Dienstag, 27. März 2018

Mord ist nichts für junge Damen, Ein Fall für Wells & Wong, Robin Stevens, Knesebeck



Mord ist nichts für junge Damen, Ein Fall für Wells & Wong, Robin Stevens, Knesebeck

England 30. Oktober 1934: die 13 jährigen Internatsschülerinnen Daisy Wells und Hazel Wong, haben den ersten Fall für ihre streng geheime Detektei: Durch Zufall stolpert die junge pummelige Hong Kong Chinesin nach dem Unterricht in der Turnhalle, über die Leiche ihrer Lehrerin Miss Bell. Der Hysterie nahe holt sie die zierliche, blondgelockte Daisy, Tochter des Earl of Hastings, sowie in der Nähe befindliche Lehrer zur Hilfe. Doch als sie in der Turnhalle eintreffen, ist die Leiche verschwunden. Hazel und Daisy bekommen für diesen geschmacklosen „Streich“ mächtig Ärger. Daisy nimmt es gelassen und überträgt Hazel, die Aufgabe, alles bisher beobachtete fein säuberlich in einem Heft zu dokumentieren. Da mangels Leiche, niemand Hazel glaubt, müssen sie wohl oder übel selbst ermitteln, zu Daisys großer Begeisterung. Natürlich bleibt Miss Bell verschwunden und die Gerüchteküche des Internats brodelt. Daisy überträgt ihren Bewunderinnen aus den unteren Klassen die Aufgabe, ihr sämtliche Gerüchte, die sie aufschnappen, weiterzuleiten. Schnell scheinen die ersten Alibis festzustehen und sich die Anzahl der Verdächtigen dadurch einzugrenzen. Während Daisy sich ziemlich schnell auf eine Verdächtige festlegt, scheint für Hazel das Gesamtbild nicht recht zusammen zu passen.
Dieser Jugendkrimi spielt in den Hochzeiten Agatha Christies und Sherlock Holmes. Daher ist es nicht verwunderlich, daß die mit allen Wassern gewaschene Daisy, sich als weiblichen Sherlock Holmes ansieht. Genau wie ihr Vorbild müssen sie und Hazel ohne technischen Schnickschnack, Handys oder Internet auskommen. Sie sind allein auf ihren Verstand, ihre Beobachtungsgabe und die Berichte der übrigen Internatsangehörigen angewiesen. Das ist umso kniffeliger, als das Zeugen nicht immer die zuverlässigsten Aussagen treffen und sie im geheimen ermitteln müssen. Denn in Zeiten in denen Polizisten in besseren gesellschaftlichen Schichten verpönt waren, gehört sich ein solches „Hobby“ für höhere Töchter überhaupt nicht. Daher versucht Daisy auch immer wieder ihr Licht unter den Scheffel zu stellen, um keinen Verdacht zu erregen, wobei sie doch nach nichts mehr lechzt, als nach Anerkennung. Es ist sehr witzig und unterhaltsam, zu lesen wie Daisy es anstellt, von ihrem Verstand und ihrem wachen Geist durch Schauspielerei und gerissene Kniffe abzulenken. Doch als Musterschülerin wäre sie wohl kaum eines der beliebtesten Mädchen der Schule, der die Mitschülerinnen blindlings ihre Beobachtungen anvertrauen würden. Hazel hat es als Hong Kong Chinesin da deutlich schwerer. Nicht nur, daß ihr Asiatisches Aussehen von einigen misstrauisch beäugt wird, ihr fehlt auch Daisys natürlicher Anmut und ihre Selbstverständlichkeit für alles, was ihr zuzufliegen scheint. Der Stil ist zurückhaltend ironisch und zieht seinen Humor auch aus der Exzentrizität, die man Engländern bisweilen nachsagt. Natürlich sind viele Begriffe des damaligen Internatslebens heute nicht mehr jedem bekannt, daher gibt es hinten ein Glossar in dem Daisy die Begriffe erklärt, die Hazel zu Beginn ihrer Internatszeit merkwürdig fand.
Es macht einfach Spaß ihnen in die Internatswelt zu folgen, in diese Mischung aus Enid Blytons „Dolly“ mit Mitternachtsgelagen, Hausmutter und Französischlehrerin Mamzell und den jungen Ermittlerinnen „Tina und Tini“.
Das Buch ist sehr liebevoll gestaltet, nicht nur das nostalgisch anmutende Cover, und das Glossar, nein, es gibt auch noch eine Übersichtskarte über das Internatsgelände mit allen Gebäudeteilen auf beiden Stockwerken und eine Doppelseite später ein Personenverzeichnis, das alle Schulangehörigen mit Funktion aufzählt.
Ein verheißungsvoller Serienauftakt für alle Fans klassischer Krimis, englischer Internatsgeschichten und des englischen Humors. Für alle jungen Leserinnen: ja, es gab auch ein Leben ohne Internet und Smartphones und es war auch lebenswert!

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Knesebeck Verlag für dieses Rezensionsexemplar, auf das ich schon so lange neugierig bin und werde dieser Reihe, die bislang aus 3 Bänden besteht noch weiter folgen.

Sonntag, 25. März 2018

Mord im Weisswurst-Stüberl, Schlemmen, Spielen & Ermitteln, Michaela Küpper & Marlies Müller, Gmeiner Spannung



Mord im Weisswurst-Stüberl, Schlemmen, Spielen & Ermitteln, Michaela Küpper & Marlies Müller, Gmeiner Spannung
Ein Krimi-Dinner für 8 Personen mit Kochbuch für bayrische Schmankerln.

Enthalten sind 8 Gastgeberkarten, 7 persönliche Einladungen, 7 persönliche Top-Secret-Akten, 8 persönliche Regieanweisungen und 1 Kochbuch mit Spielanleitung.

Wir haben in der letzten Zeit, in wechselnden Besetzungen diverse Spiele getestet und bei keinem haben wir so viel gelacht!
Dieses Krimi-Dinner-Spiel ist wirklich sehr ansprechend aufgemacht. Egal ob es bei uns zu Hause lag, oder in der Kanzlei, jeder nahm es sofort in die Hand und hat es bewundert. Was das Spiel bei mir auf der Arbeit zu suchen hatte? Ähäm, ich habe das beiliegende Rezeptbuch teilweise eingescannt und an die Interessierten versendet, damit ich das Büffet nicht alleine zubereiten muss ;) Ging eigentlich prima, die Rezepte sind ansprechend fotografiert und mit humorvollen Bemerkungen präsentiert, die meisten sind Büffet tauglich und auch gar nicht so schwer. Sogar für Promille ist gesorgt, denn es gibt auch Rezepte für Eierlikör, Limcello und Tante Helgas Absacker. Anschließend schickte ich allen Mitspielern ihre persönlichen Einladungen zu, damit jeder in Ruhe zu Hause lesen konnte, welchen Charakter er denn hat und sich entsprechend vorbereiten und kleiden konnte. Da wurde ich tatsächlich, hammermäßig überrascht! Tja, im Rheinland nehmen wir es mit dem Verkleiden ernst!
Die Spielregeln sind einfach. Jeder erhält seine persönliche Regieanweisungen mit nummerierten Redebeiträgen. Unter jedem Redebeitrag ist angegeben, wer als nächster mit welcher Beitragsnummer an der Reihe ist. Mit Improvisationstalent kann man dann auch immer geschickt verbal an den nächsten Spieler übergeben. Ich war doch wirklich erstaunt, welche schauspielerischen Talente an unserem Tisch saßen und bei einem weiß ich nun auch, weshalb er darstellendes Spiel unterrichtet. Zwar war sein Focke Bayer statt Fischkopp, aber dafür mit Schmackes. Man sollte sich seine Rolle auch deshalb schon vorher an schauen, weil z.B. Vroni „Skandal im Sperrbezirk“ schmettert. Je nach Alter, ist einem das eventuell kein Begriff.
Wem die Ideen für die Verkleidung fehlen, der kann sich an dem zünftigen Foto der zwei Autorinnen orientieren – es is halt ned bierernst!
Der Fall ist relativ simpel. 9 ausgebuffte Halunken treffen sich jedes Jahr in einer abgeschiedenen Berghütte, nur diesmal stürzt die liebe Elfriede Butterweck, genannt die Patin bereits am ersten Abend in den Tod. Da aus Diskretionsgründen, nur die Halunken anwesend sein und kein Personal oder Entourage, kann der Täter/die Täterin nur einer der anwesenden 8 schuldig sein. Auch wenn wir mit echten Profi-Ermittlern gespielt haben, die Lösung ist nicht sehr kompliziert, wer mag kann also durchaus 3 maß Weißbier bei diesem Spiel konsumieren. Der Spaß liegt wirklich darin in die jeweiligen Rollen zu schlüpfen und aus den Regieanweisungen das meiste heraus zu holen. Ein leckerer, lockerer Abend mit 8 Freunden. Da liegt die Krux. Man kann das Spiel auch ab 5 Personen spielen, aber einige Rollen können nicht doppelt besetzt werden und dann ist es eigentlich wirklich zu offensichtlich, wer als Täter ausgeschlossen werden kann. Wir waren 8 und das war auch wirklich gut so. Unser Lehrer für darstellendes Spiel hat übrigens gemeint, daß er schon Krimi-Dinner professionell mitgespielt habe und diese wären noch einfacher von der Lösung her gewesen. Es geht halt wirklich vor allem um ein geselliges Beisammen sein.
Dennoch gab es etwas, was für das nächste Spiel noch besser gemacht werden könnte: Schön wäre es, wenn Spielleiter und Mörder auch miträtseln könnten und zumindest der Mörder erst am Ende entlarvt würde auch für ihn. Eventuell mit einer Karte in einem verschlossenen Umschlag. Hier stand in der Top-Secret-Akte des Mörders bereits in einer oberen Zeile, daß er der Mörder sei und immer wenn er zur Tarnung sich dort Notizen machte, mußte er aufpassen, daß niemand den verräterischen Passus „um 19.00h hast Du Elfriede Butterweck vom Balkon gestoßen“.
Unsere Runde bestand fast nur aus Juristen und Lehrern und ausgerechnet die hauptberuflichen Aktenwälzer fanden, daß es zu viel Papierkram sei, woraufhin eine wilde Diskussion entbrannte, welche Seiten man hätte weglassen können. Als Fan des papierhaltigen Büros fand ich es eigentlich prima, aber als Gastgeberin Flori, hatte ich ja auch weniger Papierkram, nämlich nur meine persönlichen Regieanweisungen und die 4 Gastgeberkarten, von denen man 2 ganz am Anfang als Einleitung benötigt und 2 am Ende zur Aufklärung.
Die optische Aufmachung gefiel uns allen aber sehr gut und auch das Preis-Leistungs-Verhältnis ist in Ordnung, wenn man es mit einem Kino-Abend für 8 Personen oder mit anderen derartigen Produkten vergleicht, eigentlich sogar günstig. Man kann in gleicher Zusammensetzung das Spiel nur einmal spielen. Aber anders, als in einem Escape-Room-Spiel (unmöglich zweimal zu spielen, da das Material teilweise zerschnitten werden muss) für zu Hause zum gleichen Preis steht hier tatsächlich in der Anleitung, daß man das Material kopieren können, wenn man das Spiel noch ein weiteres mal mit anderen Gästen spielen wolle. Daher hatte ich auch keine Hemmungen, die Einladungen zu scannen, damit sie alle pünktlich und sicher ankommen.
Mit Lesebrille ist es tatsächlich auch bis 99 Jahre geeignet, das erste Spiel seit Langem, wo wir keine Probleme hatten im abendlichen Kunstlicht die Farben zu unterscheiden, da dies nicht nötig war!
Der zeitliche Rahmen ist mit 1,5 h ziemlich realistisch angesetzt.
Für Spieler, die gerne Rollenspiele spielen oder komödiantisches Talent haben „A Mords-Gaudi!“, andere sollten die Finger davon lassen.

Wir bedanken uns ganz herzlich beim Gmeiner Verlag für diesen gelungenen Abend!