Montag, 11. November 2024

Die Winterschwestern, Jolan C. Bertrand, Illus. Chevalier Gambrette, Thienemann Verlag

Die Winterschwestern, Jolan C. Bertrand, Illus. Chevalier Gambrette, Thienemann Verlag


Vor langer Zeit, damals die Wikinger über die Meere segelten und die Asen die Geschickte vom Weltenbaum aus lenkten, gab es zwei Winterschwestern. Die Große brachte Eiseskälte und raue Winde, die Kleine liebte Schneeballschlachten und auf dem Julfest zu feiern. So unterschiedlich sie auch waren, liebten sie einander sehr. Als eines Tages die Kleine verschwand, wurde die Große untröstlich und überzog das Land mit eisigen Winter von noch nie dagewesener Härte und das nun schon seit 15 Wintern.

Nach dieser Zeit will der Wikingerwaise Alfred (10) eigentlich nur den übrigen Dorfbewohnern seine üblichen Streiche spielen, als die Trolle alles aus dem Dorf stehlen, was den Bewohnern besonders lieb und teuer ist. Alfreds Onkel Ragnar soll losziehen und ihre Schätze zurückholen, doch die blinde Seherin warnt Alfred, dass wenn er seinen Onkel alleine gehen lasse, er nie wieder zurück käme. Also folgt er seinem Onkel, bis dieser ihn fortschickt. Dabei begegnet er einer geheimnisvollen Füchsin, die ihn verzaubert. Wird er es dennoch schaffen, den Zauber zu brechen, die Schwestern wieder zu vereinen und seinen Onkel zu retten? Eine Odysee durch Eis und Schnee, voller Magie und List beginnt.


Die Geschichte hat etwas märchenhaftes, gemischt mit den Sagen um die Asen, die nordischen Götter. Da sich die Zielgruppe der 9-12 Jährigen in Deutschland mit ihnen nicht vertraut sein dürfte, findet sich am Ende des Buches ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen, kindgerecht erklärt, wozu auch Begriffe der Wikinger und Sami gehören wie z.B. Lavvu, das Zelt der Sami.


Etwas befremdlich fand ich bei aller Weltoffenheit, dass Alfreds Onkel Ragnar, ursprünglich seine Tante war, dann aber beschloss ein Mann zu sein und nach einem Streichen durchs Gesicht wuchs ein Bart. Ich denke, dass man sich eine solch vereinfachende Erklärung hätte sparen können, da es so nicht funktioniert und es Kinder nur verwirrt. Ich finde es auch gar nicht so wichtig für die Geschichte, dass Ragnar willentlich sein Geschlecht änderte, es wird aber immer wieder darauf angespielt, weil die Statur für einen Mann recht schmal und leicht ist. Entscheidend ist, dass Alfred Ragnar von Herzen liebt und als tröstlich empfindet. Da viele der Bewohner des Nebeldorfes ungewöhnlich sind, wie die blinde Seherin, die Alfred ein wenig unheimlich ist und Brunhilda, seine Großmutter als mächtige Anführerin, erfährt die Geschichte für mich durch dieses zusätzliche Thema keinen Mehrwert, vielleicht soll es auch einfach nur einen Eindruck vermitteln, wie anders die Zeiten damals war und vielleicht wieviel stärker der Einfluss der Asen, um deren Hilfe gebeten wird. So liebt Alfred ausgerechnet Loki, eine sehr zwiespältige Gottheit ist und von Riesen abstammt. Seine Kraft und sein Mut treten hinter seinen nicht immer lustigen Streichen oft in Vergessenheit und machen in daher auch bei seinesgleichen nicht unbedingt beliebt. Dennoch ist Alfred fest davon überzeugt, dass Loki ihn ganz besonders beschützt, da auch er es liebt, den übrigen Dorfbewohnern harmlose Streiche zu spielen. Doch neben der Liebe zu Unfug trägt er eine unerklärliche Traurigkeit in sich, die durch die Anwesenheit seiner Lieben gemildert wird. Keine der Personen ist nur durch eine Eigenschaft definiert, es sind immer zwei widerstreitende Seiten, die sie prägen.


Es ist eine Geschichte über Mut, Familienzusammenhalt, Freundschaft und Verantwortung, ebenso wie Verantwortungslosigkeit. Sie ist gepaart mit Zauber, geheimnisvollen Tieren und ganz viel Winteratmosphäre und letztlich auch dem Julfest.


Die farbigen Illustrationen von Chevalier/Gambette sind außergewöhnlich. Eine Mischung aus Lithografien und Werbeplakaten der goldenen 1920er mit einem nordischen Einschlag, ein wenig an Höhlenmalereien erinnernd in seiner Stilisierung, besonders bei der Gestaltung der langen, wallenden Haare der großen Schwester. Das Cover, mit hochwertiger Silberprägung zeigt eine zentrale Szene, deren Bedeutung den Lesern erst später bewusst werden wird. Mit Ausnahme der großen Schwester vereint es die wichtigsten Personen auf einen Blick.


Ein wirklich ganz besonderes Kinderbuch.


Ich bedanke mich ganz herzlich beim Thienemann Verlag für mein außergewöhnliches Bloggerpaket!


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