Mittwoch, 27. Februar 2019

Die Richterin und die tote Archäologin, Ein Südfrankreich Krimi, Liliane Fontaine, Piper



Die Richterin und die tote Archäologin, Ein Südfrankreich Krimi, Liliane Fontaine, Piper

Untersuchungsrichterin Mathilde de Boncourt erholt sich langsam von den Schrecken des Anschlags auf ihr Leben, als sie sonntags an einen neuen Tatort gerufen wird. Ihre alte Schulfreundin, zu der der Kontakt abgebrochen war, die Archäologin Flavia Leone, wurde erstickt auf einer Grabungsstätte in der Nähe von Montpellier aufgefunden. Nachträglich wurde ihr die Replik einer antiken Totenmaske auf ihr Gesicht gelegt. Mathilde entdeckt ein Nest des Ehrgeizes, der Missgunst und der geheimen Liebschaften. Keines der augenscheinlichen Motive vermag Mathilde und ihr Team zu überzeugen. Außerdem ist ihr junger Cousin Sébastien mit Downsyndrom verschwunden. Weil anscheinend keiner für ihn Zeit hatte, hat er sich auf den Weg nach Deutschland gemacht. Commandant Rachid Bouraada plagen ganz eigene Dämonen, die ihn in einen tiefen Gewissenskonflikt zwischen seiner Familie und seinem Beruf stürzen. Nur der junge Lieutenant Felix Tourrain schwebt im 7. Himmel, er ist verliebt, wie nie zuvor.

Ein Krimi mit ganz viel Südfrankreich-Feeling, wobei sich diesmal der geographische Schwerpunkt vom Hinterland von Nimes die Küste entlang Richtung Montpellier, La Grande Motte und Sète verlagert. Das sonnige Feriengefühl wird hier wirklich um sehr interessante Infos und Fakten zu der Gegend, die wunderbar beschrieben ist, bereichert. Gerade durch das Setting der archäologischen Grabungen gibt es immer wieder Anlass, in die Geschichte des Landes Einblick zu nehmen. Ich empfinde es als sehr schönen Rahmen für diesen Krimi, der durch die persönlichen Probleme der Protagonisten zusätzlich gewürzt wird. Auch der erste Fall der Reihe, der nicht vollständig abgeschlossen werden konnte, da die Reichen und Mächtigen sich gegenseitig zu schützen wissen, wird wieder in Erinnerung gerufen. Es ist offensichtlich, daß Mathilde und ihr Team so schnell nicht aufgeben werden, aber derzeit gibt es keine neuen Spuren und als ein zweiter Toter aufgefunden wird, wird die Situation noch verwirrender. Die Autorin streut immer wieder Fragmente von Motiven und Möglichkeiten ein, doch keine mag recht zu passen und mancher anfangs verheißungsvoll erscheinende Ermittlungsansatz verläuft dann doch im staubigen Sande der Grabungen. Genügend unsympathische Gestalten, denen man eine Enttarnung als Täter wünschen könnte, sind auf jeden Fall vorhanden. Dennoch ist dies, trotz des sehr ernsthaften Themas, daß der Tat zugrunde liegt, eher ein Wohlfühlkrimi. Er ist mehr vom Sonnenschein, Weingenuss und der Landschaft, als von Grausamkeiten und Blutströmen geprägt. Selbst der Showdown erinnert mehr an Agatha Christie, und kommt gänzlich ohne Verfolgungsjagden und quietschende Reifen aus. Die Lösung steckt im Detail, wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich den entscheidenden Hinweis, im Eifer um Aufklärung überlesen habe, oder ob dieses Detail nicht benannt wird. Diesen Fall konnte ich nicht lösen, ich hatte nur so ein merkwürdiges Bauchgefühl. Die Lösung führt allerdings die Brisanz des Falles wieder vor Augen und bindet den Prolog irgendwie in die Geschichte mit ein, auch wenn man ihn sich meiner Meinung nach hätte sparen können. Für mein Empfinden hat er mehr atmosphärischen Nutzen und regt zum Nachdenken über viel zu wenig beachtete Verbrechen an, ist für den eigentlichen Krimi allerdings ohne Belang.

Liliane Fontaine, die auch als Liliane Skalecki Krimis mit historisch-kritischem Bezug veröffentlicht, schreibt die Südfrankreich Krimis unter ihrem Mädchennamen. Aufgrund ihrer französischen und deutschen Wurzeln kennt sie sich in beiden Welten sehr gut aus und lässt ihre Beobachtungen immer wieder in den Roman mit einfließen. Da ich diese Gegend ebenfalls sehr liebe, empfinde ich es als wirkliche Bereicherung, die mich immer mal wieder schmunzeln lässt. Der Stil ist angenehm fließend und dabei sehr bildlich. Die Beschreibungen von Land und Leuten finde ich sehr treffend.

Ein guter Krimi mit sympathischen Ermittlern in einer traumhaften Gegend. Ich hoffe, ich werde der Reihe noch lange folgen können, denn der Schluss lässt Großes erwarten!

Ich bedanke mich ganz herzlich bei #netgalley für das Rezensionsexemplar, daß mir auch im Winter angenehmes Sommerurlaubsfeeling verschaffen konnte.

Deutsche Heldensagen Teil 2, Willi Fährmann, gelesen von Peter Kaempfe, audiolino Verlag



Deutsche Heldensagen Teil 2, Willi Fährmann, gelesen von Peter Kaempfe, audiolino Verlag

Teil 2 der Deutschen Heldensagen bilden die Sagen von Elsa und dem Schwanenritter Lohengrin, Gudrun und Wieland dem Schmied.
Elsa sagte mir irgendwas, aber bei Lohengrin regte sich mein Gedächtnis noch mehr. Nach dem Tod ihrer Mutter wird Elsas Vater von unsäglicher Melancholie heimgesucht und sucht sein Glück im Heiligen Land mittels eines Kreuzzuges. Der Verwalter soll solange die Geschicke des Reiches lenken. Als der Vater stirbt, zeigt der Verwalter sein wahres Gesicht und will sie zur Ehe zwingen, doch auch ihr Onkel erhebt Ansprüche auf das Reich. Elsa ist verzweifelt, sie will weder den Verwalter heiraten, noch das Reich an den Onkel abgeben. In ihrer Not ruft sie Gott um Hilfe an und über den Fluss kommt Lohengrin, auf einem von Schwänen gezogenen Schiff.
Die Schönheit der zeeländischen Königstochter Gudrun ist so legendär, daß der Sohn des Königs der Normannen sich unsterblich in sie verliebt und um ihre Hand anhält (ohne sie je gesehen zu haben). Doch Gudrun lehnt ab, liebt sie doch schon einen anderen, den Freund ihres Bruders Ortfried (oder Ortwin? Die damaligen Namen innerhalb der Clans werfe ich gerne durcheinander), dem sie die Ehe versprochen hat. Die Normannen entführen daraufhin Gudrun, ihre Hofdame und 60 weitere Frauen….
Wieland der Schmied findet bereits in Teil 1 immer wieder Erwähnung, als Schmiedelehrling mit Siegfried und dessen Feind, als Schmied des einzig wahren Wunderschwertes außer des vom Zwergenkönig Alberich und auch bei Dietrich von Bern taucht Wieland auf. Willi Fährmanns Deutsche Heldensagen basieren sowohl auf dem Nibelungenlied, als auch auf der Edda. Beide haben Überschneidungen, als auch Unterschiede, das macht die Wiederbegegnung mit Wieland und der Ungerechtigkeit, die diesem Enkel des schwedischen Königs widerfährt, so faszinierend.
Dieses Hörbuch erklärt für mich, was mich bei Teil 1 verwirrte. Das Booklet erklärt die Rüstung der Ritter im 13. Jahrhundert. Die Nibelungen spielten aber bereits zu Zeiten der Völkerwanderung also rund 500 n. Chr. Allerdings wurde das Nibelungenlied ebenso wie die Edda erst später im 13. Jahrhundert aufgeschrieben, damals, als die Rüstungen wie abgebildet aussahen. In der Geschichte Gudruns, die tatsächlich auch später, erst im 13. Jahrhundert spielt, wird auf immer wieder auf die Brünne Bezug genommen. Da wären wohl nicht nur Kinder beim Zuhören überfordert, auch ich hätte nicht gewusst was es ist. Auch wenn ich es interessant finde, daß sich mit Wieland dem Schmied der Heldenkreis zu schließen scheint, so sind mir persönlich Elsa und Gudrun die Liebsten. Elsa, die Aufrechte, die nicht den einfachen Weg wählt, sondern an ihrer Überzeugung festhält. Elsa, die für ihre Rechte als Frau und Königstochter einsteht und sich nicht einfach als Heiratsgut betrachten lassen will, ist ebenso eine Heldin wie ihr Lohengrin. Der edle Ritter unbekannter Herkunft, der nicht nach dieser befragt werden darf. Immer wieder kommen in diesen Heldensagen biblische Themen vor, so erinnert mich Elsa an die Frau Lots. Sie kennt die Regeln, doch vermag sie sie nicht einzuhalten, um ihrer Söhne Willen. Es regt zum Nachdenken an über die Frage, was macht einen Menschen aus, seine Herkunft oder seine Person?
Gudrun hingegen ist treu und standhaft und nicht bereit ihr Eheversprechen zu brechen, um in Gefangenschaft ein einfacheres Leben zu haben. Bei ihr musste ich immer an die heilige Ursula und ihre 80 Jungfrauen von Köln denken, wobei ja auch die Sabinerinnen geraubt wurden, oder die schöne Helena… Während mich nicht nur ihre Standhaftigkeit anrührt gefällt mir auch, daß die Schwester des Räubers stets gut zu ihr war.
Die Sagen von Teil 2 empfinde ich als weniger kriegerisch und dafür milder. Es werden sie Schwerter gezückt, aber es rollen nicht so viele Köpfe. Auch sind die weiblichen Helden einfach sympathischer als die rachsüchtige Kriemhild. Elsa und Gudrun sind deutlich gerechter. Doch sie sind sehr modern in ihren Ansichten, besonders Elsa. Bei Wieland hat mich fasziniert, daß ein Königssohn eigentlich keine Alternative hatte als Ritter und somit Krieger zu werden. Die Idee nicht in den Krieg ziehen zu wollen, schien absurd zu sein. Auch dass der Beruf des Schmiedes so hochangesehen war, war mir neu…
Ein wirklich vielschichtiges Hörbuch, daß man unbedingt mehrfach hören sollte.
Mittlerweile habe ich festgestellt, daß Willi Fährmanns Werk immer noch das Standardwerk der deutschen Sagen ist, auch wenn der Autor schon längst verstorben ist. So kam es, daß die ehemalige Klassenlehrerin meiner Tochter nach einer Klassenfahrt nach Xanten, die Kindern der 4. Klasse anschließend Siegfried und Kriemhild aus dem zugrunde liegenden Buch vorlas. Die Viertklässler fanden es nicht zu brutal, sondern haben gebannt gelauscht.
Vielleicht mag meine Tochter deshalb den Sprecher Peter Kaempfe nicht so gerne, er klingt nicht wie die Ursprecherin (aus ihrer Sicht) Frau Müller, bei Sprecherwechseln ist sie sehr eigen. Ihrer Freundin, die nicht mit ihr in der Grundschule war, findet Peter Kaempfe als Sprecher gut. Allerdings versucht er auf diesem Hörbuch Gudrun und Elsa eine weibliche Stimme zu verleihen. Das ist nicht ganz so gelungen, mir wäre weiterhin sein Sagenonkelvortrag lieber. Er hat in der Tat die passende Stimme zum Vortrag von Sagen und Märchen, die ja bisweilen miteinander verschmelzen. Er spricht sehr klar und deutlich.
Auf diesem Hörbuch sind die Clans nicht ganz so weit verzweigt wie bei den Nibelungen, Burgundern, Hunnen, …. in Teil 1, das erhöht das Verständnis beim erstmaligen Hören ungemein.
Auch wenn meine Tochter immer noch ein großer Siegfried-Fan ist, hat mir der 2. Teil der deutschen Heldensagen deutlich besser gefallen. Er verdient das mehrmalige Hören ebenso wie Teil 1, ist aber leichter verständlich für Ersthörer.


Ich bedanke mich ganz herzlich bei audiolino für dieses Rezensionsexemplar.