Sonntag, 2. April 2017

Drei Meter unter Null, Marina Heib, gelesen von Anna Thalbach, Random House Audio



Drei Meter unter Null, Marina Heib, gelesen von Anna Thalbach, Random House Audio
Sie wächst in den letzten Jahren der DDR auf, bei liebevollen Eltern, die ihre blühende Fantasie belächeln, bis sie immer mehr aneckt, weil sie einfach anders ist, als andere Kinder. Sie liebt den Spreewald, diese mystische Landschaft in dem alles möglich sein könnte. Segeln unterstreicht ihren Freiheitsdrang und ihre erste Heldin ist Pippi Langstrumpf, das stärkste und mutigste Mädchen der Welt. Allerdings kommt sie nicht gut mit ihrer indoktrinierten Kindergärtnerin und den übrigen Kindern zurecht. Immer wieder fällt sie durch gewalttätige Übergriffe auf. Als die Einweisung ins  Kinderheim droht, zieht die Familie nach Leipzig. Auch dort kann sie sich nicht gut einfügen. In der Schule wird sie ausgelacht, weil ihr Berufswunsch Pippi Langstrumpf ist, eine Buchheldin, die für den DDR-Geschmack zu aufmüpfig ist. Immer wieder versucht sie verzweifelt normal zu sein und doch bricht es immer wieder aus ihr heraus. Mit 34 hat sie es fast gelernt sich so weit anzupassen, daß sie nach eifrigen Studien der Informatik und der Fremdsprachen, ein erfolgreicher IT-Coach ist. Sie ist groß blond, gutaussehend, gebildet und erfolgreich. Dennoch wirft sie alles hin und beschließt aus ihrer Normalität auszubrechen und Mörderin zu werden, sich den Dämonen zu stellen, die sie immer wieder heimsuchen, ihr den Schlaf rauben und sie zu Gewalttätigkeiten treibt. Systematisch widmet sie sich der Vorbereitung ihres Rachefeldzuges. Wie ist sie so geworden und warum verspürt sie immer das Bedürfnis das Tier in sich herauszulassen?
Anna Thalbach liest unglaublich lebendig und eindringlich. Bisweilen etwas rotzig, respektlos, passend zur völlig unangepassten Ich-Erzählerin. Doch was stimmt mit ihr nicht? Warum tickt sie so? Wie kann jemand mit so viel Talent, liebevollen Eltern und gutem Aussehen, sich so gar nicht einfügen? Nach und nach legt Anna Thalbach die vielschichtige Gefühlswelt der Ich-Erzählerin frei, erklärt, wie sie wurde, was sie war, auch wenn sie sich niemals selbst fand.
Die Erzählweise springt durch die Zeit in ihrer Entwicklung. Stück für Stück wird ein bißchen ihrer zerstörten Seele frei gelegt. Doch was hat sie so zerstört, verstört? Dies könnte langweilig oder wirr werden. Doch Anna Thalbach läßt den Zuhörer nicht mit den Gedanken abschweifen, sie schaffte es, das Gehör und den Verstand ab dem ersten Satz zu fesseln. Auch wenn zu Beginn nicht wirklich viel passiert, ist man sofort gebannt. Man spürt, daß man in eine außergewöhnliche Seele blicken kann, ein Blick der erschreckend, abstoßend und doch faszinierend ist. Wie kann ein Mensch zu zerstört und gefühllos werden und das schon so früh? Darin liegt die Spannung dieses Thrillers, mehr als in den akribisch geplanten Morden, die doch von Emotionen getragen stets ein wenig aus dem Ruder geraten. Aber zuvor trainiert sie mit einem Profikiller Disziplin, Selbstüberwindung, Kampfkunst, Reflexe, Beobachtung. Sie wird zum Raubtier, daß Wölfe jagt. Doch je mehr sie zum Wolf wird, desto einsamer wird sie und irgendwann wird sie sich wünschen, wieder ein Mensch zu sein, doch es gibt kein Zurück mehr. Der 1. Mord wird sie verändern. Sie wird nie wieder die sein, die sie mal war. Doch wußte sie nie, wer sie ist. Mit eiskalt analytischem Verstand beobachtet sie ihre Umwelt. Ihre treffenden und gnadenlosen Beobachtungen der Welt der ach-so normalen sind treffend, bissig, witzig auf böse Art. Trotzdem sind diese Beschreibungen herrlich und lassen auch zwischen all diesen Morden lächeln.
Ein ungewöhnlicher fesselnder Thriller, ein Einblick in die Zerstörungskraft der Gewalt und Grausamkeit an Frauen und Kindern. Nichts für zarte Nerven, und dennoch kein sinnloser Blutrausch. Sie geht zielgerichtet vor, auf ihrem Racheplan gegen 4 Männer, deren Verbrechen sich erst am Ende dem Hörer offenbart haben, ebenso wie der entsetzliche Irrtum dem die Ich-Erzählerin unterlag. Bis zum Schluss fesselnd und voller Überraschungen. Perfekt für nächtliche Autofahrten, Anna Thalbach ist das beste Mittel gegen den gefährlichen Sekundenschlaf am Steuer.
Für Fans von Psychologisch perfiden Thrillern, die auch ohne Action auskommen. Betörend verstörende 5 von 5 Sternen.

Donnerstag, 30. März 2017

Mein Kräutergarten – wie er mir gefällt, Christine Weidenweber, Ulmer Verlag



Mein Kräutergarten – wie er mir gefällt, Christine Weidenweber, Ulmer Verlag
Eigentlich langweilen mich ja Sachbücher meistens, aber manchmal kann ich dann doch nicht wiederstehen und noch seltener, gefällt mir das Ergebnis ;)
Dieses Sachbuch ist für mich eine Mischung aus Gartenführer/Do-it-yourself-Ratgeber und Coffeetablebook.
Die Fotos und die Aufmachung sind so ansprechend, daß man es gar nicht lesen muß, es reicht schon alleine darin zu blättern und es sich anzuschauen und schon wirkt es anregend und wohltuend zugleich, wie ein guter Kräutertee.
Begonnen wird mit einer Übersicht, was denn alles machbar ist. Es werden 7 verschiedene Kräutergartenarten vorgestellt, damit auch der urbanste Leser weiß: es bedarf keines alten Bauernhauses, um Kräuter zu pflanzen. Kräutergärten sind kinderleicht und daher kann man sie auch mit Kindern anlegen. Es gibt als auch Tipps für Kräutergärten mit Kindern neben Balkongärten in der Stadt, Palettengärten auf der Terrasse oder die klassische Kräuterspirale. Erlaubt ist was gefällt und gerade passt, der Fantasie werden keine Grenzen gesetzt.
Es wird ein kurzer Überblick über die wichtigsten Kräuterarten wie Heilkräuter und Küchenkräuter vermittelt, wobei die fiesen Gartenunkräuter, die die man nie loswird, dann doch noch zu ihrem Recht kommen. Ja, auch Löwenzahn und Brennnesseln werden gewürdigt.
Anschließend wird ausführlich das richtige Säen, Pflanzen und Pflegen je nach Art der Pflanze erläutert. Ob dies besser über Stecklinge oder über Samen funktioniert, ob diese einjährig oder mehrjährig sind. Einige Kräuter gehen nämlich auch bei bester Pflege im Winter ein, da sie nur einjährige Kräuter sind. Aber welche sind es?
Im Anschließenden Teil zum Ernteglück gibt es Anregungen und Hilfen zur Ernte, Verarbeitung und Haltbarmachung. Einige Kräuter lassen sich besser trocknen, andere besser einfrieren und andere kommen auch gut als Eiswürfel im Getränk gut an. Hierbei weist die Autorin daraufhin, daß auch engverwandte Kräuter wie Oregano und Majoran anders in ihrer Verwendung und Haltbarmachung sind. Während das eine bereits zu Beginn dem Kochprozess bei gefügt werden kann, sollte das andere stets erst gegen Ende, kurz vor dem Servieren hinzugefügt werden. Doch welches war es noch? Wer sich das ebenso schlecht merken kann wie ich, wird froh sein schnell mal nachschlagen zu können. Dank des Lesebändchens kann man seine Lieblingsseiten auch immer stets griffbereit markieren (ich liebe Lesebändchen!).
Anschließend widmet sich das Buch den wichtigsten Kräutern noch mal ausführlicher, auf bis zu 4 Seiten mit wunderbaren Bildern, bei besonders beliebten Sorten wie z.B. Lavendel und Salbei. Hier wird eine Anleitung zur Zubereitung einer Lavendelseife oder eine Kamillenkompresse schön bebildert erteilt. Auch auf den Reiz des Anbaus von Wild- Zier- und Heilsorten wie beim Salbei wird nicht vergessen hinzuweisen. Den Rat habe ich natürlich sofort umgesetzt, aber leider wächst der Salbei noch nicht so schnell, als daß ich nun ein ansprechendes Bild anhängen könnte.
Zum Abschluß dieses umfangreichsten Teil des Buches wird dann noch mal tabellarisch ein Überblick über weitere wichtige Kräuter mit ihrer Verwendung, Verbreitung, Wachstumsanforderungen und Vermehrung gewährt. Leider verfügt dieser Überblick nicht über eine Darstellung der jeweiligen Kräuter. Mir sind einige davon völlig unbekannt und ich würde sie selbst dann nicht in meinem Garten erkennen, wenn ich mit der Nase darauf stoßen würde. Wer weiß welche Kräuterschätze mein alter wilder Garten noch so hergeben mag.
Zuletzt wird im Serviceteil noch auf mögliche Bezugsquellen auch für ungewöhnlichere Kräuter in Deutschland Österreich und in der Schweiz aufgezeigt, was wirklich sehr praktisch ist. Ich empfehle hierzu auch alte Klostergärten als naturnahe Bezugsquellen vor Ort.
Die Autorin Christine Weidenbauer überzeugt durch ein ganzheitliches Konzept. Mit viel Fachkenntnis (sie ist studierte Agrarwissenschaftlerin), kreativem Rat und Bildern die ein reiner Augenschmaus sind, ist dieses Werk schön abgerundet. Ihre jahrelange Erfahrung als Lektorin, Redakteurin und Autorin im Bereich Agrarwissenschaft und Gartenbau merkt man dem Buch an. Es ist wirklich stilistisch ansprechend und gut lesbar. Ich werde „meinen Kräutergarten“ dieses und die kommenden Jahre sicher noch oft in die Hand nehmen und ihm daher einen griffbereiten Platz im Bücherregal zwischen Küche und Garten einräumen.
Ein wirklich wunderschönes Werk, dem ich aber leider einen Stern abziehe, weil mir bei der großen Kräuterübersicht die grafische/fotografische Darstellung des jeweiligen Krautes fehlte und ich mir gerade bei Heilkräutern manchmal etwas mehr Tiefe bei der Verwendung und ihrem Heilnutzen gewünscht hätte.
Es ist aber dennoch wunderschön und auch meine Mutter, meine Schwägerin und meine Gartenfreundin haben es sich schon geschnappt, als sie es auf meinem Tisch sahen, weil es wirklich optisch schon auf den ersten Blick besticht!
Eine wirklich schöne Inspirationsquelle und Ratgeber, den ich gerne mit 4 von 5 Sternen weiterempfehle. In dieser Reihe ist übrigens auch ein Buch zum Thema „mein Obstgarten“ erschienen, daß mich nun auch brennend interessiert.