Montag, 25. April 2022

Der Tag an dem ich versehentlich die ganze Welt belog, Lisa Thompson, gelesen von Julian Greis, Hörcompany 1 MP3 5 h 42 mino


Der Tag an dem ich versehentlich die ganze Welt belog, Lisa Thompson, gelesen von Julian Greis, Hörcompany 1 MP3 5 h 42 mino

 
Cole (12) geht in die 7. Klasse und wird von den Klassenmobbern „Poor Kid Cole“ genannt. Seine Mutter wurde mit 18 mit ihm schwanger, als sie eigentlich Geschichte studieren wollte. Inzwischen ernährt sie die Familie mit einem Job im Museum und sein Vater hat seinen Rowdy-Job an den Nagel gehängt, um sich um die zwei Kinder zu kümmern. Dennoch reicht das Geld hinten und vorne nicht. Deswegen kann er nicht mit auf die Klassenfahrt in den Vergnügungspark und muss mit seinem Freund Mason den Kunstsaal aufräumen. Masons Eltern hatten keine Zeit die Anmeldung auszufüllen, sie sind immer nur am Arbeiten. Als einen Tag später die weltberühmte Künstlerin ihre alte Schule besucht, ist sie von Coles Bild ganz begeistert. Sie nimmt sein „Meisterwerk“ mit und veräußert es für 1.000,- Pfund. Da das Museum kurz vor der Schließung steht, ist es für die Familie ein Segen, dass Cole nun als der neue Stern am Kunsthimmel gilt. Doch Cole, der gerade erst mit Mason und der super schlauen Isla das Rätsel des Museums lösen wollte, um einen Schatz zu finden, ist ganz schön überfordert, von dem Druck.

Die Geschichte lies mich immer wieder an „Des Kaisers neue Kleider“ denken. Der Kunstmarkt ist so überhitzt, dass er jedem Trend nachjagt, sofern sein Verkünder glaubhaft genug ist. Doch Cole fühlt sich von der Aufmerksamkeit völlig überfahren. Dabei kam sein Leben durch die gemeinsame Schatzsuche mit Mason und Isla gerade erst in Fahrt. Nun hat er keine Zeit mehr dafür, weil er ein neues Meisterwerk erschaffen soll. Seine Eltern hingegen sind mit der Jobsuche vollauf beschäftigt, um die drohende völlige Verarmung abzuwenden. Coles Situation ist in England nicht so ungewöhnlich, dennoch tat er mir unglaublich leid, weil er ein pfiffiger Typ ist und seine Eltern sehr liebevoll. Er gerät in einen Strudel der Ereignisse, der ihn völlig umhaut und bei dem auch niemand so recht bedenkt, wie jung er mit 12 Jahren erst ist und wie hoch der Druck ist, der nun auf ihm lastet. Das empfand ich auch als unglaublich ungerecht. Wie der Titel schon sagt, wird Cole vorgeworfen, die ganze Welt belogen zu haben, doch niemand fragt, warum ein 12-Jähriger so etwas tut. Vor lauter eigenen Sorgen um den Familienunterhalt und den Renovierungsstau im Haus, hört ihm keiner zu, als er von dem Erlebnis im Kunstunterricht spricht und auch später interessiert sich Eltern, Lehrer und Künstlerin nicht dafür, wie es Cole schafft, mit diesem unglaublich hohem Erwartungsdruck umzugehen. Cole ist ein ehrlicher und anständiger Junge, der so etwas eigentlich nicht tun würde, aber keinen anderen Ausweg sieht, um seine Familie vor dem Ruin zu retten. Naja, zuvor hatte er ja schon eine Idee, als er mit Mason und der unglaublich vielseitig begabten Isla auf Schatzsuche geht... Diese Schatzsuche war seine Idee, daher blüht er bei dieser absolut auf, aber nicht nur er, sondern auch Mason und Isla, die den Schatz gar nicht nötig haben. Aber es ist das Gemeinschaftserlebnis, dass für sie so besonders ist, dass es auf jeden von ihnen ankommt, dass sie wirklich wahrgenommen werden und nicht nur sie als Funktion, des Vorzeigekindes... Isla ist nämlich so begabt, auf sämtlichen Gebieten, dass ihre unglaublichen Leistungen selbstverständlich sind und von ihr erwartet werden. Kindsein ist ihr damit eigentlich nicht gestattet, genauso wenig wie Mason, da Kinder ja Schmutz und Lärm und potenzielle Gefahren für die teure Einrichtung bedeuten. Drei Kinder aus ganz unterschiedlichen Familien und keines von ihnen hat eine unbeschwerte Kindheit. Eigentlich ist es deswegen an vielen Stellen wirklich traurig, gerade weil ich es so ungerecht finde. Aber dennoch erleben sie letztendlich ihren Triumph und es gibt auch richtig schöne und witzige Momente! Für alle Kinder, die von Ruhm und Reichtum träumen, eine Geschichte, die diese Träume hinterfragt und einiges wieder in die richtige Perspektive rückt.
 
Lisa Thompson erzählt sehr einfühlsam von den Träumen und Nöten der Heranwachsenden, von der Bedeutung der Freundschaft, aber auch von der allgegenwärtigen Hackordnung an Schulen. Ihre Schilderung der alltäglichen Kinderarmut gerade auch, aufgrund der hohen Quote an Teenagerschwangerschaften in England, ist sehr eindrücklich, aber nicht einfach schwermütig. Dabei schafft sie es geschickt den Spannungsbogen neu zu spannen und mit einem erleichterten Kichern ausklingen zu lassen. Bisweilen wird für meinen Geschmack etwas von der Logik zu Gunsten der Dramaturgie abgewichen. Nach dieser Geschichte wird sich sicherlich kein Kind freiwillig für die Zeitung oder das Fernsehen interviewen lassen. Diese Emotionen greift Julian Greis geschickt auf und setzt die Pointen geschickt. Seine junge, sympathische Stimme macht Coles Verzweiflung und seine Existenzängste ebenso deutlich, wie seine Begeisterung oder Staunen oder eben seine Genervtheit, wenn er mal wieder das Lieblingsspiel seiner Schwester Mabel bis zum Umfallen mit ihr spielen muss. Diese junge Dame hat ihn völlig im Griff und auch ihr verleiht Julian Greis eine kindliche Stimme, die in ihrer Hartnäckigkeit unerbittlich sein kann. Kurzweilig und emotionsstark interpretiert er diese Geschichte eines riesen Skandals in der überhitzten Kunstwelt.
 
Eine sehr ungewöhnliche Geschichte, der ich gebannt gelauscht habe, um endlich zu erfahren, wie Cole denn aus diesem Schlamassel wieder rauskommt!
 
Vielen lieben Dank an die Hörcompany für mein Hörexemplar!
 
Hier findet Ihr eine Hörprobe:
 
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Sonntag, 24. April 2022

Ein neuer Himmel – Eine neue Hoffnung 1, Margit Steinborn, Tinte und Feder Verlag

Ein neuer Himmel – Eine neue Hoffnung 1, Margit Steinborn, Tinte und Feder Verlag

 

Würzburg 1933: Die junge Hannah Rosenberg ist Musiklehrerin und Violinistin mit einer jüdischen Großmutter, ein Erbe über das sie bislang nicht groß nachdachte. Doch mit Hitlers Machtergreifung ist es dieses Erbe, dass zu dem Verlust ihrer Stelle an einer staatlichen Schule führt. Nun kann sie nur noch privat unterrichten, wie die ebenso begabte, wie liebenswerte Linda. Doch nicht nur Linda liebt Hannah, auch deren Bruder Peter, ein aufstrebender Jurastudent. Als ihr auch diese Stelle, wie alle anderen auch, gekündigt wird, ist Hannah schwanger. Doch Peter steht nicht zu dieser inzwischen unstandesgemäßen Liebe, er muss an seine Karriere denken! Hannah wendet Würzburg enttäuscht den Rücken zu und flieht zu einer alten Freundin ihrer Großmutter aufs Land. Diese ist verstorben, doch ganz in der Nähe auf dem Sandnerhof mit einer Sägemühle, findet sie ein neues Zuhause und Familienanschluß, für sich und ihre kleine Tochter. Doch der örtliche Parteivertreter hat sie stets im Visier. Der Bürgermeister und die Sanders schützen sie so gut es geht und Melina erlebt eine liebevolle und schöne Kindheit. 1943 als die Lage für Deutschland immer schlechter wird, müssen Hannah und ihre Tochter fliehen.

 

Musik ist Hannahs erste große Liebe und ihrer Geige wird sie das Leben verdanken, denn solange das KZ ein Orchester beschäftigt, bleiben die Musiker am Leben!

Hannahs Leben ist von einem stetigen Auf und Ab geprägt, doch die Liebe zu ihrer Geige begleitet sie und trägt sie.

 

Schon früh lernt sie, dass es für Parteigetreue nicht auf ihren Charakter, oder ihr Talent ankommt, sondern nur auf ihre Herkunft! Dabei ist Hannah zur Hälfte katholisch, aber das interessiert niemanden, für die Nazis gibt es nur Arier und Nicht-Arier! Da man die Herkunft nicht jedem ansieht, werden erst die Ausweise und dann die Mensche gekennzeichnet, denn mit ihren honigfarbenen Haaren fällt Hannah eigentlich nicht auf. Dank ihres liebenswerten und hilfsbereiten Wesens, sowie ihrer Bereitschaft da anzupacken, wo man sie braucht, Werden sie und ihre Tochter auf dem Sandnerhof herzlich aufgenommen. Das ist alles andere als selbstverständlich und zeugt von dem großen Herz und der Menschlichkeit der Sandners, denn Hannah verstößt nicht nur wegen ihrer Herkunft gegen die herrschenden Regelns, sondern auch wegen ihrer unehelichen Tochter Melina. Doch auch Melina ist ein Sonnenschein, den man sich auf dem Sandnerhof nicht mehr wegdenken mag! Mit dem jüngsten Enkel David verbindet sie trotz des Altersunterschieds eine ganz besonders innige Freundschaft. Als nicht nur die erwachsenen Männer der Familie (bis auf den Großvater Friedrich) im Krieg gefallen oder verschollen sind, müssen auch Hannah und ihre Tochter fliehen. Die Umstände dieser Flucht brechen Hannah fast das Herz, während ihre einstige Liebe Peter einsieht, dass die Politik der Nazi unmenschlich und eine Ehe ohne Liebe freudlos ist.

 

Sowohl Hannah, als auch ihre Tochter Melina, die Sandners oder Pfarrer Peterson sind unglaublich sympathisch und wirklich plastisch beschrieben, so dass man sie nicht nur ins Herz schließt, sondern sie auch ganz klar vor Augen hat. Da diese Geschichte rund 10 Jahre umspannt, lernt man noch mehr Herzensmenschen für Hannah kennen, doch auf diese einzugehen, würde zu viel verraten. Interessant finde ich, dass man über Peter die Zerrissenheit erlebt. Peter steigt in der Nazihierarchie immer weiter auf, bekommt immer mehr Einblick und obwohl sein Grauen wächst, bleibt er aus Rücksicht auf seine Eltern, seine Frau und seinen Sohn dabei. Es ist halt einfacher dabei zu bleiben.... doch ist er nicht ein rückratloser Mitläufer, sondern folgt ab einem gewissen Punkt seinem Gewissen. Durch ihn bekommt man einen guten Einblick in die verheerenden Machtstrukturen und das Bedürfnis die Effizienz des menschenverachtenden Mordens zu steigern. Nicht alle Charaktere sind sympathisch, einige sind auch zerrissen, während andere nur verachtenswert sind.

 

Hannahs Geschichte endet nicht mit dem Krieg, denn mit dessen Ende liegt ihre Welt noch weiterhin in Trümmern und auch die Sandners sind noch nicht vollständig. Während sich am Ende für Hannah ein neuer Himmel öffnet (Zitat aus der Offenbarung des Johannes), müssen die Sandners weiter Bangen und Hoffen, bis zum zweiten Band „Ein neuer Horizont – Eine neue Hoffnung 2“, der inzwischen auch schon erschienen ist.

 

Eine ebenso spannende, wie auch gefühlvolle und mitreißende Geschichte, die mich wirklich berührt und bewegt hat. Die Vertonung von Vera Blümel kann ich übrigens auch nur sehr empfehlen!

 

Vielen lieben Dank an Zucker Kommunikation und Amazon für mein Rezensionsexemplar!

 

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