine Beschreibungen von Afrika, mit dem Zusatz, „das wird in ihren Ländern ja nicht anders sein“, was gerade in diesen Fällen dann gerade nicht der Fall ist und für einige Lacher sorgt. Aber auch die traurigen Seiten des südlichen Afrikas werden angesprochen, wie die hohe Sterblichkeit, die vielen Waisenkinder, die auf sich selbst gestellt sind, der Nahrungsmangel, die Probleme das Schulgeld zu zahlen. Selbstverständlichkeiten für Thabo, der dies so natürlich und so kindlich erzählt, daß auch die Zielgruppe dies verstehen und sich wundern kann (wie keine richtigen Matratzen? Nicht jeder hat eine Decke zum Schlafen, obwohl es nachts kalt wird? Es sind oft die Kleinigkeiten die so berühren, wie die Freude von Pilot über einen geschenkten alten Gummiball, den die Kinder hüten wie einen Schatz. Durch diese Elemente wird diese spannende Detektivgeschichte auch immer wieder lustig und die ernste Lage der Kinder in Afrika für europäische Leser besser begreiflich und besser verkraftbar. Denn bei aller Armut und Not, haben die Kinder Freude am Leben. Auch die Einblicke in diese völlig andere Kultur und Denkweise, durch die Augen des Jungen ohne Altersangabe (ein Gentleman spricht nicht über das Alter) finde ich sehr wertvoll.
Während ich Band 1 sehr mäßig spannend fand (meine Tochter schon, ich eher gar nicht), steigerte sich Band 2 deutlich, wobei ich das dortige Problem Afrikas, das den Verbrechen zu Grunde lag, für Kinder schon etwas schwierig finde. Band 3 finde ich den absoluten Glücksgriff. Durchgehend gehaltener Spannungsbogen mit einem sehr kniffeligen Fall, sehr geschickte Wortwahl beim Beschreiben erschütternder Probleme und gerade für Kenner der Geschichte richtig witzig! Bei den Fahrten mit Reverend Hlophe in seinem Morris Minor und Gottvertrauen statt Aufmerksamkeit mußte auch ich lachen. Hierbei muß ich betonen, daß meine Tochter noch nicht so abgebrüht ist wie ich, und es noch viel lustiger findet als ich. Naja, Thabos Überlegungen zu Schwarzbrennereien habe ich dann doch besser verstanden.
Ein wirklich toller Afrika-Krimi für Jungen und Mädchen ab 10 Jahren, der auch sicher viel zu einem besseren Verständnis für Menschen anderer Herkunft beiträgt, da es zeigt, wie anderes Menschen in anderen Ländern leben und dennoch glücklich sein können.
Dieser Krimi hat uns richtig gepackt, wirklich toll! 5 von 5 Sternen.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Oetinger Verlag für dieses wirklich wertvolle Rezensionsexemplar.