Freitag, 27. Januar 2017

Fingerweg! Susanne Fülscher



Fingerweg! Susanne Fülscher, Carlsen Verlag
Lisa ist 18 Jahre, jung, hübsch, intelligent, eine gute Schülerin, aus liebevollen, geordneten Verhältnissen, selbstbewußt und steckt in der Vorfreude auf ihren Abiball am Abend, als ein Anruf kommt, der ihr Leben verändert: Maxime Léon, der erfolgreiche, gutaussehende Regisseur und Filmemacher antwortet endlich auf ihre Bewerbung und lädt sie morgen am Sonntag um 10.00h in sein Büro zu einem Vorstellungsgespräch! Das ist ihre Chance! Dieses Praktikum kann ihre die Türen zur Filmbranche öffnen und sie ihrem Traumberuf als Produzentin oder Regisseurin einen Schritt näher kommen.
Übermüdet und glücklich geht sie zum Vorstellunggespräch und erhält eine Zusage. Ihre beste Freundin Marie ist nun etwas traurig, weil sie nicht gemeinsam nach Kanada fliegen und sich die erträumte Auszeit zu nehmen, doch für Lisa geht ein Traum in Erfüllung. Bereits kurz vor Marie’s Abflug kommen Lisa einige Bemerkungen und Gesten von Maxime merkwürdig vor. Sie fängt an zu zweifeln, ob sie zu empfindlich ist, sich etwas einbildet? Auf jeden Fall, will sie ihre Freundin vor dem Abflug nicht belasten und so fliegt diese ahnungslos um die halbe Welt, während sich das vermeintliche Traumpraktikum als sehr lehrreich und gleichzeitig abstoßend erweist. Lisa steckt in der Zwickmühle.
Sehr gut beschrieben wird bereits zu Beginn Lisa’s Persönlichkeit, ihre exklusive Freundschaft mit Marie und ihr liebevolles Elternhaus. Auf das was da auf sie zukommt, ist Lisa in keinster Weise vorbereitet. Auch wenn sie selbstbewußt ist und zielstrebig, fühlt sie sich ihrem großen Vorbild gegenüber völlig hilflos. Aus dieser Hilflosigkeit und Machtlosigkeit entwickelt sich die Bewunderung zu Ekel. Wunderbar einfühlsam wird beschrieben, welche Kleinigkeiten bei dem jungen Mädchen mit der Zeit Übelkeit hervorrufen. Wie sich die Lage mit Eskalation und Deeskalation zuspitzt. Wie Maxime mit geschicktem Taktieren Lisa zu manipulieren versucht und seine Macht über ihre Berufsträume schamlos ausnutzt. Das Thema des sexuellen Mißbrauchs von beruflich Abhängigen wird sehr bildlich und emotional thematisiert. Wie das Opfer an sich selbst zweifelt, Fehler bei sich selbst sucht, die vermeintliche Isolation von Freunden vor Ort die Verletzlichkeit steigert, die Scham sich anzuvertrauen, all das wird wunderbar nachfühlbar verbalisiert. Die Geschichte ist somit hochspannend, da man hofft, daß Lisa es endlich schafft sich zu wehren und Maxime zu zeigen, daß er unverzeihlich übergriffig ist, aber auch sehr emotional und Mut machend.
Ja, Lisa mag naiv gewesen sein zu Beginn. Dennoch ist sie dadurch nicht an ihrer Misere schuld. Was Maxime macht ist unverzeihlich und wiederholt sich sicherlich, während ich diese Rezension verfasse, mehrfach auf dieser Welt. Das bekannteste Beispiel ist wohl Monica Lewinski, die Bill Clinton sicher nicht so anziehend fand, wie er sich selbst. Gerade weil dieses Buch keinen Einzelfall anspricht, sondern gelebte Erfahrungen der Autorin mit verarbeitet, die sich auf die ein oder andere Art immer wieder überall wiederholen, ist dieses Buch wichtig. Es ist wichtig, daß die Opfer aus ihrer Ohnmacht erwachen und sich wehren!  Dieser Prozess ist wirklich mitreißend beschrieben, mit einem wirklich überzeugenden  Ende. Sehr passend für die Zielgruppe, optimistisch aber nicht kitschig.
Anders als der Verlag, würde ich das Buch erst ab 14 Jahren empfehlen. Aber dann ganz ernsthaft.
Lehrer sollten es ihren Schülern, Mütter ihren Töchtern zu lesen geben. Wehrt Euch habt Mut! Ich hoffe, dieses rundum gelungene Werk erhält die Aufmerksamkeit die es verdient, die das Thema verdient. Bitte lest es! Dies ist mehr als eine Leseempfehlung mit 5 Sternen, es ist die dringende Bitte dieses hervorragende Buch zu lesen. Hoffentlich wird es im Schulunterricht verwendet, zur Vorbereitung auf das

Montag, 23. Januar 2017

Der magische Blumenladen 4: Die Reise zu den Wunderbeeren, von Gina Meyer



Der magische Blumenladen 4: Die Reise zu den Wunderbeeren, von Gina Meyer, gelesen von Marion Elskis, Verlag Jumbo neue Medien
Tante Abigails Nachbar Mr. Juniper macht sich Sorgen, da seine Frau spurlos verschwunden ist. Als Tante Abigail sich auf die Suche macht verschwindet auch plötzlich sie. Unerlaubter Weise nimmt Violet wieder das magische Blumenbuch zur Hand und erfährt dank ihrer Gabe, daß die Mirakelbeeren ihr den Weg zu den Verschwundenen weisen könnte. Doch Tante Abigails Vorrat ist aufgebraucht und in dem Vorratsglas befindet sich eine Kontaktadresse von Mr. McCinéad in Schottland. Dieser will die Beeren nicht verschicken, sondern besteht darauf, daß Violet persönlich vorbei kommt. Doch eine Fahrkarte ist teuer, schon für eine Fahrkarte fehlt den Kindern das Geld geschweige denn für 3! Daher bleiben Zack und Jack zu Hause und verschleiern Violets Abwesenheit, damit Violet die Reise antreten kann, obwohl sie keine Ahnung haben, wie Violet das Zugticket bezahlt.
Meine jüngste Tochter ist 7,5 Jahre alt und hört Hörbücher hoch und runter. Dieses hörte sie 3 mal, dann wurde es ausgetauscht. Als ich sie fragte, wie es ihr gefallen habe, meinte sie: Ich mochte nicht, daß Violet einfach das Geld für die armen Menschen genommen hat, um nach Schottland zu fahren, das darf man nicht und die sind viel ärmer. Das Kind sah sich in einem echten Gewissenkonflikt, weil sie die Serie eigentlich sehr gerne mag. Violet bricht häufiger Regeln ihrer Tante, aber die Spenden für die Bedürftigen zu entwenden um ein Zugticket zu kaufen, kam für sie gar nicht in Frage. Dafür hätte sie sich anders Hilfe suchen müssen, aber nicht so.
Schön an dieser Folge ist, daß man durch die auf dem Klappentext erwähnte Entdeckung des Tagebuchs von Violets verstorbener Mutter etwas mehr über Violets Familie und deren besonderer magischer Begabung erfährt. Auch gelungen ist es, daß immer wieder bereits bekannte Charaktere eine wichtige Rolle spielen, so daß sich die Kinder auf den Fortgang der Geschichte konzentrieren können. Diese beschreibt auch einen angemessenen Spannungsbogen für die Zielgruppe der Mädchen von 7- 9 Jahren. Die Geschichte ist nicht wahnsinnig spannend und eignet sich somit auch gut zum Einschlafen, aber das heißt nicht, daß sie langweilig ist. Einfach eine tolle Mischung aus Magie, Fantasie und einem geheimnisvollen Verschwinden. Wie für dieses Alter nicht anders zu erwarten, löst sich am Ende alles in Wohlgefallen auf.
Das Hörbuch verzichtet großteils auf die Illustrationen der von uns sehr geschätzten Joelle Tourlonias. Doch gibt es ein kleines Booklet mit dem schönen Buchcover und einigen Illustrationen, sowie der Bastelanleitung für eine duftende Weihnachtskugel mit Nelke und Orange. Damit sind die wichtigsten Illustrationen des Buches auch enthalten, da in dieser Reihe oft Nebensächlichkeiten wie Klingelknöpfe, Namensschilder oder Gebäck das Buch zieren. Ein guter Grund mal das Hörbuch zu testen.
Marion Elskis war nun leider die erste Sprecherin des Jumbo Verlages die uns nicht völlig überzeugen konnte. Ich fand sie bisweilen etwas bemüht fröhlich und ein ganz großer Kritikpunkt von mir und meiner Jüngsten war: Jack (eigentlich Jaqueline) ist ein echter Wildfang. Daher ist es uns völlig unerklärlich, warum ausgerechnet sie eine solch piepsige Stimme erhielt. Zack konnte ich akustisch nicht besonders ausmachen und auch Violet fand ich etwas jung klingend. Das ist wohl auch der Grund, warum die Große mit 9,5 Jahren, die problemlos auch noch Geschichten ab 4 Jahren hört, kein Bedürfnis hatte mitzuhören, obwohl der erste Band der Reihe ihr als Buch gefallen hatte. Wirklich toll gelingen der Sprecherin jedoch Tante Abigails Tiere. Ihr sprechender Sittich ist wirklich toll umgesetzt worden.
Wie auch einige andere Hörbücher des Verlages ist dieses Buch mit einer Art Erkennungsmelodie versehen. Diese finde ich nicht so cool wie die von Scary Harry und Sherlock von Schlotterfels. Aber ihre blumige Art scheint meiner Jüngsten zu gefallen.
Ein Stern ziehen wir für das kindlich moralische Missfallen für den Diebstahl an den Armen und einen für die Sprecherin ab. Wir vergeben gerne 3 von 5 Sternen für ein nettes, kurzweiliges Hörbuch.