Montag, 5. Juli 2021

A.S. Tory und die verlorene Geschichte, S. Sagenroth, Jo Schuttwolf, audible

 

A.S. Tory und die verlorene Geschichte, S. Sagenroth, Jo Schuttwolf, audible

 

Der 16 jährige Sid (Siegfried Sagenroth) aus Hannover und die 20 jährige Chiara aus Italien haben in den letzten Ferien eine Menge erlebt und dabei immer wieder Hinweise per Mail von dem ebenso hochbetagten wie wohlhabenden A.S. Tory aus London erhalten. Als das Abenteuer vorbei war, blieb die Neugierde der Jugendlichen nach der Herkunft Torys. Wer war er eigentlich und warum nahm er so viel Anteil an ihnen und erwies sich als so großzügig? Kurz vor den Herbstferien meldet er sich per Mail zurück. Er schickt ihnen zwei Fotos aus dem Jahre 1938 und eine Anzeige zu einem 95. Geburtstag in Berlin. Wenn die zwei sich auf die Reise in Torys Vergangenheit begeben würden, würde Sid nicht nur mehr über ihn, sondern auch über sich selbst erfahren. Diese kryptische Info lässt die zwei nicht mehr los, natürlich begeben sich beide auf den Weg nach Venedig. Dort treffen sie den Vorsteher des alten jüdischen Ghettos, der sich tatsächlich an die Familie Turani erinnert, nach der sie fragen sollen. Interessiert lauschen die zwei seinen Schilderungen zum jüdischen Leben im Wandel der Zeiten in der Lagune. Allerdings erfahren sie auch, dass es die Familie nach Wien verschlagen hat, ihrem nächsten Etappenziel, ehe sich am Ende in Berlin die Puzzleteile zusammensetzen werden.

 

Der Einstieg ließ mich wundern, war ich mir doch sicher, dass meine Eltern mir eine solche Reise nie erlaubt hätten, schon gar nicht ohne diesen ominösen Mr. Tory wenigstens mal gesprochen zu haben. Das Geplänkel und die gelegentlichen Eifersüchteleien der beiden fand ich ganz amüsant. Die Orte und Themen ihrer rätselhaften Spurensuche waren wirklich aufschlussreich und gut gewählt. Sie zeigen ganz klar, wie Europa immer, zu allen Zeiten von Antisemitismus geprägt wurde, mal offener, mal verdeckter und nicht immer überall gleich stark, aber kein Ort war eigentlich für Juden eine sorglose Heimat. Oft wurde nach den schändlichsten Taten ein Deckmäntelchen über die Täter ausgebreitet und nach einer gewissen Weile, schien es, als hätten sie eine weiße Weste. Sid und Chiara sind ausgesprochen gründlich. Neben ihrer Neugierde verbindet sie die Liebe zur Musik und zum Abenteuer. Doch bisweilen tendieren sie zum Monologisieren. Das klingt dann weniger nach Jugendlichen, als nach meinem Mann, einem Lehrer ;) Da der Sprecher dieser Ich-Erzählung zwar lebendig spricht, aber einfach deutlich älter als ein Sechzehnjähriger klingt, hat diese Kombination in mir bisweilen eine gewisse Distanz beim Hören erzeugt, die es verhinderte, dass ich voll und ganz eintauchen konnte. Dabei finde ich die Thematik klasse. Zwei Jugendliche auf den Spuren der Vergangenheit, ziehen sie die Parallelen zu damals und heute und müssen leider erkennen, dass in den Köpfen einiger die Zeit still stehen geblieben ist. Die Fassade hat sich verändert, aber nicht die Boshaftigkeit dahinter. Neben ihrer Recherche finden die zwei die Zeit über Musik und das Leben zu quatschen und zu philosophieren. Sie nähern sich zart an, um sich in ihrer Unsicherheit wieder zu entfernen. Ihre ungewöhnliche Situation überrascht sie manchmal selbst. Doch letztendlich behält Tory recht, Sid erfährt etwas Wichtiges über sich selbst und seine Familie. Dennoch ist es auch für Chiara nicht weniger interessant, denn Tory übernimmt einen Großteil der Kosten ihrer Reise und an dieser aufregenden Reise wachsen sie beide. Während nun Chiara und Sid wissen, wer A.S. Tory wirklich ist, hat dieser an seinem Lebensende die Möglichkeit, sein Familienschicksal in Ehren zu halten und noch mal in Erinnerungen zu schwelgen und letzte Chancen zu nutzen. Das Band zwischen den Jugendlichen wird durch diese Erlebnisse noch fester geknüpft, ihre Verbindung enger, auch wenn einige ihr Altersunterschied erstaunt. Aber ist das Leben nicht viel zu kurz für solche Klischees? Eben!

 

Eine Geschichte über Toleranz, Wissbegierde, Freundschaft und Geschichte, die sich nie wieder wiederholen darf! Ab 12 Jahren.

 

Vielen lieben Dank an S. Sagenroth für mein Hörexemplar!

 

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