Freitag, 29. Juni 2018

Torten ohne Backen, Jean-Luc Sady, Bassermann Verlag



Torten ohne Backen, Jean-Luc Sady, Bassermann Verlag

Wir hatten dieses Jahr 7 Wochen lang keine Küche und nochmal so lange, nur eine halbe. Was uns aber immer treu blieb, war der Kühlschrank. Da wir aber auch in dieser Zeit essen mussten, gerne auch woanders, war guter Rat teuer, was soll man mitbringen, wenn man nichts hat, außer einem Kühlschrank, Mixer, Mikrowelle und Wasserkocher?
Ganz klar, Torten ohne Backen! Bei den hier vorgestellten Rezepten handelt es sich vor allem um solche aus dem Kühlschrank, mit viel Creme, Keksen und z.T. Obst.
Die Torten waren wirklich gut erklärt und nicht schwer nachzumachen. Direkt zu Beginn des Buches werden grundsätzliche Zubereitungstipps, leicht verständlich und bebildert gegeben.  Die Prinzipen waren so gut verständlich, daß auch Variationen gut möglich waren, so habe ich z.B. teilweise einfach die Lieblingskekse meiner Kinder verwendet oder das Obst den Jahreszeiten angepasst. Aber Vorsicht: Zitrusfrüchte und Milchprodukte verstehen sich nicht, bei aller sommerlichen Frische! Bei derartigen Kombinationen muß man sich wirklich genau an die Vorgaben halten, sonst wird es bitter!
Die frischen Mitbringsel kamen auch wirklich gut an, allerdings hatte ich mit den Rezepten zwei Probleme:
1. Meist sollte die Form mit Frischhaltefolie ausgekleidet werden, um die Torte besser stürzen zu können. Ich finde Frischhaltefolie total unökologisch und habe daher nur eine rund zwanzig Jahre alte, von einer ehemaligen Mitbewohnerin geerbte Rolle, aber auch auf die habe ich verzichtet, dann wurden die Torte halt nicht gestürzt, waren auch so leckere Nachtische.
2.  Die Rezepte sind unglaublich fettig. Ich habe es einfach nicht über mich gebracht Mascarpone und 3 Packungen Sahne und Frischkäse zu verwenden. Das mußte ich einfach entschlacken. Oft habe ich den Frischkäse oder die Sahne zumindest zum Teil durch Magerquark ersetzt, um eine frische Leichtigkeit hineinzubekommen.
Ansonsten waren die Rezepte aber wirklich einfach und wie gesagt, auch in der entrahmten Variante sehr lecker. Die Zeitangaben waren sehr stimmig und man sollte deswegen sich das Rezept besser einen Tag vorher durchlesen, damit die Ruhenszeiten im Kühlschrank mit einkalkuliert werden können.
Ausprobiert haben wir „Himbeere“ S. 14, allerdings jahreszeitbedingt ohne Spekulatius, dafür mit Chocolate Cookies, war ganz schnell aufgegessen an einem warmen Abend, Schokolade mit Vanille und Himbeere S. 46, Pfirsich mit Zitrone und Pinienkernen (wir haben Mandarinorangen statt Pfirsischen und Jaffakekse statt Haferkeksen genommen, Beschluss der Kinder).  Die Kreationen waren immer schnell aufgegessen, aber auf Grund der Keksvorlieben von uns und der saisonalen Angebote waren wir recht frei in der Umsetzung der Rezepte.
Ausgesprochen geschmackvoll und appetitanregend sind die farbigen Lichtbilder von den fertigen Kreationen. Jedes Gericht ist eigens fotografiert.
Ich habe diesen kleinen Rezeptband vor allem als Inspirationsquelle genutzt und zusätzliches Know-How abgegriffen. Ich mag weder Buttercreme- noch Sahnetorten, weil sie mir echt zu schwer sind. Die Anregungen sind jedoch wirklich sehr hilfreich und abwechslungsreich und gerade für den Sommer eine frische Bereicherung des Kuchenbuffets inkl. Eistortenrezept. Mit der Bewertung habe ich mich wirklich sehr schwer getan. Die Sternabzüge resultieren nicht wirklich auf dem Ökofaktor Frischhaltefolie und des unglaublich hohen Fettanteils der Rezepte. Da hätte ich mir gerade bei Rezepten mit 400 g Sahne und 400 g Mascarpone und 500 g Spekulatius z.B. auch fettärmere Anregungen bei Bedarf gewünscht eventuell auch bei den allgemeinen Zubereitungshinweisen.
Daher „nur“ 3 von 5 Sternen, obwohl die Ergebnisse sehr lecker waren, auch nach Fettreduktion.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Bassermann Verlag für diese inspirative Unterstützung in unserer küchenlosen Zeit.

Dienstag, 26. Juni 2018

Lost in Fuseta, Spur der Schatten, Ein Portugal Krimi, Gil Ribeiro, gelesen von Andreas Pietschmann, Argon Verlag



Lost in Fuseta, Spur der Schatten, Ein Portugal Krimi, Gil Ribeiro, gelesen von Andreas Pietschmann, Argon Verlag

Der deutsche Austauschkommissar Leander Lost fühlt sich in Fuseta, Portugal angekommen. Als Asperger Autist ist das für ihn keine Selbstverständlichkeit, aber im Kommissariat ist er auch seinen Kollegen Graciana Rosado und Carlos Estevez ans Herz gewachsen, dank des Einfühlungsvermögens von Soraya, Gracianas Schwester. Alles könnte so schön sein, wäre da nicht das unerklärliche Verschwinden von der örtlichen Kollegin Theresa, die zuletzt mit Leander Lost telefoniert hatte. Warum ausgerechnet mit ihm? Seine Erklärung, stürzt die Kollegen noch mehr in Verwirrung und der Fall um Theresa wird deutlich komplizierter als gedacht. Gut, daß sie die Begleitung einer Journalistin aus der früheren portugiesischen Kolonie Angola an den wichtigtuerischen Kollegen Duartes abgeben können. Doch die Journalistin Flores, die eingeladen wurde eine Rede vor dem Parlament zu halten, während sie auch ihre väterlichen Wurzeln aufspüren will, scheint doch keine so einfache Aufgabe zu sein. Denn Portugals Kolonialvergangenheit ist doch nicht so abgeschlossen, wie man meint. Alte Seilschaften bestehen fort und greifen auch heute noch in die Politik ein.

Als Asperger-Autist mit fotografischem Gedächtnis ist Leander Lost nicht einfach ein weiterer schrulliger Ermittler. Er ist anders, analytisch, detailgenau, gnadenlos ehrlich und empathisch eine Niete. Irgendwie erinnert mich das ein wenig an Sherlock Holmes, ob er wohl auch Asperger-Autist war? Damals dürfte diese Diagnose seinem Autor nicht bekannt gewesen sein. Leander Lost ist allerdings frei von Sucht und er bemüht sich redlich innerhalb seiner Fähigkeiten „menschlicher“ zu werden. Natürlich geht er auch diese Aufgabe rein rational analytisch an, ohne auch nur seine Überlegungen in Frage zu stellen, denn seine Logik kann doch unmöglich falsch sein? Doch da jeder Mensch mit anderen interagiert, kommen natürlich auch für ihn unberechenbare Komponenten dazu: Gefühle! Wer denkt denn an so was! Leander und seine Stärken und Schwächen, sind mir unheimlich ans Herz gewachsen. Ich hoffe, doch sehr, daß ich nächsten Jahr wieder seine Ermittlungen an der eigentlich sehr ruhigen Algarve begleiten darf. Erzählt wird übrigens in der dritten Person, allerdings so geschickt, daß ich dennoch oft das Gefühl hatte, daß man in die Gedanken der Hauptpersonen hineinblicken kann.
Neben den wirklich wunderbar sensibel dargestellten Ermittlern, die ich mit Ausnahme von Duartes, alle sehr mag, gefällt es mir sehr gut, daß sich Autor Gil Ribeiro jedes mal eines anderen brisanten und aktuellen Themas annimmt, das den jeweiligen Morden zu Grunde liegt. Es sind nicht einfach Morde auch Eifersucht, sondern groß angelegte Nester voller Korruption, Macht und Gier. Die Vergangenheit lässt sich eben nicht ausblenden und Portugal war einst eine bedeutende Kolonialmacht, bis die Spanier dem ein Ende bereiteten. Außerdem gibt es natürlich wieder kulinarische Einblicke in die Region, während die Protagonisten kochen.
Andreas Pietschmann ist für mich einfach die perfekte Besetzung für diese Reihe. Sein Portugiesisch klingt für mich wirklich akzentfrei (ich bin aber auch wirklich keine Koryphäe auf dem Gebiet) und mit seiner wohlklingenden Stimme schafft er es gekonnt sowohl die sensiblen Momente, als auch spannungsgeladene Situationen zu verstärken. Besonders angenehm finde ich, daß die weiblichen Protagonistinnen nicht mit übertriebener Fistelstimme gesprochen werden. Sie sind erkennbar weiblich, aber nicht verstellt. Daran zeigt sich für mich die schauspielerische Klasse einer Stimme (nichts gegen sein Gesicht, aber das spielt ja bei einem Hörbuch keine Rolle).

Diese Kombination aus Lokalkolorit, politisch brisantem Kriminalfall an der beschaulichen Algarve, einem wirklich ungewöhnlichen Ermittlerteam und einen perfekt auf diese Reihe abgestimmten Sprecher lässt mich diese Reihe lieben und auf eine Fortsetzung hoffen.