Beast Changers (1) – Im Bann der Eiswölfe, Amie Kaufman,
gelesen von Julian Greis, 5 CDs 347 min Goya libre
In Vallen wachsen die zwölfjährigen Zwillinge Anders und
Rayna als Straßenkinder auf, nachdem ihre Eltern im Kampf der Eiswölfe gegen
die Feuerdrachen gestorben sind. In aller Heimlichkeit besorgen sie und die
anderen Straßenkinder sich, was sie zum Überleben brauchen. Sie sind eine
Gemeinschaft, die im Notfall für einander einsteht, mit einem ungeschriebenen
Codex. Als Rayna beim Stehlen erwischt wird, versucht sie ihren Kopf aus der
Schlinge zu ziehen, indem sie behauptet, daß sie und Anders gerade zum Text der
Eiswölfe angereist seien. Auf der Bühne für jedermann sichtbar ergreift sie den
magischen Stab und verwandlet sich in einen Feuerdrachen. Die Menge ist
entsetzt und verängstigt und Rayna muss fliehen. Dann geschieht das Undenkbare
und Anders wird zum Eiswolf, den erklärten Feinden der Feuerdrachen. Bislang
galt es als unmöglich, daß aus einer Familie sowohl Eiswolf, als auch
Feuerdrachen-Gestaltwandler stammen. Zu krass sind die Gegensätze der Feinde,
bei denen die Einen die Hitze und das Feuer lieben und die Anderen Frost und
Eis. Um seine Schwester vor den Feuerdrachen zu retten, beschließt Anders doch
in die Ulfar-Akademie für junge Eiswölfe einzutreten, um seine neuen
Fähigkeiten kontrollieren zu lernen.
Auch wenn Vallen ein fremdes Reich ist und man ohne große
Einführung mitten in Anders und Raynas Leben platzt, fühlt man sich gleich
mittendrin. Der Auftaktband legt den Schwerpunkt auf die Eiswölfe. So begleitet
man erst beide Geschwister und die Hörer, die wohl kaum auf der Straße
aufgewachsen sein dürften, bekommen Einblick in eine völlig fremde Welt mit
unbekannten Gefahren und Gefühlen. Welches Kind kennt bei uns heute noch das
Gefühl von Hunger und die Not das Überlebensnotwendige stehlen zu müssen. Aber
das ist nur der Backround, darauf liegt nicht der Schwerpunkt der Geschichte.
Diese zeigt vor allem, daß Anders, getrennt von seiner Zwillingsschwester sich
erst mal völlig neu organisieren muss. Um sie zu retten, tritt er in die
Ulfar-Akademie ein, ein bislang unvorstellbares Unterfangen. Dort muss er sich
in völlig unbekannte Strukturen einleben, die ihm fremd sind, in die er sich
aber erstaunlich schnell einpasst. Es gibt Zusammenhalt, Regeln und
Freundschaft, auch wenn er dieser zunächst skeptisch gegenübersteht. Anders
muss lernen seine Kräfte zu Bündeln, seine Stärken zu beherrschen und
herausfinden, warum er offensichtlich anders ist als die anderen, wobei er sein
Geheimnis wahren will. Spannend und geheimnisvoll. Man fühlt sich gefangen,
hin- und hergerissen zwischen Bewunderung für die Einrichtung und Skepsis, denn
immerhin hatte Rayna ihr gegenüber erhebliche Vorbehalte. Es werden die
Sehnsüchte vieler Kinder und Jugendlicher nach Gemeinschaft, die wohl der
Vorliebe für all die Internatsgeschichten zugrunde liegt, gebündelt und mit
Fantasy und Abenteuer vereint. Mir gefiel gut, daß hier die Geschichte
stringent in der fiktiven Welt von Vallen und dem Reich der Feuerdrachen
spielt. Tierwandlerfantasy, ohne fremde Genre-Cross-over, was mich in der
letzten Zeit öfter mal mehr oder weniger irritiert hat. Man spürt Anders
wachsendes Vertrauen in die Akademie, aber wie auch bei ihm, bleiben beim Hörer
Skepsis und Zweifel. Denn wie kann es sein, dass Rayna und Anders so sehr vom
hier vermittelten Schwarz-Weiss-Konzept abweichen, wenn alles stimmt was gesagt
wird? Hoffentlich regt dies einige Zuhörer auch für die reale Welt zum
Hinterfragen des scheinbar Gegebenen an. Die Geschichte ist rasant, aber ohne
die Zuhörer zu überrollen. Der Entwicklung der Charaktere kann man gut folgen,
ihre Motivation ist klar. Die Geschichte ist in diesem Band vorerst
abgeschlossen, aber es ist klar, daß der Schein trügt.
Die Meinung meiner Töchter: Der Großen gelang der Einstieg
in die Geschichte nicht auf Anhieb, dann aber hörte sie ganz gerne mit und fand
die Geschichte in Ordnung. Die Kleine (10) fand dieses Abenteuer deutlich
spannender und mochte auch den Sprecher sehr gerne, weil er eine sehr angenehme
Stimmlage hat, der ihr die Spannung „erträglicher“ macht. So hat sie das
Gefühl, das schon alles gut wird. Ihr hat die Geschichte von Rayna und Anders
auf Anhieb richtig gut gefallen. Beide wollen wissen, wie es weitergeht und die
Große spekuliert darauf, im zweiten Band mehr über Raynas Leben unter den
Feuerdrachen zu erfahren. Meine Töchter haben meinen Eindruck bestätigt, daß es
doch eher ein Hörbuch für ältere Kinder als für Jugendliche ist, auch wenn es
in der Jugendbuchreihe des Verlags erschienen ist.
Julian Greis Jahrgang 1983 ist seit 2009 festes Mitglied des
renommierten Thalia Theaters in Hamburg, spielt außerdem in Film und Fernsehen
mit und wird als Hörbuchsprecher immer beliebter. 2012, 2015 und 2017 wurde er
für seine Arbeit als Hörbuchsprecher mit namenhaften Preisen geehrt. Seine
Stimme ist angenehm und jung. Auch wenn er die 12 deutlich überschritten hat,
klingt er absolut pausibel, wenn er Anders und Raynas Schicksal lebendig, und
gleichzeitig zurückhaltend interpretiert. Seine Stimme klingt einfach
selbstverständlich, sie drängt sich nicht auf, trägt jedoch die Geschichte,
ohne den Fehler zu begehen, die Lebendigkeit in Überdramatik abgleiten zu
lassen. So sind auch die dramatischten Stellen spannend und nehmen den Hörer
gefangen, ohne dass einem bewusst wird, daß es doch nur eine Geschichte ist,
der man lauscht. Er spricht klar und deutlich, ohne nennenswerte Lautstärkeschwankungen
– gut ausbalanciert. Das ist gerade bei Autofahrten und beim Einschlafen
wichtig.
Amie Kaufman wuchs in Australien und Irland auf, studierte
in Geschichte, Literatur und Recht. Sie ist inzwischen New-York-Times
Bestsellerautorin und schreibt Science-Fiction, und Fantasyromane für
Jugendliche. Ihr „Illuminae“ war für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2018
nomminiert.
Ab 9/10 Jahren für Jungen und Mädchen, ein spannender
Reihenauftakt.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Goya libre für dieses
spannende Abenteuer.
Hier findet Ihr eine Hörprobe für Euren eigenen Eindruck: