Dienstag, 9. Mai 2017

Johnny Sinclair. Beruf: Geisterjäger, Sabine Städing, Baumhaus Verlag



Johnny Sinclair. Beruf: Geisterjäger, Sabine Städing, Baumhaus Verlag
Der junge 12- jährige Johnny Sinclair lebt alleine mit seinem karibischen Kindermädchen Cécile auf Greyman Castle, hoch in den schottischen Highlands, nur vom Churchmoor und der Festwiese vom kleinen schottischen Örtchen Blacktooth getrennt. Allerdings gehen Johnny die Geister auf den Keks, die ihn einfach nicht in Ruhe lassen wollen. Cécile versucht zwar mit Vodoo, die Geister (den säbelschwingenden Highlander, den alten Uhrmacher Mr. Hopkins, die gesichtslose Braut und Tommy Drum) zu vertreiben, aber die juckt das nicht. In seiner Verzweiflung schreibt Johnny schon an Schottland Yard mit der Bitte Inspector John Sinclair möge ihm zur Hilfe kommen. Vergeblich.
Doch nach einem ziemlich ätzenden Schultag verläuft Johnny sich im Nebel im Moor und findet einen tätowierten Totenschädel der noch dazu sprechen kann. Mit seiner Erfahrung aus mehreren hundert Jahren will er Johnny beistehen die Geister von der Burg zu vertreiben. Johnny fällt fast vor Schreck in Ohnmacht, als er zum ersten Mal die Stimme des Schädels hört. Doch er kennt sich offensichtlich aus mit der Welt des paranormalen. Er empfiehlt dringen einen Assistenten mit auf die Geisterjagd zu nehmen. Doch ob ausgerechnet Johnnys bester Freund, der aus England zugezogene Russel der Richtige für den Job ist?
Dies ist der Auftakt einer neuen Serie von Sabine Städing, deren Petronella und Fox Girls Geschichten meine Töchter lieben! Diese Reihe richtet sich an Jungs und Mädchen die Geistergeschichten mögen und meine Älteste steht gerade total auf Scary Harry und Die Gespensterjäger. Das Buch mußten wir daher einfach lesen!
Schon das schwarzgrüne Cover mit dem mehrdeutigen Bild ist schon herrlich gruselig und geheimnisvoll zugleich. Der Schriftzug ist an die legendäre John Sinclair Heftchenreihe angelehnt. Ansonsten hat es optisch aber nichts mit Groschenromanen gemein. Im Inneneinband vorne, sieht man Johnnys Ahnengalerie abgebildet. Im hinteren Klappeneinband ist eine Karte von Greyman Castle und seiner Umgebung zu erkennen. Der Lageplan ist sowohl hilfreich, als auch anschaulich, während die Gemäldegalerie vor allem alte Burgatmosphäre verbreitet.
Der Einstieg in die Geschichte ist gleich schon schaurig, als man Johnny kennenlernt, der auf der Flucht vor den Hausgeistern die Uhrenschläge zählt, um noch rechtzeitig in sein Zimmer zu gelangen. Eine ganzseitige schwarz-weiß Zeichnung zeigt die düstere Burg auf einer Anhöhe einsam und alleine in der Dunkelheit daliegen. Nach diesem gruseligen Anfang ist echt eine humoristische Erleichterung für die Nerven Cécile, das nicht ganz alltägliche Vodoo-Kindermädchen von Johnny kennenzulernen. Diese hält auf der Burg spirituelle Séancen und Konsultationen mit dem Jenseits für alle Leichtgläubigen des Dorfes und der weiteren Umgebung ab. Zum Glück hat Johnny noch seinen Schulfreund Russel, der ihm manchmal auf der Burg Gesellschaft leisten darf, trotz seiner übervorsichtigen Mutter, der der Stammsitz der Sinclairs nicht ganz geheuer ist (warum wohl?).
Außerdem begleitet man Johnny in die Schule, lernt die fiesen Klassenmobber Barty und Alfie kennen, sowie die wunderliche Millie, die ständig im Unterricht einschläft und stets schwarz trägt. Der eigentliche Knaller der Geschichte ist allerdings der tätowierte sprechende Totenkopf Erasmus, auf den auch Cécile ein Auge geworfen hat.
Gekonnt spielt Sabine Städing mit Erwartungen und Vorurteilen. Zuerst sind einem Cécile und Russel sympathisch, doch irgendwann wurde ich ganz schön sauer auf Cécile, die anscheinend nur ihre eigenen finanziellen Interessen verfolgt, statt auf Johnny zu achten und Russell schien einfach nur dusselig und ängstlich. Ausgerechnet der sollte Johnnys Assistent werden? Dieses hin und her in der Erwartungshaltung baut noch mal eine ganz eigene Spannung auf, fern ab der Geister dieser Burg.
Eigentlich stört es mich, daß immer häufiger deutsche Kinderbücher mit englischen Begriffen gespickt sind und in England oder in den Staaten spielen. Wozu? Die Kinder sollen erst einmal ihre Muttersprache lesen können, ehe sie Sprachen lesen, die sie noch nicht gelernt haben (ich bin als Kind mal an dem Wort Teenagerzimmer verzweifelt. Wer um alles in der Welt nagt denn Tee und wozu braucht man da ein Zimmer für?). Da dies jedoch die Kinderserie zum legendären Geisterjäger John Sinclair ist, ist dies nun ausnahmsweise begründet, daß die Geschichte in den schottischen Highlands spielt. Meine Tochter im 4. Schuljahr tat sich dennoch mit den vielen engl. Namen und Begriffen schwer, so daß ich schließlich vorgelesen habe, damit sie den Sinn der Geschichte noch begreift und ich die Wörter erklären kann. Daher finde ich es super, daß die Geschichte als Hörspiel vertont wird. Dann lernt sie den Klang und die Bedeutung der Wörter durch mehrmaliges Hören und wird Band 2 dann vielleicht alleine lesen können (nein, sie wird nicht wirklich Englisch in der 5. Klasse lernen, der Schulwechsel wird nicht helfen, wenn man sich für Französisch als 1. Fremdsprache entscheidet).
Zu Beginn gibt es ein paar wenige weniger spannende Passagen, da die Welt des Johnny Sinclair ja nun erst mal erschaffen werden muß (nein, ich verwende nun bewußt nicht das Wort Worldbuilding), ein Grund warum die ersten Bände einer Reihe meist nicht ganz so aufregend sind, wie die 2. Bände. Doch wird dieser erste Fall von Johnny abgeschlossen und der zweite wird ihm zum Ende auf äußerst mysteriöse Weise erteilt. Das ist ein echter Cliffhanger. Johannas Kommentar, als das Buch endete: Können wir jetzt mit Band 2 weiterlesen? Äh, der ist noch nicht erschienen? Und das Hörspiel? Kommt auch erst noch. Wir bleiben also gespannt und vergeben eine Leseempfehlung mit 4,5 Sternen, weil wir denken, daß Band 2, jetzt da wir wissen wer wer ist und was wo liegt, noch spannender wird und das muß man ja irgendwie dann auch noch ausdrücken können.
Für Fans von gruseligen Geisterjägergeschichten ein echter Gänsehautspaß für Jungs und Mädchen ab 10 Jahren!

Sonntag, 7. Mai 2017

Urlaubstraum(a) Deutschland: Wellen, Berge, Bauernhof… warum es zu Hause doch am schrägsten ist, Heike Abidi, Anja Koeseling (Hersg), Edel Books



Urlaubstraum(a) Deutschland: Wellen, Berge, Bauernhof… warum es zu Hause doch am schrägsten ist, Heike Abidi, Anja Koeseling (Hrsg), Edel Books
Urlaub in Deutschland ist langweilig und da können es gesammelte Geschichten über derartige Urlaubserlebnisse auch nur werden? Von wegen!
Diese Anthologie gliedert sich in 5 Kapitel zu 5 Themenschwerpunkten: 1. Ferien im, auf und am Wasser, 2. Campingurlaub, 3. Aktivurlaub, 4. Erlebnis- und Genießertouren und 5. Urlaub in der Stadt.
Die unter diesen Nennern zusammengetragenen Geschichten sind teilweise so schräg und auch so treffend, daß es zwar im Anhang die Autorenbiografien zu den 24 skurrilen, lustigen und echt wahren Urlaubserlebnissen gibt, die meisten Autoren jedoch eine Zuordnung zu ihren Erlebnissen vermeiden wollten. Das ist sehr verständlich, aber auch ein bißchen schade, wenn einem ein Schreibstil besonders gut gefiel und man von derjenigen/demjenigen der dies erzählte gerne mehr lesen würde.
Einige meiner Lieblingsgeschichten sind zu Glück nicht davon betroffen. So habe ich bei Heike Abidis: „Weinprobe erfolgreich, Tränen gelacht“ über eine Weinprobe im pfälzischen Nachbardorf Tränen gelacht! Das war so skurril und doch so aus dem Leben gegriffen, herrlich komisch geschrieben und doch so wahr!
Aber auch „Das Monster von Loch Bodensee“ von Julia Reibel zeigt wie Erwartungen auf den Kopf gestellt werden können, durch geschicktes elterliches Marketing aus einem erwarteten Urlaub am Bodensee voller Langeweile, ein Abenteuer der Extraklasse mit jede Menge Followern wird.
Und ja, ich gestehe, ich bin kein Fan von Camping und über die Einführung in dieses Kapitel „Der Mensch gibt das meiste Geld dafür aus, dass er es im Alltag schön bequem hat: Er kauf ein schickes Auto, ein gemütliches Bett, jede Menge arbeitserleichternde Gerätschaften…. Aber einmal im Jahr verhält er sich vollkommen absurd: Da gibt er seine sauer verdienten Ersparnisse dafür aus, es zwei Wochen lang so unkomfortabel wie möglich zu haben. Beim Campingurlaub. Versuchen Sie das einmal einem Außerirdischen zu erklären!“ ließ mich schon grinsen. Ja, ich mag im Urlaub mein eigenes Bad und Duschmarken und lästige Wege zu den Sanitäreinrichtungen sind nicht so meins, aber mit „Trompi der Dauercamper“ hat Anne Schmuhl mich doch ein wenig nachdenklich gestimmt (dabei ist die Geschichte durchaus amüsant), ob Camping wirklich so entsetzlich ist, oder ob diese eingeschworene Gemeinschaft nicht doch ein guter Grund ist, um auf ein wenig sanitären Komfort zu verzichten.
So unterschiedlich die Geschichten sind, so unterschiedlich sind auch die Autoren und ihre Biografien. Anne Schmuhl Jahrgang 1976 ist studierte Modedesignerin und lebt auch sonst von der Mode und Musikbranche, indem sie zahlreiche bekannte Bands einkleidet und auch z.T. auf ihren Touren begleitet. Das wird zwar zu Beginn der Geschichte angedeutet, ihr Schreibtalent wird dadurch aber nicht nachhaltig beieinflusst.
Nicht alle Geschichten sind lustig. Einige sind eher nachdenklich oder einfach schön! „Stadtmaus, Landei, Liebe!“ ist zum Beispiel Seelenbalsam, der meiner Seele sicherlich besser tut, als ein mehrwöchiges Meditationsseminar wie in „Urlaub von mir selbst“. Ein erfolgreicher, gestresstes Singlemann geht mit einem alten Grundschulkumpel auf ein Schweige-Meditationsseminar und findet zu sich selbst. Das war mir echt zu krass, aber ich verspüre ja im Gegensatz zu ihm auch kein Bedürfnis nach Drogen sobald ich in Berlin ankomme, sondern bin gefestigt genug, um Apfelschorle zu trinken ;) Ja, es gibt auch Geschichten, die einen in den bisherigen Abneigungen bestätigt, während andere einen doch ins Grübeln bringen: In „Jakobsweg trifft Kehrwoch‘ (Pilgern nicht nur)“ in der eine junge Volontärin eine Pilgergruppe auf dem schwäbischen Jakobsweg begleitet und obwohl sie den Altersschnitt deutlich senkt, nicht nur einen interessanten Artikel mit nach Hause nimmt, schafft es Petra Plaum meine Abneigung gegen Wanderurlaube oder Pilgerungen zumindest in Frage zu stellen und den Reiz nachzuvollziehen.
Einige Geschichten sind großartig, andere wirklich nachhaltig, wenige nicht so meine Welt, aber nie habe ich mich gelangweilt! Ich wurde bestens unterhalten und auch wenn ich vorhatte das Buch über Wochen verteilt zwischen mehrere Bücher (um langsam den Kopf nach besonders packender Lektüre wieder frei zu bekommen) und auf mehrere Schwimmbadcafé-sitzen und Kinder bestauen-Tage zu verteilen, konnte ich irgendwie nicht aufhören. Die Geschichten waren einfach zu unterschiedlich, als daß sich Abnutzungserscheinungen einschleichen konnten. Gerade für Menschen, die viel warten müssen oder eher wenig lesen, weil sie nie Zeit dafür haben, ist diese Sammlung mit 24 Kurzgeschichten um und über Urlaub in Deutschland die optimale Urlaubslektüre, sie macht wirklich Spaß und gute Laune.
Ich empfehle sie gerne mit 4 von 5 Sternen weiter und bin gespannt, welchem Thema sich die Herausgeberinnern sich nach Schwiegermüttern, Horror am Arbeitsplatz und Wartezimmererlebnissen sich in ihrer nächsten Anthologie nähern werden. Es war sicher nicht meine letzten von Heike Abidi und Anja Koesling.