Montag, 9. Oktober 2017

Kinderbuchautoren mal ganz nah!



Kinderbuchautoren mal ganz nah!
Auch letztes Wochenende ging Käpt’n Book das Rheinische Lesefest wieder weiter. Für uns diesmal am Sonntag im Kunstmuseum der Stadt Bonn,  welches wir gerade wegen seiner Übersichtlichkeit sehr schätzen, da man hier den Autoren wirklich ziemlich nahe kommen kann und es sich nicht verläuft. Daher haben wir es hier auch geschafft Käpt’n Book (der Schauspieler Hanno Friedrich war auch dieses Jahr seiner Rolle treu, uff, wir sind froh über seine Kontinuität) hier endlich persönlich zu sehen, die Eröffnung in der Bundeskunsthalle war so riesig, da ist er uns glatt entwischt! Daher freuen wir uns, ihn Euch hier mit Bild zu präsentieren zu können.
Er sprach die einladenden Worte zu dem französischen Bilderbuch „Papa est connecté“ von dem belgischen Autor und Illustrator Philippe de Kemmeter, der in seinem Buch (das noch einen deutschen Verlag sucht) die Geschichte eines kleinen Pinguins erzählt, dessen Vater irgendwie im Internet wohnt, weil er nie Zeit für seine Familie hat, weil er ständig nur im Internet surft, statt sich des Lebens um sich herum bewußt zu sein. Doch als er in Not gerät sind seine 536 virtuellen Freunde nicht zur Stelle! Da die Vokabeln auch für Anfänger (ein paar Wochen) etwas ungewöhnlich sind (warum beginnt der Klett Verlag seine Schulbücher wohl nicht mit Geschichten aus der Antarktis), waren beide Kinder froh über die Übersetzung durch die anwesende Dolmetscherin, die anschließend auch noch „Au secours, Maman fait un régime“ (Hilfe, Mama macht Diät!) ein weiteres Abenteuer der gleichen Pinguin-Familie vorstellte. Zum Glück hat die Pinguin Mutter, die Diät aber beendet, denn nun werden sie bald zu viert sein. Anschließend durfte das Publikum der Entstehung eines Pinguinposters zu schauen.
Danach kam das Highlight für uns: Sabine Ludwig („Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft“) las aus „Wie Kater Konrad seinen Freund wiederfand und den Rattenkönig besiegte“. Wir kennen diese Reihe mit den langen Titeln ja nur als Lesung von Andreas Fröhlich und ich finde, Sabine Ludwig konnte durchaus mit dem legendären Sprecher (??? Bob Andrews) mithalten, aber sie konnte noch mit den wunderschönen Buchillustrationen auftrumpfen, die begleitend zur Lesung auf die große Leinwand projektiert wurden (die Bücher sind bei cbj erschienen, die oft Vorlesebücher mit besonders schönen farbigen Illustrationen ausstatten, da fällt uns die Entscheidung zwischen Hörbuch und Buch immer besonders schwer). Die Reihe ist wirklich toll und unser Begleitkind Paul (8 Jahre) der die Reihe noch nicht kennt, lauschte genauso gebannt und lachte an den passenden Stellen, wie Johanna und Franziska, die die Geschichte bald mitsprechen können. Leider haben wir im Anschluß erfahren, daß dies leider Kater Konrads, Hund Hubsi und Maus Marie Antoinettes letztes Abenteuer war. Umso mehr freuen wir uns, heute mit Sabine Ludwigs neuem Cornwall Krimi „Pandora und der phänomenale Mr. Philby“ beginnen zu können. In diesem Buch hat die Autorin die Vignetten übrigens selbst gezeichnet und das sieht richtig professionell aus! Bei der Signierrunde im Foyer hat sich Sabine Ludwig richtig Zeit für Gespräche genommen, das war richtig super, schon weil es dieses Wochenende auf der Buchmesse in Frankfurt wohl noch viel voller sein wird.
Maja Nielsen las dann für ältere Kinder aus ihrem Luther Buch „Abenteuer! Maja Nielsen erzählt: Martin Luther – Glaube versetzt Berge“ (Gerstenberger Verlag, bzw. Jumbo Verlag als Hörbuch) und nahm sich anschließend richtig viel Zeit für die Leser, bis sie selbst wieder zurück in den Saal ging, um anschließend, dem Kinderbuchpromi des Tages zu lauschen.
So schön der Rahmen für Lesungen im Kunstmuseum ist, Paul Maar brachte das Auditorium fast zum Platzen. Johanna, die bereits in Gerolstein bei einer Paul Maar Lesung war, stöhnte schon: Äh, das wird eh viel zu voll, da habe ich keine Lust drauf! Die Gaderobieren rieten mir erstmalig meine Jacken zusätzlich zum Rucksack abzugeben, aber ich Frostbeule wollte ja nicht hören…. War aber nicht schlimm, es war so voll, daß ich froh war, mich nach einer halben Stunde Stehens in dem überfüllten, überhitzten und sauerstoffentleerten Saal auf meine Jacke setzen zu können. Als echter Profi verschaffte sich Paul Maar auch über die Zuhörermassen (es war mind.  seine 3. Lesung innerhalb dieses Festivals und immer noch strömten die Leute herbei) Gehör. Ja, es ist wahr, er ist nun 80 Jahre, aber weiß genau was in seinem Sams so vorgeht und hat es für die Eltern, die das Sams vielleicht doch noch nicht kennen, wirklich toll vorstellt und Papa Taschenbier und das Sams noch schnell auf ein Plakat gezeichnet (schnief, es war der echte echte Papa Taschenbier, so wie wir ihn aus unseren Sams-Büchern kennen. Wir mögen zwar Nina Dullecks Illustrationen eigentlich, aber das Sams wurde ursprünglich vom Autor selbst illustriert und das gehört einfach zusammen, auch wenn er seine neuen Bücher nicht mehr selbst illustrieren mag, hätte man die alten Bände ruhig so lassen können, wie sie waren, dann auch nach 44 Jahren, haben die Illustrationen ihren Charme nicht verloren, finden wir). Die neuen Weihnachtsabenteuer des Sams und die Gedichte und Geschichte aus dem Paul Maar Geburtstagsbuch, waren dann aber doch so witzig, daß Johanna und ich, es nicht bereut haben, uns in das Auditorium gequetscht zu haben. Wir hatten es bequemer, als diejenigen von uns, die sich zu viert zwei Sitzplätze teilten und super Sicht hatten wir auch.
Uff, da haben wir wieder einiges erlebt und nun darf ich wieder selbst vorlesen (mit Unterstützung der Kinder natürlich) bis zum nächsten Wochenende auf der Frankfurter Buchmesse.

Henry Smart: Im Auftrag des Götterchefs, Frauke Scheunemann, Oetinger



Henry Smart: Im Auftrag des Götterchefs, Frauke Scheunemann, Oetinger
Der deutschstämmige 12 jährige Henry Smart hat Schulferien und bekommt von seinem verwitweten Vater eröffnet, daß sie die Sommerferien in Bayreuth verbringen, weil er während dort ein Engagement als Maskebildner bei den Wagner Festspielen hat. Henry ist völlig entgeistert und erwartet die langweiligsten Ferien seines Lebens. Die 3 alten Damen, die ihre Pension in Bayreuth betreiben, sind etwas merkwürdig aber nett, anders als deren Nichte Hilda, die in Henrys Alter ist. Die findet er eigentlich ziemlich zickig. Als Henry abends alleine eine Pizza bestellen will, ändert sich sein Leben schlagartig. Er löst den geheimen Notfall-Code des Götterchefs Wotan aus, dessen Sondereinsatzkommando stürmt die Pension, und Hilda, die eigentlich Wotans Tochter ist, muß die Wogen irgendwie glätten, ohne das Henry zu Schaden kommt. Der ist völlig verblüfft und zweifelt an seinem Verstand. Als er Nachforschungen anstellt, fliegt er natürlich auf und wird von Wotan als Agent gegen den bösen Zwergenkönig Alberich verpflichtet. Dieser versucht das Nibelungengold zu vereinigen, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Um das zu verhindern reisen Henry, Hilda, Siegfried (ja, DER Siegfried mit dem Drachen) und Tante Urd mit einigen Gadgets des genialsten Erfinders der Götterwelt nach London, um dort aus dem Tower das in den Kronjuwelen versteckte Nibelungengold zu sichern.
Meine 10 Jährige Tochter brummelte erst mal, als sie sah, daß das Buch frei von Illustrationen und sogar Vignetten ist. Das arme Kind bekam daher zwangsvorgelesen, aber schon nach 3 Kapiteln las sie freiwillig selbst mit und wollte unbedingt mehr! Denn die Geschichte ist herrlich schräg! Das Tempo so rasant, das man nicht mehr aufhören kann. Ich war sehr froh, daß die Kapitel so kurz sind, sonst hätte ich mir wohl die Zunge franselig lesen müssen. Die Kürze der Kapitel ist super, so werden auch Kinder die noch nicht so gut lesen können, von diesem doch schon recht dickem Buch, nicht so schnell entmutigt. Ein weiteres Plus ist: es gibt mehr Kapitel mit witzigen Untertiteln, auf die wir uns immer gefreut haben. Da wir in unmittelbarer Nähe zu Siegfrieds Drachenhöhle gewohnt haben, war für uns Siegfried als Held mit Hybris und wenig Hirn besonders witzig, wobei ich seinen verbalen Schlagabtausch mit Hilda auch immer urkomisch fand. Hilda (= Brunhild) ist nämlich ganz schön modern und lässt sich von den göttlichen Helden um sich herum kein X für ein U vormachen und gibt mächtig contra. Eine prima Identitätsfigur für Mädchen, wenn auch bisweilen etwas zickig, aber sind wir das nicht bisweilen alle mal?
Richtig klasse war auch die Erklärung der Zusammenhänge der verschiedenen Götterwelten, denn die Nibelungen bleiben nicht unter sich, bzw. alleine mit dem fiesen Alberich auf weiter Flur. Nein, nach und nach tauchen immer mehr Sagengestalten aus verschiedenen Kulturkreisen und Epochen auf. In einem Fall dachten wir uns: „Moment, die ist garantiert kein normaler Mensch, die muß auch einer Sage entsprungen sein!“ Tatsächlich, dem war auch so, aber alles Rätseln hat uns nicht weitergebracht (nein, es war nicht die Loreley!), obwohl die Anzeichen im Nachhinein schon recht deutlich waren (hüstel, schäm). Es ist einfach richtig witzig, wie die traditionellen Geschichten einmal durcheinander gewirbelt und auf den Kopf gestellt werden, nachdem zuvor die heute Kindern unbekannteren Geschichten gut zusammengefasst wurden. So entpuppt sich hier der böse Bruder des legendären Richard Löwenherz als gar nicht so grausam und der Rächer der Armen und Entrechteten als gar nicht so tugendhaft. Das Ganze ist dann noch eine actiongeladene Agentengeschichte, die so haarsträubend und schräg ist, daß man sie nur lieben kann! Am Ende wird dieses Abenteuer abgeschlossen und Henry kehrt wohl ohne weitere Komplikationen in die Staaten zurück, aber „einmal Agent, immer Agent!“, wird er schon bald für seinen zweiten Einsatz rekrutiert werden. Leider müssen wir uns bis zum zweiten Band noch etwas gedulden, denn es ist aktuell das neue Lieblingsbuch meiner Tochter Johanna (10 Jahre).
Da kann ich nur einstimmig mit ihr 5 Sterne geben, denn wir fanden es beide super!