Samstag, 6. Juli 2024

Fräulein Liebe (2) und der Traum vom Leben, Susanne Esser, Knaur

 

Fräulein Liebe (2) und der Traum vom Leben, Susanne Esser, Knaur

 

Juni 1955 Andernach am Rhein, das Kriegsende liegt nun schon 10 Jahre zurück und unter den Frauen der Rheinbuchhandlung auf der Hochstraße in Andernach, ist so etwas wie Normalität eingekehrt. Eva ist glücklich als Buchhändlerin und noch glücklicher, dass ihre Tante Maria sie als Nachfolgerin ansieht, da ihre Tochter Ilse (18), als hervorragende Schülerin studieren gehen soll. Was sie nicht ahnt: Ilse hasst die Schule und ein Studium ist für sie eher abschreckend, Buchhändlerin will sie auch nicht werden, aber eine Bestimmung hat sie noch nicht gefunden. Als Georg Eva einen Antrag macht, wirft sie ihre Bedenken gegenüber Versprechen über Bord und nimmt ihn strahlend an. Bei der Bestellung des Aufgebots bricht ihre Welt jedoch zusammen! Sie stürzt sich in die Arbeit und plant eine Lesung mit ihrer Lieblingsautorin, während Tante Maria sich gemeinsam mit dem treuen Hans ihren Traum vom Urlaub am Wörthersee erfüllen soll. Dich an Evas großem Tag kommt alles ganz anders und obwohl sie dachte, dass es nicht schlimmer kommen könnte, wird es das doch. Eva ist am Boden zerstört und ihre Tante in der Ferne, während ausgerechnet Ilse ihr beisteht. Ilse deren Vertrauen so schwer zu erlangen war!

 

10 friedliche Jahre sind ins Land gegangen und immer noch nicht sind Georg und Eva verheiratet. Für damalige Zeiten ein Grund zu tuscheln. Aber immer noch nicht haben sie sich ihr jeweils best gehütetes Geheimnis offenbart. Darf man in der Liebe eigentlich Geheimnisse voreinander haben? Einige bergen enormen Sprengstoff, von einer solchen Wucht, dass Georg es glatt unterschätzt hat und er nun vor den Scherben seines neuen, glücklichen Lebens steht. Doch wie kommt er wieder aus dem Schlamassel heraus, den er sich eingebrockt hat? Wie soll Eva nun weiterleben? Doch nicht nur für sie steht plötzlich die Welt Kopf, auch Tante Marias beschauliches Glück und Ilses neue Hoffnungen werden bedroht.

 

Mit viel Gefühl und noch mehr Dramatik schlittert Fräulein Eva Liebe nun ins „wahre Leben“. Ihre Freundinnen Margot und Käthe sind bereits verheiratet. Margot hat zwei Kinder, dennoch hat Eva nicht das Gefühl, ihre biologische Uhr ticken zu hören, obwohl sie mit 28 ja eigentlich schon spät dran wäre... Käthe und Irmgard arbeiten aber noch immer in der Gemischtwarenhandlung am Markt. Für damalige Zeiten Eigentlich verbringen die Freundinnen nicht mehr so viel Zeit miteinander wie früher. Die Kinder und diewar das nicht selbstverständlich, Käthes Mann, musste ihrer Arbeit zustimmen. Der Haushalt war noch nicht so automatisiert wie heute und bei aller Liebe zu Petticoats und Pferdeschwänzen, bin ich froh, nicht in dieser Zeit aufgewachsen zu sein. An Ilse wird deutlich, wie wenig man als junge Frau doch selbst zu bestimmen hatte. Der Spruch „solange Du Deine Füße, unter meinen Tisch setzt...“ wurde damals nicht im Spaß benutzt. Neben dem Einblick in die prunkvolle Hochzeit der Hohenzollern auf Burg Namedy, sehen wir aber auch das Leid der Kriegsversehrten und Spätheimkehrer, deren Freilassung Bundeskanzler Konrad Adenauer auf seiner Russland Reise erwirkte. Männer denen mehr als ein Jahrzehnt ihres Lebens durch den Krieg gestohlen wurde.

 

Trotz der zahlreichen ernsten Themen und der Dramatik durch die Geheimnisse, die ans Licht kommen, spürt man zwischen den Zeilen stets die großen Gefühle, die die Autorin geschickt mit dem Zeitgeschehen und der Liebe zu Büchern und Literatur verbindet. Man darf also gespannt sein, ob Eva und Georg wieder zueinander finden und was Ilse mit ihrem Leben eigentlich anstellen will.

Ich hoffe, ich darf Eva und Georg auch noch in die 60er Jahre, dann mit Beat statt Catharina Valente an den Rhein begleiten.

 

Ich bedanke mich ganz herzlich bei der Autorin, für mein Leseexemplar zu meiner Heimatstadt!

 

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Montag, 1. Juli 2024

Wie ein Stern in mondloser Nacht – Die Geschichte einer heimlichen Heldin, Marie Sand, Droemer Verlag

 

Wie ein Stern in mondloser Nacht – Die Geschichte einer heimlichen Heldin, Marie Sand, Droemer Verlag

 

Berlin 1947, in Berlin herrscht nach dem Krieg noch Wohnungsnot und Elend. Nachdem ihr Vater im Krieg gefallen ist, muss sich Hennis Mutter mit dieser und ihrem Jüngsten dem Paulchen alleine als Putzfrau und Näherin durchschlagen. Henni besucht die Oberstufe des Gymnasiums und träumt davon Lehrerin zu werden. Doch als ihre Mutter zu schwach ist, um aufzustehen, muss sie für sie bei deren Putzstelle einspringen, bei einem reichen, adeligen Frauenarzt, der sich nicht nur um Geburten, sondern auch um die Beendigung von Schwangerschaften kümmert. Sein einziger Sohn Ed verfällt Hennis Eigensinn und Intelligenz. Er, der Prinz des Hauses unterstützt die Tochter der Putzfrau bis diese schwanger wird. Diese Schwangerschaft verändert für Henni alles und wird ihr weiteres Leben prägen. Nie wieder soll eine Schwangere so verzweifelt sein müssen wie sie! Doch anders als ihre Mutter oder Eds, nutzt sie die Situation nicht zu ihrem eigenen Vorteil aus, sie verlangt von dem verhinderten Großvater in spe, sie zu einer Hebamme auszubilden. Den Verlust ihres Kindes verwindet sie nie, doch er prägt ihr ganzes weiteres Leben und motiviert sie, Geburten für die Mütter humaner zu gestalten und mehr auf die weibliche Intuition zu hören. Als eine ihrer Patientinnen sich nach der Geburt das Leben nimmt, weil sie mit ihrer Situation nicht fertig wird, beschließt Henni, dass es Zeit ist zu handeln und Frauen eine echte Alternative zu bieten. Sie sollen sich frei für oder gegen ein Kind entscheiden können, auch jenseits der 12. Woche. So entsteht in einem dunklen Hinterhof, die erste Babyklappe, mit einem hohen persönlichen Risiko für die engagierte Hebamme.

 

Eine ungewollte Schwangerschaft und Geburt bedeutet für die Mütter und bisweilen für die Familie den Abstieg von Armut ins Elend. Eine ungeplante Schwangerschaft ist für die betroffene Frau ein viel größeres Risiko, als für den Erzeuger. Sie hat oft nur die Wahl zwischen einer Adoption oder einem Leben in Armut, während der Vater vielleicht sie schon bald vergisst, oder zu Gewalt greift.

 

Eine mutige Frau, die trotz ihrer hartherzigen Mutter, die immer den kleinen, kranken Bruder bevorzugt, nicht aufgibt und nach einem Weg aus der Armut und für mehr weibliche Selbstbestimmung sucht. Natürlich kämpft sie nicht alleine, auf verlorenem Posten, doch so ganz verstehen ihre Mitstreiter sie dennoch nicht. Sehr gut gefällt mir, dass die Figuren sehr vielschichtig sind. Niemand ist einfach nur gut oder böse (naja, bis auf den Zuhälter, der kurz vorkommt.)

 

Als Rahmenhandlung dient die Geschichte der nicht mehr ganz jungen Journalistin Liv im Jahr 2000, die ihr ganzes Leben lang auf der verzweifelten Suche nach ihrer Herkunft ist. Egal wie liebevoll ihre Eltern sind, fühlt sie sich aufgrund dieser Fragen zu ihrem Ursprung stets unvollkommen. Sie ficht zeitlebens einen inneren Kampf aus, der sie auszuhöhlen scheint.... Ihr Vorbild ist übrigens die Journalistin Alice Schwarzer, als Kämpferin für Frauenrechte.... und ja, während dieser Lektüre, wurde mir auch bewusst, wie viel noch vor uns liegt, denn die Konsequenzen oder Strafen treffen die Frauen, sowohl eines verrutschten Kondoms, als auch einer Aussetzung eines Säuglings oder für den Betrieb einer Babyklappe... Die Geschichte wird also auf mehreren Zeitebenen erzählt, um zu verdeutlichen, wie es zu der Einrichtung der ersten Babyklappe kam, als auch die Implikationen, die eine anonyme Geburt, für das betroffene Kind haben, als auch die Not bzw. Verzweiflung und wenn sie nur eingebildet ist, der frischgebackenen Mütter. Nach und nach fügt sich alles zusammen und man versteht, dass es für manches Leid, einfach keine Patentlösung gibt.

 

Ein starker, emotionaler Roman, der nachdenklich stimmt besonders hinsichtlich sozialer Ungerechtigkeit, Mitmenschlichkeit und Frauenrecht.

 

Ich bedanke mich ganz herzlich bei der Autorin und der Agentur Prointernetbookmark für mein Rezensionsexemplar!

 

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