Dienstag, 26. April 2022

Die Jaguargöttin – Katja Brandis, Arena Verlag

 Die Jaguargöttin – Katja Brandis, Arena Verlag

Tief im mexikanischen Dschungel liegt das Königreich Elámon, in welchem Tierwandler als Götter verehrt werden. Die Jaguargötter stehen in der Hierarchie der Gottheiten am höchsten, wie es schon ihr prächtiger Tempel deutlich macht. Die Jagd wird ihnen erspart, in Audienzen teilen sie mit den Bittstellern, die Opfergaben bringen, ihre göttlichen Fähigkeiten. Jeder Tierwandler verfügt über eine göttliche Fähigkeit, die er auf andere übertragen kann und sie somit teilt. Die junge Kitana verfügt über die Gabe, die Beschenkten über sich selbst hinauswachsen zu lassen. König Yucal hat ein Auge auf das schöne Mädchen geworfen, doch ihr ist der „alte Kerl“ zuwider! Offen zeigt sie ihre Abneigung, was nicht klug ist. Xunan der erste Prister paktiert daher heimlich hinter dem Rücken der Götter und will diese gegen Schlangengötter ersetzen, nach dem Mord an Kitanas Vater. Im Urwald trifft sie den todkranken Pantherwandler Ecco, dessen Leben sie rettet. Obwohl er als Wildtier der Stadt gegenüber misstrauisch ist, willigt er ein, Kitana gegen den Umsturzversuch Xunans zu helfen. Auch ihr Jugendfreund, der junge Sternenpriester Axar steht ihr bei.

 

Anfangs war das Eintauchen in den mexikanischen Dschungel und ein Reich mit Göttern und Priestern ungewohnt, aber durchaus faszinierend. Es werden parallel die Schicksale von Ecco und Kitana erzählt, bis sich ihre Wege kreuzen.Wechsel der Erzählstränge werden durch Dschungelblatt-Vignetten angezeigt. Das hat meine Tochter anfangs etwas irritiert, aber wir fanden es auch beide gut, dass es nicht an Woodwalkers oder Seawalkers erinnerte, sondern ganz eigenständig ist. Auch ist diese Erzählung in sich abgeschlossen und kein Reihenauftakt. Das Worldbuilding erfolgt hier sehr behutsam und intensiv. Meine Tochter fand aber nicht immer alles ganz logisch und sah mich dann verwundert an, wobei ich über die gleichen Details gestolpert bin. Aber wir hatten viel Spaß gemeinsam über das Buch zu diskutieren. So haben wir auch überlegt, ob wir es gut fänden Götter zu sein, oder Priester? Den Protagonisten geht es zum Teil nicht anders und so haben wir den kleinen rebellischen Echsenwandler Yaddi, der auf keinen Fall ein Gott sein will und eigentlich auch seine menschliche Gestalt meidet, sehr gut verstanden. Sein innerer Monolog zeigt sehr gut die Tragweite dieses Weltbildes. Er sticht völlig aus den übrigen Protagonisten hervor, eben weil er entschieden hat nicht dazuzugehören, sondern lieber alles zu beobachten.

 

Kitana ist für ihre Welt nun mit 16 Jahren eine junge Frau, dass der König sie zur Frau nehmen will, hat meine Tochter doch etwas entsetzt. Dafür ist sie doch zu jung! Doch für die Liebe ist Kitana nicht zu jung und so stürzt sie dieses Abenteuer in ein Gefühlschaos, dass sie innerlich aus der Bahn wirft. Stets hegte sie zärtliche Gefühle für den jungen Sternenpriester Axar, ihren Freund aus Kindertagen, aber Ecco mit seiner Wildheit, Kraft und dem Reiz des Unbekannten, bringt sie völlig aus dem Konzept und lässt ihr Herz schneller schlagen! Ecco geht es nicht anders, denn eigentlich ist auch er schon gebunden, an Izora, eine stolze Pantherwandlerin seines Clans. Ebenso zerrissen fühlt sie sich zwischen dem Leben in der Stadt und der Wildnis. Bis sie von dem Verrat erfährt, hat sich Kitana noch nie weiter in den Urwald hineingetraut, geschweige denn dort gelebt... Auch wenn ihr hier die Nahrung nicht auf dem Silbertablett serviert wird, fesselt sie die Wildnis und sie erkennt ihren Wert. Die Pläne den Wald zu roden lösen jetzt, da sie den Wald kennt, noch mehr Entsetzen aus. Ihr ist klar, dass die Abholzung des Waldes, das Dürreproblem der angrenzenden Städte noch vergrößern wird, von der Nahrungsknappheit ganz zu schweigen. So kreuzen sich hier mehrere Problemfelder, die ineinandergreifen und auch miteinander verbunden sind. Dadurch wird die Geschichte auch nicht von Problemen überladen, sondern getragen und bauen logisch auch die Spannung auf. Es ist das Spannungsfeld zwischen Kultur und Wildnis, Kopf und Gefühl, das hier für den Kampf der Rivalen und die immer wieder neu aufflammende Spannung sorgt. Am Ende kommt es natürlich zu einem Showdown, der die Geschichte auflöst. So wie das Leben nun einmal ist, löst sich nicht alles in Wohlgefallen auf, aber es gibt einen optimistischen Ausblick in die Zukunft und aktuell ist es die bestmögliche Lösung bei aller Trauer....

 

Das Buch ist sehr liebevoll und hochwertig gestaltet, was sich nicht nur an dem Hingucker-Cover zeigt, sondern auch an den Übersichtskarten von Elámon und dem Dschungel im Anhang, als auch in der Botschaft der Autorin. Diese ruft zum Schutz der Wälder auf und gibt Tipps, wie auch schon Kinder und Jugendliche dazu beitragen können. Logisch, dass dieses Buch umweltfreundlich hergestellt wurde, in Deutschland gedruckt auf recyceltem Papier und mit blauem Umweltengel.

 

Empfohlen wird dieses Buch ab 12 Jahren. Aufgrund der romantischen Verwicklungen, die zu Zärtlichkeiten und sogar einer Schwangerschaft führen, ist diese Altersangabe tatsächlich zutreffend. Für Jüngere kommt einfach zu viel Liebe vor, ab zwölf Jahren aber wirklich zu empfehlen.

 

Vielen lieben Dank für unser Leserundenexemplar an Lovelybooks und den Arena Verlag.

 

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Montag, 25. April 2022

Der Tag an dem ich versehentlich die ganze Welt belog, Lisa Thompson, gelesen von Julian Greis, Hörcompany 1 MP3 5 h 42 mino


Der Tag an dem ich versehentlich die ganze Welt belog, Lisa Thompson, gelesen von Julian Greis, Hörcompany 1 MP3 5 h 42 mino

 
Cole (12) geht in die 7. Klasse und wird von den Klassenmobbern „Poor Kid Cole“ genannt. Seine Mutter wurde mit 18 mit ihm schwanger, als sie eigentlich Geschichte studieren wollte. Inzwischen ernährt sie die Familie mit einem Job im Museum und sein Vater hat seinen Rowdy-Job an den Nagel gehängt, um sich um die zwei Kinder zu kümmern. Dennoch reicht das Geld hinten und vorne nicht. Deswegen kann er nicht mit auf die Klassenfahrt in den Vergnügungspark und muss mit seinem Freund Mason den Kunstsaal aufräumen. Masons Eltern hatten keine Zeit die Anmeldung auszufüllen, sie sind immer nur am Arbeiten. Als einen Tag später die weltberühmte Künstlerin ihre alte Schule besucht, ist sie von Coles Bild ganz begeistert. Sie nimmt sein „Meisterwerk“ mit und veräußert es für 1.000,- Pfund. Da das Museum kurz vor der Schließung steht, ist es für die Familie ein Segen, dass Cole nun als der neue Stern am Kunsthimmel gilt. Doch Cole, der gerade erst mit Mason und der super schlauen Isla das Rätsel des Museums lösen wollte, um einen Schatz zu finden, ist ganz schön überfordert, von dem Druck.

Die Geschichte lies mich immer wieder an „Des Kaisers neue Kleider“ denken. Der Kunstmarkt ist so überhitzt, dass er jedem Trend nachjagt, sofern sein Verkünder glaubhaft genug ist. Doch Cole fühlt sich von der Aufmerksamkeit völlig überfahren. Dabei kam sein Leben durch die gemeinsame Schatzsuche mit Mason und Isla gerade erst in Fahrt. Nun hat er keine Zeit mehr dafür, weil er ein neues Meisterwerk erschaffen soll. Seine Eltern hingegen sind mit der Jobsuche vollauf beschäftigt, um die drohende völlige Verarmung abzuwenden. Coles Situation ist in England nicht so ungewöhnlich, dennoch tat er mir unglaublich leid, weil er ein pfiffiger Typ ist und seine Eltern sehr liebevoll. Er gerät in einen Strudel der Ereignisse, der ihn völlig umhaut und bei dem auch niemand so recht bedenkt, wie jung er mit 12 Jahren erst ist und wie hoch der Druck ist, der nun auf ihm lastet. Das empfand ich auch als unglaublich ungerecht. Wie der Titel schon sagt, wird Cole vorgeworfen, die ganze Welt belogen zu haben, doch niemand fragt, warum ein 12-Jähriger so etwas tut. Vor lauter eigenen Sorgen um den Familienunterhalt und den Renovierungsstau im Haus, hört ihm keiner zu, als er von dem Erlebnis im Kunstunterricht spricht und auch später interessiert sich Eltern, Lehrer und Künstlerin nicht dafür, wie es Cole schafft, mit diesem unglaublich hohem Erwartungsdruck umzugehen. Cole ist ein ehrlicher und anständiger Junge, der so etwas eigentlich nicht tun würde, aber keinen anderen Ausweg sieht, um seine Familie vor dem Ruin zu retten. Naja, zuvor hatte er ja schon eine Idee, als er mit Mason und der unglaublich vielseitig begabten Isla auf Schatzsuche geht... Diese Schatzsuche war seine Idee, daher blüht er bei dieser absolut auf, aber nicht nur er, sondern auch Mason und Isla, die den Schatz gar nicht nötig haben. Aber es ist das Gemeinschaftserlebnis, dass für sie so besonders ist, dass es auf jeden von ihnen ankommt, dass sie wirklich wahrgenommen werden und nicht nur sie als Funktion, des Vorzeigekindes... Isla ist nämlich so begabt, auf sämtlichen Gebieten, dass ihre unglaublichen Leistungen selbstverständlich sind und von ihr erwartet werden. Kindsein ist ihr damit eigentlich nicht gestattet, genauso wenig wie Mason, da Kinder ja Schmutz und Lärm und potenzielle Gefahren für die teure Einrichtung bedeuten. Drei Kinder aus ganz unterschiedlichen Familien und keines von ihnen hat eine unbeschwerte Kindheit. Eigentlich ist es deswegen an vielen Stellen wirklich traurig, gerade weil ich es so ungerecht finde. Aber dennoch erleben sie letztendlich ihren Triumph und es gibt auch richtig schöne und witzige Momente! Für alle Kinder, die von Ruhm und Reichtum träumen, eine Geschichte, die diese Träume hinterfragt und einiges wieder in die richtige Perspektive rückt.
 
Lisa Thompson erzählt sehr einfühlsam von den Träumen und Nöten der Heranwachsenden, von der Bedeutung der Freundschaft, aber auch von der allgegenwärtigen Hackordnung an Schulen. Ihre Schilderung der alltäglichen Kinderarmut gerade auch, aufgrund der hohen Quote an Teenagerschwangerschaften in England, ist sehr eindrücklich, aber nicht einfach schwermütig. Dabei schafft sie es geschickt den Spannungsbogen neu zu spannen und mit einem erleichterten Kichern ausklingen zu lassen. Bisweilen wird für meinen Geschmack etwas von der Logik zu Gunsten der Dramaturgie abgewichen. Nach dieser Geschichte wird sich sicherlich kein Kind freiwillig für die Zeitung oder das Fernsehen interviewen lassen. Diese Emotionen greift Julian Greis geschickt auf und setzt die Pointen geschickt. Seine junge, sympathische Stimme macht Coles Verzweiflung und seine Existenzängste ebenso deutlich, wie seine Begeisterung oder Staunen oder eben seine Genervtheit, wenn er mal wieder das Lieblingsspiel seiner Schwester Mabel bis zum Umfallen mit ihr spielen muss. Diese junge Dame hat ihn völlig im Griff und auch ihr verleiht Julian Greis eine kindliche Stimme, die in ihrer Hartnäckigkeit unerbittlich sein kann. Kurzweilig und emotionsstark interpretiert er diese Geschichte eines riesen Skandals in der überhitzten Kunstwelt.
 
Eine sehr ungewöhnliche Geschichte, der ich gebannt gelauscht habe, um endlich zu erfahren, wie Cole denn aus diesem Schlamassel wieder rauskommt!
 
Vielen lieben Dank an die Hörcompany für mein Hörexemplar!
 
Hier findet Ihr eine Hörprobe:
 
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