Montag, 3. April 2017

Digby #02 zu cool zum Sterben. Stefanie Tromly, Oetinger



Digby #02 zu cool zum Sterben. Stefanie Tromly, Oetinger
Ganz klar, Digby ist zu cool zum Sterben, denn eine andere Erklärung kann es dafür nicht geben, daß er auch am Ende von Band zwei noch lebt. Aber Digby ist auch schon was ganz besonderes und scheint auf einem eigenen Planeten zu leben.
Seite seine damals 4 jährige Schwester Sally vor 9 Jahren in der Nacht seines Geburtstags aus dem Elternhaus entführt wurde, ist bei ihm nichts mehr so wie es einmal war. Seither nagt die Ungewissheit an ihm. Was ist mit Sally damals passiert? Wo steckt sie? Lebt sie noch? Die Ermittlungen wurden geschlossen, die Eltern blieben die Hauptverdächtigen, die Familie zerbrach. Seine Mutter begann zu trinken und sein Vater zog weg und kapselte sich immer mehr ab.
Die nunmehr 17 jährige brave, strebsame Zoe war nach der Scheidung ihrer Eltern mit der Mutter von N.Y.C. in dieses Nest gezogen und wußte nicht, wie ihr geschah, als plötzlich Digby vor ihr stand und sich nicht abschütteln ließ und sie von einer lebensgefährlichen Situation in die nächste katapultierte. Doch dann war er weg und hat sich nicht mehr gemeldet.
Inzwischen läuft es gut für Zoe, sie hat mit dem Footballer Austin einen angesagten festen Freund und mit Allie und Charlotte zwei typische Teenie Freundinnen. Doch dann steht plötzlich Digby vor der Tür. Er hat neue Hinweise auf den Verbleib seiner Schwester. Auch wenn bisher Zoes Leben endlich normal zu sein schien, sorgt Digbys Auftauchen für neue Lebensfahr und das Gefühl wirklich zu leben!
Willkommen auf dem Planeten Digby! Es empfiehlt sich ganz dringend zuerst Band 1 zu lesen. Obwohl ich diesen vor rund einem Jahr verschlungen habe, brauchte ich anfangs ein paar Seiten, um all die schrägen Charaktere auf die Reihe zu kriegen. Wobei Digbys Freunde zwar schräg, aber dabei liebenswert sind. Egal ob es um den sensiblen nicht dopenden Quarterback Henry oder den genialen Überflieger Felix Fong geht, sie sind nicht die üblichen Chlichés. Neben Digby, der ein paar interessante Wesenszüge von Sherlock Holmes hat und Zoe, in deren Brust immer die brave Schülerin mit dem Schrei nach Leben und Liebe miteinander ringen, finde ich besonders die Schulkönigin Sloane einen interessanten Charakter. Sie ist abstoßend und fesselnd zugleich. Das Interessante an ihr, ist nicht der Prunk der Superreichen, sondern, daß es unter ihrer perfekten Fassade durchaus brodelt, daß sie ihren Kopf nicht nur zum Schminken oder Intrigen spinnen nutzt, auch wenn dies nicht immer offensichtlich ist. Aber der Reichtum der Familie von Sloane Bloom ist nichts im Vergleich zu den De Grootes, zu denen die Ermittlungen führen.
Gut hat mir auch gefallen, daß diesmal Zoes Mutter und Detective Cooper etwas zurücktreten und man endlich mehr über Digbys Mutter Valerie erfährt. Hierdurch wird sie im Gegensatz zu seinem Vater nicht nur menschlich, sondern auch sympathisch.
Diese High-School Geschichte passt in kein Schema. Klar, es geht um die Uni-Test, die Footballmanschaft, die Traumpaare der Schule und die Erwartungshaltung an diese. Doch ist es gleichzeitig wahnsinnig, rasant, kniffelig und actionreich und dennoch ist es kein Thriller. Denn Digby ist zwar unheimlich clever und stellt Zusammenhänge her, wo ich noch nicht einmal welche ahnen würde, doch ist er auch zutiefst verletzt und verunsichert, durch das Verschwinden seiner kleinen Schwester und die Verdächtigungen der ganzen Stadt gegen seine Familie. Aber in der Zeit seines Verschwindens ist er auch reifer geworden und das liegt wohl nicht nur daran, daß er sich vorzeitig für volljährig erklären lassen.
Digby ist wahnsinnig rasant und fesselnd. Er ist irgendwie anders und so fliegt man geradezu durch das Buch. Der skurril trockene Humor von Digby leistet dabei auch noch seinen eigenen Beitrag zum Gelingen.
Auch wenn ich sonst keine Zitate mag, weil sie mir zu viel spoilern (wenn ich die besten Passagen schon kenne, brauche ich das Buch ja nicht mehr zu lesen), gibt dieses Zitat einen guten Einblick in Digbys Welt: S.152 „Willkommen auf dem Dibgy-Planeten: wenn eine Situation schlimm ist, mach sie einfach noch schlimmer.“
Leider war für mich die Romantik zwischen Digby und Zoe eine etwas unnötige Wendung. Sie lenkt etwas von Digbys schräger Persönlichkeit ab und schenkt ihm mit Zoe etwas Normalität, die ihm nicht so ganz steht. Dafür gibt es Punktabzug. Ich finde die Reihe dennoch klasse und will und bedingt wissen, wie es weitergeht und ich fürchte, ich muß wieder ein ganzes Jahr warten, bis ist mehr weiß…
Eine wirklich tolle Reihe, für alle die jung im Herzen und im Kopf geblieben sind. Schräg, rasant, trocken-komisch und einfach anders! 4,5 Sterne.

Sonntag, 2. April 2017

Lil April – Eine Katastrophe jagt die nächste, Stephanie Gessner, Magellan



Lil April – Eine Katastrophe jagt die nächste, Stephanie Gessner, Magellan
Dies ist Band 2 der Lil April Reihe, dessen fröhlich oranges Cover. Die 13 jährige Lil April, die eigentlich Lilaia heißt und genau wie ihre 5 Geschwister nach griechischen Göttern benannt wurde (klar, ihr Vater ist ja schließlich Professor) lebt in München in einem für 6 Kinder und ein griechisches Au pair Mädchen viel zu kleinen Haus. Na ja, Papa ist derzeit in Oxford und sucht dort nach einem größeren Haus, denn er hat nun dort einen Lehrauftrag und ist ganz begeistert. Ganz anders als seine älteren Kinder. Lil hat sowie so das Gefühl alles hätte sich gegen sie verschworen. Ihr Freund Dennis hat ohne Vorwarnung mit ihr Schluß gemacht, sie hat den zweiten Platz bei einem Modezeichnungswettbewerb gewonnen, bei dem sie entgegen elterlichen Verbotes teilgenommen hat (er ist erst ab 14!) und hat nun einen 1-wöchigen Modeworkshop in Berlin gewonnen. Kaum hat sie das Geheimnis ihrer besten Freundin Helli anvertraut, weiß es auch ihr großer Bruder Pego (eigentlich Pegasos), der seit kurzem mit Helli zusammen ist und somit die ganze Schule! Na toll, wie soll sie es nun ihren Eltern schonend beibringen, wenn alle ihr gratulieren? Immerhin wird sie aufgrund dieses zweiten Platzes eingeladen die Illustratorin des Kitty Kuriers, der Schülerzeitung des Anne Frank Gymnasiums zu werden. Doch damit fangen die Probleme eigentlich an, damit und mit Pegos Bitte ihr bei den Grafitti-Schablonen für den Kunstunterricht zu helfen, damit er nicht sitzen bleibt. Auch wenn Pego im Moment echt schräg drauf ist, hilft sie sofort  und die Dinge nehmen ihren scheinbar aussichtslos katastrophalen Lauf.
Dies ist ein Buch für Mädchen (aber nicht nur, aber eben schon mehr als für Jungs) ab 11 Jahren. Sie sollten aber echt geübte Leser sein. Die Schrift ist klein, die Kapitel zum Teil sehr lang und statt Bildern gibt es Vignetten zu Beginn eines jeden Kapitels, deren Überschrift eigentlich der jeweils erste Satz ist. Die Vignetten sind in Stil von Lils kleinen Zeichnungen, die sie so gerne in ihren LLB-Skizzenbüchlein anvertraut.
Dies ist eine sehr schöne Geschichte wie sie das Leben spielen könnte. Die Katastrophen sind tatsächlich möglich, auch wenn die wenigsten Leserinnen so viele Geschwister haben dürften und wohl kein Umzug nach Oxford bevorstehen dürfte. Neben den Zielgruppen spezifischen Themen wie erste Liebe und beste Freundin, Solidarität und Verzeihen, geht es hier auch um den Geist von Anne Frank der Schulpatronin. Jeder der diese Schule besucht, muß sich nämlich in der 7. Klasse mit Anne Franks Tagebuch, von ihr liebevoll Kitty genannt, befassen. Bei ihren Überlegungen, ob sie bei der Schülerzeitung mitmachen möchte, stellt sich Lil nämlich die durchaus wichtige Frage, wer war Anne Frank und was symbolisiert sie auch noch heute? Ich hoffe, daß diese Geschichte viele Leserinnen dazu animiert, das wieder neuaufgelegte Tagebuch von Anne Frank zu lesen, aber vielleicht noch nicht unbedingt mit 11 Jahren.
Auch sehr passend finde ich Pegos Wunsch Boxer zu werden und die Schule zu schmeißen. Da erhält er erst einmal von seinen Eltern eine Lektion über die Schulpflicht in Deutschland. Ja, es ist durchaus sinnvoll, daß Schüler in die Schule gehen, auch wenn in der Pubertät einiges interessanter zu sein scheint. Doch Lil und ihre Geschwister halten zusammen und sind kreativ, auch wenn bei Lil das Smartphone bisweilen an der Hand angewachsen zu sein scheint. Schön, daß Helli Lil sanft auffordert, daß Handy auch mal unbeachtet zu lassen. Die Themen sind zeitgemäß und auch wenn es Professorenkinder mit merkwürdigen Namen sind, gehen sie Probleme nicht immer optimal an und benehmen sich bisweilen auch kindisch. Dennoch zeigt gerade Lil, wie wichtig es oft ist, erst nachzudenken bevor man handelt. Gerade die FB-Aufrufe zeigen, daß unbedachte vorschnelle Facebookaktion ungeahnte üble Folgen hat. Das ist besser von einem Buch vor Augen geführt zu bekommen, als von Eltern gepredigt zu bekommen oder eigene negative Erfahrungen zu machen.
Ein tolles Buch für geübte Leserinnen ab 11 Jahren. Wegen des tollen Covers durfte ich es meiner Tochter jedoch vorlesen. Dafür eignet es sich aufgrund der langen Kapitel und kleinen Schrift aber nicht wirklich. Es sollte wirklich selbst gelesen werden und es lohnt sich unbedingt mit Band 1 zu beginnen. Die vielen Geschwister ließen anfangs den Kopf schwirren und die Begriffe LLB für ihre Skizzenbücher und HALF-für ihre beste Freundin versteht man wohl auch deutlich besser, wenn man mit Band 1 beginnt. Da wäre ein Personenverzeichnis mit der Erläuterung der wichtigsten Lil-Vokabeln für Neueinsteiger echt hilfreich gewesen. Wegen dieser Schwäche ziehen wir einen Stern ab, obwohl uns die Geschichte sehr gut gefallen hat. Ich konnte aber an der Reaktion meiner bald 10 jährigen Tochter merken, daß sie sich anfangs über die gleichen Punkte irritiert war wie ich. Da hilft nur: mit Band 1 beginnen!
Eine echte Leseempfehlung mit 4 von 5 Sternen.