Dienstag, 24. April 2018

Die Finstersteins Teil 3 – Den letzten beißt das Krokodil, Kai Lüftner ungekürzte Autorenlesung DAV, Buch von Coppenrath illustriert von Fréderic Bertrand


Die Finstersteins Teil 3 – Den letzten beißt das Krokodil, Kai Lüftner ungekürzte
Autorenlesung DAV, Buch von Coppenrath illustriert von Fréderic Bertrand

Nachdem Fred die seit 400 Jahren verstorbene Familie von Finsterstein in ihrer Friedhofsgruft erweckt hat, sind sie dort nicht mehr sicher. Der Geheimbund „Die Erben“ rund um den 400 Jahre alten Prof. Dr. Rassmus de Habernuk machen Jagd auf den uralten Adelsclan, der ihnen schon immer ein Dorn im Auge war. Habernuk will ihnen das Geheimnis des ewigen Lebens entlocken, da er sein Ende nahen spürt, während
Doch Fred muss es erst einmal schaffen die Finsterstein Sprösslinge halbwegs unverdächtig durch den Schulalltag zu schleusen. Dabei stellt er fest, daß ja die Mobbereien von Aaron Bärbach und seinen „Orks“ ja nichts, im Vergleich zu seinen jetzigen Problemen waren. Die Zwillinge Julius und Anton von Finsterstein, kommen erstaunlich gut im Jetzt und hier zurecht, aber Sina, die Sensible, hat noch so ihre Schwierigkeiten mit den Veränderungen der letzten 400 Jahre. So hat Professor Habernuk auch leichtes Spiel mit Sina, als er bei einem Schulausflug im Wald auf sie trifft.  Diesmal steht ihm neben seinem alten Nerdfreund Franz, noch der neue Freund seiner Mutter, der Förster Ante und das Franzi, das Mädchen von der Montessori-Schule zur Seite.

Auch das Finale (sicher ???) der Reihe ist wieder richtig schön schräg und lustig, aber auch ganz schön spannend. Denn der verrückte Professor will hinter das Geheimnis der Unsterblichkeit kommen und dazu ist ihm jedes Mittel recht. Skrupellos wie er ist, bestimmt er schon eine würdige Nachfolgerin für sich, sollte er seinen Verfall nicht rechtzeitig stoppen können. Doch welche Interessen vertritt diese bislang Unbekannte? Sehr verzwickt und kniffelig spitzt sich das Finale zu, aber eben nicht ohne diesen herrlich schrägen Humor. Als Pädagoge vergisst es Kai Lüftner auch nicht schwierige Begriffe im Text zu erläutern. Klar, woher sollen sich auch die von Finstersteins mit modernen Fremdwörtern auskennen! Das ist sehr schön gelöst und macht das Buch auch für junge Leser ab 9 Jahren (4. Klasse) gut verständlich. Die Chatverläufe kann man bei der ungekürzten Lesung ebenfalls mitverfolgen, es war für uns aber wirklich sehr hilfreich, mindestens einen Band gelesen zu haben, um sich die Chats und Franz verrückte Spitznamen für Fred besser beim Hören vor Augen führen zu können. Allerdings sind Fred und Franz ja nun richtige Freunde und daher mehr gemeinsam unterwegs, bzw. ziemlich viel unterwegs auf der verzweifelten Suche nach Sina, so daß diesmal weniger gechattet und mehr geredet wird. Für das Hörverständnis ist das echt angenehm. Beim Buch sind die Chatverläufe eine tolle Unterbrechung längerer Textpassagen, wobei natürlich auch die Illustrationen des fast schon legendären Illustrators für gruselige Kinder- und Jugendliteratur Fréderic Bertrand (Scary Harry, House of Ghosts, wieder richtig klasse sind. Deswegen sind das Pappklappcover und die Tonträger auch mit mehreren Illustrationen verziert, damit auch die Hörer einen guten Eindruck von dem Leistenkrokodil Peppi, Fred und Sina bekommen.

Hier liest der Autor selbst und das macht er richtig klasse, aber das ist ja bei den vielen Jobs, die er schon alles ausgeübt hat, ja kein Wunder. Warum sollte er das nicht auch noch können? Als Pädagoge und Rausschmeißer hat er eine sehr angenehme Stimme, so daß auch in den brenzligsten Situationen, die Spannung für Kinder auf ein erträgliches Maß gemildert wird. Er spricht seine Figuren geheimnisvoll und lebendig, so daß man super folgen kann. Meine Große kann sich nicht entscheiden, ob sie nun das Hörbuch, oder doch das Buch besser findet, denn sie liest das Buch beim Hören mit, das ist ihre Lieblingsform des Lesens und bei dieser Reihe ergänzen sich Wort und Bild wirklich optimal. Na gut, der coole Gelbschnitt, im Stile alter Bücher (400 Jahre?) ist bei dem Hörbuch natürlich nicht möglich.

Im Nachwort versucht Kai Lüftner alle noch offenen Fragen zu beantworten, doch was ihm am besten gelingt, ist die Hoffnung auf eine eventuelle Fortsetzung durch die Schilderung eines mysteriösen Phänomens auf dem Friedhof.

Ich bin mir ziemlich sicher, daß wir nächstes Jahr in Berlin mal zum Müggelturm und dem Friedhof in Berlin-Köpenik pilgern werden. Ja, dieser Stadtteil wurde nun dank Kai Lüftner um weitere legendäre Größen neben dem Hauptmann, bereichert.

Wir bedanken uns ganz herzlich beim DAV und beim Coppenrath Verlag für diese hervorragende Lesemotivation!


Montag, 23. April 2018

Alles Easy – Patchwork für Anfänger, Anja Fröhlich, Ars Edition



Alles Easy – Patchwork für Anfänger, Anja Fröhlich, Ars Edition

Die zwölfjährige Isabell wird von allen nur Easy genannt. Als ihre Mutter sich von ihrem Vater getrennt hat, ist sie mit ihr von Köln nach Berlin gezogen, um neu anzufangen. Daher sieht Easy ihren Vater immer nur in den 6 Wochen Sommerferien. Diese Zeit mit ihm alleine genießt sie ganz bewußt, sie holen zusammen alles nach, was sie in einem Jahr verpasst haben. Dieses Jahr fliegt ihre Mutter mit ihrem neuen in die Karibik und hätte sie sogar mitgenommen, doch Easy würde für nichts auf der Welt auf ihre Easy-Papa-Zeit verzichten. Erstmals muss sie alleine mit dem Zug nach Köln fahren und ihre Mutter sucht ihr noch auf dem Bahnsteig eine merkwürdige alte Frau als Reisebegleitung aus. Zum Glück schläft die Matrone fast die ganze Fahrt über und Easy kann sich mit Jamie, einem Gleichaltrigen auf dem Weg zu seiner Mutter und deren Neuem, unterhalten. Jamie hat keinen Bock auf „eine neue Familie“ er will seine alte wieder. Easy ist froh, daß ihr so etwas nicht blüht, bis sie ihren Vater mit Jamies Mutter und dessen kleinen Bruder auf dem Bahnsteig sieht. Spontan verschwören sich die zwei Bahnreisenden, mit ungeahnten Folgen!

Ich habe dieses Buch mit meiner bald elfjährigen Tochter begonnen, kurz nachdem wir vom Berlinurlaub ins Rheinland zurückkehrten. Sie war so entsetzt von Easys Mutter, die ihr einfach eine so schreckliche Zugbegleiterin mit so merkwürdigen Auswahlkriterien zur Seite stellte, daß sie sofort ausstieg. Sie hat sich anscheinend sofort mit Easy gegen alle peinlichen Mütter der Welt verbündet. Die Zugfahrt fand ich dann noch ziemlich kurzweilig, mit den Erzählungen von Jamie und Easy über ihre Erlebnisse als Scheidungskindern. Dabei ist Jamie für einen Jungen erstaunlich offenherzig, auch zu Easys Erstaunen.

Gut, daß Jamie und Easy plötzlich Teil einer großen heilen Patchworkfamilie sein sollen, kann man ja schon dem Klappentext entnehmen. Nicht aber die psychologischen Kriegslisten, zu denen sie greifen, die sind schon ziemlich abgefahren, für dieses Alter. Auch mit der Knallererbsenprinzessin und Jamies geheimnisvollen Anrufer „Schwachkopf“ auf dessen geheimen Zweithandy bringen ungeahnte Wendungen und Situationskomik in den weiteren Verlauf hinein. Bei recht zwiespältigem Einstieg war ich dann aber doch ziemlich schnell gefesselt, weil ich es echt erstaunlich fand, was den zwei Verschwörern so eingefallen ist. Dabei zeigten sie auch, wie viel Macht eigentlich auch Kinder über Eltern haben und nicht nur umgekehrt. Doch sind Jamie und Easy nicht einfach fies. Sie machen sich unglaublich viele Gedanken und reifen selber durch ihre Aktionen sehr viel schneller, als sie es selbst mitbekommen. Dabei sind sie sowohl Gegner, als auch Team, denn jeder von ihnen beiden, ist seinem Gewissen verpflichtet. Erzählt wird die Geschichte aus Easys Sicht in Ich-Form, man kann mit ihr empfinden, wenn sie die Knutscherei zwischen ihrem Vater und Jamies Mutter eklig findet, genauso wie den Dessous-Einkauf zum Geburtstag (vielleicht sollten auch gerade mal Eltern vor dem Kennenlernen, der Kinder des neuen Partners dieses Buch mal lesen). Außerdem richtig klasse finde ich, daß Easy sich selbst und ihre und Jamies Aktionen und Intentionen hinterfragt. Auch wenn alles aus ihrer Sicht erzählt wird, so zweifelt sie doch rechtfertigt sich nicht nur. Das lässt sie wirklich innerlich wachsen und gibt der Geschichte die nötige Tiefe zur Situationskomik.

Autorin Anja Fröhlich ist selbst als Einzelkind von Lehrereltern aufgewachsen und lebt nun in Köln. Irgendwie habe ich mir auch Easys Vater als Lehrer vorgestellt, denn wer sonst hat 6 Wochen am Stück im Sommer frei und die Schulgespräche, die er mit ihr führt, das klingt schon nach Erfahrung. Easys Sommerabenteuer spielt in Köln und man kann einige Orte dort wunderbar wieder erkennen. Ortskundige mögen schmunzeln, gerade über den einen Karnevalstag im Sommer, denn immerhin ist es zum echten Straßenkarneval oft bitterkalt, aber auch für Nichtrheinländer ist die Geschichte toll.

Sehr gut gefällt mir das Ende des Buches, es ist ehrlich, authentisch und gar nicht kitschig! So empfehle ich dieses Buch, trotz der Kritik meiner Tochter sehr gerne wieder, denn es ist sowohl witzig, als auch überraschend und sehr einfühlsam – wirklich toll! 5 von 5 Sternen, da überstimme ich mein Kind, denn ich kenne das ganze Buch.