Dienstag, 9. Februar 2021

Fake News & Verschwörungstheorien – Wie man Gerüchten nicht auf den Leim geht, Gérald Bronner, Krassinsky, Jacoby Stuart

 

Fake News & Verschwörungstheorien – Wie man Gerüchten nicht auf den Leim geht, Gérald Bronner, Krassinsky, Jacoby Stuart

 

Teenager Leon wird am Familientisch von seinem Vater darauf angesprochen, dass er und die Mutter sich überlegt hätten, dass jetzt doch ein guter Zeitpunkt für eine Hepatitis B Impfung für ihn wäre. Leon rebelliert sofort! Er will doch kein MS bekommen, seine Eltern würden doch einfach alles unkritisch glauben, was sie in den Nachrichten sähen. Auch beim 11. September und allen anderen Anschlägen hätten sie die offiziellen Versionen einfach so hingenommen. Wütend stürmt er aus dem Haus und trifft gegenüber auf der anderen Straßenseite einen Typen, der ihm stets folgt und ihn mit der Stimme der Vernunft ganz schön reizt. Er stellt nämlich alles in Frage, hinterfragt es und weist auf die 150 Möglichkeiten der Manipulation und Irreführung unserer Meinungsbildung hin. Ganz logisch und dabei nahezu unerträglich konsequent und sachlich nimmt er Leons liebste Verschwörungstheorien und Informationsquellen auseinander. Er führt die Zusammenhänge auf, erklärt sie mathematisch und zwingend. Er zeigt, dass gerade dann, wenn wir uns am logischsten finden, wir am leichtesten zu verführen sind, weil wir auch nicht auf der Hut sind. Dabei werden ganz beliebte Themen der Verschwörungstheoretiker aufgegriffen. Da dieser Band aus dem Jahre 2019 stammt, sind Coronaleugner noch nicht aufgenommen, aber auch sie lassen sich mit der Stimme von Leons Vernunft entlarven.

 

Ganz erstaunlich finde ich, wie die komplexen Zusammenhänge mit so wenig Text und Raum, verblüffend nachvollziehbar dargelegt werden. Helden sind hier zwei Jugendliche, die natürlich die Welt in Frage stellen müssen, keine Fanatiker oder durchgeknallte Radikale. Einfach zwei Typen aus der Zielgruppe, die natürlich nicht einfach die Meinung ihrer Eltern übernehmen können.

 

 Dies ist ein Band der Comic-Bibliothek des Wissens, bei der der Jacoby Stuart Verlag Experten eines Wissensgebietes begabte Zeichner zur Seite stellt, um komplizierte Zusammenhänge gut verständlich in Form eines überschaubaren Comics zu vermitteln. Bei dem Titel musste ich natürlich sofort an Donald Trump denken, den Herren der Fake News. Die oft so offensichtlich sind, dass man sie eigentlich nicht ernst nehmen kann, da sie einfach so leicht zu durchschauen sind. Ich hatte irgendwie eine Verballhornung erwartet, aber das lag nicht an irreführenden Angaben des Verlages, sondern weil meine selektive Wahrnehmung mich bereits in die wahrscheinlichste Richtung führte und ich mir nichts anderes vorstellen konnte, trotz des unüberlesbaren „Comic-Bibliothek des Wissens“. Es wird hier tatsächlich Wissen vermittelt und es ist nicht einfach ein leichter Comic-Konsum, sondern es wird zum kritischen Hinterfragen aller Medien und der eigenen Informationsbeschaffung und Auswertung aufgerufen. Das ist wirklich anspruchsvoll und richtig interessant, selbst für Menschen, die nicht gerne lesen.

 

Gut, dieser Band hat nichts mit Donald Trump zu tun, dennoch ist es hoch aktuell. So werden zum Beispiel Impfgegner unter die Lupe genommen. Warum sind sie so vehement dagegen? Wie informieren sie sich und wie bilden sie ihre Meinung? Der bekannte französische Soziologe Gérard Bronner hat sich intensiv mit den Anschlägen am 11.9. und auf das Bataclan und folgende Attentate in Frankreich auseinander gesetzt. Wie kommt es dazu, wie erfolgte die Radikalisierung? Wie konnten sie verführt werden? Wie erreicht man die gewünschte Zielgruppe, der für Fanatismus Sensiblen? Seine Forschungsergebnisse hat er hier kurz zusammengefasst und mit geschickten Strichen und ausdrucksstarken Illustrationen von Krassinsky so unterstrichen, dass man auf relativ wenig Seiten, unwillkürlich auf Distanz zu diesen vermeintlich logischen Verführern geht. Denn Reife ist nicht eine Frage des Alters, sondern des Mutes sein eigenes Denken in Frage zu stellen. (inhaltliches Zitat, die genaue Stelle finde ich nicht mehr). Dabei finde ich die Wahl der Sachwissensvermittlung per Comic gerade für dieses Thema sehr geschickt, da sich Sinnestäuschung oft gerade bildlich sehr gut darstellen lassen. Wenn das Auge die Täuschung aufdeckt, ist das dahinterliegende Gehirn eher überzeugt, als von vielen Worten. Hier geht es nicht um erhobenen Zeigefinger, ums Lächerlichmachen, nein hier geht es ums Begreifen und das Ernstnehmen von Jugendlichen. So können sie die Auseinandersetzung mit Medien, Meinungsbildung und Informationsbeschaffung sicherlich deutlich besser akzeptieren, als mit vielen Worten!

 

Eine starke Verbindung die ich mir sehr gut auch im Einsatz im Religions-/Ethikunterricht vorstellen kann.

 

Das Vorwort sollte man besser erst lesen, wenn man mit dem Comic durch ist. Das Vorwort ist nicht nur recht lang, sondern auch sehr komplex und die Bereitschaft sich mit diesem Inhalt auseinander zu setzen, haben viele Jugendliche sicherlich eher hinterher, als vorher... Aber Achtung! Man sollte mit der Lektüre nicht erst warten, bis die Jugendlichen verführt sind. Denn zurecht weist die Stimme der Vernunft darauf hin, dass man mit einem Fanatiker oder Radikalisierten nicht mehr logisch argumentieren kann. Alles was man dann noch sagt, sieht er als Bestätigung seiner Überzeugungen. Daher bitte rechtzeitig lesen, Jugendliche und diejenigen, die mit ihnen regelmäßig zu tun haben.

 

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Verlag Jacoby Stuart für meinen Adventskalender Gewinn auf Instagram!

 

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