Freitag, 29. März 2019

Die Gäng vom Dach, Angelika Niestrath, Andreas Hüging, ungekürzte Lesung von Oliver Kalkofe mit Musik 2 CDs 2 h 26 min, cbj audio



Die Gäng vom Dach, Angelika Niestrath, Andreas Hüging, ungekürzte Lesung von Oliver Kalkofe mit Musik 2 CDs 2 h 26 min, cbj audio

Die Gäng vom Dach klingt nach einem wilden Haufen nicht ganz so kuscheliger Tiere. Aber nein, anfangs sind es nur Eule Lulu und Waschbär Wolle, die es sich auf einem Dachboden gemütlich eingerichtet haben. Doch der Hunger ruft sie zu Abenteuern und die arrogante Katze Seide, die ihnen ihr Katzenfutter nicht gönnt, empfiehlt ihnen einen Trip zum Supermarkt. Als Dank für den Tipp fordert sie einen Becher Sahne. Was mag so ein Supermarkt sein? Lulu und Wolle erreichen ihn und staunen. Sie folgen ihrer Nase (denn nachts ist der Markt geschlossen) und landen an einem rumpelnden Container, aus dem sie den frechen Marder Ecki befreien. Gemeinsam „containern“ sie und transportieren alles in einem Kindereinkaufswagen zurück. Naja, das ist der Plan, doch dann bebt die Erde und eine noch viel wildere Horde ist im Anmarsch, da stellen sich den drei neugefundenen Freunden Fell und Federn auf!
Die Gäng vom Dach wird ab 7 Jahren empfohlen, das wäre also eigentlich noch etwas für meine Töchter mit 9 und 11 Jahren. Meine 11 Jährige empfand sich als eindeutig viel zu alt und die Einschätzung finde ich zutreffend. Es ist ein wirklich schönes Hörbuch mit vielen Tieren und Abenteuern, die durchaus auch ab 4 Jahren geeignet sind, aber schon für  9 Jährige ist es grenzwertig (meiner Jüngsten gefällt es aber schon). Die Geschichte ist in einzelne Kapitel unterteilt, zwischen denen jeweils ein vom Autor gesungenes Lied (vollständiger Text der 6 Songs ist im Booklet abgedruckt) eingespielt wird. Sollte die Geschichte für Jüngere zu lang sein, kann man sie dadurch leicht in sinnvolle Höreinheiten einteilen. Meine Tochter kann das Titellied auch nach Wochen noch mit Text mitsingen, und die jüngere Schwester inzwischen auch, aber mich hat das Lied nicht verfolgt, sondern „Freiheit für Knolle“. Meine Älteste mag Lieder lieber weichgespülter. Ich war sehr froh, daß es kein Kitsch-Bling-Bling ist, dennoch finde ich es sehr geschickt, daß der Verlag den Liedern eigene Tracks gegeben hat. Wer die Lieder liebt, kann sie so einzeln anspielen, oder wie ich, überspringen (beim wiederholten Hören). Die Lieder sind nicht schlecht, aber ich finde auch bei Disney-Filmen in den meisten Fällen die Lieder absolut entbehrlich. Sie sind aber nicht furchtbar oder unerträglich, wer die gängigen CDs von Kinderliedermachern kennt, weiß wahrscheinlich was ich meine. Autor Andreas Hüging ist seit 20 Jahren Musiker. Er hat eine angenehme Stimme und man kann den gesungen Text sehr gut verstehen, ohne daß es überbetont wirkt.
Inhaltlich erinnert mich diese Geschichte etwas an „Villa Wunderbar“ die meine Jüngste liebt, wobei ich die etwas geeigneter für Mädchen empfinde und diese hier etwas mehr für Jungs, was an den Stimmen der Sprecher liegen dürfte. Es ist aber lediglich eine Tendenz, beide Abenteuer sind für Jungs und Mädchen geeignet.
Sehr schön finde ich, daß man auch etwas über die jeweiligen Tierarten lernt, wenn natürlich die Tiere hier schon einige allzu menschliche Eigenschaften haben. Aber so lernen Kinder zum Beispiel, daß eine Horde Wildschweine Rotte heißt und man ihnen besser aus dem Weg gehen sollte. Die Abenteuer der Gäng steigern sich und die Gäng wächst. Wolle und Lulu sind sehr offen auch für neue Freundschaften, so daß sich der Freundeskreis aufs abenteuerlichste erweitert, wenn auch nicht alle dauerhaft unter dem Dach einziehen.
Anfangs kam ich mit den Namen Knolle und Wolle durcheinander, da ich es als Einschlafgeschichte hörte, um zu wissen, ob es nicht zu aufregend für Kinder ist. Für empfindsame Kindergartenkinder beim ersten Hören trifft dies wahrscheinlich schon zu, sobald der gute Ausgang der brenzligen Situationen, die die Freunde natürlich mit Bravour meistern, bekannt ist, werden aber auch Kleine nicht mehr unnötig verschreckt. Nachdem ich mir die Illustrationen von Anna-Lena Kühler im Booklet angeschaut habe, war aber alles klar. Die Illustrationen sind wirklich sehr süß und werden von den Kindern während des Hörens gerne angeschaut.
Gereizt hat mich das Hörbuch vor allem wegen des Sprechers Oliver Kalkofe. Wahrscheinlich ist seine bisweilen raue, ungeschliffene Stimme der Grund, weshalb ich es tendenziell eher für Jungen empfehle. Er krächzt und grunzt, bis ich wahrscheinlich heiser wäre. Besonders dem Schlawiner Ecki verleiht er die nötigen Ecken und Kanten. Seine Stimme verhindert, daß die Geschichte allzu süß und doch eher gängmäßig wild klingt. Die humorvollen Passagen unterstreicht er gekonnt, vor allem bei Kaninchen Wolles Dicht“künsten“ und Eckis frech gereimten Antworten.

Ein schönes Hörbuch, daß bei mir aber nicht ganz zünden konnte, wahrscheinlich da ich aufgrund der Altersangabe etwas Wilderes erwartet habe. Für Kinder von 4 – 8 Jahren aber sicherlich ein vergnüglicher Hörspaß, vor allem wenn sie die Musik mit Text mögen (Hörproben finden sich im Netz), hat es das Potenzial auf Dauer im CD-Spieler einzuziehen. 

Ich bedanke mich ganz herzlich bei cbj audio für dieses „wilde“ Rezensionsexemplar.

Dienstag, 26. März 2019

Wings of Olympus (1) – Die Pferde des Himmels, Kallie George, Peter Kaempfe liest ungekürzt mit Musik, Argon Verlag



Wings of Olympus (1) – Die Pferde des Himmels, Kallie George, Peter Kaempfe liest ungekürzt  mit Musik, Argon Verlag

Hippolyta, genannt Pippa, ist ein Findelkind, dessen Körbchen einst neben einer Quelle gefunden wurde. Sie besaß nichts, bis auf eine goldene Münze mit einem geflügelten Pferd darauf. Als sie aufwächst, stellt sich ihre besondere Gabe im Umgang mit Tieren im Allgemeinen und Pferden im Besonderen heraus. Sie verdient sich ihren Lebensunterhalt in einem prächtigen Stall in Athen. Als der jähzornige Stallmeister sie vom Hof jagt, schläft sie erschöpft unter einem Rosenbusch ein und erwacht in den Stallungen der Götter!
Um sich die Zeit zu vertreiben veranstalten die Götter alle 100 Jahre ein Rennen mit ihren geflügelten Rossen. Es wird gewettet und Ränke geschmiedet. Jeder Gott sucht sich einen Reiter und ein Tier aus und natürlich versuchen sie alles, um ihren Schützling zum Sieg zu verhelfen. Wer gewinnt, wird als Halbgott unsterblich und darf für immer im Olymp bleiben. Pippa erhält ein geflügeltes Pony namens Zephyr, das ihr schon so bald so sehr ans Herz wächst, dass sie alles unternimmt, um das Rennen zu gewinnen.

Anfangs war ich etwas besorgt, daß eine Geschichte, die sich ja eigentlich nur um ein Pferderennen dreht, bei zwei Familienmitgliedern nicht gut ankäme, aber die Sorge war unberechtigt, denn es ist nicht einfach ein geflügeltes Pferderennen. Im Rahmen der Geschichte lernt man nicht nur alle Götter des Olymps und ihre Reiter und ihre geflügelten Pferde kennen, man erhält auch wunderbar Einblick in das antike Familienleben, die Unterschiede zwischen Arm und Reich, die Schicksalsgöttinnen, Halbgötter, wie man zu solchen wird, wie die Sternbilder an den Himmel gelangten (nach griechischer Mythologie) und einfach in das antike griechische Weltbild. Kallie George versteht es geschickt diese Elemente miteinander zu verbinden.
Meine Älteste liebt Sagen und Götter, aber sie mag nicht unbedingt Peter Kaempfe und schon gar keine Geschichten mit Pferden. Wir 4 haben dieses Hörbuch gemeinsam im Auto auf der Rückfahrt von der Leipziger Buchmesse gehört, leider war die Strecke dann doch nicht lang genug und es war klar, Eltern und Kinder wollten nun unbedingt wissen wie es weiter geht. Anfangs murrte meine Älteste noch, daß sie sich eine junge weibliche Sprecherin für Pippa vorgestellt hätte und ich gab ihr insgeheim recht. Aber wieso erwarten wir bei Geschichten mit Pferden und Mädchen immer junge weibliche Stimmen? Peter Kaempfe ist in Deutschland DIE Stimme für Helden- und Göttersagen. Für die donnernden Götter und mächtigen Stallmeister hat er definitiv die nötige polternde Power. Mein Mann meinte: der Sprecher ist aber toll, der ist ja richtig wandlungsfähig und unglaublich ausdrucksstark. Da musste ich ihm recht geben, denn auch die Moiren und die weiblichen Rollen spricht er wirklich überzeugend. Wir waren alle vier absolut überzeugt von der Wahl des Sprechers. Der Sprecher hat aber noch einen weiteren Vorteil: Jungs mögen Göttersagen, aber Pferde und eine weibliche Hauptperson? Durch die tiefe männliche Stimme, schafft Peter Kaempfe es auch Jungen zu fesseln und zu vergessen, daß es eigentlich eine Geschichte aus Mädchensicht ist. Aber so ganz stimmt es ja nicht. Die zwei Mädchen unter den Rennreitern sind die absolute Minderheit und so spielen eigentlich mehr Jungs als Mädchen mit. Beide Lager haben so ihre Vorurteile einander gegenüber, wie eben auch heute noch bei der Zielgruppe ab 10 Jahren.
Die Namen der Götter, ihrer Reiter und ihrer geflügelten Pferde sind nicht ganz so einfach, aber das macht nichts, die stehen im Booklet und können daher beim Hören immer wieder nachgeschlagen werden. Das war extrem hilfreich, denn Gott und Reiter passen irgendwie zusammen, aber wer gehörte noch mal zu wem? So gibt es dank des Booklets kein Vertun. Dort steht übrigens auch die Geschichte des ersten geflügelten Pferdes Pegasus zusammen gefasst.

Den Eindruck einer griechischen Sage verstärkt Kallie George, die auch in ihrer Heimat Vancouver Kanada kreatives Schrieben lehrt, indem sie wie in griechischen Tragödien die Geschichte mit einem Prolog in Form einer Wette unter Göttern beginnt. Der Kreis schließt sich dann, wie eine Rahmenhandlung im Epilog. Auch wenn ich es derzeit ziemlich nervig finde, daß fast jeder Krimi mit einem Prolog beginnt, finde ich es hier absolut passend und angebracht. Ich empfinde es wirklich als tollen dramaturgischen Kunstgriff der Autorin, der mit dafür sorgt, daß diese Geschichte viel mehr ist, als „nur ein Pferderennen“ und Jungen und Mädchen gleichermaßen fesseln kann, Mütter und Väter inklusive. Anders als in der griechischen Tragödie fällt dieser Epilog für die Zielgruppe ab 10 Jahren absolut zufriedenstellend aus! Sowohl unsere Sagenfan-Tochter als auch die Pferdefan-Tochter waren gebannt.

Da die Götter nicht immer nett sind, ist die Altersempfehlung ab 10 Jahren absolut angemessen, es ist ja auch eine wirklich komplexe Handlung. Absolut überzeugend und empfehlenswert.

Wir bedanken uns alle vier für diese packende Unterhaltung auf der langen Autofahrt beim Argon Verlag!