Freitag, 25. Mai 2018

Entführung mit Jagdleopard, Kirsten Boie, gelesen von Katinka Kultscher, Jumbo Verlag



Entführung mit Jagdleopard, Kirsten Boie, gelesen von Katinka Kultscher, Jumbo Verlag

Jamie-Lee ist 10 Jahre alt und nimmt das Leben wie es kommt. Für sie kommt es eigentlich ziemlich dicke, aber dessen ist sie sich gar nicht so bewußt, sie kennt es ja nicht anders. Dennoch schämt sie sich für den Zustand der Wohnung, in der sie mit ihrer jungen alkoholkranken Mutter und ihrem 16 jährigen Bruder Baron Chuck lebt. Deswegen soll ihre Freundin auch besser nicht zu Besuch kommen. Als ihre Oma (Mitte 40, liebt pink!) mit ihrem neuen Freund zu dessen Familie nach Polen reisen will, ist ihr sofort klar, daß sie die Kinder unmöglich mit der Mutter alleine lassen können, das gibt nur noch größeren Ärger mit dem Jugendamt. Also wählt die Oma 112 und behauptet, ihre Tochter wolle sie das Leben nehmen und müsse dringend in eine geschlossene Einrichtung eingewiesen werden. Sie meldet sich daraufhin beim Jugendamt, gibt an die Kinder zu versorgen, lässt ihnen 20,- € da und reist nach Polen. Jamie-Lee soll nun erst mal für was zu essen sorgen und trifft dabei die Milliardärstochter Fee, die in ein Abnehminternat auf Wunsch der Stiefmutter soll. Jamie-Lee nimmt sie aus Mitleid mit, ebenso wie den alten Mann mit dem komischen Hund, der vor der Kirche sitzt. Als Fees Verschwinden hinter dem Rücken ihrer Bodyguards bemerkt wird, wird es dramatisch.
Ich habe dieses Buch vor rund 2 Jahren gelesen und fand es toll, aber meine Kinder noch zu jung. Nun ist die Große bald 11 und da wollte ich es gerne mit ihr noch einmal hören. In der Leserunde zu diesem Buch, waren viele Reaktionen recht negativ, weil sie fanden, daß so viele Probleme wie Kinderverwahrlosung oder alkoholkranke Eltern für Kinder noch nicht zumutbar seien. Das finde ich nicht. Diese Probleme sind real und es gibt leider viel zu viele Kinder die mit ihnen leben müssen, daher sollten auch die privilegierten Kinder sich mit dieser Welt auseinander setzen um mit Verständnis, statt mit Verachtung oder Hochmut zu reagieren. Denn Jamie-Lee ist einfach klasse! Sie ist einfach frisch und lebensfroh. Jamie-Lees Ansichten und Einsichten zum Religionsunterricht, dem Jugendamt und Putzen sind einfach unschlagbar. Trotz des Humors wird niemand der Lächerlichkeit preisgegeben, es menschelt eher augenzwinkernd. Die junge Sprecherin Katinka Kultscher trifft ihren Ton ganz genau, diese Mischung aus Naivität, Unbekümmertheit und Lebensweisheit ist einfach unschlagbar. Dadurch hat sich meine Tochter auch richtig gut beim Hören amüsiert und gelacht. Sie hat mit dieser schrägen Truppe auf der Flucht mitgefiebert und sich mitgesorgt, daß der Jaguar auch bitte genug zu Fressen bekommt. Sie fühlte sich durch die Probleme nicht unnötig belastet, konnte aber gut nachvollziehen, wie ein Mensch, aus einem scheinbar geregelten Leben abrutschen kann und man manchmal tief fallen muss, um wieder zu sich selbst zu finden. Auf der anderen Seite gibt es Kinder wie Jamie-Lee und Baron Chuck, die von Geburt an kämpfen müssen und nur wenige Chancen haben, während auch Kinder reicher Eltern wie Fee durchaus unter Wohlstandverwahrlosung leiden können. Urkomisch, sehr skurril. Ein spannendes Roadmovie mit ganz viel Herz von Kirsten Boie, die auch mit dieser Geschichte beweist, daß sie nicht nur die heile Welt wie im Möwenweg schildern kann, sondern auch ein Herz für Kinder in Not hat. Damit sich die Zuhörer aber nicht allzu sehr sorgen, geht die Geschichte gut aus, für alle Beteiligten, doch bis dahin ist es ein langer und aufregender Weg!
Ausgesprochen kurzweilig, rasant und amüsant und mit der richtigen Portion Spannung für 10 Jährige.

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Jumbo Verlag, der mit diesem Rezensionsexemplar einen Herzenswunsch erfüllt hat.

Mittwoch, 23. Mai 2018

Miss Daisy und der Tote im Chelsea Hotel, Carola Dunn, atb Verlag



Miss Daisy und der Tote im Chelsea Hotel, Carola Dunn, atb Verlag

Die honourable Daisy Dalrymple, nun mehr frisch verheiratete Mrs. Alec Fletcher, hat ihren Mann nach Amerika begleitet wo er J. Edgar Hoover bei dem Umbau des von Skandalen erschütterten FBI beraten soll. Während Alec hierzu nach Washington reist, steigt Daisy in New York im legendären Künstler Hotel „The Chelsea“ ab, da sie ein Treffen mit ihrem Verleger Mr. Thorwald hat. Noch ehe sie zu ihrem Geschäftstermin aufbricht, lernt sie schon einige der Originale in ihrem Hotel kennen und beobachtet auch ihren sehr unangenehmen Hotelnachbar, einen regierungskritischen Skandalreporter. Dieser hat nicht nur laut im Zimmer nebenan gestritten, sondern fällt schon beim Warten auf den Aufzug unangenehm auf. Als sie mit ihrem Verleger später am Tag zu Mittagessen aufbrechen will, wird eben dieser Skandalreporter vor ihren Augen angeschossen und stürzt in den Fahrstuhlschacht.  Als unmittelbare Zeugin fühlt Daisy sich berufen den Fall aufzuklären und ihre neuen Freunde aus dem Hotel sind ebenfalls mit Feuereifer dabei.
Dieser Fall erschien im Jahre 2002 im Original unter dem Titel „The Case of the murderd Muckraker“ als 10. Band der Reihe, diese Info nur am Rande, da dieser Band nun erstmals auf Deutsch erschienen ist, ich aber den englischen Titel nirgendwo finden konnte, da ich fast alle vor Jahren im Original gelesen habe und eben auch diesen schon.
Der Beginn dieses Krimis gefällt mir auch beim zweiten Lesen noch sehr gut. Ich liebe einfach Daisy’s Welt und mag die liebenswert skurrilen Persönlichkeiten die sie immer wieder trifft. Sehr interessant finde ich auch die Atmosphäre der Prohibition im Jahre 1932 in den Staaten, die Korruption der New Yorker Polizei und die Neuordnung des FBI durch J. Edgar Hoover, nachdem der letzte Präsident in einen Bestechungsskandal verwickelt war, der von der Presse ans Licht gebracht wurde. Sehr schön durchdacht und geschrieben. Besonders hervorheben möchte ich die Schwestern Cabot, die beide selbst journalistisch tätig sind, wobei die jüngere die erste weibliche Kriminalreporterin der Staaten war, allerdings unter männlichem Pseudonym schrieb. Frauenrechte werden in diesem Roman immer mal wieder angesprochen, da ja Daisy selbst auch unter den gesellschaftlichen Vorgaben ihrer Zeit und ihrer Schicht leidet. Schön wird auch noch klargestellt, welche Veränderungen gerade für die Stellung der Frau der  1. Weltkrieg mit sich gebracht hat.
Dennoch ist es nicht mein Lieblingsfall von Daisy. Zum einen überzeugt mich das Mordmotiv nicht so wirklich, das stellt für mich einen gewissen Antiklimax da, aber vor allem weil der typische Krimi-Showdown 1/5 des Buches ausmacht. Eine so lange Verfolgungsjagd kann nicht durchgängig die Spannung halten. Zwar werden auch hier wieder wirklich interessante Informationen zu weiblichen Pionieren und Rassengesetzen in der USA eingeflochten, aber die wirkliche Stärke dieser Reihe, die Interaktion wirklich besonderer Persönlichkeiten bleibt bei so einer langen Jagd auf der Strecke.
Die Übersetzung finde ich größtenteils gelungen. Rootbeer hätte ich jedoch wohl nicht als Wurzelbier übersetzt, weil mir nicht bekannt ist, daß es soetwas hier gibt. Es drängte sich jedoch gerade in diesem Zusammenhang bei mir die Frage auf, ob das fiese amerikanische Rootbeer eine Folge der amerikanischen Prohibition ist? Denn wer trinkt denn sonst schon freiwillig so etwas?
Nicht der stärkste Band der Reihe, deren Fortgang ich aber bereits kenne und daher kann ich versprechen, daß auch wieder bessere Bände folgen, dann aber wieder in Großbritannien, die dann wohl noch übersetzt werden müssen.
Eine Reihe, die ich wirklich sehr lesenswert finde, auch wenn dieser Band, trotz einiger starker Persönlichkeiten leider nicht wirklich mehr als mittelmäßig ist.

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Aufbau Verlag für dieses über netgalley zur Verfügung gestellte Leseexemplar.