Montag, 1. April 2019

Herzenmacher, Akram El-Bahay, Ueberreuter Verlag



Herzenmacher, Akram El-Bahay, Ueberreuter Verlag

Seit dem Verschwinden seines Vaters vor einigen Jahren lebt der 14-jährige Léo alleine mit seiner Mutter in dem kleinen Bergort Besancon. Seine Mutter ist eine sehr geschätzte Spielzeugmacherin, die mechanische Männchen u.ä. herstellt, wie zuvor auch sein Vater. Doch seit seinem vermutlichen Tod, hat sie sich verändert, sie ist verschlossener, schottet sich auch Léo gegenüber ab, verlässt den Ort nicht mehr und ist überbesorgt. Eines nachts taucht ein Fremder heimlich in der Werkstatt auf. Er ist zwergenhaft klein und er fordert von ihr, das letzte Werkstück des Vaters: ein silbernes, mechanisches Herz. Léo, ist fasziniert von seiner Beobachtung und folgt dem Fremden heimlich bis in die Kirche, durch den gesperrten Turm, durch ein heimliches Portal, in eine Parallelwelt, die seiner Heimat unglaublich ähnelt, aber in der ein eisiger Frost, statt herrlichem Sommer herrscht. In dieser Welt regulieren zwei Hexenschwestern das Wetter. Während eine schläft, herrscht die andere. Doch seit Jahren hindert die Winterhexe, die Sommerhexe am Aufwachen, durch einen Deal mit dem Tod. Sie tauscht menschliche Lebenszeit gegen die Erfüllung von Wünschen, und bleibt so länger wach. Dieser Wohlstand reicht aber nicht allen und so formiert sich immer stärkerer Widerstand, gegen die ewige Kälte und die Schreckensherrschaft der Hexe. Zwerge, begnadete Spielzeugmacher, die mechanische Herzen zum Schlagen bringen und das Wächtervolk, schmieden schon seit Jahren an einem Plan. Doch die Ankunft von Léo bringt so einiges durcheinander...

Eine märchenhafte Fantasyumsetzung des Traums vom ewigen Leben. Wundervoll werden Mythen, wie die russische Baba Jaga mit Fantasy Elementen wie bei C.S.Lewis verknüpft, ohne dabei ihre Originalität zu verlieren. Die Idee, daß man Spielzeuge mit einem mechanischen Herzen zum Leben erwecken kann, wenn man die entsprechende Gabe besitzt ist faszinierend, insbesondere, wenn einige dieser Wesen menschlicher als ein Mensch oder zwergiger als ein Zwerg sein mögen. Geschickt wird reales mit dem Reich der Fantasy verknüpft, auf so poetische Weise, daß ich am liebsten ständig Zitate notiert hätte wie z.B.  „Selbstlosigkeit ist ein Schlüssel, der oft passt“, aber leider, war dies nicht möglich. Dieses Buch ist einfach auf märchenhafte Weise unglaublich spannend. Wie Léo das Problem des Anhaltens des Herzens der Herzlosen meistern soll, schien für mich einfach unlösbar. Denn jede Handlung hat ihre Konsequenzen und ist man bereit mit diesen zu leben? Ich musste mich stets daran erinnern, daß es sich ja um ein Jugendbuch handelt und das Ende schon so schlimm nicht sein wird und ich wohl nicht mit einer Apokalypse rechnen muss. Das ist auch in der Tat nicht eingetreten. Nicht alle Begleiter auf dieser Abenteuerreise schaffen es lebend in das letzte Kapitel, doch kann der Tod auch Erlösung sein, Erlösung von den Qualen die man in der Knechtschaft des Bösen erleiden muss, unter einem aufgezwungen Willen. Dabei werden alle Fragen zufriedenstellend und stimmig gelöst, auch wenn mir das beim Lesen unmöglich erschien.

Was mir sehr gut gefällt, ist der Gedanke, der Vergebung und der Erlösung, die Befreiung der Welt, ohne dass es um Rache an der Winterhexe und ihren Anhängern geht. Trotz der düsteren Zeiten die die andere Seite aktuell erlebt, gibt es doch Freundschaft, Zusammenhalt und Liebe. Auch wenn Armeen aufmarschieren und die Bedrohung wächst, ist das Werk nicht von martialischen Kampfszenen geprägt und somit absolut zielgruppengerecht. Es ist auch ein Märchen über die Kraft der Liebe, daher gibt es durchaus auch eine Kussszene, dennoch ist es nicht wirklich ein Liebesroman, es gehört nur zum Leben und Erwachsenwerden dazu. Wer so viele schwierige Aufgaben zu erfüllen hat, wie Léo mit seinen 14 Jahren, der wird auch früher erwachsen, aber ohne sein reines Herz zu verlieren und ohne in Kitsch abzudriften.

Die Verknüpfung der Welten ist spannend, sowohl in ihren Gemeinsamkeiten, als auch in ihren Unterschieden. Man taucht ganz tief ein, mit Gedanken und Gefühlen in diese fremd-vertraute Welt, dank der Poesie der Sprache und der Fesselung der Handlung, die die volle Bandbreite der Gefühle umfasst. Eine wunderbare Entführung durch Zeit und Raum, doch bin ich sehr froh, derzeit keine Krähen in der Nähe zu haben. Diese „Boten des Bösen“ würden mich wohl derzeit bei ihrem Anblick zusammenzucken lassen.

Mit knapp 400 Seiten lässt es sich auch noch mitnehmen in die Bahn, oder die Schule, da man es nicht aus der Hand legen mag. Nicht nur für Fans von Fantasy, sondern auch von wunderschön erzählten Geschichten und Märchen oder Abenteuern – auf den Anblick von Waschbrettbäuchen verzichtet der Autor allerdings und auch Rockstars sind nicht zu finden ;) Übrigens gibt es auch eine weibliche Heldin, so daß es Jungen und Mädchen ab mind. 12 Jahren packen wird.

Eine märchenhafte Geschichte, die einen in den Bann zieht, berührt und so schnell nicht wieder loslässt. 

Samstag, 30. März 2019

Leipziger Buchmesse 2019



Leipziger Buchmesse 2019

Die Leipziger Buchmesse ist für uns ja immer ein besonderes Abenteuer, denn es ist nicht gerade um die Ecke und so haben wir auf der Hinfahrt sogar schon überlegt, ob die Pariser Buchmesse für uns nicht sogar näher wäre ;)

Aber die LBM ist ja so schön kuschelig und nicht so voll. Naja, kaum kamen wir an, wurde Halle 1 (Mangas und Cosplayer) wegen Überfüllung gesperrt und als wir merkten, daß die Lesung zu die !!! nicht in Halle 3 sondern in Halle 2 stattfand, war an Umkehren nicht mehr zu denken. Für den Kosmos Verlag ein Glück, denn wir sind nun um ein paar Spiele und Bücher reicher.

Dafür war es im Congresszentrum, wo das Lovely Books Lesertreffen unter dem Motto Fantasy stattfand, deutlich entspannter. Mit der Einladung für Mitglieder des Leserportals LovelyBooks kamen die Besucher nicht nur nah an das LovelyBooks Team heran, sondern auch an die eingeladenen Fantasy Größen: Laura Kneidl (aktuell: „Die Krone der Dunkelheit“), Liza Grimm („Die Helden von Midgas“), Lukas Hainer („Das weisse Herz“), Kai Meyer (aktuell „Die Krone der Sterne: Maschinengötter“), Thema war natürlich Fantasy, wobei die Autoren die Einteilung der Sub-Genres selbst nicht so ernst nehmen, denn wer würde sein Buchkind schon selbst als Low-Fantasy bezeichnen. Besonders gut hat mir Kai Meyer mit seiner distanziert ironischen Einstellung gefallen, man hat einfach gemerkt, daß er schon lange dabei ist und seinen eigenen Weg für sich gefunden hat. Und Laura Kneidl lässt sich ohnehin nicht gerne einem Genre zuordnen, ist sie doch auch in mehren mega-erfolgreich. Von den Fotos her, hätte ich übrigens keinen der Vier erkannt.

Von dort ging es gemeinsam mit Solveig aka Siraelia zu dem kleinen aber feinen Stand des Südpol Verlages, wo wir nicht nur die Verlegerin, sondern auch die Autorin Gerlis Zilgens trafen, die gerade in Signierlaune war. Gerade ist ihr 3 und letzter Band der Reihe über die Wahrheit hinter legendären Märchen erschienen. Nach dem Froschkönig und den Bremer Stadtmusikanten widmet sie sich nun wieder mit Humor in „Romeo der Zaubertrommler“ dem Rattenfänger von Hameln. Ein wirklich engagierter Verlag mit besonderen Kinderbüchern, der auch großen Wert auf visuelle Lesbarkeit legt, frei nach dem Motto: lieber drucken wir etwas größer, damit auch Kinder, die noch nicht die großen Leseratten sind, es leichter haben, solche zu werden! Das finden wir toll!

Von dort kämpften wir uns zum Stand von Knaur-Droemer durch, wo die Signierstunden von Sebastian Fitzek und ein Interview mit Markus Hertz die Halle zu sprengen schienen, um die Autorinnen Antje Szillat und Frauke Scheunemann inklusive Sohn Henry (Vorbild für die Henry Smart-Reihe, Götter-Agenten-Abenteuer nicht nur für Jungs) zu treffen. Bei dem Gewusel konnten wir das Foto leider nicht vor Antjes neuem romantischen Jugendbuch „Das Herz am langen Zügel“ machen, aber es war sehr schön, daß sie sich die Zeit für ein Treffen genommen haben. Beide haben aktuell wieder einige Projekte am Laufen, sowohl gemeinsam „Bulli & Lina“  und „Paule & Sneakers“ als auch getrennt „Louisa: und täglich grüßt das Chaos“ das erste Jugendbuch von Frauke Scheunemann.
Am Argon Stand trafen wir dann auf die Jungs von der Kinderpunkrock-Band „Randale“, die garantiert nicht-weich-gespülte Musik mit Text mit Herz und ohne Schmalz, dafür Themen die Kinder bewegen machen. Dass auch die Eltern gut mithören und -singen können, ohne einen Zuckerschock zu bekommen, finde ich prima. Ganz entspannt und locker, erholten sich die Jungs zwischen all den Hörbuchverlagen von ihrem Messe-Konzert. Ihr Aufkleber „Never mind the Blockflöte..“ kommt auf mein Auto.

Beim Treffen mit den Argon Lektorinnen Marie und Lena durften wir mit einigen anderen Bloggern alle Fragen stellen die uns in den Sinn kamen. Ist Euch mal aufgefallen, daß die Sprecher meistens aus der Stadt kommen, in der der Verlag seinen Sitz hat? Es spart Produktionskosten, wenn man für die Sprecher keine Übernachtungskosten übernehmen muss. Allerdings haben die Verlage Studios in mehreren Städten in Deutschland. Da der Argon Verlag seinen Sitz in Berlin hat, lassen es sich Lena und Marie auch nicht nehmen, dort die örtlichen Theater zu besuchen, um sich unter den Schauspielern nach geeigneten neuen Stimmen umzuhören. Dabei müssen sie immer potentielle Genres im Hinterkopf haben, zu denen diese Stimme passen könnte. Nun gibt es einige Stimmen, die so beliebt sind, daß sich ihre Fans gerne das Telefonbuch von ihnen vorlesen lassen würden, oder andere hören prinzipiell noch Hörbücher von ihren Lieblingssprechern, aber ehrlich, auch wenn ich Christian Brückner und Mechthild Grossmann mag, aber zu Kinder- und Jugendhörbüchern würden ihre Stimmen für meinen Geschmack nicht passen. Doch viel ist auch einfach ein Klischee, das in unseren Köpfen steckt. So hörten wir auf der Rückfahrt „Wings of Olympus: Die Pferde des Himmels“: man könnte es als Pferdehörbuch mit einer jungen weiblichen Stimme vertonen, da die Hauptperson, das junge Findelkind Pippa, für die Götter des Olymp bei dem alle 100 Jahre stattfindenden Wettflug der geflügelten Pferde antreten soll, oder als Götter-Abenteuer mit DER deutschen Stimme für Sagen- und Heldenepen Peter Kaempfe. Der Verlag hat sich für letzteres entschieden. Sehr zur Begeisterung des mithörenden Mannes, der nur so über die Wandlungsfähigkeit und Stimmgewalt des Sprechers staunte. Auch die 3 Zuhörerinnen mußten zugeben, daß dies die richtige Wahl war, da so auch männliche Hörer mitangesprochen werden und das Poltern der Götter bei einer jungen weiblichen Stimme irgendwie nicht ganz so furchteinflößend geklungen hätte.... Wir bedanken und ganz herzlich bei Lena und Marie für all die tollen Einblicke und für unser Fahrt-Hörbuch.

Die Klischee-Besetzung der Hörbuchverlage führte auch zur Gründung des Rubikon-Verlages. Die Sprecher Mark Bremer und Uta Dänekamp wollten sie die von ihnen einzulesenden Hörbücher nämlich selbst aussuchen. Uta Dänekamp wurde immer und immer wieder für Pferde-Hörbücher gebucht. Sie hat zwar nicht angefangen zu wiehern deswegen, aber tatsächlich ist im Programm des Verlags kein einziges Pferdehörbuch zu finden. Ich habe mir daraufhin nochmal die von ihr eingelesene „Duftapotheke“ von Anna Ruhe angehört und tatsächlich, ich könnte mir ihre Stimme auch wirklich gut in einem Pferdehörbuch vorstellen. Bislang hat der Verlag in seiner 5 jährigen Geschichte auf seine zwei Stammsprecher vertraut und jetzt erstmals einen weiteren Sprecher hinzugenommen. Da sie die Buchvorlagen ungekürzt einlesen, sind ihre Werke ausschließlich MP3 Tonträger oder Downloads. Im Repertoire sind übrigens neben Thrillern wie „White Maze“ von June Perry/Marion Meister auch Kinder- und Jugendhörbücher.

Der Hörbuch- und Hörspielbereich auf der LBM ist übrigens so weitläufig, daß wir unsere Kinder gar nicht mehr zurück zu den Büchern bekamen und die Mutter immer wieder Fotoaufträge für den nächsten Hörbuchwunsch bekam.... Ach ja, da waren ja auch noch die tollen neonfarbigen Speed Stacking Becher bei Steinbach Sprechende Bücher, die unsere Jüngste gar nicht mehr aufhören wollte zu stapeln.

Während ich Karneval immer die Devise ausgebe, wir sollen genug Taschentücher für ein Jahr fangen (schaffen wir immer), scheinen meine Kinder die Buchmesse als Jagdgebiet für Kugelschreiber erkannt zu haben, nach dem Motto: Kugelschreiber für ein Jahr. Ich schätze, dieses Ziel könnten sie erfüllt haben, im Gegensatz zu mir, ich habe nun nur einen neuen ;)

Sonntag waren wir nur noch relativ kurz auf der Messe, da die Fahrt doch sehr lang ist. Aber wir haben am Familiensonntag die Schnitzeljagd der Verlage Carlsen, Thienemann-Esslinger und Ars Edition mitgemacht, haben die kleine Hummel Bommel dabei persönlich getroffen, ehe wir es dann doch tatsächlich noch zu einer Lesung geschafft haben: Frauke Scheunemann und Antje Szillat lasen aus ihrem neuesten „Bulli & Lina“ Band „Ein Pony springt ein“ und so konnten wir der dramatischen Geburt von 12 (! Schock-Schwere-Not !)  Hundewelpen beiwohnen, mit tierischen Geburtshelfern. Es war übrigens eine szenische Lesung mit Pony namens Henry (Scheunemann) statt Musik. Im Publikum lauschte denn auch Rüdiger Bertram, frisch zurück von der Lesereise nach Dubai, der erst nachmittags im Anschluß an Anja Janottas „Checkliste zum Verlieben“ aus „Finns fantastische Freunde“ las. Aber zu dem Zeitpunkt machten wir schon wieder die Straßen unsicher.... Toll war's in Leipzig, aber nun haben wir den Messe-Blues!