Dienstag, 4. September 2018

In 8 Tagen um die Welt, Rüdiger Bertram, Coppenrath



In 8 Tagen um die Welt, Rüdiger Bertram, Coppenrath

Zum Jules Verne Jubiläumsjahr hat Rüdiger Bertram eine moderne Fassung des Klassikers „In 80 Tagen um die Welt“ geschrieben: Tobi ist 12 Jahre alt. Seine Eltern sind mit ihm vom Land in die Stadt gezogen, weil sie sich von einer Stadtbäckerei ein besseres Einkommen versprachen. Früher war immer sein Opa für ihn da, wenn seine Eltern die ganze Zeit gearbeitet haben, doch ist der nicht mit in die Stadt gezogen. Dort sitzt Tobi entweder als Torwart in seinem Verein auf der Ersatzbank und in seinem Zimmer am PC. Im Tor steht immer Alexandra, die ist schön, beliebt, überall auf der Welt schon gewesen, weil ihr Vater Pilot und ihre Mutter Flugbegleiterin ist, besser in der Schule und natürlich im Tor. Sie ist sein Feindbild Nr. 1! Als er dann den entscheidenden Einsatz verpatzt brüllt er ihr vor versammelter Mannschaft an, daß es ihm doch egal sei, ob sie besser Tore halte oder mit den Flugmeilen ihres Vaters in 80 Tagen um die Welt reise! - In 8 Tagen um die Welt insistiert Alex und wird daraufhin die nächsten Tage bis zu den Ferien in der Schule nicht mehr gesehen. Die Ferien will Tobi vor dem PC verbringen, denn seine Eltern fahren nun doch nicht mit ihm weg, weil Opa im Krankenhaus liegt. So bekommen sie auch nicht mit, als Alex plötzlich vor der Tür steht, um Tobi als Zeugen für ihren Trip um die Welt abholt. Tobi hält es für einen Scherz, bis er zum ersten Mal in seinem Leben in einem Flieger sitzt.

Ja, nachdem 11. September 2001 haben sich die Sicherheitskontrollen an den Flughäfen der Welt verschärft, aber Kinder erregen viel weniger Misstrauen. Wer meint, es wäre unmöglich, doch leider ist das schon möglich. Ich war eher erstaunt, daß zwei 12-Jährige so lange von ihren Eltern komplett allein gelassen werden...
Jules Verne hat einen Abenteuerroman geschrieben, der so spannend und aufregend ist, daß er auch heute noch immer wieder verfilmt wird. Das Problem vor dem Rüdiger Bertram stand war, daß man mit dem Flugzeug deutlich schneller als in 8 Tagen die Welt umrunden kann. Wie soll man denn bei den Sicherheitskontrollen, ohne Indianer und Piraten denn ein spannendes Buch schreiben? Alex und Tobi erleben schon einiges auf ihrer Reise, auch ohne auf einer unbewohnten Insel oder dem Hudson River zu landen. Meine 11- Jährige Tochter fand es wirklich spannend. Sie war von der Beschreibung Hong Kongs beeindruckt, aber auch davon was Alex schon alles wußte, kannte und erlebt hatte, ganz im Gegenteil zu Tobi. Tobi, der einen Blog über sein Leben als Loser-Torwart betreibt und nun auf einmal ganz neue Eindrücke sammelt. Daher schreibt Rüdiger Bertram diese Reise etwas wie ein Tagebuch, es werden die Orte, das Datum und die verbleibende Zeit rückwärts gezählt, wie auch schon bei Phileas Fogg. Aber dies ist ja ein Roman für Jungen und Mädchen ab 10 Jahre, daher kann man sicher sein, daß die Helden nach erfolgter Reise nicht gleich heiraten werden. Dennoch muß natürlich die Spannung aufrecht erhalten werden. Piraten der Lüfte hat er sich dann doch nicht getraut zu nehmen, das wäre dann etwas zu übertrieben gewesen, aber tatsächlich treffen sie in Los Angeles auf dem Flughafen, schon einen Piratenkapitän der besonderen Art, auch wenn er meiner Tochter kein Begriff war (im Gegensatz zu vielen anderen Kindern). Diese Begegnung mit einem Promi, von dem bis zum Ende offen bleibt, ob er es wirklich war, ist wirklich lustig beschrieben und auch andere Situationen sind wirklich originell. So wird Tobi z.B. gebeten ein Geschenk mit nach Hong Kong zu nehmen. Auf diese Bitte reagierten meine Tochter und ich ungefähr wie die zwei Buchhelden, einer freundlich naiv, der andere abgeklärt. Wer von beiden Recht behielt, lässt sich am Ende erahnen, denn es zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Doch sind die Erlebnisse in einem Flugzeug nur begrenzt aufregend, weshalb der Autor einen Kunstkniff wählte, um die zwei ihr Transportmittel wechseln zu lassen, wie eben auch in der Vorlage. So ganz hat mich dieser Kunstkniff nicht überzeugt, meine Tochter aber schon. Anders als das Cover, hat ihr die Geschichte absolut gefallen. Ich hatte mir in Kenntnis der berühmten Vorlage dann mehr Abenteuer erhofft, aber gut, es ist die Reise von zwei Kindern, jenseits der Zeiten von Postkutschen. Ich persönlich fand das Buch nicht schlecht, ich habe es auch gerne mit meiner Tochter gelesen. Ich fürchte jedoch, daß meine Erwartungen zu hoch waren. Bislang fand ich Rüdiger Bertrams Bücher immer sehr witzig, selbst wenn er so tragische Erlebnisse wählt, wie die Flucht der deutschen Denker vor den Nazis in „Der Pfad“. O.k. Nicht sein lustigstes Buch, aber es hat mich sehr bewegt und es war sehr spannend und trotz der Tragik blitzte der Humor stets auf. Bisher fand ich alle Bücher die ich von ihm gelesen habe, super und so waren meine Erwartungen wohl etwas hoch, in Erwartung der modernen Adaptation. Meine Tochter war aber überhaupt nicht enttäuscht und sie ist immerhin die Zielgruppe, kennt auch sehr viele Bücher des Autors und liebt sie, kennt aber eben nicht die Vorlage (wir haben noch nicht einmal eine Verfilmung des Stoffes in unserer Stadtbücherei auftreiben können!) und sie fand das Buch wirklich gut und wollte immer weiterlesen. Gelernt haben wir beide übrigens auch noch auf dieser Reise einiges dazu, auch die Mutter.

Daher empfehlen wir „In 8 Tagen um die Welt“ gerne mit guten 4 von 5 Sternen weiter.

Samstag, 1. September 2018

Harald Schmidt on Air, Live-Mitschnitte und Sketche aus den 80er und 90er Jahren, Audiobuch



Harald Schmidt on Air, Live-Mitschnitte und Sketche aus den 80er und 90er Jahren, Audiobuch

Tja, wer die Bücher und Hörbücher auf unserem Blog sieht, könnte bisweilen denken, ich wäre noch sehr jung. Spätestens nun ist es klar, ich bin es nicht mehr! Denn ich hätte diese Live-Mitschnitte in den 80er und 90er Jahren im SWF/SWR hören können, nur daß ich kein Harald Schmidt Fan bin, sondern nur Fan von Harald Schmidt-Fans. Das Problem ist aber, Harald Schmidt hat sich in den Vorruhestand verabschiedet, und wer dann Harald Schmidt-Fans meiner Generation etwas schenken will, der findet oft nichts. Da mußte ich hier sofort zuschlagen, insbesondere da mein Mann und meine Freunde aus dem WDR-Sendegebiet kommen ;)

Ganz ehrlich, wer diese CD kauft, bekommt 100 % Harald Schmidt. Wer ihn also schon immer toll fand, der wird diese CD lieben, denn diese Aufnahmen sind natürlich nicht so bekannt, wie die auf VHS-Videokassette aufgenommenen Sketche mit Herbert Feuerstein oder der Harald Schmidt-Show, die man schon 30 mal abgespielt hat (ja, ich kenne solche Exemplare, die sich auch früher gerne mit, hast Du dann und dann das und das gesehen begrüßten). Nein, diese Aufnahmen, sind alt und doch für die meisten neu. Ich habe sie getestet und ich fand sie genauso wie immer, nicht hammermäßig, aber auch nicht störend. Aber ich bin nicht die Zielgruppe. Die Zielgruppe ist mit mir verheiratet und hätte mich glatt noch mal geheiratet, als ich ihm dieses Einfach-So-Zwischendurch-Hörbuch präsentierte (na gut, man sollte seinem Administrator ja auch von Zeit zu Zeit mal was gönnen). Als Ex-WDR-Mitarbeiter kannte er die Aufnahmen nicht. Er fand sie großartig und wollte sie unbedingt mehrmals hören. Sie hat nun einen Stammplatz im CD-Wechsler im Auto meines Mannes. (sofern ich sie mir nicht zu Rezensionszwecken anhören muß, aber wie gesagt, Harald Schmidt stört mich nicht, auch wenn ich mich nicht so wegschmeißen kann, wie mein Mann und meine übrigen Freunde). Die Aufnahmequalität ist übrigens sehr gut, trotz des Alters, das sie auf dem Buckel haben. Wirklich sehr klar und gut verständlich, kein Rauschen und kein Knarzen (bestätigt auch der ehemalige freie Mitarbeiter, der Führungen durch die WDR-Hörfunkstudios machte).
Die Themenauswahl ließ mich allerdings bisweilen dann schon schmunzeln, da sich an diesen auch oft der Zeitgeist manifestiert. Die Jugend kann mit dem Namen Marcel Reich-Ranicki wohl wenig anfangen, selbst die Literaturbegeisterten unter ihnen. So beobachtet und betrachtet Harald Schmidt die Parties seiner Zeit, denkt über die Deutsche Bank nach (die sich seither nicht unbedingt gebessert hat), die Bussi-Kultur, Prince, Timmy und Lassie.... Man sieht, ein gewisses Alter des Zuhörers ist für die Maximierung des Hörgenusses unumgänglich (aber angeblich streamen Jüngere Semester eh nur noch und geben sich mit so etwas wie einem Tonträger auch gar nicht mehr ab). Man erkennt die 80er und 90er sofort in Harald Schmidts Persiflagen wieder. Die Beobachtungen sind absolut treffend und auf dem Punkt (ja so war das halt damals), man kann schon ein wenig wehmütig werden, was für einen Harald Schmidt-Fan aber nicht passiert, dafür amüsiert er sich zu gut. Die meisten Überlegungen bringt Harald Schmidt sehr kurz und knapp an, eben auf den Punkt, so daß kein Track über 7.43 min geht, was ich persönlich sehr angenehm finde, da ich es bei der Hausarbeit gehört habe und dann immer gut pausieren kann, wenn ich den Raum verlasse und man auch beim Spülmaschineausräumen mehr als nur einer Persiflage folgen kann.

Ganz klar: Hervorragende Aufnahmequalität und für Harald Schmidt-Fans ein Muss, insbesondere die Jahrgänge von Mitte der 70er und älter werden viel wiedererkennen und richtig Spaß haben. Es gilt aber: man muß Harald Schmidt schon mögen. Gassenhauer und Klamauk sind hier nicht zu erwarten, denken ist erlaubt.

Für Harald Schmidt-Fans ein echtes Schmankerl, meint mein mir angetrauter Ehemann.