Mittwoch, 1. Mai 2019

Permakultur – Dein Garten. Deine Revolution, Sigrid Drage, Löwenzahn Verlag



Permakultur – Dein Garten. Deine Revolution, Sigrid Drage, Löwenzahn Verlag

Permakultur, was ist das eigentlich? Es ist die Gestaltung eines essbaren Ökosystems, in welchem man das ganze Jahr ernten und selbstbestimmt leben kann (sofern es nicht den Nachbarn missfällt). Es werden die 12 Gestaltungsgrundsätze eines Permakulturgartens benannt und ausführlich erläutert. Der zweite dieser Grundstätze ist die Planung von 5 Zonen im Garten, in deren Zentrum Zone 0 „Soziales Zentrum“ (oft das Haus/die Wohnung) steht und sich in konzentrischen Kreisen Zone 1“Tägliche Wege“, Zone 2 „Gemüse weniger intensiv“ Zone 3 „Obst, Beeren und Nüsse, Zone 4 „Wiese, Weide Wald, und Fischteiche und letztendlich Zone 5 „Die Wildnis“ anschließen. Es ist übersichtlich graphisch dargestellt und erläutert, aber auch mit der Ermutigung, auf die klimatischen Verhältnisse und die Besonderheiten des Grundstückes zu achten. Diese Prinzipien sind sinnvoll, aber nicht in Stein gemeißelt. Wegen der Sonnen- und Schattenbedingungen wachsen unsere Beeren z.B. großteils in Zone 1, direkt am Haus und auch das Naschgemüse. Der Permakulturgarten bemüht sich um ein ökologisches Miteinander, weshalb man schauen sollte, ob man nicht auf vorhandene Ressourcen zurückgreifen kann, statt sofort eine Neuanschaffung zu tätigen. Das bedeutet auch, daß ermutigt wird, mit befreundeten Gärtnern zu teilen, zu tauschen und eventuell zu planen.
 
Dem Buch voran gestellt ist ein ausführliches Inhaltsverzeichnis, das sehr hilfreich bei der Orientierung ist, ebenso wie das Lesebändchen, das von mir aber noch Gesellschaft von zahlreichen Post-its bekommen hat, so viel Bemerkenswertes ist mir beim Durcharbeiten aufgefallen, was ich wohl immer wieder benötigen werde. Zwischen den Kapiteln sind immer wieder „Good to know“-Seiten, die wichtige Prinzipien noch mal genauer erläutern und das Gärtner- und Ökowissen bereichern.

Immer wieder gibt es auch Übersichten wie z.B. einen hervorragenden Gemüseanbauplaner in Tabellenform, welcher die Gemüsesorten je nach Arbeitsintensität nach Zonen eingeteilt. Innerhalb der Zonen wird dann die Gemüseart benannt, die Kulturdauer, Frostempfindlichkeit, Anzucht, Bodenansprüche, Nährstoffbedarf, Wasserbedarf, Standort (sonnig/halbschattig/schattig), Anbaulevel (leicht bis schwierig) und Hinweise, sowie die geeigneten Beettypen.

Es werden Funktionen und Aufgaben von Pflanzen(gruppen) im Permakulturgarten mit häufigen Vertretern aufgeführt, die so vielseitig sind wie Stickstoffelixier, Bodenauflockerer, Windschutz, Stärkelieferanten, Fettlieferanten, Luftbefeuchter, Hausmittel, Bodendecker und viele andere.

Ähnliches wird auch für Tätigkeiten einer Auswahl von Wildtier- und Nutztiergruppen im Permakulturgarten und dem Permakulturbauernhof tabellarisch dargestellt. Angefangen bei Regenwürmern, Kompostwürmern, Springschwänze, Pilze, Bakterien.... bis hin zu Schweinen und Pferden, die eher zum Bauernhof gehören. Es geht auch darum das Miteinander aller Lebensformen und ihrer Bedeutung in der Permakultur als lebendiges System darzustellen.

Es gibt noch zahlreiche solcher Übersichten, die einfach und schnell den Überblick verschaffen, über das, was im Text erläutert wird. Das ist sehr hilfreich, um Grundlagen zu schaffen und Basiswissen zu erarbeiten, aber auch zum immer wieder Nachschlagen für den täglichen Gebrauch. Ich empfinde es als sehr fundiert und praktisch. Ebenso wie ich die zahlreichen Farbfotos sehr ansprechend und inspirierend finde. Sie verdeutlichen zumeist sehr anschaulich den Theorieteil.


Abschließend wird die Übersichtlichkeit mit einem Glossar, Quellenangaben und weiterführenden Literarturtipps, Informationen zur Autorin und einem Register nach knapp 300 Seiten prallen Wissens und Ideen abgerundet. Die Autorin Sigrid Drage betreibt übrigens mit ihrem Partner und einigen Helfern den Bio-Bauernhof Sonnentor Frei-Hof und ist Mitwirkende der Permakultur-Akademie im Alpenraum (PIA). Zudem ist sie Gründungsmitglied des Vereins Una cum terra für Permakulturkreative in Wien und Umgabung mit Saatgut- & Jungpflanzen-Tauschfesten u.ä.

Dieses Buch ist ein echter Schatz, für alle, die planen ihren Garten nachhaltig zu bewirtschaften und zu einem Lebensraum für sich und seine Bewohner zu gestalten. Es ist sehr vielfältig in seiner Themenauswahl und sehr fundiert. Es ermöglicht durch seine Struktur und sein klar gegliedertes Inhaltsverzeichnis verschiedene Lesarten, je nachdem ob man viel Zeit hat, einfach nur Inspiration sucht oder von Grund auf in das Thema Permakultur einsteigen möchte. Für mich ist es eine große Fundgrube, in der ich immer wieder Neues entdecke, daß ich gerne durchblättere und zwischendurch einzelne Themen oder Bilder vertiefe und doch auch gleichzeitig durcharbeite. Ich nehme die Ideen auf, denke darüber nach und lasse sie sacken. Einiges, das ich zuvor ablehnte, greife ich später wieder auf, um es dann doch umzusetzen, wie z.B. den Miniteich für die Terrasse (oder den Balkon). Auch ziehe ich derzeit ganz viel Kapuzinerkresse für die Gesundheit der Obstbäume und zur Freude der Insekten vor.

Ich liebe dieses Buch und es wird in meinem Regal ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten, immer griffbereit, sprich 5 von 5 Sternen.

Dienstag, 30. April 2019

Ein Tropfen vom Glück, Antoine Laurain, ungekürzt gelesen von Steffen Groth, DAV



Ein Tropfen vom Glück, Antoine Laurain, ungekürzt gelesen von Steffen Groth, DAV

Im Jahre 2017 wird Hubert Arnodie von Dieben in seinem Keller, des altehrwürdigen bourgeoisen Mehrfamilienhauses in einem angesehenen Pariser Viertel eingesperrt. Er hatte gerade inmitten des Plunders, der sich seit der Erbauung durch seinen Vorfahren dort angesammelt hatte, eine alte Flasche Wein aus dem Jahre 1954 entdeckt. Der etwas schrullige Hubert befürchtet die Nacht dort verbringen zu müssen, als ausgerechnet der amerikanische Arbnb Tourist Bob ihn hört und die junge Restaurateurin Magalie und den ebenfalls jungen Barman Julien zu Hilfe holt. Erleichtert lädt Hubert seine Befreier zu sich auf ein Glas des alten Weines ein. Es wird trotz der Altersunterschiede und der ganz verschiedenen sozialen Hintergründe und Lebensabschnitte ein sehr netter und langer Abend. Als sie ihn für beendet erklären, stellen sie fest, daß sie im Paris des Jahres 1954 gelandet sind, dem Jahrgang des Weines und eines Jahres voller Ufo-Sichtungen. Julien erinnert sich, daß sein Großvater damals auch ein Ufo in der Weinregion-Beaujolais sah, ein Umstand der ihn für immer prägte. Er schrieb sogar ein verkanntes Buch darüber, da er einen Zusammenhang zwischen Ufo-Erscheinungen und Zeitreisen sah. Auf dem Weg zu diesem Ufo-Experten lernen sie sich, das damalige Paris und seine legendären Stars kennen, bis sie letztlich das Glück finden.

Dies ist eine leichte charmant-beschwingte Zeitreise in das Paris der 50er Jahre, in dem man unbefangen den ganz Großen ihrer Zunft wie Audrey Hepburn, Hubert de Givenchy, Jean Gabin, Edith Piaf und Francois Truffaut begegnen konnte. Mit Staunen und Genuss erleben die Vier das Pulsieren der Stadt und vor allem Hubert überwindet die inneren Grenzen seines Denkens, Bob findet Hilfe in einem Beichtstuhl und Julien überkommt endlich seine eigene Schüchternheit gegenüber Magalie, genannt Abby (aufgrund der frappierenden Ähnlichkeit zur liebenswert exzentrischen Forensikerin aus der amerikanischen Serie NCIS).

Das Klappcover ist sehr liebevoll gestaltet z.T. Mit alten schwarz-weiß Fotografien an der Seine und in Cafés. Es werden sofort Szenen aus alten Filmen der damaligen Zeit vor dem inneren Auge wach.

Es ist eine charmante Wohlfühlgeschichte, bei der mir besonders die unbefangenen Begegnungen mit den großen Legenden ihrer Zeit und das Eintauchen in die historischen Markthallen „Les Halles“ (heute liegt unter ihnen die größte Pariser Metrostation, die man unbedingt meiden sollte) gefallen haben. Leider hat dieser Charme es nicht geschafft mir das Herz zu wärmen und echte Emotionen hervor zu rufen. Das mag vielleicht an überzogenen Erwartungen liegen, aber meist bin ich auf diesem Gebiet recht flexibel. Ich denke aber, daß es vor allem am Sprecher Steffen Groth liegt. Steffen Groth ist ein sehr bekannter und viel gesehener Fernsehschauspieler Jahrgang 1974, gutaussehend und sympathisch, dessen Stimme mir in Kombination mit seiner Optik nie Probleme bereitet haben. Hier versucht er jedoch die verschiedenen Charaktere vor allem durch unterschiedliche Stimmen darzustellen, statt durch subtile Emotionen. Besonders bei Bob und Hubert klingt er mir zu gepresst und beide klingen für mich daher auf unterschiedliche Weise vertrottelt, der eine versnobt vertrottelt, der andere amerikanisch-klischeehaft vertrottelt. Das hat bei mir eine unerwünschte emotionale Barriere aufgebaut. Wenn man genau auf den Text achtet, ist Bob eigentlich liebenswert, wenn auch sehr klischeebehaftet amerikanisch. Aber sein viel zu breiter aufgesetzter Akzent ist mir bisweilen richtiggehend auf die Nerven gegangen. Julien und Magalie gefielen mit deutlich besser, ebenso wie die Promis mit ihren kurzen Gastauftritten. Auch an seiner Erzählstimme habe ich nichts auszusetzen. Aufgrund der großen Bedeutung der zwei Mithauptfiguren Bob und Hubert, ist diese Interpretation der sympathisch angelegten Figuren ein echtes Manko. Die Aufnahmequalität und auch die Balance sind absolut tadellos. Ich konnte Steffen Groth stets gut verstehen, ohne die Lautstärke zu variieren.

Diese Geschichte dreht sich auf locker-leicht französische Art um Savoir-Vivre, Lebensfreude,  Freundschaft und auch Liebe. Vier Gestrandete auf der unbewußten Suche nach dem Glück. Ich könnte es mir sehr gut als Film vorstellen, hier wird immer wieder „Die fabelhafte Welt der Amelie“ angesprochen, aber mir kam mehr „Zusammen ist man weniger allein“ von Anna Gavalda oder „Wenn wir zusammen sind“ von Marc Levy in den Sinn. Augenblicke voller Leichtigkeit und Lebensfreude und Freundschaft. Für diese beschwingte Erzählweise ist der Pariser Antoine Laurain inzwischen berühmt. Ihm gelang der Durchbruch mit „Liebe mit zwei Unbekannten“ und auch „Der Hut des Präsidenten“ war ein weltweiter Bestseller. Für mich eigentlich einer der Vertreter einer sehr willkommenen literarischen Gegenbewegung zu vielen französischen Autoren, bei denen die Liebe oft kein gutes Ende nimmt, ständige Dreiecksbeziehungen zu Drama und Depression pur führen. Stattdessen konzentriert er sich auf positives Lebensglück, welches ich zwar gehört, hier aber leider nicht gefühlt habe.

Daher kann ich dieser schönen Geschichte leider nur mittelmäßige 3 von 5 Sternen geben. 

Ich bedanke mich ganz herzlich beim DAV-Verlag für das Rezensionsexemplar dieses absoluten Wunschhörbuchs.