Dienstag, 23. April 2019

Pippa Pepperkorn Hörbuchbox, Charlotte Habersack, gelesen von Birte Kretschmer, audiolino



Pippa Pepperkorn Hörbuchbox, Charlotte Habersack, gelesen von Birte Kretschmer, audiolino

Diese Hörbuchbox enthält die ersten 5 Pippa Pepperkorn Bände
  neu in der Klasse
  und die Tiere
  und die Schickimicki-Zicke
  auf Klassenfahrt
  auf dem Ponyhof

Pippa Pepperkorn hat einige Jahre mit ihren Eltern in Amerika gelebt, ehe sie mit 10 Jahren in die Klasse von Frau Tabak kommt. Die Lehrerin ist furchtbar streng und schlecht gelaunt. Die Kinder fürchten sich vor ihr, vor allem die in allem etwas langsame Gloria und Emil mit seinen Schulproblemen. Aber dann kommt Pippa mit ihren grünen Cowboystiefeln, immer gut gelaunt, immer eine grandiose Idee und nie um eine Lösung verlegen. Auch wenn diese Lösung nun wirklich keinem Erwachsenen eingefallen wäre. Naja, die haben ja auch nicht wie Pippa in Amerika gelebt. Pippa zieht in das gleiche Haus wie Gloria und Emil und Anton wohnt direkt nebenan. Eigentlich fanden Emil und Anton die Mädels aus der Klasse doof und als Lucy sie zum Geburtstag einlädt, wollen sie nicht hin. Doch mit Pippa werden auch Mädchengeburtstage großartig, wenn auch Lucys Mutter wohl graue Haare wachsen. Gemeinsam mit Pippa halten auch Gloria, Lucy, Olivia, Emil und Anton gerne Referate über ihr Haustier. Naja, bisweilen muss man sich erst noch schnell ein Haustier zulegen, auch wenn die Eltern nicht wollen und man kein Geld hat, aber wo ein Wille, da findet Pippa auch einen Weg. Da werden auf Dauer auch Schickimicki-Zicken zahm, die Klassenfahrt wird richtig spannend, und irgendwie schafft es auch Pippa, daß alle Freunde gemeinsam auf den Ponyhof fahren. Nur dass einige Eltern glauben, es wäre eine Lesetherapie...

Pippa hat definitiv bisweilen haarsträubende Idee, die allen Eltern Angst machen. Aber keine Sorge, man muß die Kinder nicht darauf hinweisen, daß sie bitte nichts von Pippas Ideen nachmachen sollen, dafür sorgen schon Pippas Pannen ganz von alleine. Teilweise scheint es pädagogisch eine Totalkatastrophe zu sein, was Pippa so anstellt, aber sie wird mit jedem Band reifer und ich kenne kaum eine inklusivere Reihe als Pippa Pepperkorn. So ist Lucy ein Kind aus wohlhabenden Hause, mit geschiedenen Eltern, Gloria ist sehr langsam und kommt aus bescheidenen Verhältnisse, Emils Familie sind alle Überflieger, bis auf ihn, Olivia weiß eigentlich immer alles und ist sehr behütet, Antons Vater ist Polizist und Pippa hat selbst Schwierigkeiten in der Schule, nachdem sie so lange in den Vereinigten Staaten lebte. Alle Kinder sind total unterschiedlich, aber da sie einander respektieren und vorbildlich zusammen halten, werden sie zu den besten Freunden. Außerdem wissen sie, daß sie sich immer aufeinander verlassen können, so wie auf Pippas Ideen, die garantieren, daß es nie langweilig wird.

Pippa hat nicht nur immer gute Ideen, sie hat auch immer gute Laune und Lebensregeln. So findet sie in einem Band, daß jeder Tag das richtige Wetter hat, weil... und dann kommt immer ein lustiger Grund. Auf dem Ponyhof gibt Pippa stets ihre Pferderegeln von sich z.B.: „Selbst Ferien auf dem Ponyhof, sind ohne Freunde richtig doof“. Tja, so kommt es, daß auch den Jungs der Reiterhof Spaß macht und Glorias Selbstbewußtsein Auftrieb bekommt und Emil freiwillig anfängt zu lesen.

Charlotte Habersack schafft es nicht nur die Gedankenwelt der Kinder zu treffen, sie schafft auch Verständnis für die Erwachsenen. So bemerkt Pippa zum Beispiel, daß Frau Tabak gar nicht so schlimm ist (auch wenn diese, sie anfangs ganz furchtbar findet), aber nach und nach taut sie auf, denn Pippa hat auch für sie ein Geheimrezept. Dabei ist es immer witzig, aber nie auf Kosten anderer. Pippa kann prima über sich selbst lachen und mit anderen. Ihre Sprache verstehen Kinder, ebenso wie ihre Gedankengänge. Birte Kretschmer erweckt dabei sämtliche Kinder zum Leben, egal ob die logische Olivia, die prinziessinnenhafte Lucy, die langsame Gloria oder der großspurige Anton, die quirlige Pippa oder der unsichere Emil. Alle haben ihre eigene Rolle und ihre eigene Stimme. Wobei ich ja ein Herz für die liebe, aber langsame Gloria, mit ihrer Schildkröte habe.
Für einen Lieblingsband konnte sich meine Tochter nicht entscheiden. Ihr fielen immer wieder Lieblingsszenen ein und als ich mir alle 5 Bände angehört habe, war mir klar: die beste CD, war immer die zuletzt gehörte!

Sehr witzig, nicht immer ganz pädagogisch, aber sehr tolerant und liebenswert, wird jedes Kind genauso genommen wie es ist. Pippas Weisheiten bleiben haften - versprochen, immer wieder ploppen sie im Gedächtnis wieder auf! Meist ist es Unsinn, aber eben nicht immer.

5 sehr lustige und kurzweilige CDs mit 250 Minuten Kichergarantie!

Wir bedanken uns ganz herzlich bei audiolino für dieses lustige Rezensionsexemplar!

Sonntag, 21. April 2019

Der Wal und das Ende der Welt, John Ironmonger, ungekürzte Lesung Johann von Bülow, Argon Verlag



Der Wal und das Ende der Welt, John Ironmonger, ungekürzte Lesung Johann von Bülow, Argon Verlag

In dem abgelegenen kleinen Fischerdorf St. Piran in Cornwall herrscht Aufregung: Mit der Flut wurden ein Wal und ein nackter junger Mann angespült. Mit vereinten Kräften beleben die 307 Dorfbewohner den jungen Joe, der auf die Rettung des gestrandeten Wals drängt. Das Schicksal des Wals erscheint diesem untrennbar mit seinem verknüpft. Doch was hat den jungen, erfolgreichen Analysten aus der City ins Wasser getrieben? Nach und nach gibt er Preis, daß er an der Entwicklung eines Analyseprogramms namens Cassandra, kurz Cassie, mitgewirkt hat, daß absolut sichere Zukunftsprognosen für die nächsten Tage treffen kann. Doch es wurde manipuliert und kann nun nicht mehr gestoppt werden. Auf die Menschheit rollt die Apokalypse zu und er fühlt sich schuldig und benutzt. Joe warnt die Bewohner, fühlt sich aber selbst wie die Antike Seherin, der niemand Glauben schenken wollte. Die Dorfbewohner sind ihm mittlerweile ans Herz gewachsen, viel mehr, als sonst jemand, seit dem Tod seiner Mutter. Also beschließt er seine Retter zu retten und selbst Vorkehrungen für die nahende Katastrophe zu treffen. Erst wird er skeptisch und ein wenig mitleidig beäugt, aber dann...

Ich hatte keine klare Vorstellung von dem, was mich erwarten würde, aber ich mag die Stimme von Johann von Bülow und seine Wandelbarkeit, auch die Aufmachung sprach mich auch an. Zumindest würde es mal was anderes sein. Das war es auch, auch wenn ich nichts erwartet habe, war ich nicht auf das gefasst was kommen würde. Zuerst war ich akustisch erschlagen, von der unglaublichen Personenvielzahl z.T. mit cornischen Namen, Familienmitglieder und Mitarbeiter der Londoner City. Beim Hören eine Überforderung, bei der es wirklich hilft das beiliegende Booklet mit Personenverzeichnis vor dem ersten Hören und nach oder während der ersten CD zu hören. Es sind so viele, da lohnt es sich, die Liste mal schnell mehrfach durchzugehen. Nachdem ich das Personenkonsortium für mich sortiert hatte, packte mich die Geschichte mit ihren doch bisweilen sehr eigenen Charakteren. Was ich von Joe halten sollte war mir anfangs nicht so klar, aber in diesem Dorf ist wie auch sonst im Leben. Es lassen sich nicht immer alle in Schubladen von Gut und Böse einteilen, die einen sind mal so, mal so, wie es das Leben halt gerade mit sich bringt. Gerade in ihrer Ausgestaltung liegt für mich die absolute Stärke der Geschichte.

Das Dilemma in welchem Joe sich befindet, mutet aber erschreckend real an. Die Macht und den Einfluss von Prognoseprogrammen auf den Weltmarkt mag ich mir nicht vorstellen. Doch bei nahender Apokalypse, denken die meisten eher an Atomkatastrophen, Krieg, Klimakatastrophe, aber so was alljährliches wie die Grippe? Und doch sterben jedes Jahr Millionen Menschen weltweit an ihren Folgen.... und es gibt nie genügend Schutzimpfungen für alle und auch hier kann die Prognose, wie sich der diesjährige Erregerstamm entwickeln wird, irren. Dann gibt es keinen Schutz. Oder doch? Was wäre, wenn man in einem Dorf am Ende der Welt leben würde, ist das heute noch möglich? Was wäre bei völliger Isolation und Quarantäne das größte Problem? Die Nahrung, mangelnder Strom, fehlendes fließendes Wasser, Dorfkoller? Die Hürden und Schwierigkeiten sind mannigfaltig. Welche dieser Probleme sind lösbar und welche eigentlich eher unbedeutend und wie spielt der menschliche Faktor eine Rolle? Immerhin kennt in einem Dorf jeder jeden und das auch schon seit Ewigkeiten. Die menschliche Komponente des gestrandeten Fremden in einer festen, alteingesessenen Gemeinschaft inmitten einer Katastrophe ungekannten Ausmaßes und unvorhersehbarer Dauer macht diese Geschichte so fesselnd. Wie würde man selbst reagieren? Würde man über sich hinauswachsen oder zum absoluten Egoisten mutieren? Welche Rolle spielt der Wal, der immer wieder mahnend in der Bucht auftaucht? Nicht nur der streng logische Analyst verändert sich und erstaunt sich selbst. Die Dorfgemeinschaft überrascht den Trader und den Hörer und gibt Hoffnung auf die Menschlichkeit der Menschheit, in Zeiten, in denen es nicht selbstverständlich ist. Doch ist Joe nicht einfach eine strahlende Gestalt, er ist bisweilen auch etwas naiv. Man lernt aber auch seine Hintergründe kennen und die Analystin des Dorfes, durchschaut ihn besser als er die Märkte und sich selbst. Das macht sie unglaublich sympathisch auf schmunzelnde Art und Weise und dennoch lässt mich das Ende ein wenig ratlos zurück. Es ist wirklich ein hoffnungsfrohes Ende. Aber sind die Menschen tatsächlich so? Schön wäre es, ich bin da ein wenig unschlüssig. Während mich nach einem etwas überforderten Anfang das nahende Ende der Welt und seine möglichen einzigen Überlebenden wirklich fesselten und bannten, so machte mich das Ende etwas ratlos. Ist es das Ende, dass ich mir gewünscht hätte? Ich weiß es nicht, es macht mich zumindest nachdenklich und wird mich diese Geschichte nicht so schnell vergessen lassen, Cornwall und sein Wal werden noch eine Weile durch meine Hirnwindungen spuken. Dennoch dämpft es meine zwischenzeitliche absolute Begeisterung für diese mahnende Vision.

Johann von Bülow liest absolut fesselnd und wandelbar. In seiner Unaufgeregtheit spürt man die erdende Ruhe Cornwalls, mit seinen tiefen Wurzeln und noch tieferen Gefühlen, die überraschen und vor allen Unwägbarkeiten Halt bieten. Seine Stimme klingt diesmal erstaunlich mild und weich und gar nicht so tief und gebieterisch bestimmend, wie man es von ihm bisweilen kennt. Kein Hauch von Sherlock Holmes ist in der Stimme zu hören, sondern Mitgefühl und Ratlosigkeit. Es ist überraschend und dennoch glaubhaft zu hören.

Die Aufmachung in einer soliden Pappbox mit 3 MP3 und einem Booklet finde ich sehr ansprechend, haptisch angenehm und sehr edel.

Ein wirklich besonderes Hörbuch mit kleinen Schwächen.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei der Hörrunde auf Lovelybooks.