Sonntag, 8. Mai 2022

Einsame Entscheidung – Lost in Fuseta (5), Gil Ribeiro, gelesen von Andreas Pietschmann, Argon Verlag 1 MP3, ca. 7 h 30 min. Lesefassung

 

Einsame Entscheidung – Lost in Fuseta (5), Gil Ribeiro, gelesen von Andreas Pietschmann, Argon Verlag 1 MP3, ca. 7 h 30 min. Lesefassung

 

Durch einen anonymen Anruf wird die Polizei zu einem Ferienhaus an der Algarve gerufen. Ein nackter englischer Tourist, dessen portugiesische Begleiterin Antonia Santos geflohen ist, scheint für die Kripo ein klarer Fall zu sein. Doch Leander Lost mit seinem fotografischen Gedächtnis und seiner zwingenden Logik des Asperger Autismus beißt sich fest. Die Schuhe des Mannes fehlen und das passt nicht zu der einfachen Erklärung, da muss mehr dahinter stecken. Doch kaum haben sie die Flüchtige gefasst, soll diese als Serienmörderin nach England überführt werden. Die bislang abgebrühte Antonia wirkt nun doch beunruhigt. Als es bei der geplanten Übergabe am Flughafen an die britischen Kollegen zu Formfehlern kommt, wird Leander noch misstrauischer und trifft die einsame Entscheidung mit der Verdächtigen zu fliehen. Niemand soll wissen, wo sie sich aufhalten, denn Antonia und Leander sind überzeugt, dass es bei der Kripo einen Maulwurf gibt und Leander will seine Kollegen nicht in Schwierigkeiten bringen. Es ist klar, dass übermächtige Strippenzieher Antonia lieber heute als morgen tot sehen wollen. Die Flüchtigen suchen nach einem verschwunden USB-Stick, während Graciana, Carlos und Isadora versuchen wie ein Asperger zu denken, um ihnen zu helfen.

Ich liebe ja diese Reihe, über den zwanghaft logischen und doch so liebenswerten Ex-Austausch-Kommissar Leander Lost, den es von Hamburg, wo ihn niemand verstand, an die Algarve verschlug. Dort hat er in Soraia, der jüngeren Schwester seiner Chefin Graciana, die Liebe gefunden, denn die Sozialpädagogin hat erkannt, dass seine Besonderheiten nicht einfach deutsch sind... Inzwischen nennen ihn seine Kollegen mal den Allemao oder Signor Lexiko... aber mit Respekt und liebevoll. Er ist nicht mehr wegzudenken aus ihrem Team, auch wenn er die Ermittlungen grundsätzlich immer anders angeht als sie und nie nach seinem Bauchgefühl handelt. Nein, seine einsame Entscheidung, ist rein logisch begründet. Jemand der mit Socken verreist, nimmt auch Schuhe mit und somit kann es kein einfacher Fall sein, hier wird etwas vertuscht! Tatsächlich findet hier im Südwesten der EU mal wieder eine riesige Sauerei statt, die EU und der Brexit mittendrin. Mächtige und skurpelose Gegner die für ihre Ziele über Leichen gehen und der außergewöhnliche Polizist, der feststellt, dass man manchmal gegen die Gesetze verstoßen muss, um das Richtige zu tun. Das Richtige, ist das einzig Logische! Doch gelingt es Leander und Antonia ganz alleine die auf sie angesetzten Killer abzuschütteln? In seiner erbarmungslosen Logik übersieht Leander, dass das Team nicht immer logisch denkt, sondern auch aus dem Bauch heraus. So ist dieser Fall für Leander gar nicht so einsam, denn sein Team versucht ihn zu finden, indem es so denkt wie er. Ist das für Normalos eigentlich möglich? Sehr schön finde ich, dass mal wieder alle liebgewonnen Figuren auftauchen. Die einst so verwahrloste und die Menschheit hassende Waise Sarah macht inzwischen Abitur und steht vor einem Roadtrip durch Europa, der eitle Miguel Duarte träumt inzwischen von der Verfilmung seiner Erfolge als spanischer Kommissar in Portugal, Kriminaltechnikerin Isadora liebt weiterhin Westernfilme und nicht immer ganz legale Nerdkniffe, während Carlos unerschütterlich und hungrig wie eh und je ist, geht Graciana völlig in der Liebe und Zuneigung ihrer warmherzigen Familie auf, wenn sie nicht gerade mit Leander die Welt rettet oder die Köstlichkeiten ihrer Mutter genießt... alle sind sie da und geben dieser Reihe, um den Kommissar mit Asperger Syndrom erst die volle Wärme. Ich mag diese Kombination aus diesen eigenwilligen Charakteren und top akuellen Verbrechen mit europäisch-globalen Bezug. Ja, das Böse macht auch nicht vor den abgelegensten, idyllischen Orten der Welt halt... Ach ja, mit einem Team hochbezahlter Killer auf den Fersen, die keine Skrupel kennen, ist es natürlich auch spannendend, aber auch witzig, wenn man die Eigenheiten des Teams so liebt wie ich.

 

Andreas Pietschmann bleibt Leander Lost glücklicherweise treu, denn er ist für mich die Stimme dieses rein rationalen Ermittlers, der von seinen Kollegen mindestens so viel Menschlichkeit lernt, wie diese von ihm. Lebendig und mit Sinn für die komischen Besonderheiten des Teams erzählt er mal lakonisch, mal trocken, mal ganz liebevoll von den Abenteuern des Leander Lost, der inzwischen kein Ermittler von trauriger Gestalt, sondern allenfalls eigenwilligen Stylings ist. Daher kann ich ihm glatt, zweimal hintereinander zuhören, denn warum aufhören, nur weil der Fall gelöst ist?

 

Vielen lieben Dank an den Argon Verlag für mein ersehntes Hörbuch!

 

Hier findet Ihr eine Hörprobe:

https://www.argon-verlag.de/hoerbuch/ribeiro-einsame-entscheidung-2005518/

 

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Freitag, 6. Mai 2022

Fabula – Das Portal der dreizehn Reiche, Akram El-Bahay, Baumhaus Verlag

 

Fabula – Das Portal der dreizehn Reiche, Akram El-Bahay, Baumhaus Verlag

 

Will und Charlotte sind ungleiche Zwillinge, nicht nur vom Aussehen her. Die strahlende Charlotte kann alles und macht alles richtig, während ihr Zwillingsbruder immer wieder Ärger bekommt und versucht, sich aus brenzligen Situationen herauszuschwindeln. Irgendeine abenteuerliche Geschichte fällt ihm immer als Ausrede ein! Doch auch wenn sie nicht immer einer Meinung sind und auch ganz schön sticheln, verstehen sie sich bisweilen blind. Als Will aber nach einem Ausflug in den Central Park von einer silbrigen Elfe unter einem seltsamen Baum erzählt, tut Charlotte es als Spinnerei ab. Bis sie nach Hause kommen und ihre Mutter verschwunden ist. Stattdessen erwartet sie dort eine Furie und durchwühlt alles! Nur knapp können sie entkommen und in den Central Park fliehen, geretten von einer Elfe. Der riesige Baum mit seinem silbrigen Schatten dort, erweist sich als Portal in eine Welt voller Fabelwesen. Obwohl sie völlig überfordert sind, wird ihnen schnell klar, dass sie hier nach ihrer Mutter suchen müssen und sie sicherlich nicht zufällig dort gelandet sind. Sie sind dazu bestimmt sowohl ihre Welt, als auch diese, die der Fabelwesen und Erzählungen zu retten!

Die magische Zahl 13 hat schon seit Ewigkeiten die Menschheit fasziniert. Kein Wunder also, dass dieses Abenteuer mit dem dreizehnten Geburtstag der Zwillinge erst so richtig Fahrt aufnimmt. Natürlich gab es bereits vorher das Portal durch den mächtigen Weltenbaum im Park, aber sie hatten nichts davon geahnt, ebenso wenig wie von der Bestimmung ihres seit Jahren verschollenen Vaters. Nachdem Schreck der Furie nur knapp entkommen zu sein, haben sie in der neuen Welt kaum Zeit durchzuatmen. Noch während sie versuchen zu begreifen, was um sie herum geschieht, rettet sie der Jäger Orion vor dem Misstrauen des Zentaur Kenta und macht sie zu seinen Lehrlingen. Als solche werden sie eingekleidet und ausgestattet. Dabei finden sich in den Geheimtaschen ihres sie unsichtbar machenden Jägermantels Gimmicks, die James Bond vor Neid erblassen lassen würden. Sie wollen herausfinden, was die Furie in ihrer Wohnung suchte und wohin ihre Mutter wohl gebracht worden sein könnte. Freiwillig hätte sie ihre Kindern nicht verlassen, nicht nach dem Verschwinden ihres geliebten Mannes. Sehr geheimnisvoll wird diese fremde Welt erschaffen, die doch ganz eng mit der unsrigen verknüpft scheint. Sehr bildhaft und detailreich wird die Leserschaft in die 13 Teile von Fabula mitgenommen. Jeder Teil wird von einer anderen Fee angeführt, wobei dreizehn Reiche waren es mal, jetzt sind es nur noch zwölf, an das verlorene dreizehnte Reich vermag sich niemand mehr zu erinnern.

Der Detailreichtum hat bisweilen das Tempo etwas gedrosselt, da hätte ich mir im Mittelteil manchmal etwas weniger, dafür aber eben eine etwas höhere Spannung gewünscht. Doch geht es um die Liebe zu Worten und ihrer Fähigkeit neue Welten zu erschaffen. Nicht nur in den Köpfen wie bei uns, sondern in Fabula ganz real, dafür benötigt es nur einen begnadeten Erzähler. Eine sehr schöne Idee, wie unser Leben durch Worte und Geschichten bereichert wird, aber diese Geschichten auch nur davon leben, dass wir sie lieben. Eine Symbiose, die beiden Seiten nur Vorteile bringt, solange sie besteht. Doch hier ist zunächst unbemerkt ein Ungleichgewicht entstanden und Fabula schrumpft, der Platz für seine Bewohner schwindet. Eine ganz schön gruselige Vorstellung, die etwas an die der Antike erinnert, als man glaubte, dass die Erde eine Scheibe sei, von der man hinunter fallen könnte. Ähnlich gefährlich ist es auch, denn die Welt Fabulas schrumpft und zwar immer schneller. Die Zeit drängt und die Geschwister müssen sich ganz dringend etwas einfallen lassen, auch weil sie langsam entdecken, dass es kein Zufall ist, dass ausgerechnet sie in Fabula gelandet sind. Sowohl Charlotte als auch Will entwickeln sich fort, nicht nur weil sie es müssen, sondern weil sie ihre wahre Natur entdecken. Damit stehen ihnen ungeahnte Fähigkeiten zur Verfügung, was aber auch eine große Veranwortung mit sich zieht.

 

Dieses fantastische Abenteuer ist wunderschön gestaltet und damit meine ich nicht nur das Lesebändchen. In der Umschlagklappe findet man eine Übersicht über den fraglichen Teil des Central Parks in New York, eine Abbildung der 13 Feenkreiszeichen Fabulas und eine Darstellung eines Zwergs und einer Sirenenelfe. Immerhin trifft man diese nicht alle Tage, da ist es ganz hilfreich, sie mal zu sehen. Im Anhang findet man dann noch eine Beschreibung der 13 Feenkreiszeichen durch den Vater der Zwillinge und einen Charaktertest, mit dessen Hilfe man ermitteln kann, welchem Charakter dieses Buches man sich zuordnen lassen kann.

 

Ein Fantasy-Abenteuer über die Macht der Worte und die Bedeutung von Geschichten für unser Leben. Sehr gut durchdacht, allerdings hätte es für mich bisweilen etwas temporeicher sein können. Es hat mir aber trotz der kleinen Schwäche gut gefallen.

 

Ganz herzlichen Dank an die Bloggerjury für mein fantastisches Rezensionsexemplar.

 

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