Freitag, 10. August 2018

Henry Smart (2) : Götteragent im Einsatz, Frauke Scheunemann, Oetinger Verlag



Henry Smart (2) : Götteragent im Einsatz, Frauke Scheunemann, Oetinger Verlag

Henry Smart  (13) sitzt in San Francisco in der Schule und ist sogar über den langweiligen Matheunterricht froh, um sich von dem aberwitzigen Heldenabenteuer des letzten Sommerurlaubs in Bayreuth zu erholen. Die Rettungsaktion mit den Helden der Nibelungensage war zwar aufregend, aber auch anstrengend. Doch ausgerechnet jetzt wird Henry durch Walküre Hilda zu einem neuen Agentenfall abgeordert. D'Artagnan aus der Pariser Niederlassung hat einen Zwergenüberfall auf den Louvre gemeldet, das kann nur heißen, das dort weiteres Nibelungengold lagert, aus welchem Zwergenkönig Alberich einen Ring zum Erhalt der Weltherrschaft zu schmieden gedenkt. Doch die Zwerge haben den goldenen Kelch von König Annas Zofe bereits in ihrer Gewalt. Um das Schlimmste zu verhindern, müssen die Nibelungenagenten mit Hilfe von Norne Urd in die Zeit reisen, um den Kelch an sich zu bringen, solange es geht. Dabei müssen aber tunlichst den Lauf der Geschichte nicht verändern, was mit einem hirnlosen Begleiter wie Muskelprotz Siegfried alles andere als einfach ist.

Meine damals 10 jährige Tochter hat Band 1 geliebt und Band 2 sehnlichst entgegen gefiebert. In Band 1 bekam man die Helden der Nibelungensage wunderbar verständlich präsentiert. Das ist sehr geschickt und unterhaltsam gemacht, wird aber für Band 2 vorausgesetzt, zumindest werden die Zusammenhänge nicht mehr groß erklärt. Es empfiehlt sich daher dringend mit Band 1 zu beginnen, wenn Band 2 auch für sich steht und alleine verständlich ist. Man versteht die Nibelungen dann nur nicht so gut. Diesmal dreht es sich jedoch um D'Artagnan, die Musketiere Athos, Aramis und Portos, Kardinal Richelieu, König Louis XIII und seine Gemahlin Anna von Östereich. Meiner Tochter war dieser Klassiker von Alexandre Dumas noch kein Begriff, daher hat Frauke Scheunemann diesmal eine noch größere Bildungslücke meiner Tochter unterhaltsam geschlossen, mit einem Agentenabenteuer das gekonnt einen Literaturklassiker mit dem Agentengenre mixt. Wie schon James Bonds Q gibt es auch für Wotans Männer einen Gadget Ausstatter namens Loge, der als Unsterblicher natürlich noch ganz andere Möglichkeiten zu seiner Verfügung hat als Q. Eine Erfindungen heißen immer Loge gefolgt von einer ziemlich großen Zahl. Da ist es gerade mir nicht immer ganz leicht gefallen den Überblick zu behalten, aber das macht nichts, denn man merkt ja ziemlich schnell durch seinen Einsatz in der Not, was dieses Gadget diesmal kann. Walküre Hilda hat sich für eine Gestalt in Henrys Alter (13) entschieden und sich geschworen, keine ihrer göttlichen Kräfte einzusetzen, sondern sich auf ihre Intelligenz und Loges Trickkiste zu verlassen.  Aber wie Frauen und Mädchen nun mal so sind, gelingt es ihr nicht immer sich an ihre eigenen Prinzipien zu halten. Das macht diese Heldin doch auch irgendwie herrlich menschlich.

Henry erzählt die Geschichte auch dieses Mal aus seiner persönlichen, rein subjektiven Perspektive, in der Ich-Form, im Präsens. Man fühlt sich also unmittelbar im Geschehen drin, wenn man Henrys bisweilen verzweifelten oder abschätzigen Gedanken folgt (ja, Siegfried ist hier der Depp vom Dienst und bekommt ganz schön sein Fett weg. Selbst schuld, so herablassend, wie er Henry gegenüber auftritt!).

Diese Reihe hat Frauke Scheunemann extra für ihren Sohn entwickelt, der endlich auch mal einen männlichen Helden in den Büchern seiner Mutter finden wollte. Er hat es auch auch nicht so leicht mit drei Schwestern, ist er mit seinem Vater in der Familie in der Unterzahl. Im letzten band empfanden wir ja Hilda dennoch als die eigentliche Heldin des Buches, aber Henry hat eine Menge dazu gelernt und sich stark entwickelt (wahrscheinlich hat dies Sohnemann auch so empfunden).
Mein Mann ist ja völlig verwundert, wieso eine promovierte Juristin denn Kinderbücher schreibt, aber ehrlich, ich kenne keine Juristin mit 4 Kindern, promoviert oder nicht, die in einem entsprechenden Beruf arbeitet (da muß sich in der Gesellschaft noch was ändern). Wir sind zumindest sehr froh, daß Frauke Scheunemann sich für die Schriftstellerei entschieden hat, wobei sie auch Frauenromane schreibt, z.T. Zusammen mit ihrer Schwester unter dem Pseudonym Anne Hertz.
Wir als Rheinländer finden es super, daß mit Henry Smart neben all den Romanen über die Götter der Antike für Kinder und Jugendliche, endlich auch mal die Nibelungen zu ihrem Recht kommen. Dabei geht es echt spannend und sehr witzig zu. Denn Helden hin oder her, da wird nicht weniger gefrotzelt und gestichelt, als unter uns Normalsterblichen.

Sehr kurzweilig und spannend, hat es uns richtig gepackt und meine Tochter hat wieder neue Helden kennengelernt! Wir hoffen ja unbedingt auf eine Fortsetzung und geben begeisterte 5 von 5 Sternen.

Wir bedanken uns ganz herzlich beim Oetinger Verlag für dieses heiß ersehnte Rezensionsexemplar.

Donnerstag, 9. August 2018

Das Wilde Uff (4) sucht einen Freund, Michael Petrowitz, Illu. Benedikt Beck, Ravensburger Verlag



Das Wilde Uff (4) sucht einen Freund, Michael Petrowitz, Illu. Benedikt Beck, Ravensburger Verlag
Das wilde Uff ist ein blaues, langhaariges Urzeitwesen mit Krallenfüßen ähnlich eines Huhns. Es ist 66 Millionen-Jahre alt und ganz schön verfressen und schwingt gerne und springt. Die letzten Jahrmillionen hat er schlafend in einem Steinbruch verbracht, bis der rothaarige Lio ihn zufällig im Steinbruch auf der Suche nach einer abgestürzten Drohne fand. Dort war Prof. Othenio Snaida auf Forschungsexpedition nach genau solch einem Wesen, um es zu erforschen und auszustellen. Mit allerhand List und Tücke, gelingt es Lio und seiner Familie Uff geheim zu halten und Prof. Snaida von der Erforderlichkeit der Geheimhaltung zu überzeugen. Vor allem gelingt das Tante Ulrike, in die der Professor sich unsterblich verliebt, so sehr, daß nun sogar die Hochzeit ansteht. Während nun alles so schön sein könnte, jetzt das das Uff sich langsam auch an die Verhaltensregeln in Menschenhäusern gewöhnt, droht neuer Ärger. Uff ist langweilig, weil er das Haus nur versteckt in Lios Rucksack verlassen darf und ihm Artgenossen als Gesellschaft fehlen. Erstaunlicherweise empfängt er gerade jetzt per Quassel (einer urzeitlichen Uff-Verständigungsform mittels Funkwellen, die über die Ohren gesendet und empfangen werden) Signale. Ist er doch nicht allein? Uff möchte sofort los, nach Artgenossen suchen, aber Lio bremst ihn, da nun der amerikanische Forscher Prof. McDenver dem Uff auf der Spur ist und nicht unterschätzt werden darf.

Dies ist der 4. und letzte Band der Reihe rund um das wilde Uff, die für meine Töchter mittlerweile zum Sommerurlaub dazugehört. Das blaue zottelige Uff ist nicht nur witzig und unberechenbar, es hat auch ein großes Herz, so daß man es trotz all seiner Pannen und Katastrophen einfach gern haben muss. Dieser Abschiedsband ist emotionaler und etwas melancholischer als die übrigen Bände, die vor allem von Chaos und Kuddelmuddel geprägt sind. Klar, das Uff, wäre nicht das Uff, wenn es nicht wieder eine Spur der Verwüstung hinter sich herziehen würde, aber mittlerweile isst es nicht mehr unkontrolliert das Geschirr der Familie Peppel oder reißt sämtliche Lampen herunter. Vater Peppel ist ein lausiger Handwerker, dem Uffs Spuren sehr zu schaffen machten, gerade weil das Familienbudget sehr angespannt ist. Dies ist nun alles einfacher, ebenso wie das angespannte Verhältnis zum fiesen Vermieter Herr Winz, der mit ihnen im Haus legt. Wir fanden es toll, daß er trotz allem wieder mitspielte, wenn auch in einer kleineren Rolle, dafür tritt diesmal Lios Schulfreundin Lotta verstärkt auf den Plan, um das Uff-Schlamassel mit ihren vielen Einfällen zu entwirren. Immerhin gilt es die geheimnisvollen Quassel-Signale zu deuten und eventuell ein zweites Uff zu finden, ehe dem skrupellosen Prof. McDenver dies gelingen kann. Gerade das Wiederauftauchen bestimmter Personen aus den vorherigen Teilen, hat zu echt lustigen Momenten geführt, auch wenn es dieses Mal mehr spannend als lustig war. Da dies der letzte Band der Serie ist, empfiehlt es sich auch deshalb nicht mit diesem hier anzufangen. Wir selbst sind beim zweiten Band eingestiegen und das ging sehr gut, aber mit dem 4. und letzten Band wäre schade, da nimmt man sich doch einiges an Vergnügen, da die Bände auf einander aufbauen.
Die Schrift ist noch angenehm groß mit recht großem Zeilenabstand, so daß das Lesen nicht anstrengt, selbst Kinder ohne Leseroutine nicht. Dafür gibt es noch verstreut zahlreiche witzige, plakative Illustrationen von Benedikt Beck, der schon als Kind davon träumte Comiczeichner zu werden. Sollten die kleinen Leser dann die Geschichte beendet haben, könne Sie Punkte bei Antolin abräumen, wo dieses Buch gelistet ist.

Michael Petrowitz Jahrgang 1972 studierte an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Neben Kinderbüchern schreibt er Drehbücher und arbeitet als Dozent für Drehbuch schreiben und Dramaturgie. Inspirationen liefern ihm seine 5 Kinder, 4 Schildkröten und seine Frau. Platz für ein Uff hätten sich auch noch.
Ein schönes Ende einer tollen Reihe, von der wir traurig Abschied nehmen. 5 von 5 Sternen.