Freitag, 18. Juni 2021

Die Chroniken von Mistle End (2) – Die Jagd beginnt, Benedict Mirow, Hörspiel, DAV, 1 MP3 7 h 6 min

Die Chroniken von Mistle End (2) – Die Jagd beginnt, Benedict Mirow, Hörspiel, DAV, 1 MP3 7 h 6 min

 

Cedrik ist noch etwas erschöpft von der Schlacht auf der Mauer, mit dem Greifen an seiner Seite. Er kann es nicht glauben, dass sein Freund Crutch ein dunkler Druide und damit sein Feind ist. Ihm bleibt eine dunkele Vorahnung. Als Gaukler in den noch deutlich beschädigten Ort kommen, freuen sich alle über die willkommene Abwechslung. Doch einer der magischen Gaukler wird gezwungen ein wertvolles Buch, dass zur Sicherheit aller Bewohner Mistle Ends streng geheim und gut gehütet ist zu stehlen. Cedrik, Emily und Elliot beschließen durch eine geheime Tür nach London zu reisen und das Buch zurück zu holen, um den Frieden zu sichern. Allerdings sind sie noch jung und nicht in alle Geheimnisse der magischen Welt eingeweiht. Ihnen ist nicht bewusst, dass sie mit ihrem Auftauchen in London gegen einen Friedensvertrag der Hexen mit den Vampiren verstoßen und damit nicht nur sich selbst in höchste Gefahr bringen. Zum Glück treffen der junge Druide, die Gestaltwandlerin und der junge Hexenmeister auf unerwartete Verbündete. Dennoch ist der zerbrechliche Friede gebrochen worden. Misstrauen breitet sich aus und nach einer atemlosen Jagd durch London, auf der Suche nach dem gestohlenen Buch, folgt nun ein Kampf um Leben und Tod.

Mit Cedrik und Crutch stehen sich zwei Jungdruiden gegenüber, die sich eigentlich mögen und gerne Freunde wären, wenn da nicht ihre Überzeugungen wären.... Für ein Hörspiel ist „Mistle End“ ziemlich lang, wodurch die Charaktere Raum zur Entfaltung bekommen und nicht wie reine Abziehbildchen wirken. Man spürt, wie innerlich zerrissen die beiden sind, weil sie gerne Freunde wären. Doch gibt es ja auch noch Emily und Elliot, gegen die Cedrik sich auf keinen Fall wenden will, nicht nach alldem was bisher geschehen ist. Eigentlich unglaublich, dass es noch gar nicht so lange her ist, seit er mit seinem Vater London verlassen hat und sie in diese schottische „Einöde“ zogen. In das Rückzugsgebiet magischer Wesen, die seinen Vater schon dessen ganzes Leben lang faszinierten und an die ausgerechnet Cedrik nie glauben wollte. Nun wird Cedriks Weltbild aber schon wieder auf den Kopf gestellt, als er feststellen muss, dass er bereits in London unter magischen Vampiren lebte und keine Ahnung davon hatte! Nun, da er zurück ist, verstößt er unwissentlich gegen so einige Regeln der magischen, ihr Aufbruch war aber auch recht unbedacht. So erkundet man gemeinsam mit Cedrik, Elliot und Emily eine ganz andere Seite von London, eine die auch mir bislang verborgen blieb und daher um so faszinierender ist.

 

In diesem Band geht es zur Sache, das ist nichts für zarte Nerven, besonders aufgrund der dramatischen Lautuntermalung. Die Musik steigert die Spannung, die Geräuschkulisse zieht einen unmittelbar an die magischen Orte der Handlung. Die hochkarätigen Sprecher rund um Erzähler Jona Mues klingen stets prägnant und sind daher gut zu unterscheiden. Sie erwecken die Geschichte zum Leben und machen es leicht in diese fremde Welt einzutauchen. Glücklicherweise ist es das selbe Ensemble wie bei Teil 1, allerdings habe ich den Eindruck, als würde Jona Mues diesen Band düsterer, dunkler sprechen, so dass man von Beginn spürt, wie sich das Unheil zusammenbraut. Sonst klingt er immer so nett (was er wohl auch ist) aber hier läuft einem bisweilen eine Gänsehaut über den Rücken, wenn blutrünstige Vampire oder zu alles entschlossene Samariter den drei Freunden den Weg versperren. Na ja, da in diesem Band ja auch ein paar neue Fabelwesen auftreten, ist es nicht ganz die gleiche Besetzung, sie wird jedoch mit Barbara Schöneberger als Königin der Vampire geheimnisvoll und beherzt bereichert. Selbst wenn einige Sprecher mehrere Rollen übernehmen wie z.B. Johannes Steck fällt es beim Hören nicht auf, zu virtuos variieren sie die Stimmen der einzelnen Charaktere. Autor Benedict Mirow hat auch das Drehbuch zum Hörspiel geschrieben und Regie geführt. Die Altersempfehlung ab 10 Jahren sollte man also absolut ernst nehmen.

 

Am Ende können die Freunde gar einen Blick in die wahrscheinlichste Variante der Zukunft werfen, eine Zukunft deren Eintritt sie um jeden Preis verhindern müssen, egal wie gefährlich es für sie selbst oder ihre Freunde wird! Es wird also ebenso packend wie mutig weitergehen im Kampf gegen die Morrigan, Crutch und ihre Anhänger.

 

Ein stimmgewaltiges Hörkino für alle jungen und junggebliebenen Fantasyfans!

 

Vielen lieben Dank für mein Vorab-Hörexemplar an den Der Audio Verlag!

 

Hier findet Ihr eine Hörprobe:

https://www.der-audio-verlag.de/hoerbuecher/die-chroniken-von-mistle-end-teil-2-die-jagd-beginnt-mirow-benedict-978-3-7424-1976-7/

 

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Mittwoch, 16. Juni 2021

Trauma – Kein Entkommen, Christoph Wortberg, gelesen von Julia Nachtmann und dem Autor, DAV, 1 MP3 10 h 41 min, ungekürzt

Trauma – Kein Entkommen, Christoph Wortberg, gelesen von Julia Nachtmann und dem Autor, DAV, 1 MP3 10 h 41 min, ungekürzt

 

Hauptkommissarin Katja Sand sitzt am Wochenende mit ihrer pubertierenden Tochter beim Kaffee und muss gleich wieder weg, weil ein Mann im Baggersee ertrunken aufgefunden wurde. Eigentlich deutet alles auf Selbstmord hin, hätte der Tote nicht so eine seltsame Tätowierung auf dem Schädel, unter den Haaren und die Taucher ein Messer mit Initialien auf dem Grund des Sees gefunden, dessen Klinge zum Schnitt im Boot passt. Durch das Tatoo wird er als schwer traumatisierter Marineoffizier a.D. Identifiziert. Seine von ihm getrennt lebende Ehefrau schließt Selbstmord aus, sein Therapeut findet ihn naheliegend. Alle Spuren führen zur Marine, bei der Katja und ihr Assistent Rudi Dorfmüller auf einige Ungereimtheiten hinsichtlich des Traumas das zur Dienstunfähigkeit führte, stoßen. Der Fall soll als Selbstmord abgelegt werden, aber alles in Katja sträubt sich dagegen. Besonders als noch ein zweiter Unbekannter, erstickt in einem Kühlschrank im Wald gefunden wird. Auch dieser hat ein Trauma nach einer Nahtoderfahrung, trotz bester Ausbildung bei der Marine. Erneut kann die Pathologie kein Fremdverschulden nachweisen und kann Suizid nicht ausschließen. Anders als die, die den Toten kannten. Katja beißt sich fest, während ihr Privatleben völlig aus dem Ruder läuft.

 

Hm, Autorenlesungen können klappen, müssen es aber nicht. Julia Nachtmann hat mich optimistisch gestimmt und von Christoph Wortberg war ich richtig angetan. Er hat zwar nur einen kleinen Part, indem er immer wieder traumatische Kindheitserlebnisse schildert, dafür aber so eindrücklich und sensibel, dass es mir zu hart war, um es zum Einschlafen zu hören und das Hörbuch ins Auto wandern musste. Den Hauptpart übernimmt Julia Nachtmann, so dass ich es zwischendurch fast vergaß, dass es ja auch noch einen zweiten, männlichen Sprecher gibt, bis sich dieser mit der Bedrohlichkeit seiner Worte und dem Grauen des eindrücklich, aus kindlicher Sicht Geschilderten, zurück in mein Gedächtnis brachte. Das finde ich sehr gut gelöst und ich merkte, wie ich beim Weiterhören weiter grübelte, wer denn in dem Fall das Kind sein könnte, das seine traumatischen Erlebnisse schildert. Julia Nachtmann habe ich zuletzt oft bei Lesungen für Kinder genossen und es imponiert mir, wir mühelos sie umswitched und sie ganz anders, erwachsen und kantig klingt. Sie klingt absolut authentisch als Kommissarin im Kampf mit ihren inneren Dämonen.

 

Etwas schade finde ich, dass das Hörbuch mit den Worten „Katja Sands erster Fall“ beginnt. Damit ist nämlich klar, dass es auch mindestens noch einen zweiten geben wird (tatsächlich ist es als Triologie angelegt). Dabei ist es am Ende so dramatisch, dass ich ohne diese einleitenden Worte, nicht ausgeschlossen hätte, dass die Ermittlerin nicht überlebt. Das hat für mich die Spannung ein wenig gespoilert. Offiziell ist es ein Thriller, allerdings ist die Hülle nicht mit einem entsprechenden Hinweis versehen. Hier gibt es lediglich einen dramatischen Showdown, die Ermittler folgen immer wieder Spuren, die im Sand verlaufen. Hier wird nicht viel geschossen und mit quietschenden Reifen jegliche Verkehrsregel missachtet, keine Pathologin versucht sich am Y-Schnitt oder kocht den Schädel aus. Das Grauen ist hier stiller, leiser, es liegt in den Traumata, die Katja und Rudi Dorfmüller nach und nach aufdecken. Es ist das stille Entsetzen, was Menschen, die einander schützen sollten, einander antun können. Diese Hilflosigkeit, wenn man um Hilfe bittet und stattdessen zum Schweigen gebracht wird. Die hohe Kunst der Vertuschung, im Kleinen, wie im Großen. Das finde ich ein sehr interessantes Thema und wirklich gut recherchiert! Während des Hörens musste ich immer wieder Nicken und dachte nur, ja, so laufen Ermittlungsverfahren/Verwaltungsverfahren. Da der Autor Schauspieler ist, was seine hervorragende Lesung erklärt, beeindruckt es mich umso mehr, dass diese Verfahrensabläufe absolut stimmig sind. Christoph Wortberg arbeitet nicht nur als Schauspieler und Hörbuchsprecher, sondern verfasst auch regelmäßig Drehbücher u.a. für den Kölner „Tatort“. Ein Name, den ich mir auf jeden Fall merken werde.

 

Katja Sand, reiht sich ein in die lange Liste der kaputten Ermittler, ganz anders als ihr Assistent Rudi Dorfmüller, der auch recht eigen ist, aber ein Goldstück. Katja ist selbst ganz offensichtlich traumatisiert und nimmt diesen Fall gefährlich persönlich. Sie ist keine einfache Person. Anders als bei Dorfmüller kann ich nicht wirklich sagen, ob ich sie mag oder nicht. Einige ihrer Entscheidungen finde ich sehr gefährlich oder falsch. Als Mutter kann ich sie bisweilen sehr gut verstehen, selbst wenn wir beide wissen, dass die Reaktion ihrer Tochter gegenüber vielleicht nicht die Schlaueste ist. Als Tochter schüttel ich nur den Kopf und wundere mich immer über die erbrechtlichen Seiten dieser Familie. Ich an Katjas Stelle würde meiner Mutter ganz andere Vorwürfe machen ;) Katja Sand ist eine kaputte Ermittlerin, die ganz viel aus dem Bauch heraus entscheidet, was mal goldrichtig ist und sie beruflich die Ermittlungsquote der Abteilung deutlich steigern lässt, privat aber oft in Katastrophen führt. Ja, Katja ist traumatisiert, sie reagiert oft falsch, aber sie ist zum Glück nicht noch eine weitere Ermittlerin, die trinkt, Drogen nimmt oder mit jedem Typen im Bett landet. Das finde ich dann wieder erfrischend normal! Das hat sie auch alles gar nicht nötig, sie verstößt auch so gegen genügend Regeln. Im Laufe des Falles erhält man immer wieder aufblitzende Einblicke in ein Trauma, das Katjas Lebensweg geprägt hat, aber ganz aufgelöst wird ihre persönliche Hölle wohl erst mit dem dritten Band. Ich habe diesen Thriller zufällig, als Fehllieferung erhalten und hatte keine Erwartungen an ihn, aber nun will ich unbedingt wissen, wie es weitergeht. Was ist Katja damals passiert!

 

Ein ungewöhnlicher, sehr intensiver Thriller, mit einer Ermittlerin, die nicht wirklich sympathisch ist, aber im Gedächtnis bleibt. Das macht sie interessant.

 

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Der Audio Verlag, dessen Versand da ein Versehen unterlief, das mir sehr willkommen war.

 

Hier findet Ihr eine Hörprobe:

https://www.der-audio-verlag.de/hoerbuecher/trauma-kein-entkommen-katja-sands-erster-fall-wortberg-christoph-978-3-7424-1835-7/