Sonntag, 23. Juni 2019

Perfekt für Dich, Chantal Schreiber, Schneiderbuch Egmont Verlag



Perfekt für Dich, Chantal Schreiber, Schneiderbuch Egmont Verlag

Endlich Ferien! Findet Kim (fast 14). Zu dumm nur, daß sie mit ihrer besten Freundin Lolo dieses Jahr nicht mit zu deren Oma nach Florida fliegen darf, weil ihre Mathenoten zu schlecht waren und sie nun Mathenachhilfe nehmen muss. Aber auch das könnte wunderbar werden, denn sie hat schon den coolen Danny, das Sport- und Mathegenie aus der Oberstufe gefragt, ob er ihr helfen würde und er hat ja gesagt! Doch ihre Mutter hat ganz andere Pläne. Sie ist zwar mit ihrem Mann auf Kreuzfahrt, um dort Paare zu coachen, aber sie hat wie immer alles bestens organisiert. Sie hat die perfekte Nachhilfelehrerin für Kim. Diese Mila wird ihr alles beibringen. Sollte Kim, Mila boykottiert, wird das heißersehnte Fußballcamp gestrichen und Mila durch eine ihrer Freundinnen ersetzt und ganz sicher nicht durch Danny! Dabei haben Kim und Lolo sich doch fest vorgenommen sich diesen Sommer in einen älteren (wirklich älter, nicht nur ein paar Monate oder gar gleichaltrig) Jungen zu verlieben und den ersten Kuss zu bekommen. Kim findet Mila noch schlimmer als befürchtet, aber das Fußballcamp ist klasse, denn nicht nur wäre Trainerin Nana die perfekte Freundin für ihren großen Bruder, ihr Mitspieler Lego schafft es auch immer wieder, sie zum Lachen zu bringen....

Pubertät ist die Zeit, in der man die eigenen Kinder nicht mehr erkennt. Zugegebenermaßen erkennt sich Kim bisweilen auch selbst nicht wieder. Was sie aber nicht daran hindert sich immer wieder durch irgendwelche Bockmistaktionen in echte Schwierigkeiten zu bringen. Denn das einst so liebe, freundliche kleine Mädchen hat sich dank der Hormone nicht ganz so im Griff. Naja, manchmal ist einfach das Gehirn ausgeschaltet (kommt schon mal vor in dem Alter), was ihrem Fußballtalent aber keinen Abbruch tut. Zumindest an der Front scheint alles zu laufen! Mit Lego, der eigentlich Leo heißt, aber ein großer Lego-Fan ist, hat sie einen neuen Freund gefunden, der sie mit absoluter Treffsicherheit zum Lachen bringt. Mein Herz hat er sofort erobert, so auch wie das von Oma Bine und Mutter Katharina! Ja, die Mutter, ist natürlich eine schwierige Person, nicht weil Mütter immer ein Problem sind... aber diese Eltern sind Bestsellerautoren und coachen ihre Mitmenschen zum perfekten Leben! Wer kann dazu schon nein sagen?! Und natürlich wissen solche Eltern immer alles und noch dazu besser! Selbst aus der Ferne. Man könnte also glatt Mitleid mit der talentierten hübschen Kim, mit dem netten Bruder, der coolen Oma und dem perfekten Haus haben.... würde sie sich nicht selbst im Weg stehen.
Ehrlich Kims Selbstboykott hat mir körperlich weh getan. Beim Lesen hätte ich sie am liebsten geschüttelt! Leider zeigte das Buch keinerlei Verhaltensänderung, trotz Schütteln. Aber ehrlich, Kim ist sympathisch, ihr Verhalten aber bisweilen mies.Trotzdem macht sie Fehler die allzu menschlich sind, und von denen sich jede Mutter hofft, daß es reicht, daß die Tochter aus den Fehlern im Buch lernt und diese Fehler nicht selbst machen muss. Klappt manchmal. Daher bin ich sehr froh darüber, trotz meiner Schmerzen beim Lesen. Schuld daran ist der unmittelbare Schreibstil von Chantal Schreiber, die mir das Gefühl vermittelte mittendrin zu sein. Leicht, locker, flockig, sommerlich mit einem tiefen Einblick in Kims junges Hirn. Nein, Kim ist nicht total blöd, sie macht nicht jeden Fehler von Teens. Eigentlich ist sie noch nicht mal tussig, aber auf dem Weg zu Selbstfindung probiert sie halt auch so einiges aus, was nicht so richtig zu ihr passt. Bis sie merkt: den Mist den sie sich eingebrockt hat, kann nur sie selbst wieder gerade biegen und zwar mit Ehrlichkeit! So findet auch sie ein für sie perfektes Ende. Die junge Leserin wird viele Themen entdecken, die sie interessieren, eben auch Tierschutz und vegane Ernährung. Da steht die Autorin voll und ganz hinter, verschweigt den Lesern aber leider konsequent ihr Geheimrezept für vegane Pancakes.

Sehr süß, bisweilen unendlich peinlich, sehr jung sehr frisch, so ist das Leben! Denn allgemeingültige Perfektion gibt es nicht, nur perfekt für sich!

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Schneiderbuch Egmont Verlag für dieses emotionale Rezensionsexemplar!

Freitag, 21. Juni 2019

Drei Schritte zu Dir, von Rachael Lippincott mit Mikki Daughtry und Tobias Iaconis, gesprochen von Maximiliane Hacke und Dirk Petrick, DAV, 1 MP3 6 h 57 min ungekürzt



Drei Schritte zu Dir, von Rachael Lippincott mit Mikki Daughtry und Tobias Iaconis, gesprochen von Maximiliane Hacke und Dirk Petrick, DAV,  1 MP3 6 h 57 min ungekürzt

Stella Grant ist sehr hübsch mit ihren langen braunen unbezähmbaren Locken und ihrer zerbrechlichen Gestalt. Wäre da nicht dieser Sauerstoffschlauch in ihre Nase, der ihr das Atmen erleichtern soll, denn ihre Lunge bremst sie aus. Sie hat von Geburt an Mukoviszidose, ihre Lunge verschleimt, unaufhaltsam. Sie hat keine Chance alt zu werden. Das ist ihrer Familie absolut klar und daher tut Stella alles, um mehr Zeit zu bekommen. Sie hält sich penibel an alle Therapiepläne, ist eine Musterpatientin, so wie sie auch in der Schule versucht bei allem dabei zu sein, aber bitte mit Plan! Das Krankenhaus ist ihre zweite Heimat und wenn sie dort wieder einziehen muss, hofft sie ihren besten Freund Pau zu treffen, der dort wie sie Stammgast ist. Sie teilen dort fast alles zusammen, aber nur über ihre Computerbildschirme, denn Mukopatienten müssen immer auf Abstand bleiben, um Querinfektionen zu verhindern. Doch dann  taucht Will (fast 18) auf der Station auf, er pfeift auf die Regeln, wozu auch, er ist dem Tode geweiht. Er ist seit einer Infektion mit einem resistenten Keim von jeder Transplantationsliste gestrichen worden. Seine Rebellion bringt Stella auf die Palme, doch sein Charme und seine Augen ziehen sie an. Dennoch könnte jede Berührung tödlich sein. Sie müssen 2 Meter Abstand halten und dann noch Infektionsschutzkleidung tragen! Zwei wie Feuer und Wasser, die nun da sie einander kennen ,ein ganz anderes Verständnis für die Zeit, die ihnen bleibt entwickeln.

Stella liebt und bewundert ihre kreative große Schwester Abby über alles! Sie selbst ist zwanghaft strukturiert und hat sogar eine App entwickelt, um ihre Behandlung zu optimieren! Wills Einstellung passt da so gar nicht! Als ich in der 12 war, traf ich einen Mukoviszidose-Kranken im Abitur. Er trank, er rauchte, er kiffte, ich war erstaunt. Seine Schwestern hatten die gleiche Krankheit, hielten sich an alle ärztlichen Ratschläge und die Älteste ist trotzdem keine 30 Jahre alt geworden. Ich habe Stellas Empörung verstanden, aber in Kenntnis eines realen Betroffenen, hielt ich auch Will für sehr real und nachvollziehbar. Die Wut sein Leben nicht in Krankenhäusern zu verschwenden, während Stella sie als zweite Heimat akzeptierte und sich dort ein Leben neben dem Leben einrichtete, ist fesselnd. Eine Krankheit, zwei Herangehensweisen – doch gibt es da richtig oder falsch? Keiner von beiden hat jedoch mit dem Leben gerechnet und mit der Liebe. Aber es ist kein Kammerspiel mit nur zwei Personen. Man lernt auch Stellas Familie und Freunde, Wills Mutter und Freunde, Pau und das Krankenhauspersonal kennen. So werden beide real, zu Menschen statt Patienten. Das Bedürfnis gehalten zu werden, wird gerade in Krisen und in der Liebe übermächtig, doch es würde für sie den sicheren Tod bedeuten. Es schmerzt schon diese Sehnsucht zu hören! Irgendwann überstürzen sich die Ereignisse und Stella gelangt an einen Wendepunkt. Was will sie und wofür? Macht all ihre akribische Planung Sinn? Sehr emotional beginnt man sich mit Stella zu fragen, was es eigentlich ist, was wir am Leben lieben. Was treibt uns an? Man beginnt mit den beiden zu bangen und zu hoffen, doch worauf eigentlich, denn die Diagnose ist früher oder später immer ein Todesurteil. Doch es ist ein Jugendbuch. Auch wenn ich während des Hörens zwischenzeitlich pausieren musste, weil es mich zu sehr packte. Eine emotionale Geschichte mit höchsten Höhen und tiefsten Tiefen, die wirklich unglaublich traurig sind, doch endet diese wunderschöne Liebesgeschichte nicht mit Tränen der Trauer.

Sehr gut hat mir übrigens die angesprochene Problematik gefallen, wie junge Patienten sich gegenüber ihren zukünftigen Hinterbliebenen fühlen. Welche vorauseilenden Schuldgefühle sie plagen, weil sie wissen, daß ihr sicherer früher Tod, ihre Familien in Verzweiflung stürzen wird. Vielschichtig regt diese Liebesgeschichte auch zum Nachdenken an.

Die Geschichte von Stella und Will wird aus wechselnden Perspektiven erzählt. Mal aus ihrer, mal aus seiner Sicht. Von daher gibt es mit Maximiliane Häcke und Dirk Petrick auch zwei junge Sprecherstimmen. Maximiliane Häcke klingt jung, entschlossen und dann auch wieder ganz zerbrechlich. Ihre Stimmung schwingt in ihrer Stimme mit, mit allen Höhen und Tiefen. Sie gefällt mir ausgezeichnet in ihrer Darstellung der bisweilen hin- und hergerissenen Stella.
Dirk Petricks Stimme ist den Zuhörern vielleicht schon als Cole aus der Erfolgsserie Riverdale bekannt. Sie klingt unheimlich sympathisch und macht es daher verständlich, daß sich Stella, trotz seines anfänglich unmöglichen Verhaltens, in ihn verliebt. Man hört schon, daß mehr in Will steckt, als er zunächst zeigt.

Das Cover wird übrigens von einer der Zeichnungen von Stellas älteren Schwester Abby geziert, und stellt eine gesunde Lunge dar. Im Inneren der Klapphülle sind Filmszenen zu sehen, die Stella und Will ein Gesicht geben. Diese Zeichnung hängt Stella jedes Mal auf, wenn sie wieder „ihr“ Krankenhauszimmer bezieht.

Ich hoffe, daß nachdem Kinoerfolg die Bereitschaft zu Organspenden wieder steigt, denn auch wenn die Spenderorgane den Empfänger nicht heilen, so schenken sie ihm doch kurze aber kostbare weitere Jahre, für die er sehr dankbar sein wird.

Eine berührende Geschichte, die ich aus vollem Herzen empfehle.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei dem DAV – der Audio Verlag für dieses ersehnte Hörexemplar.