Tief eingeschneit, der zweite Fall für Gamache, Louise Penny, gelesen von
Hans-Werner Meyer, gekürzte Lesung, 7 CDs, 9 h 40 min.
Weihnachten naht, in Three Pines, ebenso wie in Montreal, Québec. Rund ein
Jahr ist es her, seit die Unternehmerin Ceci den Poitiers in das alte Headley
Haus auf dem Hügel zog, in dem sich damals so schreckliche Szenen abgespielt
hatte. In all der Zeit hat die neue Bewohnerin keinen Weg in die Herzen ihrer
warmherzigen, offenen, neuen Nachbarn gefunden. Sie wirkt kalt und abweisend.
Ruth Sardo, die Dichterfürstin des Dorfes hat eine Lesung in der
Provinzhauptstadt und all ihre Freunde fahren natürlich hin. Dabei ahnen sie
nichts davon, dass sich fast vor ihren Augen ein tragischer Mord an einer
Obdachlosen abspielt. Ein Fall, der sofort zu den Akten gelegt würde, wäre
diese nicht zufällig Gamache in die Hände gefallen, der der Verstorbenen
zumindest ihre Würde in Form ihres Namens zurückgeben möchte. Doch viel Zeit bleibt
ihm hierfür nicht, denn er wird wieder nach Three Pines gerufen, als dort auch
ein unnatürlicher Todesfall für Entsetzen sorgt. Ceci de Poitiers erliegt beim
traditionellen Weihnachtscurling Turnier einem Stromschlag. Dank ihres
abstoßenden Charakters vermag niemand zu trauern, doch wer hatte ein Motiv und
die Gelegenheit?
Offiziell ist dies der zweite Fall für Gamache, aber das ist natürlich bei
so einem erfahrenen Ermittler Unsinn! Es ist schlicht und ergreifend der zweite
Fall, der ihn und sein Team in das ebenso beschauliche wie außergewöhnliche
Three Pines verschlägt. Denn mindestens ebenso wie der Polizei-Chef der Sureté
ist die recht eigenwillige Dorfgemeinschaft Hauptperson dieser Reihe. Die
Charaktere sind liebenswert verschroben, ohne dabei wie Abziehbilder oder
lächerlich zu wirken. Louise Penny schafft es, jedem ihrer Dorfbewohner ein
Herz und unantastbare Würde zu schenken, selbst der toten Obdachlosen, wenn
auch nicht der gierigen, selbstverliebten Ceci. Da es ein Charakterkrimi ist,
entwickelt er sich behutsam und gründlich. Jedes Detail zählt, es geht nicht um
Tempo, sondern um Persönlichkeit, die Spannung erzeugt. Auch wenn auf Klamauk
durch Skurrilität verzichtet wird, ist diese Reihe nicht ohne Humor. Es sind
die kleinen, feinen bissigen Pointen, die mich bisweilen zum Lachen brachten.
Es sind die Schicksale, in ihren Feinheiten und ihrer Ausarbeitung, die mein
Herz berührten. Ein klassischer Krimi, in einem Dorf, in dem die Zeit stehen
geblieben zu sein scheint, ebenso zeitlos ist auch dieser Fall mit seinen
Figuren. Klar, in dieser Gegend gibt auch das Klima das Tempo vor. Bei für uns
unvorstellbaren – 30 Grad Celsius verlangsamt sich das Leben automatisch. Doch
auch die idyllisch scheinenden weißen Schneemassen, können nicht über die Grausamkeit
der gewaltsamen Morde hinwegtäuschen, so grausam, wie auch diese weiße Pracht
sein kann. Dennoch gehören Wind und Wetter in die abgelegenen Wälder von Québec
und verleihen der Reihe weiteren unnachahmlichen Charme. Man muss gut und sehr
genau hinhören, um die Hinweise nicht zu verpassen. Ich hatte so meine
Vermutungen, aber irgendwie sprach immer etwas gegen meine Theorie... so dass
ich bis zum Ende mitgerätselt habe, gemeinsam mit den vergnüglichen
Dorfbewohnern, die wieder ihren Teil zur Aufklärung beitragen, dank ihrer
Beobachtungsgabe und ein paar zufälligen Begebenheiten und seltsamen
Angewohnheiten.
Diese winterlich-eisige Folge wird wieder von Hans-Werner Meyer (dem
Chefermittler der ZDF-Serie „Letzte Spur Berlin“) gelesen. Seine Stimme passt
sehr gut zu Armand Gamache, der in seinem Alter ist, besonnen und empathisch.
Seiner wohlklingenden, ausdrucksstarken Stimme höre ich gerne zu. Lebendig
spricht er die Charaktere, die er ausarbeitet, was ihm wirklich gut gelingt,
bis auf Claras Ehemann Peter, der zum Glück keine besonders große Rolle spielt.
Die schroff-schräge Dichterfürstin Ruth Sardo trifft er meines Erachtens aber
auf den Punkt!
Auch sehr gefällt mir, dass ein Film-Klassiker auf VHS-Kassette eine Rolle
spielt und klar wird, manchmal kann alte Technik sehr verräterisch sein.
Winterlich, nostalgisch, eigenwillig und manchmal gleichzeitig bissig-böse
und liebevoll zugleich. Ich liebe diese Mixtur einfach und könnte auch noch
länger zuhören. So hoffe ich einfach auf die Vertonung von Fall 3 ;)
Vielen lieben Dank an den DAV für dieses Hörexemplar einer meiner
Lieblingskrimireihen aus Kanada.
Hier könnt Ihr schon mal hineinhören: