Montag, 8. Mai 2023

Das Schweigen in mir, Layla AlAmmar, gelesen von Katja Danowski, GoyaLiT, 1 MP3 ca. 9h

 

Das Schweigen in mir, Layla AlAmmar, gelesen von Katja Danowski, GoyaLiT, 1 MP3 ca. 9h

 

Sie ist „die Stimmlose“ eine junge Journalistin, die vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat Syrien floh. In Damaskus studierte sie englische Literatur und wählte daher das Land ihrer literarischen Vorbilder als Zufluchtsort, während es den Rest ihrer Familie nach Ägypten zog, in eine vertrautere Kultur. Die Traumata des Krieges und der Flucht haben sie in sich kehren lassen, ihre Stimme versagt den Dienst, sie kann sich nur noch schriftlich äußern und um sie herum hält man sie für stumm und taub. Doch sie bekommt alles mit, was in ihrer Nachbarschaft, in diesen sozial schwierigen Wohnblocks in einer Stadt mitten in England passiert. Wenn sie nicht gerade an einem neuen Artikel für eine Online-Zeitung schreibt, beobachtet sie ihre Nachbarn im Hof, auf der Straße und in ihren Wohnungen. Sie beschreibt deren Alltag, wie sie auch ihren Alltag in Damaskus und auf der Flucht beschreibt: detailliert, eindringlich und illusionslos. Sie nimmt nicht wirklich am Leben teil, sondern beobachtet nur. Die Stimmlose beobachtet nur von der Seitenlinie aus, glaubt aber alle bestens zu kennen. Zwischendurch setzt sie sich mit der Kritik ihrer Redakteurin auseinander, die sie in Frage stellt, ihre Erlebnisse, mit Emotionen und Tränen wünscht. Doch die Stimmlose hat ihre Emotionen in ihrem Inneren verschlossen, um sich zu schützen, analysiert lieber, bis ihr ihre neue Umgebung keine Wahl mehr lässt.

 

Eine sehr ungewöhnliche Geschichte, sehr eindringlich, auch wenn sie mehr auf Beobachtung und Analyse als auf Gefühlsausbrüche gründet. „Die Stimmlose“ erzählt vom Exil, der Flucht und der Heimat, schonungslos, aber ohne große Effekte. Es ist, als sähe sie ihr Leben in Slow-Motion an sich vorüberziehen. Stets um einen objektiven, analytischen Blick bemüht, fragt sich ihre Redakteurin, ob jemand, der all dies erlebt haben will, so rational, so emotionslos sein kann. Dabei hält sich „Die Stimmlose“ die ihren Namen nicht offenbaren will, noch zurück, eigentlich war es viel schlimmer, so schlimm, dass sie zu zerbrechen droht und ihre Stimme versagt. Doch ihre Gedanken sind nun endlich frei und wollen sich Gehör verschaffen. Eine Online-Zeitung bietet ihr ausreichend Anonymität und sie muss weder ihren Namen, noch ihr Gesicht preis geben. Wir erhalten einen Einblick in das Leben der intellektuellen Elite Syriens, vor dem Bürgerkrieg, wie es losging, nicht mehr aufzuhalten war und was Flucht eigentlich bedeutet. Wie schlimm muss es in einem Heimatland eigentlich sein, damit mal all das auf sich nimmt? Sie konfrontiert uns aber auch mit unseren eigenen Vorurteilen und dem Rassismus und Antiislamismus mit welchem sie und ihresgleichen in der vermeintlichen Sicherheit konfrontiert werden.

 

Ein Roman voller Beobachtungen und Gedanken, den man erst mal sacken lassen muss und der neben einer Flucht auch das Beziehungsgeflecht einer ganz normalen, durchwachsenen Nachbarschaft erzählt. Eine Nachbarschaft, die „Die Stimmlose“ immer mehr zu einem Teil von sich selbst macht. Auch wenn es zu Beginn keine Handlung zu geben scheint, merkt man bald, dass dies ein Irrtum ist.

 

Katja Danowski interpretiert dieses Schicksal, sowie das der Nachbarschaft dieser Exilantin nachdrücklich und nachdenklich. Es bleiben dadurch immer wieder einzelne Szenen im Gedächtnis haften und lassen es nicht los. Ihre scheinbare Emotionslosigkeit begreift man alsbald als Teil mehrerer tiefsitzenden Traumata, die „Die Stimmlose“ fest im Griff haben. Es scheint, als erzähle Layla AlAmmar ihre eigene Geschichte, doch stimmt dies nicht, sie wuchs in Sicherheit in Kuwait in der Heimat ihres Vaters auf und studierte kreatives Schreiben in Edinburgh, doch könnte solch ein Schicksal nicht jede treffen, ist es nicht eher Zufall, wem dieses Schicksal ereilt. Daher erzählt sie es exemplarisch, für all jene, die ihrem Schicksal keinen Ausdruck verleihen können...

 

Ein Hörbuch, das nachwirkt.

 

Ganz herzlichen Dank an GoyaLiT für mein Hörexemplar!

 

Hier findet Ihr eine Hörprobe:

https://www.jumboverlag.de/das-schweigen-in-mir/index.php?cNG=540d887c-f20c-11ea-948b-001c42406321&productId=3496

 

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Sonntag, 7. Mai 2023

Lotta hat heute keine Lust – Luisa Schauenberg, Illustrationen Susan Batori, Baumhaus Verlag

 

Lotta hat heute keine Lust – Luisa Schauenberg, Illustrationen Susan Batori, Baumhaus Verlag

 

Murmeltiermädchen Lotta liegt heute faul auf der Wiese und genießt den herrlichen Tag! Während sie da so die Ruhe genießt kommt ganz aufgeregt Erdmännchen Fred an und will sie hektisch zu einem Ausflug an den See antreiben. Aber Lotta will nicht, nicht heute, morgen o.k. aber nicht jetzt und so legt sich Fred einfach ganz entspannt neben sie und genießt die duftende Wiese, den herrlichen Tag und Lottas Gesellschaft. Die Freude währt aber nicht lange, denn schon kommt da nächste Tier angestürmt und das nächste. Aber Lotta ist nicht aus der Ruhe zu bringen und so füllt sich die kuschelige Liegewiese langsam aber sicher mit all ihren Freunden, die es zuerst ganz eilige hatten und so viele Pläne, sich dann aber nur zu gerne der Faulenzerei unter Freunden anschließen. Ob Lotta ahnt, was ihre Freunde eigentlich von ihr wollten?

 

Ganz besonders witzig fanden wir Moschusochsen Henri mit seinem langen Zottelfell und seinen lustigen Versprechern. Nicht das Bilderbuchkinder schon immer unbedingt Moschusochsen kennen, aber diesen hier werden sie sicher nicht vergessen, mit der prachtvollen Mähne und der kleinen liebenswerten Sprachmacke. Neben seiner majestätische Gestalt sehen alle anderen Tiere recht klein aus, aber ob groß ob klein, alle sind ganz herzlich willkommen und vergessen dabei ganz schnell, weshalb sie eigentlich alle in heller Aufregung waren, als sie auf der duftenden Wiese ankamen. Dabei lernen wir auch jede Menge Tiere kennen, die sich gut verstehen und gemeinsame Geheimnisse teilen und Pläne schmieden, aber pssst, es ist ja geheim! Es ist sehr schön, wer da alles mit wem gemeinsame Sache macht, alle gemeinsam, um eine Überraschung vorzubereiten und am Ende ist es Lotta, die alle überrascht!

Das Text-Bild-Verhältnis ist für Kita-Kinder ab 4 Jahren optimal. Schöne bunte Illustrationen mit freundlichen Tieren und liebevollen Details von Susan Batori unterstreichen noch mal die witzige Freundschaftsgeschichte von Luisa Schauenberg. Diese erzählt in gut verständlicher und ansprechender Sprache für Kinder, was eigentlich Freundschaft ist, kein Wettbewerb, sondern einfach das Gefühl, sich miteinander wohl zu fühlen. Jedes Tier hat, wie Kinder auch, so seine Macken und Eigenheiten, aber was soll's? Das Leben kann so schön und gemütlich sein. Die Sprache ist unaufdringlich und selbstverständlich, keine holprigen Reime, sondern einfach ein entspanntes Erzählen, von einem ganz besonderes schönen und faulen Tag. Ich finde die Illustrationen von Susan Batori einfach großartig, schon wie die Tiere gucken, wenn sie von Lotta nur ein entspanntes und unaufgeregtes „Morgen!“ hören und wie genüsslich sie miteinander kuscheln und das Sein genießen! Wenn dieses Buch nicht zu kuscheligen Buch-Lesestunden einlädt, dann weiß ich es aber auch nicht...

 

Mit echten Freunden kann man den Tag auch einfach genießen und einfach mal nichts tun und nichts sagen. Die Präsenz des anderen reicht eigentlich schon völlig aus, wer braucht da noch großes Programm und Gedöns? (ja, auch bei Kindergeburtstagen muss es nicht immer ein Mega-Event sein!). Wir sollten es alle viel öfter wie Lotta machen und den Moment genießen!

 

Ich bedanke mich ganz herzlich bei der Lesejury und der @Buchstabenbande für dieses süße und witzige Rezensionsexemplar!

 

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